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Hagesgeschichle. — Deutschland. E« ist der einigen Tagen gemeldet worden, daß zahlreiche Angehörige des Be urlaubtenstande« zu Uebungcn einberufen sind. Wie au« militärischen Kreisen verlautet, handelt e« sich um Uebungen für die Dauer von 14 Tagen bi« zu 8 Wochen. Bon der Infanterie sind 60,000 Re servisten und 60,000 Landwehrleute, von den anderen Truppentheilen 26,330, im Ganzen also 146,330 Mann einberufen worden. Hierbei sind die Offiziere und Offiziersanwärter nicht eingerechnet, wohl aber 10 Prozent der Unteroffiziere. Da die Uebungen bald nach Pfingsten beginnen sollen, so wird sich ein erheblicher Theil der Einberufenen noch am Wahltage bei der Fahne befinden und demnach nicht in der Lage sein, da« Wahlrecht auszuüben. Die Uebungen waren übrigens bereit« zu einer Zeit anberaumk, al« noch Niemand wissen konnte, daß Mitte Juni Neu wahlen zum Reichstage stattfinden würden. — Fr i c dr i ch « r u h. Der HimmelfahrtStag brachte eine außergewöhnliche große Schaar Ausflügler hierher. De» Tag hatte sich auch die Lübecker Turnerschaft auScrsehen, um dem Fürsten Bis marck ihre Huldigung darzubringen. Die Turner halten sich in dem fürstlichen Park ausgestellt. Bald darauf erschien Fürst BiSinarck, begleitet von seinen beiden Doggen, im üblichen einfachen schwarzen Mor- gcnanzng. Ein begeisterte« „Gut Heil" empfing den Fürsten, als er sich den Reihen der Turner näherte. Al« der Turnergruß verklungen war, nahm der Vor sitzende der Lübecker Turnersibafr, Herr I. Ever«, zu einer Ansprache da« Wort. Hierauf sprach der Fürst etwa folgendes: „Ich danke Ihnen herzlichst für die freundliche Begrüßung und sehe in Ihnen und allen Turnern Mitarbeiter auf dem Felde nationaler Ar beit. Ich bin auch in einer Turnerschaft in Berlin gewesen, bei Jahn und Eiselcn; Arndt stand auch in Verbindung damit. Da ging« hart her mit dem Stoßsechten. Das hat bei dem leinenen Hemde zu weilen nicht woblgcthan, aber cs hat gekräftigt, wie überhaupt die Turncrei die Nationen auch in ihrem geistigen und politischen Leben hebt. Die Völker, die körperlich zurückgehen, bringen da« Verlorene auch geistig nicht wieder ein. Im klassischen Altcrthum pflegten die Hellenen die körperlichen Uebungen in hobemMaße: >lons iurnu in ooipoio ^rrnn. Unsere gcrmaniscbcn Vorfahren, die Vandalen, sind nach ihrem Zuge nach Nordafrika auch nicht so kräftig ge blieben. Wenn wir auch manchmal hier über de» Nordostwind klagen, würden wir da« Klima von Neapel haben, so wären wir körperlich nicht so tüch tig geblieben. Ich erinnere Sie an die Normannen, auch sie sind im Süden nicht so kräftig geblieben, trotzdem sic cin durchaus kräftiger nordischer Stamm waren. Wir dürfen unserem Gott dafür danken, daß dieses Klima unsere körperliche und geistige Energie im fortwährenden Kampfe erhält. Ich wollte nur motiviren, in wie fern die Turnerei mitgewirkt hat als Trägerin des deutschen nationalen Gedankens. Wenn auch die Burschenschaftler sich mehr den Büchern zuwendeten, so ist doch die Turnerei geblieben und immer kräftig geübt worden. Die Turnerschaft ist e« mit gewesen, welche da« nationale Gefühl ge pflegt hat und ich glaube, wir leben in einer Zeit und gehen einer Zeit entgegen, wo jeder solche Bei trag von der Nation nur dankbar anerkannt werben kann. Ich freue mich infolge dessen, daß ich Sie begrüßen kann und bitte Sic einzuslimmen in cin Hoch auf die deutsche Turnerschaft als Trägerin de» dcutschcn EinheitsgcdankcuS." — Ein mächtig wieder hallendes „Hoch" ertönte auf die mit fester Stimme gehaltene Ansprache des Fürsten. Darauf wandte sich der Fürst an einzelne Mitglieder der Turnerschaft mit freundlichen Worten. — Nachdem amtlichen Waarcn-Vcrzcich- niß zum Zolltarif soll zur Position „Wein" der jenige nicht mehr gerechnet werden, der mehr als 17 püt. Alkohol besitzt. Ein solcher Wein ist al« Kunst wein, gleich dem Branntwein, mit 125 bezw. 185 Mk. (statt mit 20 bezw. 25 Mk.) zu verzollen. Auf Veranlassung bayerischer Handelskammern ist die bayerische Regierung bemüht, beim BundeSrath die Streichung dieser Bestimmung zu erwirken, weil außer dem französischen Bordeaux auch die meisten sogenannten Medizinalweine, wie Sherry u. s. w., mehr al« 17 pEt. Alkohol haben und so erheblich vertycuert weroen würden, daß der deutsche Wein handel dadurch eine empfindliche Schädigung erfahren würde. — Infolge der vom Abgeordneten Brecmel ver anlaßten Beschlußfassung de« Reichstage«, den Reichs kanzler zu ersuchen, eine in da« metrische System passende Bezeichnung für 100 Kilogramm gesetz lich einzuführcn, sind bei den wirthschaftlichcn Körper schaften der Einzelstaaten Umfragen im Gange, ob überhaupt ein Bcdürsniß für den Handelsverkehr zur Einführung einer solchen einheitlichen und gesetzlichen Beziehung vorliege und welcher Ausdruck dafür zu wählen sei. Nach dem bisher erstatteten Gutachten scheint cin derartige« Bedürfniß mehr für die Stati stik al« für den Handelsverkehr selbst vorhanden zu sein. — Prag. Ein praktische« u. nachahmenSwerthe« AuSkunftSmitiel behufs Verständigung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ist in dem deutsch-böhmischen Jndustricbezirk Gablon-Tannwald ergriffen worden. E» sind dort kürzlich Arbeitgeber in den Versammlungen der Arbeiter und umgekehrt Arbeiter in Fabrikantenversammlungen erschienen, um gegenseitig die bezüglichen Wünsche und Beschwerden vorzubringen. Die Erörterungen wurden von beiden Seiten streng sachlich geführt und nahmen durchweg einen ruhigen Verlauf. Jedem Redner ohne Unter schied, ob Fabrikant oder Arbeiter, war die gleiche Zeit, je eine Viertelstunde für eine bestimmte Frage, zum Sprechen zugemessen und die Kundgebungen fanden allseitig eine achtungsvolle Aufnahme. Die ersten Versuche, auf solche Weise durch offene Aussprache eine Verständigung herbeizuführen, sollen eine Fort setzung erfahren. — Frankreich. Endlich haben die Franzosen wieder einen neue» Hero«, vor dem sie ihre Haus wurstsprünge der Begeisterung machen können. E« ist die« General Dodds, der „Besieger des König« Behanzin von Dahomey". Am Donnerstag ist der „große Dodd«" in Marseille angekommen und dort von den Spitzen der Zivil- und Militärbehörden empfangen worden. Eine große Volksmenge brachte ibm Ovationen dar. Viele Häuser waren beflaggt. Auf der Fahrt durch die Stadt wurde Dodds von einer großen Volksmenge enthusiastisch unter den Rufen: „ES lebe Dodd«! e« lebe die Armee!" be grüßt. Der sozialistische Maire hielt eine Ansprache an DoddS, in der er die Verdienste des Generals und die Tapferkeit der Soldaten feierte. — Ein ähnlicher Empfang dürfte DoddS in Paris bevorstehen. Dort aber giebt man sich bereits gewissen Befürchtungen hin. Mehrere Blätter drücken die Besorgniß aus, daß von gewisser Seite werde versucht werden, die Menge für eine neue Art von Boulangismus zu gewinnen. Loeale und sächstsche Nachrichten. — Eibenstock, 15. Mai. Am Sonntag Nach mittag vereinigten sich über 150 Vertrauensmänner der nalionalliberalen und konservativen Partei in unserem Reichstagswahlkreise in Schwarzenberg zu einer Versammlung, um sich über den aufzustellenden RcichStagSkandidaten dieser Parteien schlüssig zu werden. Präsentirt wnrde, und zwar in vollstän diger Ucbercinstimmung der Nationalliberalen und Konfervatiden von Annaberg-Buchholz, Herr Justizralh v i. Böhme in Annaberg, ein früherer Parlamen tarier und ein im Kreise wohlbekannter und hochan- geschcner Herr. "Nach längerer Aussprache stimmte auch die Mehrheit dem Vorschläge zu und nahm Herrn Justizralh I)r. Böhme als Kandidaten an. Eine Minderheit vereinigte ihre Stimmen auf Herrn Amtsrichter Äühlmorgen in Scheibenberg. Trotzdem erklärte diese Minderheit, nunmehr auch voll und ganz für Justizralh I>r. Böhme einzutreten und diesen, wenn möglich, zum Siege zu verhelfen. Der Schluß der Ver sammlung nahm in Folge dessen einen sehr gehobenen Verlauf und man trennte sicherst, nachdem in begeisterten Worten des engeren und weiteren Vaterlandes und deren Regenten, nicht minder des Begründers Deutsch land«, Bismarcks, gedacht und einige patriotische Lieder gesungen worden waren. Nicht unerwähnt bleibe, daß der Hoffnung Ausdruck gegeben wurde, e« könnte mit der Reformpartei noch eine Einigung erzielt werden, wie in vielen Wahlkreisen dies löblicherweise möglich war und daß des langjährigen bisherigen wohlver dienten Abgeordneten Herrn Eugen Holtzmann dank bar gedacht wurde. — Wie man uns weiterhin mit- theilt, ist in einer gestern in Aue abgehaltenen Ver sammlung von der freisinnigen Partei Hr. Oberlehrer vr. Krause als Kandidat für den 21. Reichstags wahlkreis aufgestellt worden. — Eibenstock. Nach § 7 deS Reglements zur Ausführung des Wahlgesetzes für den Reichstag darf kein Wahlbezirk mehr als 3500 Seelen nach der letzten Volkszählung enthalten. Da nun Eibenstock am l. Dezember 1890 7166 Einwohner zählte, so hat sich, abweichend von der bisherigen Einrichtung, für die bevorstehende ReichStagSwahl die Bildung von 3 Wahlbezirken nothwendig gemacht. Die Abgrenzung der einzelnen Wahlbezirke ist in der Reihenfolge der Brandkatasternummern dergestalt vorgenommen worden, daß die Nr. l—I53H dem 1. Wahlbezirk, Nr. I54-28IH dem II. Wahlbezirk, Nr. 232-4»» und Ädth. L dem III. Wahlbezirk zugewiesen wurden. E» ist von vornherein davon abgesehen worden, eine Abgrenzung nach Straßen vorzunehmcn, weil dem Publikum zumeist die Brandkatasternummern besser im Gedächtniß sind, als oie Straßennummern. ES hat diese Ordnung vor der andern überdies den Vortheil, daß die Wählerlisten an Uebersicht gewinnen, da sie alphabetisch ausgestellt werden, während sonst innerhalb der Straßen die Häuser nach ihrer Nummer und nur innerhalb jedes Hause» die Wähler alpha betisch geordnet werden. Zur allgemeinen Orientirung bemerken wir noch Folgende-: In den I. Wahlbezirk gehören: Bergstraße mit Ausnabme von Nr. 6, an der Bergstraße, Brücken straße 2, Bretgasse, EarlSbaderstraße, obere Crottensee- straße, untere Crottenseestraße, Fabrikgäßchcn, Feld straße, Fleischergasse, Forststraße, Gartenstraße, GutS- weg, Haberleithe 2 u. bez. 4, Hauptstraße, Kirchplatz, Mohrenstraße, Ncugasse, Nordstraße, Postplatz, Post straße, Quergasse, Schneebergerstraße, Schulstraße, Südstraße, Teichgasse, Wiesenstraße 1, 2, 3, 4, 6, Windischwcg. In den II. Wahlbezirk: Weg nach dem Adlerfelsen, Bergstraße 6, Breitestraße, Brückenstraße 1 u. 3, CarlSfelversteig, am Graben, Hüblerweg, Lob gasse, Messingwerk, Neumarkt l u. 3, vordere Rehmer- straße, Hintere Rehmerstraße, ReutherSweg, am Stern, Theaterstrabe, Wiesenstraße 5, 7—12. In den III. Wahlbezirk: äußere Auerbacher- straße, innere Auerbacherstraße, Bachstraße, Bahnhof straße, Brühl, Haberleithe mit Ausnahme der Nr. 2 und bez. 4, Langestraße, Neumarkt 2, Promenaden straße, Schulgäßchen, Schlltzenslraße, Triftweg, Winkler straße und Abth. I!. Bei der Schnelligkeit, mit welcher die ReichStagS- wahllisten aufgestellt werden müssen, sind Versehen nicht ausgeschlossen und können wir daher unseren Lesern nicht dringend genug anrathen, sich während der AuSlegefrist auf dem Rathhause zu überzeugen, daß sie auch wirklich in der Wählerliste eingetragen sind. Bekanntlich darf nur Derjenige sein Wahlrecht auSüben, der in der Wahlliste aufgeführt ist. Die Schuld, wenn Jemand an der Wahlurne zurückge- wiesen werden muß, hat deshalb jeder Betroffene seiner eigenen Nachlässigkeit zuzuschreiben. Die Wahl lokale werden später »och amtlich bekannt gemacht. — Falkenstei». Am Donnerstag Abend in der 10. Stunde war von hier au« ein starker Feuer schein wahrzunehmen, welcher so intensiv austrat, daß man glaubte, da« Feuer sei im Hintern Anger in hiesiger Stadt, weshalb auch die Feuerwehrsigna- listen Alarm gaben. Da« Feuer rührte von einem Scheunenbranve im benachbarten Auerbach her, woselbst die Scheune der verw. Drescher nebst Inhalt nieder brannte. ES ist dies innerhalb eines Jahre» bereits der 7. Scheunenbrand. Böswillige Brandstiftung wird vermuthet. — Ein am HimmelfahrtStag Nach mittags hier ausgetretenes Gewitter war mit einem fruchtbaren Regen begleitet und hat die ganze Natur erquickt. — Zschopau. Daß eine Feuerwehr in die un angenehme Lage kommen kann, von dem zu ihrem Berufe nothwendigsten Apparat, der Spritze „Ab schied" nehmen zu müssen, dürfte wohl noch nicht dagewesen sein — es ist dies aber jetzt khatsächlich passirt, und zwar im benachbarten Orte Weißbach. Die daselbst vor ungefähr anderthalb Jahren in» Leben gerufene freiwillige Feuerwehr hat nämlich ihre Spritze an den Fabrikanten Flader in Jöhstadt zu- rückgeben müssen, weil das Corps aus eigenen Mittelst den Kaufpreis hierfür nicht aufbringen und Beihilfen von irgend welcher Seite nicht erlangen konnte. — In Euba, Langenchursdorf, Sofa und in Weißbach (Zschopauthal) treten am 15. Mai Postagenturen in Wirksamkeit, deren Verbindungen durch Botenposten zwischen Euba und Niederwiesa, Langenchursdorf und Waldenburg (Sachsen), Sofa und Blauenthal, Weißbach und DiilerSoorf (Erzge birge) unterhalten werden. Den Landbestellbezirken der neuen Postanstalten in Euba, LangenchurSdorf und Sosa gehören einige in der Nähe dieser Orte gelegene Häusergruppen und Einzelwohnstätten an; der Postagentur in Weißbach ist cin Landbestellbezirk nicht zugetheilt. Ferner wirb am 16. Mai in Fähr brücke eine Postagentur eingerichtet, deren Verbind ung durch die auf der Eisenbahnlinie Werdau-Aue (Erzgebirge) verkehrenden Bahnposten hergestellt wird. Den Landbestellbezirk dieser Postanstalt bilden die Orte (OrtStheile) Grünau, Langenbach, Lerchenberg, Neudörfel, Opritz, Schieferhütte und Thiergarten. — Den Standpunkt der sächsischen Kon servativen präcisirt das „Vaterland" vorbehältlich der Stellungnahme deS Landesverein» folgendermaßen: „Der Abschluß eines allgemeinen Kartells ist nicht geplant, doch hoffen wir, baß auch ohne da» Kartell ein Zusammengehen der Nachbarparteien möglich ist. Unsererseits soll Alles geschehen, was möglich ist, um diese« Zusammengehen zu erleichtern. Bei dem Fühlung nehmen sei man nicht zu engherzig! E« genügt oft eine persönliche Annäherung und Verständigung, um Zwiespältigkeiten und Zerwürfnissen vorzubeugen. Manche hallen eine gewisse Schroffheit für die noth- wendige Begleiterscheinung der UeberzeugungStreue. Ganz mit Unrecht! Gerade wir Konservativen muffen immer erwägen, daß un« Viele nahestehen, die sich nur au« alter Anhänglichkeit an einen liebgeworkenen Namen oder au« einer gewissen Scheu ander« nennen. Unser Verhältniß zu den einzelnen Parteien im all gemeine» darzulegen ist einerseits unnöthig, anderer seits unnütz. Nur da« möge Hervorgehoden werden, daß wir Fühlung suchen müssen nicht nur mit den Nationallideralen und Fortschrittlern sächsischer Art, sondern auch mit den Deutschsozialen, die un» in vielen Beziehungen nahe stehen." — Sonderzüge nach München. Die Sächsischen und Bayerischen StaatSeisenbahnen ver anstalten anläßlich der großen Wanderausstell ung der deutschen Landwirthschafl«-Ge feil sch ast in München Sonderzüge mit bedeutend er-