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Anzeige der Verleihung deS AronenordenS zweiter Klasse zugleich seinen Dank an die Polen übermittelt, denen der Kaiser diese patriotische Thal nicht vergessen werde. — Berlin, 18. Juli. Der „Reichtzanz." ver öffentlicht folgende Kabinct» - Ordre Sr. Mas. des Kaisers an den Reichskanzler: Mein lieber Reichskanzler Graf von Caprivi! Mit freudiger Ge- nugthuung blicke Ich aus den erfolgreichen Abschluß der Verhandlungen über die Armee-Reform, welche durch die nothwendige Verstärkung unserer Wehrkraft eine Bürgschaft für die Sicherheit des Reichs und damit für eine gedeihliche Entwickelung unserer vater ländischen Verhältnisse darbietct. Neben der patrio tischen Unterstützung, welche das von Mir und Meinen hohen Verbündeten verfolgte Ziel in weiten Kreisen des deutschen Volkes, sowie bei der Mehrheit des Reichstages gesunken hat, ist das Zustandekommen dieses großen Werkes vor allem Ihr Verdienst, indem Sie mit fachmännischem Berständniß, staatsmännischem Blick und hingebcndcr Thätigkeit in allen Stadien der stattgehabtcn Erörterungen Sich haben angelegen sein lassen, die Reform einem befriedigenden Ende entgegenzuführen. In der WerthschLtzung dieser Ihrer Verdienste weiß Ich Mich mit Meinen hohen Ver bündeten eins, und cS ist mir eine angenehme Pflicht, Ihnen Meine volle Anerkennung und Meinen unaus löschlichen Dank mit dem Wunsche auSzuspreche», daß Ihre unschätzbaren Dienste Mir und dem Vaterlandc noch lange mögen erhalten bleiben. Neues Palais, den 1b. Juli 1893. Ihr wohlgeneigter Wilhelm ü. U. — Einer Ansprache, die Fürst Bismarck vor einigen Tagen beim Empfang von 200 Mitgliedern des landwirthschafllichen Vereins für Har burg und Umgebung gehalten, entnehmen wir die folgenden Stellen: „Zunächst danke ich Ihnen, meine Herren und Damen, für Ihre freundliche Begrüßung und für die wohlwollende Beunheilung meiner früheren Thätigkeit. Sie haben des 13. Juli Erwähnung ge- than, deS TagcS, an dem das Attentat in Kissingen auf mich gemacht wurde. Dieser Tag ist auch sonst ein bemerkcnSwerlheS Datum. 1870 war cS dieser Tag, an dem sich die Situation zum Kriege entschied. Am 12. schien der Friede gesichert, am 13. war der Krieg gesichert. Am 13. Juli war auch der Abschluß Les Berliner Kongresses, auf dem Deutschland die Stellung eingenommen hatte, die eine natürliche Folge seiner Einheit und seiner Kraftentwickelung war, auf dem es die Leitung der europäischen Politik in die Hand nahm und dieselbe in friedliche Bahnen lenkte. So kam es, daß also der dreizehnte Juli in mehr facher Beziehung in meinem Gedenkbuch mit einem starken Kreuz bezeichnet ist, nicht mit dem Kreuz des Leidens, sondern des Vertrauens und des Glaubens an Gottes Fürsorge, die uns bisher geleitet hat. Jcb erinnere an die alte, oft in frivoler Weise gebrauchte Redensart, daß Golt keinen Deutschen verläßt. Daß er unser gcsammteS Deutschland nicht verläßt, nach dem er uns so weit gebracht, ist einer meiner Glaubens sätze, von dessen Wahrheit ich fest überzeugt bin, wenn er auch nicht im Katechismus steht. Besonders wir Landwirthe stehen, ebenso wie die Seeleute, gleichsam Gott näher als die Bewohner der Städte. Wir spüren Regen und Sonne mehr an unserer eigenen Haut und sehen von der GotteSwelt mehr als die Städter, die kaum etwas Anderes als Häuser, Pflastersteine und Papier zu Gesicht bekommen. Es hat mich ge freut, in Ihnen einen landwirthschaftlichen Verein begrüßen zu können, denn gerade wir Landwirthe sind darauf angewiesen, zusammenzuhalten. Es hat mich früher oft gewundert, daß neben den vielen Fraktionen und Parteien, die sich durch die verwickeltsten und verzwicktesten Programme von einander unterscheiden, keine Fraktion existirte, die die speziellen Interessen der Landwirthe vertrat. Jetzt ist ja in dieser Be ziehung ein Anfang gemacht; ich möchte Sie aber davor warnen, sich bei einseitiger Wahrung Ihrer Interessen mit den übrigen produktiven Ständen zu verfeinden. ES ist gewiß richtig da« alte Wort: „Hat der Bauer Geld, so hat cS die ganze Welt," cS ist aber zu bedenken, daß die Industrie z. B. eine gute Abnehmerin unserer landwirthschaftlichen Produkte ist. Auch der Kaufmannstand steht sich schlechter, wenn die Landwirthschast nicht gedeiht. Die gesammte vater ländische Produktion muß unter allen Umständen ge sichert werden. Regen und rühren Sie sich deshalb und nehmen Sie da- nicht unbesehen hin, war die Schriftgelehrten und Pharisäer unter den Gesetzgebern Ihnen bieten. Vielfach glaubt mau, nur die Re gierung sei dazu da, für uns zu sorgen. Die ganze Entwickelung des politischen Lebens hat aber dazu geführt, daß wir heute der Regierung helfen müssen, uns zu regieren. Dazu ist eS aber nolhwcndig, fest seinen Willen auszusprechen und geltend zu machen und sich in keinen Handel einzulassen aus Fraktions oder persönlichem Interesse. — lieber den gegenwärtigen Stand der Ange legenheit des BiSmarck-Denkmal» hatte der kon servative Verein zu Waldenburg i. S. eine schriftliche Anfrage an den Reichslagspräsidenten Herrn v. Levetzow gerichtet, auf die folgende Antwort erfolgt ist: „Dem konservativen Verein zu Waldenburg er widere ich ergebenst, daß da« Komitee für die Erricht ung eine« Denkmal« für den Fürsten Bi«marck nach Abschluß der hier veranstalteten Sammlungen be schlossen hak, die Aufrichtung eines Denkmals solange auSzusetzen und die gesammelten Gelder solange zins bar anzulegen, bi« mit der Errichtung de« Denkmal« für den Kaiser Wilhelm 1. in Berlin würde vorgegangen werden, weil e» nicht angemessen erschien, den noch lebenden großen Reichskanzler früher als den bereits Heimgegangenen Heldenkaiser durch ein Denkmal zu ehren, und weil auch die Platzfrage nicht unabhängig davon erachtet werden müßte, wo da« Denkmal für den Kaiser Wilhelm I. ausgerichtet würde, v. Levetzow." — Auf dem Schießplatz Jüterbog wurden am Donnerstag Abend ein Unteroffizier und ein Mann der in Magdeburg garnisonirenven 8. Batterie de« Magdeburgischen Feld-Artillerie-RegimentS Nr. 4 infolge eigenen Verschuldens durch eine krepirende Granate getödtet. Wie da« Unglück entstanden, läßt sich, da die einzigen Zeugen desselben todt sind, nur nach dem Befund vermuthen. Hernach hat der Unteroffizier am Donnerstag eine Granate gefunden. Statt von dem Fund, wie cS streng vorgeschrieben ist, Meldung zu machen, ging er am Abend mit dem Batterieschlosser wieder hinaus, um da« Geschoß zu entladen und zu entwenden. Herbei hat der Unter offizier augenscheinlich das Geschoß zwischen die Beine genommen, während der Kanonier den Zünder durch Hammerschläge zu entfernen versuchte. Hierbei ist die Granate mit einer entsetzlichen Wirkung explodirt. Dem zehn Schritte weit weggeschleuderten Unter offizier ging der abzesprengte Zünder durch den Leib und riß einen Theil ves Rückgrates mit heran«. Außerdem sind ihm der Kopf, beide Arme und beide Beine abgerissen worden. Die Arme sind noch nicht gefunden. Der zerrissene Körper war mit 43 eisernen Sprengstücken gespickt. Dem Kanonier ist die Brust- nnd die LcibeShöhle aufgerisscn. Wie gefährlich die blindgegangenen Granate» sind, mag für den Laien aus der Thatsache hervorgehcn, daß dienstlich nie eine solche ausgenommen wird, vielmehr werden dieselben durch ein besondere« Kommando an Ort und Stelle mit Dynamit gesprengt. Da« weiß jeder Artillerist und cS ist deshalb wunderbar, daß immer wieder gegen die Vorschrift gehandelt und Unglück herbeige- führl wird. — Würzburg, 14. Juli. Eine ganze Diebes bande stand heute vor dem MilitärbezirkSgericht. Bon dem für die Remontepferde bestimmten Hafer hatten entwendet der Sergeant Karl Klotz, Schuhmacher au« Impflingen (B.-A. Landau), der Sergeant Anton Rohrbacher, Schuhmacher au« Hessen, Sergeant Emil Klober, Kaufmann aus Worms und Unteroffizier Georg Töpfer aus Effelden bei Mülbausen i. E., sämml- liche vom 5. Chevauleger-Regiment in Saargemünd. Den von den Unteroffizieren den Pferden abgezwack ten Hafer verkauften sie in O.uantikäten bis zu 30 Centner, inSgesammt 90 Centner, im Durchschnitts preise von 6 bis 9 Mk. per Centner. Dabei benutz ten sie ärarialisches Fuhrwerk und ließen das Jn- Säckcfassen, Ausladen und Fortführcn durch Soldaten, möglichst Rekruten, besorgen. Die ärarialischen Säcke wurden umgestülpt unv mit den Zeichen von Feuer stein versehen, welcher meist den Hafer ankaufte. Die Sache kam durch ein anonymes, an den Regts.-Kom- mandeur gerichtetes Schreiben auf. Die drei Soldaten erhielten neben Degradation je sechs Monate Gesäng- niß, während Unteroffizier Töpfer freigesprochen wurde. — Gablonz i. Böhmen, 17. Juli. In der vergangenen Nacht wurde gegen das Geschäftshaus der Fabrik von Mahla ein Bombenattentat verübt, durch welches an dem Gebäude und an der benachbarten evangelischen Kirche einige Beschädig ungen angcrichtct wurden. Personen wurden nicht verletzt. Die Thäter sind bisher nicht entdeckt worden. Die Wiener Abendblätter betrachten das Bomben attentat in Gablonz als einen Racheakt der Arbeiter, denen am letzten Sonnabend gekündigt wurde. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 19. Juli. Gestern und vor gestern wurden unsere Fluren durch langersehnten, ziemlich durchdringenden Regen erquickt. Ist das ge fallene Naß auch noch nicht in solcher Menge gekom men, daß die Quellgebiete dadurch nachhaltig gespeist worden wären, so ist den durstenden Feldern doch soviel Feuchtigkeit zugeführt worden, daß die noch anstehenden Halmfrüchte, sowie Kartoffeln und Futter gewächse für die nächste Zeit wieder entwickelungsfähig sind und die zum Theil ausgebrannten Wiesen bald wieder frisches Grün zeigen werden. Auch hat der Regen eine bedeutende Tempcraturerniedrigung im Gefolge gehabt. — Eibenstock, 19. Juli. Herr Gutsbesitzer Carl Heinrich Heinz hier feierte heute sein bOjähr- ige« Bürgerjubiläum, aus welchem Anlaß ihn der Stadtraih Namens der Stadtgemeinde beglück wünschte. — Dresden, 16. Juli. Der Gemeinderath unsere» Vororte« Löbtau hat vor kurzer Zeit, wie noch erinnerlich sein dürfte, eine Straße nach Ahl- wardt, benannt, um sie eine Woche darauf wegen „plötzlich eingetretener Unwürdigkeit" de» auf diese Weise Geehrten umzutaufen. Dieser Vorort Löbtau besaß nun bisher eine Hcinestraße. Um nun nicht in den Verdacht philosemitischer Gesinnung zu gerathen, taufte man dieser Tage die Heinestraße in eine Post straße um. Da« Komische an der Sache aber war, daß die Straße gar nicht nach dem Dichter Heinrich Heine, sondern nach dem bekannten Dresdener Maler Heine so benannt wqr, an dessen Arierthum auch kein Löbtauer bisher zu zweifeln gewagt hat. — Zwickau. Der am Sonntag nach Aue, Eibenstock, Schwarzenberg und Johanngeorgenstadt abgegangene Son Verzug mit Fahrpreisermäßigung war in zwei Train» von 38 und b9 Wagen getheilt und vollbesetzt. Außerdem fuhren die Mitglieder des Verbandes sächsischer Berg- und Hüttenarbeiter zu Zwickau mittelst Extrazuges, für den Fahrpreisermäß igung bewilligt war, nach Schneeberg zu dem dort statifindenden Bergfest. — Auerbach, 17. Juli. Heute Vormittag gegen 11 Uhr ist hier in dem an der Schützenstraße gelege nen Hause de« Bäckermeister« Hrn. Gustav Leistner, und zwar aus dem Heuboden, auf bisher unaufge klärte Weise Feuer ausgekommen, durch welche« das genannte Gebäude beinahe bis auf die Umfassungs mauern zerstört worden ist. Leider sind dabei auch viele Wirthschastssachen, mindesten« 100 Centner Mehl, sowie eine große Partie Heu und Stroh mit verbrannt. DIS betreffende HauSgrundstück war außer von dem Besitzer noch von drei Familien be wohnt. Ein großer Theil der Wirthschasissachen der Miethsparteien konnte, wenn auch zumeist nur in beschädigtem Zustande, gerettet werden. Das Mo biliar hatten nur der Besitzer und eine der mitabge brannten Familien versichert; doch trifft auch den ersteren und kessen Familie bedeutender Schaden. Durch das rechtzeitige und energische Einschreiten der hiesigen freiwilligen Feuerwehr ist der Brand auf seinen Herd beschränkt und ein weiteres Umsichgreifen vc« Feuers verhütet worden. — Rossen, 14. Juli. Eine grauenhafte That hat die hiesige Gegend in fieberhafte Aufreg ung versetzt. In der Nacht vom Donnerstag zum Freitag wurde nämlich der Gutsbesitzer Berthold in Reinsberg in seinem Schlafzimmer ermordet. Der Thäter hat seinem Opfer die Keble durchschnit ten. Mehrere Kinder, die mit dem Vater das Schlaf gemach «heilten, haben von dem Vorgänge nichts ge merkt. Die im Gange befindlichen polizeilichen Er örterungen werken hoffemlich bald Licht in der ganzen Sache verbreiten. Der Mord scheint ein Racheakt zu sein, weil weder Geld, noch ankere Gegenstände vom Thäter berührt wurden. — Hohenstein-Ernstthal, 16. Juli. Bei der heutigen Hcbefeier im Gasthof „zur Zeche" er eignete sich ein schwerer Unglllcksfall. Als am Abend gegen 8 Uhr der Musikdirektor Naumann mit seiner Kapelle auf dem Gerüst versammelt war und mit ihm ungezählte Neugierige, Erwachsene sowohl, als auch Kinder, ca. 2ÖO—3OO Personen, brach das Ge rüst über dem Saal zusammen. Alle darauf Befind lichen stürzten in die Tiefe. Viele wurden schwer verletzt, auch Musikdirektor Naumann, mehrere Kin der erlitten Arm- und Beinbrüche oder sonstige Ver renkungen und mußten in das Krankenhaus gefahren werden. Wen eine Schuld trifft, hat sich bis jetzt nicht ermitteln lassen. — Aue. Am vergangenen Sonntage entgleiste zwischen den Stationen Aue und Lauter der Zwickau- Schwarzenberger Eisenbahn die Maschine deS Mit tags ->/,l Uhr in Schwarzenberg fälligen Personen zuges auf noch unaufgeklärte Weise. Der Betrieb war bis Nachmittags '^3 Uhr gesperrt, Verletzungen von Personal und Reisenden sind glücklicher Weise nicht vorgekommen. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. 19. Juli. (Nachdruck verboten). Fünf Jahre sind seit dem Besuche Kaiser Wilhelm II. bei dem russischen Zaren Alexander III. vergangen. Als der junge deutsche Kaiser am IS. Juli 1888 in Petersburg eintraf und daselbst mit allen Ehren empfangen wurde, hielt man diesen Besuch zwar für bedeutungsvoll, allein seine ganze Bedeutung hat man erst später erkannt. Die Sicherung des europäischen Friedens war es, die Kaiser Wilhelm anstrebte und in kluger Fürsorge suchte er zuerst den, russischen mißtrauischen Reiche und seinen Leitern den Beweis zu geben, daß er ohne alle Hintergedanken als das erste und vornehmste Ziel seiner Re gierungspolitik die Förderung und Erhaltung des Friedens betrachte. Jene Reise war, wie heute feftsteht, dem Friedens gedanken mindestens sehr sörderlich. LV. Juli. Vor 40 Jahren, am 20. Juli 1853, wurde zwischen Preußen und Oldenburg der Vertrag abgeschlossen, laut welchem letztere« gegen eine Entschädigung von 0, Million Thalern auf beiden Seiten des Jahdcbuscns ein Gebiet (incl. Wasser) von Quadratmeile (ca. 14 Quadratkilometer) zu dem Zweck an Preußen abtrat, daß dieses daselbst auf eigene Kosten einen Krieashafen gründe. Hier wurde der bescheidene Anfang einer deutschen Flotte gemacht, kurze Zeit nachdem der Unverstand des deutschen Bundestages den Verkauf der vorhandenen deutschen Schiffe angeordnet hatte. 1869 erhielt der Jahdehasen de» Namen Wilhelnishaven und er wurde mit Kiel ei» Krieashafen des norddeutschen Bundes und nach 1870 des deutschen Reiches. Ein Pechvogel. Tragikomische Erzählung von Heinrich Köhler. (4. Fortsetzung.) Aber das Schicksal hatte e» anders beschlossen. Plötzlich wurde aus der anderen Seite der Straße ein Fensterflügel geöffnet und herau» beugte sich i« zierlichen koketten Häubchen mit rosa Schleischen Fräulein Eulalia Schneeherz und winkte ihm mit