- 13 - sogar an Überhängen anseilen, Sprünge über Abgründe gehören zu seiner Pflicht, jeder ungeschickte Schritt kann das Leben kosten. Seine Muskeln müssen hart sein, sein Schuhwerk genagelt, das Ge päck soldatisch-notdürftig. Wenige Menschen sind für die Drei tausender geschaffen. Denn die Berge verlangen die Fähigkeit, körperliche und geistige Energien in wenigen, entscheidenden Punkten zu sammeln und geballt einzusetzen, wie es die Raubkatze im Sprung tut. Anders steht es mit dem Bezwinger der Ebenen. Von ihm werden vor allem Beharrlichkeit, Ausdauer über lange Strecken und große Zeit räume erwartet. Ferner die Kraft, Lasten zu transportieren, Orien tierungssinn nicht minder als der Alpinist:Weite Flächen liegen vor seinem Blick, es steht ihm frei, zwischen mehreren möglichen Wegen zu wählen, und wo viele Menschen gemeinsam marschieren, verlangen sie von ihren Führern den kürzesten, bequemsten... Die Ebenen, so harmlos sie scheinen, erweisen sich als nicht viel weniger gefahrvoll als die Gebirge. Es gibt ein deutsches Idiom: "Auf der Strecke bleiben". Braucht es im Gebirge hauptsächlich die Sicherheit des einzelnen Schritts und Tritts, so muß der Wanderer Sicherheit im Suchen entwickeln... Ich glaube, Hermann Duncker gehörte zu den Suchern. Zu den siche ren Suchern, den Meistern der Ebene. Und, um in dem Brecht‘sehen Bild zu bleiben, er wurde in der Ebene und für sie geboren: Die Ebene der bürgerlichen Studierstube, die ja nicht unfruchtbar ge wesen war über Jahrhunderte. Aber er machte sich dennoch freiwil lig, ohne sozialen Zwang auf in die Berge der Klassenschlachten, schloß »ich denen an, die die alten Ebenen verlassen hatten und 14 -