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Der damaligen Finanzministcrs Colombo auf die HeereS-Organisation — aus den zwölf Armeekorps sollten, um Ersparnisse zu machen, wieder zehn wer den — mit Entschiedenheit zurückwieS. Gilt koch in den Augen der Franzosen die Person des König« al« der feste Kitt, der Italien mit den beiden ankeren Zentralmächteu verbindet. Da« Volk stehe nicht hinter ihm, behaupten sie wieder unk wieder. Daß da» eine Lüge ist, haben in letzter Zeit die Neuwahlen zur Genüge gezeigt und eS wird neuerdings klar zu Tage treten, wenn der deutsche Kaiser im nächsten Monat als Gast des Königs von Italien in der neuen Stadt weilen wird. Schon trifft kaS Volk von Rom Vorbereitungen zu jubelndem Empsang. Kaiser Wilhelm und seine Gemahlin werden voraus sichtlich am 18. April ihre Reise nach Rom antretcn und vom Staatssekretär des Auswärtigen Freiherrn Marschall v. Bibcrstein und dem Geheimen Lega- lionsrath v. Kiderlen-Wächtcr begleitet sein. Loealc uuv sächsische Nachrichten. — Dresden. In der Eröffnungssitzung der internationalen Sanitätskonfercn; gelangte am Sonnabend ein Begrüßungsschreiben deS Skadt- ralhs zur Verlesung, kessen rankende Erwiderung be schlossen wurde. Ferner ward beschlossen, dein Könige und der Königin sowie den Prinzen des königl. HauscS die ehrfurchtsvollste Huldigung darzubringen und dementsprechend der Präsikent beauftragt, wegen Herbeiführung von Audienzen die erforderlichen Schritte zu thun. — Zu Ehren der Thcilnehmer der Kon ferenz fand am Sonntag auf dem königl. Belvedere ein Diner statt. — Leipzig, 12. März. In einer heute hier abgehalteneu zahlreich besuchten Wählerversamm lung, in welcher der Reichstagsabgeordnete Götz den Vorsitz führte, erstattete der ReichStagSabgeord- nete einen Bericht über die Militärvorlage. Die Versammlung genehmigte daraus einstimmig eine Resolution, in welcher der dringende Wunsch auSge- drückt wird, daß die Regierung und der Reichstag durch beiderseitige« Entgegenkommen zu einer Ver ständigung gelangen mögen, die ebenso ker Wehr fähigkeit des Reiches wie der wirthschaftlichen Lage des Volkes Rechnung trage. — Leipzig. Unsere alte Handelsstadt ist, was großartige Bauten anbelrifft, hinter keiner anderen Großstadt zurückgeblieben. In letzter Zeit ist hier ein ganz kesonverer Prachtbau entstanden, welcher seines Gleichen sucht und eine außerordentliche Fre quenz von Seiten Fremder und Einheimischer aus weist. Es handelt sich um das große Restaurant u. Hotel de Polognc in der Hainstraßc, einem Prachtbau im wahren Sinne des Wortes. Dem Pächter, Herrn Engelbert Hammcrl, einem geborenen Baier, geht der Ruf eines äußerst tüchtigen und kulanten Wirthes voraus. — Lommatzsch, 13. März. Da« gestern herrschende schöne Frühlingswcttcr gab in hiesiger Gegend der jüngeren Dorfjugcnd erwünschte Gelegen heit, den uralten Brauch des Lätaresonntags, daS Todaustreiben, d. i. Austreiben des Winter« zu üben. Ausgerüstet mit einem entlaubten Bäumchen, da« reichlich mit bunten Papierstreifen geschmückt ist, ziehen die Kinder von HauS zu Hau« und singen ihren Reim, den schon die jüngsten Kinder mit be gierigem Eifer lernen. In hiesiger Gegend sind folgende zwei Formeln üblich: „Den Tod, den Tod haben wir vertrieben — und sind in unserem Dorf geblieben, — in unserem Dorf und Lande, — das macht uns keine Schande. — Die Schüssel hat einen goldenen Rand, — die Jungfer hat eine milde Hand, — sie wird uns wohl bedenken — und uns das Gackei schenken. — Und schenkt sie un« das Gackci nicht, — so bringen wir auch den Sommer nicht. — Der Sommer und der Winter, — das sind Ge schwisterkinder. — Der Mär; und der Mai — da sind wir auch dabei." (Verständlicher wäre wohl die Fassung: „Der März, April und Mai — die bringen ihn herbei.") Die andere Formel, welche an die früher üblichen Umzüge der heiligen drei Könige erinnert, lautet: „Ich bin ein kleiner König, — gebt mir nicht zu wenig, — gebt mir einen Dreier — oder ein paar Eier — oder ein Stückchen Speck, — eh'r geh ich nicht weg." — Der Lohn der kleinen Sänger besteht meist aus einigen Brezeln, oder einem Ei, oder auch in kleinen Geldspenden und wird von Allen gern gewährt. — Schneeberg, 13. März. Der hiesige Erz gebirge zwcigverein hat mit den Vorarbeiten zur Er bauung eines steinernen AuSsichtSthurme« auf dem nahen Keil berge bereit« begonnen. Da al« Platz für den Thurm dieser Berg und nicht der Gleeßberg erwählt worden ist, so soll morgen in Neustädte! ein neuer ErzgebirgS-Zweigverein begründet werden. — Die deutsche Fachschule für Blech arbeiter zu Aue bietet jungen Leuten Gelegenheit, sich in möglichst kurzer Zeit theoretische, geschäft«- männische, kunstgewerbliche und praktische Kenntnisse in der Blechindustrie zu erwerben, welche sie befähi gen, sich zu tüchtigen Fachmännern heranzubilden, und e« ihnen ermöglichen, den stetigen Fortschritten de« Fache« mit Verftändniß zu folgen. Der Aufzu nehmende muß da« 16. Lebensjahr vollendet haben und in einer Prüfung den Besitz von Kenntnissen nachweisen, wie sie das Ziel der I. Klasse einer guten Volksschule gewährt, und hat außerdem durch Zeugniß darzuthun, daß er mindesten« 2 Jahre in seinem Fache praktisch thätig gewesen ist bez. gelernt bat. Bedürftige und würdige Schüler sächsischer Staatsangehörigkeit sind je nach Bebürfniß theilweise oder ganz schulgeldfrei. Die Möglichkeit de« Besuchs der Fachschule ist mithin allen jungen Klemp nern geboten, selbst Solchen, welche au« Bedürftig keit von einem ihrerseits vielleicht gern gewollten Besuch der Fachschule würden abstehen müssen, so fern sie sich als strebsam und sittsam erwiesen haben. Wir unterlassen nicht, Ellern und Lehrherrn, denen da« Wohl ihrer Kinder und Lehrlinge am Herzen liegt, auf die gebotene Gelegenheit zu schulgeldfreicm Besuche der Schule aufmerksam zu machen, und ihnen anzuempfehlen, sich sofort mit dem Direktor der Fach schule Herrn F. Dreher in Aue ins Vernehmen zu setzen. Der Eintritt erfolgt mit Beginn des neuen Halbjahres zu Ostern 1893. — Ein Jagdpächter, der ein in der Nähe des Keilberges im Erzgebirge liegendes Revier gepachtet hatte, merkte, daß ein Wilddieb seinem Wildbestande arg zusetzte und versprach dem eine Belohnung von 25 Gulden, der ihm den Thäter genau bezeichnen würde. Da ereignete sich nun, daß der Sohn den eigenen Vater anzeigte und ihn auf 2 Monate hinter Schloß und Riegel brachte. Al« dem Sohne die versprochene Belohnung vorenthalten wurde, verklagte er den Jagdpächter, wurde aber vom Gerichte mit seiner Forderung abgewiescn. — Die Oberleitung der landwirthschaftlichen Ver eine im Königreich Sachsen hat an diese Vereine die Bitte gerichtet, die Bestrebungen des „Bundes der Landwirthe" von Vereinswegen nicht zu unter stützen. Begründet wird diese Bitte damit, daß die eigentlich landwirthschaftlichen Ziele deS Bundes von den sächsischen Landwirthen nicht auf dem Umwege über Berlin erstrebt zu werden brauchen, da der sächsische Landcskulturrath die beste Vertretung für landwirthschaflichc Wünsche biete und die sächsische Regierung den von dieser Stelle kommenden Anreg ungen stets wohlwollend Gehör schenke. Die poli tischen Ziele des Bundes der Landwirthe aber in den landwirthschaftlichen Vereinen zu verfolgen, ver biete sich darum, weil gerade der Ausschluß politischer Bestrebungen den sächsischen Vereinen eine werthvolle Ausnahmestellung außerhalb des VcreinsgesetzeS ge währe. Im Uebrigen wird vor Zersplitterung der Kräfte gewarnt und im politischen Leben Anschluß der Einzelnen an die bereits bestehenden Organisa tionen der Konservativen und der Landwirthe em pfohlen. — Unter der Spitzmarke „Schwarmgeister" schreibt das „Vaterland": „Wir haben öfter darauf hingcwiesen, daß einige jüngere Theologen und Geist liche, die sich durch kritikloses Lesen sozialistischer Schriften haben ankränkeln lassen, in einer Weise mit der Sozialdemokratie kokettiren, die an die Schwarmgeisterei früherer Jahrhunderte erinnert. Mit einer unangenehm berührenden Altklugheit glaub ten sie im Alleinbesitz der nationalökonomischen Ein sicht zu sein und meistern Alle, die ihre besondere Fähigkeit nicht anerkennen können. Auf fertige, feste Männer macht dieses knabenhafte Gebühren wenig Ein druck; unreife Jünglinge lassen sich aber leicht da durch verwirren. Zunächst suchten die Herren den evangelisch-sozialen Kongreß ganz in ihr Fahrwasser zu lenken. Da ihnen dies nicht vollständig gelang, machen sie neuerdings den Versuch, die evangelischen Arbeitervereine mit Umänderung ihres alten bewähr ten und maßvollem Programms in sozialistische Kon- ventikel mit einem christlichen Mäntelchen umzuwan deln. Bis jetzt hat man die Schwarmgeister auch hier zurückgewiesen und zwar mit einer Deutlichkeit, die jedes Mißverständniß ausschließt. Wir werden die Versuche weiter im Auge behalten und machen ganz besonders die Leiter unserer sächsischen evange lischen Arbeitervereine darauf aufmerksam. Sollten wir bemerken, daß auch Sachsen al« Agitationsbezirk auSersehen sei, so würden wir mit festerer Hand zu greifen". Amtliche MMHeilungen ans der Kathssttzung vom 6. März 1893. Vorsitzender: Bürgermeister Or. Körner. An wesend: 4 RathSmitglieder. 1) Man nimmt Kenntniß u. von der Verordnung des Kgl. Kultus-Mini sterium«, detr. die Pensionirung des Bezirks schulinspektors Schulrath Müller und die Er nennung de« dermaligen Bürgerschuldirektor« in Zittau l)r. plül. Franz Robert HannS zum BezirkSschulinspektor in Schwarzenberg. d. von den Kassenübcrsichten der Stadt- und Sparkasse auf den Monat Februar; c. von den Beschlüssen der letzten Stadtverord netensitzung. Hierzu wird Folgende« be schlossen: :ra. L« wird festgestellt, daß nur diejenigen Be- sitzveränderungcn im Crottensee abgabenfrei sein sollen, welche durch die Straßen- und Baustellenregulirung seitens des Raths »»th- wendig geworden sind. bl>. Hinsichtlich de« Schulbaues tritt man de» Beschlüsse der Stadtverordneten bei. cc. Bezüglich de« Windischwcg« wird beschlossen, die Gasanstalt und den Beleuchiung«au«schuß über die Einfüdrung von Straßenbeleuchtung mittelst Ga« zu hören, inzwischen aber die anstehenden Bäume an die Straßenkante der neuen Fluchtlinie zu versetzen. ckll. Die Angelegenheit, betr. das Biersteuerregu- lativ, soll unter erneuter Darlegung der An schlagenden Verhältnisse der Beschlußfassung der Stadtverordneten anderweit unterbreitet werden. eo. Die Aufthauarbeiten an der Wasserleitung in der untern Stadt und im Crottensee sollen in Angriff genommen werden. 2) Auf Ansuchen veS Siadtraths hat da« Kgl. Amts gericht in Aussicht gestellt, wegen Gestundung der durch die Besitzveränderungen im Crottensee er wachsenden Gerichtskosten von Fall zu Fall Ent schließung fassen event. auch wegen Erlaß Bericht an daS Kgl. Justizministerium zu erstatten. Dem Skadtverordnetencollegium soll hiervon Kenntniß gegeben werden. 3) Dem Restauraleur Pöhland wird auf Widerruf die Erlaubniß ertbeilt, während der Zeit seine» Neubaue« die Schankwirthschaft in einer Bretter bude Ecke der Neugasse und der neu anzulegenden Straße -V auf dem Weigelt'jchen Grundstücke fort zuführen. 4) Ein Schankconcessionsgesuch wird mangels Bedürf nisses abgelehnk. Außerdem kommen noch 4 innere Verwaltungs angelegenheiten, 1 Disciplinar-, 2 Sparkassen- und 5> Bausachen, sowie I Hundesteuererlaßgesuch, 1 Straf- umwandlungS- u. 1 Straferlaßgesuch, ferner 2 Schank- stäktenverbotssachen zum Vortrag und zur Beschluß fassung. K h e a t e r. Heute Donnerstag geht ein neues Lustspiel von Franz von Schönthan i» Scene, diesem ungemein sruchtbaren Ver fasser, welcher das Theaterrcpertoir der letzten Zeit fast ganz allein beherrscht. Cornelius Voß heißt das neueste Produkt des genialen Verfassers. Es wurde bei seinem Erscheinen so fort von allen Hos- und Stadttheatern erworben, namentlich erlebte cs am Dresdner Hostheater unzählig« Aufführungen. Es handelt sich aber auch nicht um ein gewöhnliches Reklame stück, sondern um ein Werk von Witz und Geist. Die ganze Handlung, welche sich in hohen Kreisen abspielt, ist reich an gelungenen Pointen und frei von gewöhnlichen Poffenspäßen. Die Besetzung der Rollen ist eine vorzügliche und wird den Damen besonders Gelegenheit gegeben, einen reichen, pracht vollen Toilettenluxus zrö entfalten. Für Freitag ist ein Volksstück von Julius Stinde an gesetzt und zwar unter dem Titel Ihre Familie, oder: Tänzerin und Gräfin. Julius Stinde ist bekanntlich der Verfasser des allgemein bekannten Romans: Familie Buch holze» und man darf aus sein dramatisches Werk gespannt sein. Aus vergangener Leit — kür unsere Zeit. 16. März. (Nachdruck verboten.) Als vor hundert Jahren, dank der Uneinigkeit Deutsch lands, cs de» französischen Generalen gelungen war, über die Grenzen zu dringen, hatte Oesterreich, das sich in Belgien arg bedroht sah, zuerst den Prinzen von Koburg-Gotha gegen den französischen General Dumouriez gesandt. Sehr bald erwies sich der Prinz als unfähig, und es trat an seine Stelle der tüchtige General Llcrsayt und der später berühmt gewordene Erzherzog Karl, der Bruder des Kaisers Franz. Jetzt mußte Dumouriez große Anstrengungen machen, um sich zu halten und seine Lage wurde schon schwierig, als nun auch die Eng länder landeten und gegen ihn heranrückten. Das Schlimmste war, und das ist charakteristisch für die damalige Zeit, wie für alle Zeiten, in denen die „Freiheit" den Völkern von aus wärts gebracht wurde, — daß die Einwohner des Landes wegen der Mißhandlungen, welche die fanatischen und räuberischen Jakobiner gegen sie begangen hatten, erbitterte Feinde der Franzosen geworden waren. Dumouriez suchte durch rasches Vorrücken den gesunkene» Muth seiner Truppen wieder aufzu richten. So gelang es ihm denn am 1V. März 1793 in einem kleinen Gefechte einige Vortheile zu erringen: allein in dem zwei Tage später fallenden Hauptschlage gingen alle Vortheile wieder verloren. 17. März. Der 17. März dieses Jahres ist der achtzigste Jahrestag der Errichtung der Landwehr. An demselben Tage, an dem der König von Preußen von Breslau aus die Ausruse „An mein Volk" und „An mein Heer" erließ, erschien auch die Ver ordnung über die Organisation der preußischen Landwehr. Damals war diese Einrichtung nur sür den augenblicklichen Bedarf getroffen, sür die »othwendige Theilnahme der große» Volksmassen an den Befreiungskriegen. Es war eine Einreih ung der Wehrfähigen von 17—40 Jahre», die noch nicht im Heere gedient hatten und die Ausstellung dieser Truppenmacht gegenüber dem, wenn schon durch den Feldzug gegen Rußland arg zerrütteten, aber immer noch gewaltigen napoleonischen Heere war eine Maßregel äußerster Roth. Was dieser Land wehr an militärischer Vorbildung u. fester Organisation mangelte, das ersetzte sie reichlich durch die Begeisterung, mit der sie in den ruhmvollen Kamps zog für die Befreiung des Vaterlandes von der Fremdherrschaft. Später hat die Landwehr verschiedene Wandlungen durchgemacht. Rach den Befreiungskriegen kamen in die Landwehr nur gediente Soldaten und zwar in zwei Auf geboten, sür das Feld und für den Besatzungsdienst. Diese Einrichtung hatte ihre Mängel und wurde durch die Reorgani sation von 1880 ersetzt, welche die Landwehr als Truppen zweiter Linie erachtete und auch im Felde verwendete Im Kriege von 1870 bis 1871 hat auch die Landivehr wichtige strategische Ausgaben gelöst und sie kann mit berechtigtem Selbst bewußtsein aus ihre Thätigkeit zurllckblicken. Die neuesten Hccrcsreorganisationen sind bekannt und durch die neue, augen blicklich viel umstrittene Militärvorlage würde, sallS sie Gesetz wird, noch eine weitere Verschiebung der Landwehr stattfinden, und wie er scheint, es vermieden werden, daß die in die Land wehr eingereihten älter», meist verhciratheten Männer im Kriege so rasch vor den Feind kommen.