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ständigem Unbehaustsein, mit dem ewigen Gefühl etwas falsch zu tun, als träte man/frau in ein Zimmer, in dem vorher ein Männerclub die Exekutierung der Frauenwelt beschlossen hat, dies ist keine Basis für angenehme Zusammenarbeit und fordert den Rückzug geradezu her aus. Die Männerwelt hat sich ihr Berufsleben mit Zweckrationalität, starren Regeln der Machtkämpfe, des Konkurrenzgebahrens von der Kleider- über die Sitz- und Sprachordnung aufgebaut, wo kein Platz ist für Störenfriede, die unbekannte Empfindlichkeiten äußern, al lein mit ihrer Anwesenheit das schematisierte Kräfteverhältnis zer stören, weil sie Frauen sind (im biologischen Sinne), die Männer mit deren Triebhaftigkeit konfrontieren. Sich in dieser Welt wohlzufüh len, ein Unding. Einer der Gründe, warum Frauen in der Kunst so rar sind (zur subjektiven Bewertung kommt die Ignoranz), das mangelnde Zugeständnis einer eigenen Befindlichkeit. Die neuen Regeln der Marktwirtschaft bringen nun auch noch das schlichte Berechnen nach Marktwert, das ist nichts anderes als das visuelle Abtatschen wie auf einer Miß-Wahl, die Bewertung für einen großen Busen und einen knackigen Arsch, weil die Masse (Männer und Frauen) über Maß und Qualität nach ihrem Verständnis entscheidet. Künstlerinnen sind in der bürgerlich traditionierten Gesellschaft, im Sinne von Thomas Mann, die Zigeuner im grünen Wagen. Unnütz, eine exotische Zierde, weil nicht gewinnbringend. Nicht-Gebraucht-werden, auch eine Art der Unterdrückung. Dies kommt zur allgemeinen Ablehnung hinzu, die Ab lehnung als Frau und Künstlerin in der Gesellschaft, sobald sich An sprüche auf Selbstbestimmung formulieren. Diesen Zwist auszuhalten benötigt frau viel Kraft und Optimismus trotz allem nicht den Mut zu verlieren, weil ein ruhigeres und bequemeres Leben vor der Haustür liegt, frau braucht bloß die Hand auszustrecken. Denn wozu ist die Frage, wozu muß ich etwas verteidigen, daß mir gehört, meine Identi tät. Die weibliche Psyche ist nicht für die Konfrontation geschaf fen, weil das Leben in ihnen "unmittelbarer, fruchtbarer und ver trauensvoller ... verweilt und wohnt.." (Rilke). Der Weg des gering sten Widerstandes ist der des Sti11-haltens, des sich-fügens, wenn ich nicht an den schmerzhaften Stellen rühre, mich nicht bewege, so werde ich vielleicht vergessen, wo es wehtut und die Welt ist in Ordnung. Das Einkapseln in eine wohlgeordnete Familie und Gesell schaftskonformität, eine kurzsichtige Lösung, die so nicht funktio niert. (75% der Ehescheidungen in Deutschland werden auf Betreiben der Frauen eingereicht.) Alle menschlichen Konflikte sind gesellschaftliche Konflikte und umgekehrt. Der Verlust von Identität (Nicht nur für Frauen) mit dem Ende der DDR, dem vorläufigen Untergang eines Systems, ein Bruch, mehr von außen oktruiert, als von innerer Notwendigkeit hervorgeru fen. Die Annexion eines Landes als Legitimation für Europa. Wie mit diesem Schnitt umgehen, zumal die äußeren offiziellen Verlautba rungen von politischer Seite eindeutig darauf hinaus laufen: Jeder, der das System nicht aktiv bekämpfte hat sich schuldig gemacht im Sinne, daß "eine politische Partei einen Machtapparat aufbauen kon-