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4. PARODIE □er Künstler Adrian Laverkühn (1885-1940) scheitert am soge nannten Tonio-Kröger-Gegensatz. Nach vier Semestern schmeißt er sein Hallenser Theologiestudium, zu dem er sich fortan nicht mehr berufen fühlt, hin, um sich, abrupt und definitiv, der Pseudowelt der Musik zuzuwenden; sei ne musikalische Ausbildung begann bereits, als er zehn Ciahre war, zu Hause; als exmatrikulierter Theologe setzt er sie nunmehr in Leipzig fort. Dort holt er sich, mit zwanzig CJahren, in einem Bordell in der Petersstraße, die Syphilis, von der er nicht wie der genesen wurfte. Ein Jahr darauf, 1906, beginnt er sein kom positorisches Werkeverzeichnis anzulegen: Die 13 Brentano-Gesän ge (1906), die musikalischen Szenen der "Gesta Romanorum" (1914/15), das Oratorium "Apocalipsis cum figuris" (1919), das Violinkonzert (1924) und die unvollendet gebliebene Oper M Dr. Fsusti Wehklag” (1929/30) markieren nur di® wichtigsten Höhe punkte dieses reichen oevres. "Was aber war gewesen während all der Zeit, in der er das ge worden, was er nun war? - Erstarrung; Öde; Eis; und Geist! Und Kunst!..." (TONIO KRÜGER) Die letzten zehn Bahre seines Lebens verbringt Adrian Leverkühn, syphilitisch infiziert, in quasi geistiger Umnachtung, in seinem Geburtsort K.ise rsaschern, bis er, 55jährig, an den Folgen sei ner Krankheit stirbt... Das Gedankenspiel vom Teufelspakt hat Leverkühn, sieben Bahre nach der Infizierung, protokolliert; der Erzähler Serenus Zeit- blom teilt die schizophrene Niederschrift dem Leser kommentarlos mit: Im italienischen Palestrina, wo Leverkühn einen Fieberanfall erleidet, erscheint ihm (der von ihm so bezeichnete) Sammael, der Teufel - zur Bezeugung, Bekräftigung, Besiegelung seines desperaten Zustands. Im Fiebergespräch wird dann, in kunstvoll metaphysiscner Manier, sowohl über die Widerpoligkeiten des so genannten Tonio-Kröger-Gegensatzes (Kunst und Leben / Geist und Körper / Wille und Trieb) als auch über die Entscheidungsnöte des es bewirkenden Tonio-Kröger-Problems (Fantasie oder Senti mentalität / Arbeit oder Müßiggang / Künstler oder Mensch) de battiert. Letztendlich zielt das Fiebergespräch jedoch einzig und allein auf die Beantwortung der Frage hin, ob es sich bei dem