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Die Billa des Herrn Carl Eduard Flemming, de- Chefs der Firma, war ebenfalls auf das Pracht vollste geschmückt und u. A. mit den Initialen ,A" und „6" au- Laub dekorirt. Um Sr. Majestät einen bequemen und sich an da« Ganze harmonisch anschließenden Eingang in die Gcbäudekette zu schaffen, war von der Straße au« eine Thür in das Privatcomptoir des Chefs gebrochen und letzteres in einen Empfangssalon umgewandelt worden; prachtvolle Draperien zogen sich an der Decke entlang und überdies war der mit feinen Meuble« auSgestattete Raum mit den lebensgroßen Büsten Ihrer Majestäten des Königs, der Königin und Sr. König!. Hoheit des Prinzen Georg, sowie ferner mit Bildern der Königlichen Familie aus früherer und jetziger Zeit geschmückt; außerdem waren verschiedene Sinn- und Segenssprüche zwischen den Draperien angebracht. Von der Stelle, an welcher Se. Maj. den Wagen verlassen sollte, bis zu der vorerwähnten, mit einem Baldachin überwölbten Thür, zu welcher einige Stu fen hinaufführten, waren Teppiche gelegt; sämmtliche Gänge in der Fabrik, über welche Se. Maj. wandelte, waren mit Läufern bedeckt worden. Der Gesammteindruck war ein imposanter, groß artiger. — Bon der ersten Ehrenpforte bis zum Eingang in die Fabrik hatten die auswärts von der Fabrik be schäftigten 500 bis 600 Arbeiter dichtes Spalier ge bildet. Das Beamten-, Contor- u. Arbeiterpersonal, ungefähr 500 an der Zahl, hatte am Eingänge zum Fabrikhvfe Aufstellung genommen, in der Front die uniformirte Fabrikfeuerwehr. Als kurz nach 2'/§ Uhr die Königlichen Equipagen hörbar und diese gleich darauf auch von Weitem sichtbar wurden, erhob sich ein brausender Jubel, ein Hochrufen voll unbeschreiblicher Begeisterung, da immer stärker wurde, je näher Se. Majestät kam. Beim Halten des Wagens Sr. Maj. trat eine feierliche Stille ein, gleichzeitig schritt der Chef des Hauses, Herr Hoflieferant Flemming, an denselben heran und begrüßte Se. Maj., welche inzwischen den Wagen verlassen hatten, mit folgenden Worten: Majestät! Ein schlichter einfacher Mann als Chef, ein treues fleiß iges Völkchen als Beamte und Arbeiter dieser Fabrik haben heute die hohe Ehre, Ew. Majestät ehrfurchtsvoll begrüßen zu dürfen. Diese Fabrik, die ich von den kleinsten Anfängen bis hierher in ihrer Entwicklung sehen sollte, erhält erst durch Ew. Majestät huldvollen Besuch eine ganz besondere Weihe. Diese Gnade Ew. Majestät soll uns ein Sporn sein zu weiterem Wirke» und Schaffen und dessen eingedenk werden wir auch fernerhin die Treue und Liebe zu König u. Vaterland pflegen und dies gelobend, rufen wir aus freudigst dankbarstem Herzen: Ew. Majestät lebe hoch! Das gesammte Personal stimmte in diesen Ruf, von Begeisterung hingerissen, ein, während das Mu- sikcorpS der uniformirte» Fabrikfeuerwehr, gegenüber hinter Bäumen aufgestellt, die Sachsenhhmne intonirte. Der Monarch reichte Herrn Flemming huldreichst die Hand und dieser bat darauf Se..Maj. um die Gnade, sein Etablissement zu besichtigen. Nachdem noch die beiden Söhne des Herrn Flem ming, Prokuristen der Firma, die hohe Ehre hatten, Sr. Maj. vorgcstellt zu werden, schritt Se. Majestät König Albert, geleitet vom Herrn Flemming, und nach Ihm Sein Gefolge, bestehend aus den Herren Kreis hauptmann Frhr. v. Hausen (Zwickau), Amtshaupt mann Frhr. v. Wirsing (Schwarzenberg), Flügeladju tant Gcnerallieutenant Frhr. v. Hodenberg, General direktor der Sächs. Staatsbahnen Hoffmann, Ober stallmeister v. Ehrenstein, sowie mehreren anderen Hofbeamtcn durch den Empfangssalon, die Buchhal lerei, den Raum für Stahldrahtbürstenfabrikation und Lederarbeiten, eine Treppe hinauf vorbei an dem großen Packranm für Exportsendungen, der Cartonagen- macherei, durch die im ersten Stock des 61 Meter langen Geschäftshauses gelegenen reichgefüllten Waa- renläger, in die zwei Säle einnehmende Musteraus stellung. Hier verweilte Se. Maj. längere Zeit und interessirte sich sichtlich für die in einer Zahl von ca. 5000 verschiedenen Mustern ausgestellten Fabrikate von hauptsächlich feineren Qualitäten bis herab zu den billigsten Genres; so geruhte Sc. Maj. mehrfach Fragen über diese u. jene Bürsten zu stellen, welche Herr Flemming eingehend beantwortete. An den Wänden des größeren Mustersaales wa ren die der Firma verliehenen Diplome zu den ersten Preisen der Weltausstellungen zu Sydney, Melbourne (2), Amsterdam und Porto Alegre nebst einer großen Anzahl Patentdocumente der verschiedensten Länder, deren Inhaber Herr Flemming ist, aufgereiht. Die ebenfalls in diesem Saale angebrachte Tafel, auf wel cher Abschnitte der 48 verschiedenen Holzarten (darun ter 31 ausländische Edelhölzer), die die Fabrik ver arbeitet, nebst darunter gesetzten Namen, aufgereiht waren, ferner eine Collection aller Arten Borsten in- u. ausländischen Ursprunges, von der rohen Schweins borste bi« zu den fertigen Präparaten nach Farbe, Länge und Kraft sortirt, konnte zum Leidwesen de« Chefs, ebenso wie die vorerwähnten Diplome, in der Eile nicht in Augenschein genommen werden. Als Kuriosum war auch eine in Japan gemachte Haarbürste, sowie ein Exemplar der erstgefertigten Stahldrahtbürsten auSgelegt. Hierauf führte Herr Flemming Se. Maj. über den geräumigen Mittelhof nach dem, dem GeschäftS- gebäude gegenüberliegenden über 2000 Quadratmeter Bodenfläche enthaltenden Schedbau, in welchem die Holzbearbeitung mittelst zahlreicher Maschinen betrie ben wird; verschiedene der arbeitenden Maschinen erreg ten Sr. Maj. ganz besondere- Interesse. Während des Durchganges Sr. Maj. wurden auf einigen Maschi nen wohlriechende Hölzer geschnitten. Hiernach geleitete Herr Flemming Se. Maj. vor bei an dem Dampf-Trockcnraum. Um Sr. Maj. die Besichtigung der ausgedehnten Holzläger zu ersparen, waren an dem bis 1881 für die Holzbearbeitung gedienten Schuppen von sämmtliche» auf der vor erwähnten Tafel aufgereihten Hölzer ganze in der Mitte ausgeschnittene Blöcke zur Ansicht bereit gelegt worden. Mit einem Blick in die Maschinenreparaturwerk stätte, das Kesselhaus der zusammen 160 Pferdekräfte treibenden Dampfkessel, Dampfsägewerk für Pfosten und Blöcke, die schmucke, mit Mosaikfußboden und Eichendeckentäfelung versehene Maschinenhalle, worin die neue, 100 Pferdekr.-Maschine läuft, welche das Getriebe des neuen 1884 erbauten 3stöckigen, 55 Meter langen Hauptfabrikgebäudes treibt, vorbei an der 10 Glättmaschinen enthaltenden Fibre-Glätterei, ging es in den parterre gelegenen ersten Saal, in welchem 19 Mädchen, jede an einer patentirten mit Dampf betriebenen Bürsteneinziebmaschine an der Arbeit war. Um Se. Maj. die Functionen dieser höchst interessanten Maschinen richtig vor Augen führen zu können, hatte Herr Flemming eine der Maschinen freistellcn und mit Handschwungrad ver sehen lassen, und führte vor den Augen Sr. Maj. persönlich die verschiedenen Bewegungen der Ma schine. Auch hier verweilte der Monarch längere Zeit. In der ersten Etage gelegen sind die verschiede nen getrennt gehaltenen Arbeitssäle für Verputzerei mit zahlreichen Fraismaschinen und Laubsägeappa raten, für Polirer feiner Toilettebürsten, für Polirer von Kardätschen, Kleiderbürsten rc., in welchen sämmt liche Arbeiter in Thätigkeit waren. Nachdem diese durchschritten waren, erlaubte sich Herr Flemming Se. Majestät zu fragen, ob eine weitere Besichtigung Hochdieselbe nicht ermüoen würde, es wurden jedoch huldvollst auch die Räume der dritten Etage zu sehen gewünscht und so geleitete Hr. Flemming den erlauchten Gast auch durch die daselbst belegenen Säle für Handeinziehen der feineren Bürstenwaaren durch weibliche Arbeiter und für Handeinziehen grö berer, stärkerer Maaren durch männliche Arbeiter, in welch' letzterem Saale auch da- Sortircn (Zupfen) der zu verarbeitenden Borsten stattfindet, ferner das Mischen der Borsten und Borrichten derselben für die Pinselfabrikation, jedes durch besondere Arbeiter. In einem besonderen Raum arbeiten fünf der Firma patentirte Borsten-Abschneide-Maschinen und in dem auf dieser Etage gelegenen dritten Saale außer drei Bürsten-Fournirerei-Einrichtungen Fibre- Zieherei und mehrere Abfallkämmer. Alles dies besichtigte der Monarch so eingehend als es die Zeit gestattete. Zum Schlüsse führte Herr Flemming Se. Maj. durch die Maschinenbau-Werkstatt, in welcher fünf Schlosser beständig neue Spezialmaschinen Herstellen, in einen weiteren Saal, wo er, um Sr. Majestät den Unterschied zwischen sonst und jetzt vor Augen zu führen, eine Bürstenmacher-Werkstelle improvisirt hatte, wie sie vor ca. 50 Jahren betrieben wurde; es arbeitete da je ein Mann an einer Schnitzbank zur Herstellung der Bürstenhölzer, an einer Hand leier zum Bohren derselben, zwei Mann zogen Bür sten ein, während ein fünfter, der Oheim des Chefs, mit dem Handkamm Schweinshaare kämmte, genau in derselben Weise, wie er diese Arbeit vor nunmehr schon nahezu 60 Jahren, welche Zeit ungefähr er — mit kleinen Unterbrechungen — in den Diensten des Flemming'schen Geschäfts steht, gemacht hat. Die beiden Einzieher in dieser improvisirten Werkstätte sollten den Chef de« Hauses und seinen Schulkame raden Lenk markiren, wie sie der Onkel des Ersteren vor ca. 47 Jahren anzulernen begann und ihnen die ersten Schweinsborsten zum Einziehen zurichtete. Diesen seinen Onkel hatte Herr Flemming Ge legenheit, Sr. Majestät nebst seinem ehemaligen Schulkameraden, mit welchem er seit seinem 9. Le bensjahre zusammen arbeitet, den Weißpinselmacher Ludwig Lenk, der unlängst mit der silbernen StaatS- medaille für treue Dienste decorirt wurde, vorzustellen. Se. Majestät unterhielt sich huldvollst mit dem letz teren und reichte ihm zum Zeichen der Anerkennung die Hand; auch der Onkel de« Chefs wurde von Sr. Maj. mit einigen Fragen ausgezeichnet. Zu seinem Leidwesen mußte Herr Flemming da von absehen, Se. Majestät, um Hochdieselbe nicht zu ermüden, in einige weitere hochinteressante Abheil ungen, al» Zahnbürstenfabrikation, Borstenwäscherei, Färberei und Bernickelei zu führen; ebenso mußte leider davon abgesehen werden, die da« oberste Ge schoß de- Geschäftshauses vollständig füllenden Lager räume für Borsten und die verschiedenen anderen, zur Fabrikation gehörigen Materialien, ferner die Läger fertiger Bürstenbretchen und Fourniere, die Expeditionsräume für die auswärtigen Arbeiter, die Fabrik-Klempnerei und dergl. m. in Augenschein zu nehmen. Se. Majestät, deren Interesse während der Be sichtigung sich zu steigern schien, geruhte Hochihre Befriedigung auch noch in Bezug auf das gute Einvernehmen zwischen Arbeitgeber u. Arbeitnehmer auSzusprechen, das Hr. Flemming mit den Worten: „Ich und meine Mitarbeiter bilden eine ganz große Familie'! bekräftigt hatte, und verabschiedete sich huldvollst von Herrn Flemming, der seinerseits für die Gnade Sr. Majestät seinen ehrerbietigsten Dank abstattete, zum Schluffe ein allseitig begeistert wieder gegebene« Hoch auf Se. Majestät ausbringend. Im Anschluß hieran sprach im Namen der Ar beiter der von Sr. Majestät ausgezeichnete decorirte Arbeiter Lenk ein weiteres Hoch auf den Landes- . Herrn au«, in welche« alle Anwesenden gleichermaßen freudig einstimmten. Unter den Klängen der Nationalhymne und den Huldigungen der Menge rollten die königlichen Equi pagen ihrem weiteren Ziele entgegen. Der Besuch Sr. Majestät in der Flemming'schen Fabrik hatte fast eine Stunde gewährt. Die Leutseligkeit Sr. Majestät des Königs war für alle Anwesenden sehr beglückend. Loeale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 21. Juli. Am vergangenen Sonn tage fand in unserer Kirche am Schlüsse des Gottes dienstes noch eine schöne und herzerhebende Feier statt: Die Einweisung und Einsegnung unse rer Diaconissin Schwester Clara Fischer, welche uns für die Pflege an den armen Kranken unserer Gemeinde vom Mutterhaus zu Dresden überwiesen worden ist. Der Feier wohnten außer den Mitgliedern des Kirchenvorstandes noch die Herren Stadträthe und der Herr Stadtverordnetenvorsteher, sowie die drei Schwestern aus Aue, Lößnitz und Schneeberg bei. In seiner von Herzen kommenden und zum Herzen dringenden Ansprache wandte sich Herr I'. Böttrich zunächst an die zahlreich versammelte Gemeinde; er zeigte auf Grund des Wortes aus der Sonntagsepistel: Ihr, als die lebendigen Steine, bauet euch zum geistlichen Hause, zum heiligen Priesterthum, zu opfern geistliche Opfer, die Gott angenehm sind (1. Petri 2,5), daß durch Einführung der Gemeindepflege auch zum Baue unserer Gemeinde ein neuer, lebendiger Stein eingefügt werde, und ermahnte die Gemeinde in herzlicher und eindring licher Weise, Schwester Clara, die durch längeren Dienst schon als treu bewährte und von heiligem Eifer für ihren Beruf erfüllte Dienerin, in Liebe aufzunehmen und die Opfer, die gefordert werden, darzubringen als geistliche Opfer, die Gott angenehm find, darzubringen im Geiste christlichen Glaubens und christlicher Nächstenliebe. Sodann wandte er sich an die einzuführende Schwester Clara, erinnerte sie an den Spruch ihrer ersten Einsegnung: Ringet darnach, daß ihr stille seid, und das Eure schaffet, und arbeitet mit euren eigenen Händen, wie wir euch geboten haben (1. Tess. 4,11), ermahnte sie, die gleiche Liebe, wie bisher, auch den Kranken unserer Gemeinde entgegenzubringen und übertrug ihr die Gemeinde pflege mit dem Segensworte: Der Herr sei Dein Licht und Dein Heil; der Herr sei Deines Lebens Kraft: Harre des Herrn; sei getrost und unverzagt und harre des Herrn (Psalm 27, 1,14). Gebet und Segen schloffen die schöne Feier. — Leipzig. Eine ganz außergewöhnliche Schau stellung wird der Krystallpalast demnächst bieten. Die Direktion ist mit Mc. Hood, einem afrikanischen Ma nager, der sich bereits durch Vorführung der Somali- Truppe und anderer Völkertypen auf dem Continent gut eingeführt hat, in Verbindung getreten. Letzterem ist e« gelungen, Mitglieder des berühmten, in den Zeitungen schon vielfach besprochenen Amazonen corps des Königs Dahomey zu einer Tournee durch Europa zu gewinnen. Vierundzwanzig weibliche Krieger, gewandt in allen Waffenspielen, bilden gegen wärtig in Hamburg den Mittelpunkt de« öffentlichen Interesses, und die Vorführungen, welche sie daselbst in »Umlauft's Weltmuseum" geben, sind alltäglich überaus zahlreich besucht. Das Amazonencorps, wel che» erst seit Anfang Juli nach Europa gekommen und deshalb noch gegen den Einfluß des nordischen Klima» geschützt werden muß, wird sich vom 30. Juli ab in seinen hochinteressanten Exercitien, Waffen- u. KriegStänzen, Gesängen, Geberden und Spielen im Original seiner Ausrüstung einige Tage in der Al- berthalle produciren. — Leipzig. Wie aus zuverlässigster Quelle verlautet, bestätigt es sich, daß der Aufenthalt des durchgegangenen Direktor« der unter so schmählichen Verhältnissen zusammengebrochenen Leipziger Dis- contogesellschaft ermittelt worden ist. Winkelmann befindet sich in Buenos Ayre«! Ob er nach hier wird überliefert werden, da» hängt von den Aus lieferungsverhältnissen ab. Höchst interessant ist, wie der Aufenthalt Winkelmann'« ermittelt wurde; wir erfahren darüber Folgende»: Vor mehreren Monaten erhielt der Redakteur de« volkswirthschaftlichen Theile« vom »Leipziger Tageblatt", L. G. Laue, über die »irthschaftlichen Verhältnisse in Buenos Ayre« mehr-