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— Bom ostasiatischen Kriegsschauplatz wird au» englischer Quelle die Nachricht verbreitet, daß beite kriegsührende Theile des Hader« müde wären. .Reuters Bureau" melret aus Tientsin, daß zwischen China und Japan in Söul Friedensver handlungen eingeleitct seien. Nach einem Wolff- schen Telegramm vom Montag Abend findet diese Meldung inteß in Londoner unterrichteten Kreisen keine Bestätigung. Locale und sSchstfche Rachrichte». — Eibenstock. Am Montag Abend fand die Separat-Vorstellung der Unger'schen Thealergesell- schast für den hiesigen Militärvcrein statt. Die selbe wurde durch einen Prolog aus die Deutsche Kaiserin, deren Geburtstag aus diesen Tag fiel, er öffnet. Der Besuch des Abenr« war, wie dies im Militärvercin seil Jahren üblich, wieder sehr zahlreich und dürste die Vorstellung auch einen guten Kassen erfolg für den beabsichtigten Zweck gehabt haben. Das Stück mit seinen abwechselnd heiteren aber auch ergreifenden Scenen sand reichen Beifall und dürften auch Diejenigen, welche die Freuden des Tanzes ver ziehen, voll befriedigt von dannen gegangen sein. — Eidenstock. Bezüglich der wiederholten Be kanntmachung des Herrn JacqueS Gcrboe sei darauf aufmerksam gemacht, daß dadurch eine sehr gute Ge legenheit geboten ist, einen ConversationS- bez. Lehr-CursuS in der englischen und franzö sischen Sprache in bequemer Weise durchzunchmcn ; Herr Gerbee würde bei genügender Betheiligung die Sache so arrangiren, daß er Sonnabend Abend von 8 Uhr ab, und zwar so lange, als die Betheiligten wünschen, zur Verfügung steht; Honorar pr. Monat Mk. 10 —. Herr Gerböe, welcher viele Jahre für sprachlichen Unterricht an ter k. k. Lehrerbildungs anstalt in Salzburg und der autor. Handelslehranstalt in Brünn mit bestem Erfolge wirkte, hat verschiedene Curse, z. B. Annaberg, Schlettau, im Gang und dort gute Unterstützung gefunden; auch hier, wo die In dustrie so stark mit dem Ausland in Verbindung stehl, ist zu erwarten, daß die Gelegenheit zahlreich benutzt wird. — Dresden, 22. Oktober. In der hiesigen russischen Gesandtschafiskirche fand gestern Mittag für die Genesung des Kaisers von Rußland ein Bitt gottesdienst statt, an welchem das Personal der Gesandt schaft und zahlreiche russische Familien theilnahmcn. — Meißen. Am Sonntag ist hier eine Anzahl 13- bis 14jähriger, noch schulpflichtiger, im Triebisch- und Rauenthal bei Meißen wohnender Knaben und Mädchen — man spricht von 8 — wegen Vergehen« gegen die Sittlichkeit verhaftet worden. Auch ein 20jährigcr Bursche wurde mit verhaftet. — Aue. In den letzten 2b Jahren haben sich die Orte des AuerthalcS (Aue, Zelle, Auerhammer und Niederpfannensticl), Dank ihrer günstigen Lage und der Thatkraft der Bewohner, industriell bedeutend entwickelt und daher auch wesentlich vergrößert. In folge dieser Umstände wird jetzt ein bedeutendes Unter nehmen geplant, die Anlage einer elektrischen Straßenbahn, die hauptsächlich zur Beförderung von Frachten dienen soll. Die Anlage wird von Herrn Bankier Louis Fischer zun. hier geplant. Die hiesigen städtischen Kollegien haben bereits eine Kom mission gewählt, die die Bedingungen zur Genehmig- ungSertheilung berathen soll. — Kirchberg. Im „NachrichlSbl. f. Kirchb. u. U." lesen wir folgendes: In verschiedenen Lokal blättern wird geschrieben: „In einer gefährlichen Lage befand sich dieser Tage ein Bürger au« Kirchberg. Als derselbe spät Abend aus dem Heimwege von Wildenfels in die Nähe der sogen. Scharfrichtern in Wiesen gekommen war, bemerkte er auf einem Felde Kartoffeldiebe. In der Absicht, dieselben zu ver scheuchen, rief er sie an. Plötzlich krachten mehrere Schüsse und eine Kugel sauste dem Manne dicht am Ohre vorbei. Der Mann ergriff hierauf die Flucht und war froh, mit heiler Haut davongekommen zu sein." — Ob sich die Sache so verhält, haben wir nicht in Erfahrung bringen können. Wohl aber ist vor einiger Zeit ein hiesiger Einwohner, der wöchent lich 17 bis 20 Mark verdienen soll. Nachts von einem Beamten beim Krautstehlen betroffen worden. Da nun der Dieb die Flucht ergriffen, dem mehrmaligen Haltrus auch nicht nachgckommcn ist, so hat der Be amte Feuer gegeben und den Dieb verwundet. — Adorf. Infolge de« fortgesetzten Regen« haben wir seit einigen Tagen im Vogtlande billige« Schöpsenfleisch (da« Pfund 50 Pf.). Unsere Fleischer kaufen nämlich auf den im Herbste statt findenden bayrischen Schafmärkten in der Regel eine größere Anzahl Schöpse und treiben diese bis zum Eintritt de« Winter« auf die Weide. Die« ist Heuer, da in den letzten 14 Tagen im Vogtlande geradezu unglaubliche Regenmengen gefallen sind, nicht mög lich, und deshalb werden die Thiere, weil eine längere Fütterung im Stalle nicht lohnt, schnell weggeschlach tet und wird da« Fleisch billig verkauft. — Bad Elster ist nicht allein ein Mode-, sondern auch ein wcitberühmte« Moor-Bad. E« wird gegen wärtig abermals ein neue« Moor-Badehau« erbaut und damit zugleich werden neue Moor-Teiche angelegt, woselbst die im Sommer während der Badesaison verbrauchte Piaffe auSgeschüllet wird. Obwohl die der König!. Sächs. StaalSregicrung gehörigen, in Elfterer Flur gelegenen Wiesen soviel Moor bergen, daß seit Begründung des Bades (1851) bi« heule Moorerde noch nicht ein zweite« Mal hat verwendet werden müssen, so l at doch der FiSku« in weiser Vor sicht sowohl in Sohl als auch in Mühlhausen neuer dings Moorwicsen angekauft, welche in fast unerschöpf lichen Mengen die heilkräftige Erde in starken Schichten enthalten. — Nachdem dank der Fürsorge de« königl. Mini sterium« de« Innern die bei rationeller Durchführung ungemein lohnende Ziegenzucht fast in jeder Gemeinde ausgenommen ist, erheben sich auch Stimmen, welche die Schweinezucht ebenso lebhaft befürworten. Die reichliche Kartoffelernte d. I. drängt geradezu daraufhin, in größeren und kleineren landwirthschaft- lichen Betrieben Verzehrer dieser Feldfrucht einzu stellen, da der Verkaufspreis der Kartoffeln schon jetzt sehr niedrig ist und noch weiter zurückgehen dürfte, auch die Haltbarkeit der Kartoffeln Heuer fraglich ist, da die auf schwerem, feuchtem Boden gewachsenen Knollen bereit« auf dem Felde und wahrscheinlich mehr noch in den Kellern faulen. Ein fleißiger und dankbarer Kartoffelkonsument aber ist da« Schwein. Soll die Schweinezucht lo.hnend werden, so muß aller dings der Müstprozeß möglichst schnell vor sich gehen. — Selten ist die Kartoffelernte unter so schwierigen Witte rungsverhältnissen vor sich gegangen wie diesen Herbst und noch jetzt liegt ein großer Theil dieser Frucht im feuchten Erdreich. Der täglich fallende Regen läßt ein AuSmachen der Knollen nicht zu, da da« Erdreich vollkommen durch näßt ist, sodaß weder Pflug noch Hacke in der ge wohnten Weise angewenvet werden können. Mit der Einkellerung haben die Landwirthe gleichfalls große Noth; würden sie die Kartoffeln in dem nassen Zu stande in die Keller oder Miethen cinlegen, so müßten sie befürchten, daß dieselben faulen; sie müssen deshalb zunächst die Tennen benutzen, um die Knollen hier abzutrocknen. — Bei einer in diesen Tagen abgehaltenen Fest lichkeit sagte einer der trefflichst unterrichteten Redner etwa Folgende« über den Verbrauch von Stein kohlen: Zeit vor Allem ist es, haushälterisch mit unseren Voriäthen an dem schwarzen edlen Gestein umzugehen. Unsere Oefen-Einrichtungen sind noch nicht vollkommen genug und wir verpuffen viel nutz los in die Luft. Bei unseren Oefen nutzen wir nur durchschnittlich 30 Prozent aus uns mit 70 Prozent Heizen wir die Luft; bei Lokomotiven werden gar nur 15 bis 20 Prozent benutzt. Es gilt Sparvorricht ungen anzuwenden, daß wir nicht vor der Zeit Schle siens und Englands Kunde werden müssen. Aus vergaugmer Zeil — für «ufere Zett. 24. Oktober. (Nachdruck verboten.) Das ferne China, das uns lange Zeit nur durch feinen Thee und seine Akrobaten interessant war, ist nun durch seinen Krieg um Korea ein allgemein beachtetes Reich geworden, das anscheinend reckt großen Verwickelungen entgegengeht. Es ist auch wahrscheinlich, daß schließlich China dem Verkehr mehr, als bisher, erschlossen werden dürfte, daß es in engere Ver bindung mit Europa treten wird; somit dars Wohl auch an dieser Stelle aus den kritischen Tag des himmlischen Reiches hingewiesen werden, nämlich aus den 24. Oktober. An diesem Tage und zwar vor SO Jahren, 1844, schloß Frankreich, als Schutzmacht der Christen in China austretend, mit diesem einen Handelsvertrag ab, in welchem sowohl die Straflosigkeit der zum Chrislenthum übergetretenen Chinesen, als auch überhaupt Duldung des Christenthums und Gestattung der Erbauung von Kirchen ausbedungen ward. Das war eine starke Bresche in die Abgeschlossenheit Chinas und noch wesentlicher wurde die Erschließung des Reiches, als ebenfalls ani 24. Oktober 1880, im Frieden zu Peking sich die chinesische Regierung, durch die Engländer und Franzosen dazu gedrängt, zu einer doppelten Kriegsentschädigung und der Eröffnung Tientsins sür den europäischen Handel verstand. 25. Oktober. Am 25. Oktober 1858 gab der preußische Landtag seine Zustimmung zu der Regentschaft des Prinzen Wilhelm. Der König Friedrich Wilhelm IV. war als unheilbar erkrankt er kannt worden und hatte eine Reise nach dem Süden angetreten. Nach der Verfassung war die Regentschaft eine Nothwendigkeit und es handelte sich bei der eingeholten Zustimmung des Land tages nur um eine Form ; indeß beweist die Wahrung dieser Form, daß die Regierung unter allen Umständen gewillt war, auf Grund der damals noch jungen Verfassung zu regieren. Der Staatsanwalt. Kriminal-Roman von Paul Michaelis. (7. Fortsetzung.) Oder ist vielleicht wirklich etwa« daran? Wenn nun Kramer thatsächlich dabei betheiligt wäre? Wenn er c« selbst gewesen ist? Aber nein, nein, er kann es nicht denken, und schon, daß er überhaupt solche Gedanken hat, ist schimpflich. Ebenso gut könnte er selbst den alten Wuche.er abgeschlachtet haben. Nein, Kramer, der so tüchtig, so brav, so anständig ist, wie sollte denn der . . .? O pfui, daß er überhaupt so etwa« denken kann! Oben auf dem Boden standen die Arbeiter zwischen den hohen Getreidehaufen umher, die sie umschütten sollten, damit da« Getreide nicht verderbe. Aber sie lehnten auf ihren Schaufeln und schienen müßig zu sein. Auch ihnen war die große Neuigkeit, der Mord im Hause, zu interessant, al« daß sie nicht darüber die Arbeit vergessen sollten. Sie standen zusammen und erzählten sich den Vorfall mit romantischsten Einzelheiten, übertrieben den Reichlhum des alten Trödlers ins Unglaublichste und flüster len sich haar sträubende Dinge über ähnliche Ereignisse zu. Der Besuch des StaalSanwaltS und der anderen Personen erregte ihr ungemischtes Erstaunen und zu gleich ihre Neugierde. Was mag er hier wollen? Denkt er etwa, daß sich der Mörder hier oben ver steckt Hal? Over was will man sonst? Aber ihre Neugierde fand vorläufig keine Nahr ung. Der Staatsanwalt wendete sich nur zu den Luken, von denen einige offen standen und er betrach tete sie aufmerksam. ES konnte sein, da« Eisen glich in allen Stücken den Riegeln, mit denen die Luken von innen verschlossen werden. Die Riegel saßen in Haspen und drehten sich, und sollten die Doppel- thüren der Luken geschlossen werden, so fiel der Riegel in zwei Krampen, die nach Innen angebracht waren und verhinderten dadurch, daß sich die Flügel nach außen öffneten. Der Kriminalbeamte hatte indessen an allen Luken herumgeschnüffelt und winkte jetzt dem Staatsanwalt mit triumphirender Miene zu. In der Thal, dort fehlte solch ein Riegel und die Thüren waren mit einem Strick zusammengebunden. Auch der Staats anwalt mußte sich von der wichtigen Entdeckung über zeugen. „Ist vielleicht Herr Kramer hier?" fragte er, zu den Arbeitern gewendet. Er erhielt indessen die Antwort, daß derselbe vor einer halben Stunde nach unten gegangen und noch nicht wieder herauf gekommen sei. Er werde wohl in der Gaststube sitzen. „Er scheint viel zu kneipen," sagte der Staatsan walt zu Vater Fritz. „O nein, Gott bewahre," erwiderte der, „er ist soweit ganz solide. Nur die letzte Zeit hat er ein Bißchen viel unten gesessen. ES ist aber nicht um« Trinken. ES ist bloß der Lina wegen." Der Staatsanwalt wendete sich wieder zu den Arbeitern. „Wo ist der Riegel, der zu dieser Luke gehört? Weiß eS vielleicht einer von Ihnen?" „Jawohl," erwiderte der Aeltere der Leute. „Der wollte schon lange nicht mehr ordentlich sitzen und gestern ist er ganz aus dem Haspen gegangen." „Und wissen Sie, wo er ist?" fragte der Staats anwalt weiter. „Der muß hier irgendwo liegen," antwortete der Erste. „Oder nein, voch nicht, den hat ja gestern Kramer mitgenommen. Der wollte ihn zum Schlosser bringen." „Wissen Sie das auch ganz gewiß?" fragte der Staatsanwalt scheinbar ruhig, aber vor Aufregung zitternd. „Ja, da« kann ich genau sagen," betheuerte der Andere. „Na und Ihr habt'« ja auch gesehen," wen dete er sich zu den übrigen Arbeitern. Die Andern versicherten dasselbe. Kramer habe den Riegel, der nur noch lose in der Haspe saß, herausgenommen und ihn zurechtbiegen lassen wollen, um ihn wieder einzufügen. Und damit die Luke in der Nacht nicht aufgeht, habe er sic mit Stricken zu- gebunven. „Es ist gut," sagte der Staatsanwalt, indem er wieder die Treppe hinunlerschritt, von staunenden Blicken gefolgt. Denn die Arbeiter konnten sich nicht enträthseln, was er eigentlich gewollt hatte und warum er die Oeffnung untersuchte. Ob er vielleicht- glaubte, daß der Mörder durch diese Luke eingedrungen war? Aber er hatte e« doch viel bequemer, wenn er einfach die Treppe hinaufstieg. Wozu in aller Welt hätte er den Umweg über den Boden machen sollen? Vater Fritz folgte dem Staatsanwalt mit schlot ternden Knieen, er vermochte kaum sich aufrecht zu erhalten. O Gott, wie schrecklich das war! So mußte eS also kommen! So konnte der unschuldige Mann in Verdacht gerathen. Denn dieser Kramer war unschuldig, davon war er so fest überzeugt, wie von seinem eigenen Leben. Für den Kriminalkommissar bestand kaum noch ein Zweifel. „Nun, Herr Staatsanwalt," sagte er triumphirend, „da hätten wir ja die Fährte. Man kann sie sich nicht deutlicher wünschen. Vielleicht ist eS das Beste, wenn wir ihn gleich verhaften." Der Staatsanwalt war unnahbar. Sein Gesicht zeigte eiserne Ruhe. ES war unmöglich, ihm anzu sehen, was er dachte. Und doch wühlte e« in seinem Innern. Es überlief ihn heiß und kalt. Also viel leicht doch! Vielleicht ist Alles, was er gedacht und gefürchtet hat, nur ein böser gräßlicher Traum ge wesen ; und nun wacht er auf und erkennt, daß eS nichts war als ein Gespenst, vor dem er sich gefürch tet hat. Ja, ja, so wird es auch sein. Ein Traum bild war e«, da« ihn schreckte. Aber jetzt gilt e», wach zu sein und seiner Pflicht zu leben. „Ich möchte wohl den Herrn Kramer einmal sprechen," sagte er mehr zu sich selbst, al« zu den Andern. Dann zu einem der Schutzleute gewendet, fügte er hinzu: „Bitten Sie ihn einmal herauf. Er ist im Gastzimmer." Darauf sank er schwer in einen Stuhl, als ob ihn die Füße nicht mehr tragen wollten, und seine Augen starrten wie leblo« auf den Boden.