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Hallstadts nicht," fuhr Gruner in aufgeregtem Tone fort, „er schien ihre Bekanntschaft nicht einmal zu wünschen und doch war er heimlich mit ihnen verbündet, er war ihr Berather und in seineni Hirn ist die Komödie ansgearbeitet worden, mit der wir getäuscht werden sollten." . „Du gehst zu weit —" „Ich weiß, wie weit ich gehen darf! Wir haben uns von diesem schlauen Advokaten betrügen lassen und Du willst das noch immer nicht cinsehen?" Elisabeth schüttelte ärgerlich das Haupt. „Ich kann das nicht glauben," sagte sie. „Gustav Barnay war immer eine offenherzige Natur, die Kunst der Verstellung und der Heuchelei hat er nie gekannt. Und mir darfst Du doch auch einen scharfen Blick zutrauen —" „Ich hab'S gethan, jetzt aber thue ich eS nicht mehr, seitdem Fräulein Hallstädt —" „Wie hier die Dinge liegen, weiß ich auch nicht," unterbrach ihn die junge Frau ärgerlich; „man macht Dir den Vorwurf, Du habest Dich roh benommen und das Mädchen insultirt. Hagen habe es —" „DaS hat auch der Advokat Dir erzählt?" „Jawohl. Hallstädt und Hagen sind hier; bist Du mit ihnen nicht zusammengetroffen?" „Nein; ich werde sie nicht aufsuchcn." „DaS beweist, daß Du Dich schuldig fühlst." „Das beweist nur, daß ich kein Raufbold bin und daß mir die Sache überhaupt gleichgültig ist," sagte Gruner achselzuckend. „Und treffe ich Varnay noch einmal in diesem Hause, dann werde ich ihm mit dürren Worten die Thür zeigen." „DaS wirst Du nicht thun." „Ich werde es thun, denn ich dulde keinen Spion in meiner Nähe. Uebrigens hat's auch keine große Gefahr mehr, morgen Mittag reise ich ab." Der Eintritt des Beamten unterbrach das Gespräch, er beschick Elisabeth vor den Richter. » Die Besichtigung der Leiche war beendet, in einem anderen Zimmer erwarteten die Gerichtsherren die junge Wittwe. „ES ist noch immer nicht ganz aufgeklärt, ob Ihr Gatte durch ein Verbrechen oder einen Unglücksfall sein Leben verloren hat," sagte der Richter; „ich sehe mich deshalb genöthigt, einige Fragen an Sie zu richten, deren Beantwortung vielleicht geeignet wäre, das Dunkel zu lichten. „Wann faßte der Verstorbene den Entschluß, die Reise anzutreten?" „Vorgestern Nachmittag," erwiderte Elisabeth, „er faßte ihn plötzlich und selbst meine Bitten konnten ihn nicht bewegen, die Ausführung zu verschieben." „ES mußte Sie doch befremden, daß er mit dem 'Nachtzuge reisen wollte?" „Befremden? Das doch nicht! Er reiste oft in der Nacht, schon deshalb, weil er Zeit dadurch ersparte." „Und wohin wollte er reisen?" „Nach Bern." „Hatte er dort Geschäfte?" „Ich weiß das nicht; in seine Privat-Angelegen- heilen ließ er mich nie hineinblicken." „Sie wissen auch nicht, was ihn zu dieser plötz lichen Reise bewog?" fragte der Richter mit schärferer Betonung. Elisabeth schlug verlegen den Blick nieder. „Man beschuldigte ihn eines Betruges," sagte sie, „aber ich kann nicht beurtheilen, ob diese Beschuldigung begründet war. Meine Gatte protestirte energisch gegen die Anklage und ich bin geneigt, seiner Behaupt ung Glauben zu schenken. Wenn er trotzdem der An klage aus dem Wege gehen wollte, so läßt sich das begreifen." „Wenn er sich schuldlos wußte, so hatte er das nicht nöthig!" „Mein Gatte steht jetzt vor einem höheren Richter," erwiderte Elisabeth in vorwurfsvollem Tone, „wir wollen nicht über ihn urtheilen." „Wann verließ er das Haus?" „Etwas nach elf Uhr; er mußte sich beeilen, wenn er den Zug noch erreichen wollte." „Ihr Bruder begleitete ihn?" „Jawohl, ich wünschte cs; mein Mann hatte, was er sonst niemals zu thun pflegte, etwas zu viel ge trunken." „Und wann kehrte Ihr Bruder zurück?" „Nach einer halben Stunde, er hatte an der Kapell- brücke meinen Mann verlassen müssen." „Weshalb ging er mit ihm nicht bis zum Bahn hofe?" „Weil mein Gatte sich diese Begleitung verbat." „Hatten Sie bei der Rückkehr Ihres Bruders sich schon zur Ruhe begeben?" „Nein." „Fiel eS Ihnen nicht auf, daß er etwas erregt war?" „Ich habe davon nichts bemerkt," sagte Elisabeth, und wieder traf ihn ein vorwurfsvoller Blick aus ihren Augen; „weshalb hätte er cs sein sollen? Acrgerlich war er freilich auf meinen Mann, weil dieser so kurz nnd wohl auch noch unfreundlich Abschied genommen hatte, aber —" „Aus welchem Fuß stand er mit dem Verstorbenen?" „Ihre Anschauungen wichen oft voneinander ab. aber darum blieben sic doch Freunde, sie haben sich niemals ernstlich entzweit." „Ich komme nun zu einer wichtigen Frage," sagte der Richter, nachdem er einen Blick in das Protokoll geworfen hatte. „Nahm Ihr Gatte eine bedeutende Geldsumme mit?" Die junge Fran schüttelte den Kopf. „Diese Frage kann ich nicht beantworten," erwiderte sie; „er hat mir nicht gezeigt, was er mitnahm." (Fortsetzung solgt.) Gedanken - Suggestion. Vor hundert Jahre» hätte man Manches für un möglich gehalten und, wenn es Jemand erzählte, für Humbug oder Selbsttäuschung erklärt, was heut zu den alltäglichen Erscheinungen gehört. Wer hätte z. B. zu unsrer Großeltern Zeiten geglaubt, daß man Gedanken übertragen könne? Und doch ist dies ohne besondere Vorbereitungen, ohne ausgesprochene Be gabung sehr wohl möglich, und wer sich dafür interes- sirt, kann im eigenen Familienkreise oder in Gesell schaft Proben mache», die fast immer gelingen werden. Es war an einem regnerischen Nachmittag, als ich zuerst solcher improvisirten Vorstellung von Gedanken oder Willenssuggestion beiwohnte. Eine fröhliche Land- parthie, deren Programm sich eigentlich im Freien hatte abspielen sollen, war durch plötzlich eingetretcnes Regenwetter gestört worden und wir waren genöthigt, uns in dem niederen Saal des Dorfwirthshauses so gut es ging zu unterhalten. Als ziemlich Alles zu diesem Zweck dienende erschöpft war, schlug einer aus der Gesellschaft das Gedankenlesen vor und zeigte, als sein Vorschlag begeistert angenommen wurde, gleich, wie die Sache anzufangcn war. Einer jungen Dame, die in entferntem Raum gewartet hatte, bis sich die Gesellschaft über das, was sie thun sollte, geeinigt, wurden, als man sie in den Saal führte, die Augen fest verbunden. Es galt beim ersten Mal, eine be stimmte Blume aus einem bestimmten Strauß zu nehmen, das zweite Mal sollte sie sich auf einen be stimmten Stuhl setzen, das dritte Mal vor ihrer Mutter »iederknieen. Derjenige aus der Gesellschaft, der sie hereingcfllhrt hatte, faßte ihre Handgelenke in der Weise, daß er den Puls umklammert hielt, richtete dann seine Gedanken fest auf die Aufgabe, die dem „Medium" zuertheilt worden, auf Ort nnd Gegenstand derselben und überließ sich willenlos der Führung der jungen Dame. Dieselbe schritt trotz der verbundenen Augen sicher, wenn auch langsam »ach dem betreffen den Orte und that, wie von magischer Gewalt getrieben, in allen drei Fällen genau das, was man von ihr verlangte. Nach und nach versuchte man cs mit ver schiedenen Medien und Führern, und obgleich bei Manchen der ersteren hin nnd wider ein Schwanken, eine Unsicherheit bemerkt wurde, so trafen sie doch schließlich immer das Richtige. 'Natürlich waren mehrere Zweifler in der Gesell schaft und diese behaupteten, der Führer lenke die Be wegungen des Mediums durch ganz leisen Druck mit den Fingern oder durch Schieben, oder es sei irgend eine andre, vielleicht unabsichtliche Täuschung im Spiel. Deshalb erbot sich der Ungläubigste von Allen als Medium oder „Subjekt" nnd verließ den Saal, um uns zur Berathung allein zu lassen. Er war ein ausgezeichneter Pianist, wir entschieden uns also dahin, ihn einen bestimmten Akkord anschlagen zu lassen. Als er mit verbundenen Augen über die Schwelle ge treten war, stand er erst ein oder zwei Minuten zögernd da, dann bewegte er sich direkt nach dem Piano hin und schlug den gewählten Akkord an. Noch wunderbarer waren seine späteren Leistungen; er gab genau die Stunde, Minute nnd Sekunde an, in der eine Uhr stehen geblieben war, nannte das Wort, das in seiner Abwesenheit auf ein Blatt Papier geschrieben worden und schrieb selbst, mit sonderbar zitternder Hand, einen ausgcwählten Namen. Jetzt waren Alle begierig, ihr Können in dieser Richtung zu erproben, aber der einzige nennenswcrthe Erfolg war von einer Dame zu verzeichnen, die eine sehr liebliche Singstimme besaß. Wir beschlossen, sie durch Suggestion singen zu lassen, und das Experiment gelang vollkommen. Beim ersten Mal sang sie, wie eS verabredet war, einen Theil der Tonleiter, beim zweiten die Anfangs zeilen eines bestimmten Liedes, beide mal mit leiser, etwas zitternder Stimme, aber sehr anmuthig und ganz korrekt. Die Möglichkeit, die Gedanken der Anderen auS- zuführen, wird, wie gesagt, durch Herstellung eines Kontaktes zwischen dem Subjekt und dem Führer ge- gegebcn. Dieser Kontakt bestand in unserem Falle in der Umklammerung der Handgelenke des Subjekt- ; derselbe genügt aber nicht immer, und man muß zur Verstärkung der Wirkung folgende Verbindung Her stellen: Während der Führer das linke Handgelenk des Mediums mit seiner Rechten umklammert, legt er die Finger der Linken an dessen Stirn und auf dessen Schulter. Die Hauptsache ist immer, daß er seine Gedanken fest auf den Gegenstand und Ort richtet, um die es sich bei der Verabredung handelt. Gewöhnlich tritt nach Herstellung des Kontaktes eine kleine Pause ein, dann aber bewegt sich das Subjekt wie willenlos, in etwas schwächlicher Haltung nach dem bestimmten Orte und thut nut mehr oder weniger Zögern, was man von ihm wollte. Daß in unserem Falle alle Experimente gelangen, war ein Zufall, denn ich war nach der Zeit oft Zeuge des Mißlingens. Damit war aber keineswegs bewiesen, daß die Gabe, suggerirt zu werden und zu suggeriren, nur Einzelnen eigen wäre; in der That besitzt sic Jeder, wenn auch in verschiedenem Grade, und bei jenen mißlungenen Versuchen war, nach dem eigenen Geständniß, die Zerstreutheit der Führer, ihre Un fähigkeit, die Gedanken zu concentriren, schuld. Im Allgemeinen erwiesen sich die Damen als die besseren Medien, die Herren als die besseren Führer, und unter diesen wiederum die besonnensten, ruhigsten und willenskräftigsten als die besten. Je mehr der Ope rator oder Führer seine Gedanken ans den einen Punkt zu richten verstand und je mehr er jeden an deren Gedanken fernzuhalte» wußte, — andererseits, je passiver und gedankenloser das Subjekt war, desto vollkommener gelangen die Experimente in allen Fällen, denen ich beiwohnte. Eine Täuschung war überall völlig ausgeschlossen, da Jeder Gelegenheit fand, die Sache persönlich auszuprobiren. Die Gefühle des Mediums sind ganz sonderbar. Unmittelbar, nachdem die Verbindung geschlossen ist, macht sich ein Leben in den Knien bemerklich, und dasselbe steigert sich so, daß man vorwärts gehen muß, sonst würde man vornüber fallen. Man hat keine Idee, wohin man geht, noch zu welchem Zweck, man hebt dieses auf, singt, spielt oder thut jenes, ohne sich des Grundes bewußt zu sein; man weiß nur eben, daß man es muß. Im Augenblick der richtigen Ausführung empfindet man eine sekundenlange Be täubung, nnd nicht selten fragt das Subjekt, nachdem cs seine Aufgabe erfüllt hat: „Was habe ich gethan?" Wenn die Experimente nicht zu oft wiederholt werden, verspürt man keinerlei üble Folgen; ist aber dasselbe Subjekt und derselbe Operator zu lange in Thätigkeit, so leiden sie noch lange darnach an großer Erschöpfung und Benommenheit des Kopfes. In den meisten Fällen kann das Subjekt deni Operator widerstehen, d. h. trotz dessen Gegenwirkung das Richtige thun, manchmal aber, und besonders nach wiederholten Experimenten, ist die leitende Kraft hierzu nicht stark genug. Bei einigen Versuchen ge nügte es, nur ein Handgelenk des Mediums zu fasse», ja in zwei oder drei Fällen ließ der Operator beide Hände los und das Medium ging allein seinen Weg, nur von dem Willen des anderen gelenkt; aber es fand den Ort nnd Gegenstand erst nach vielfachem Zögern, Schwanken und Hin- und Herzchen. Die Willensbeeinflussnng war offenbar nur eine unvoll kommene. Wie das Alles sein kann, welche gcheimnißvolle Macht hier im Spiel ist, das zu erklären, ist Sache der Gelehrten; jedenfalls existirt eine solche Ucber- tragung des Willens, und jeder kann sich von ihrem Vorhandensein leicht überzeugen. Etwas Uebernatür- liches, Unheimliches ist nicht dabei, nur darf das Ex- perimentiren, wie schon gesagt, nicht übertrieben werden. Auch hier gilt der Grundsatz: Alles mit Maß. 1200 äeul8eke p«-öfes80i'sn u. Henris haben Apotheker A. Flügge'« Myrrhen - Cr«me septischen, nenbild'enden und heilenden t5igenschafirn vorzüglich be währt. Flügge L <5o. in Frankfurt a. M. versenden die n« Seiten starke Broschüre mit den ärztlichen Zeugnissen gratis und franko. Apotheker A. Flügge s Myrrhen Dreine, welche^ von L Mk. 1.— in den Apotheken erhältlich, doch genügt für geringes Wundsein, kleinere Verletzungen rc. die Tube zu bn Hfg. Die Verpackung mutz die ?»ivninummvr 63 592 tragen. Myrrhen-bröine ist der Zur Kenntnißnahme theilen mit, daß die Tuchausstessung Äugskurg (Wiwpsheimer L Cie.) das erste und bestrenommir- teste Tuchversandthaus ist, welches beim Einkauf von Buckskin, Kammgarn, Cheviot und Damentuchcn sehr empfohlen werden kann. Genannte Firnia liefert meterweise zu an grns,Preisen und sendet aus Wunsch an Jedermann eine reichhaltige Muster auswahl franco zur Ansicht. Das Technikum Mittweida, mit seinem neuerbauten elektrotechnischen Institute und dessen der Neuzeit entsprechen den Einrichtungen, zählt- im verflossenen 27. Schuljahre 1468 Besucher, welche die Abtheilungen für Maschinen-Jngenieure und Elektrotechniker bez. die sür Werkmeister besuchten. — Im näch sten Wintersemester beginnt der Unterricht am 16. Oktober und der unentgeltliche Vorunterricht zu demselben am 24. Sep tember. Der Besuch des letzteren ist eine Vorbereitung auf den Unterricht im ersten Semester. — Nähere Auskunft über das Ziel und Wesen der verschiedenen Lehrpläne, die Ausbil dung in der Elektrotechnik, sowie der spciell dafür geschaffenen Laboratorien, Maschinenanlagen und dergl. kann aus dem Programm dieser Anstalt ersehen werden, welche« man mit Bericht unentgeltlich von dem Sekretariat des Technikum Mitt weida erhält. Druck und Berlag von L. Hannebohn in Lidenstock