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nach Luzern zu reisen, um dort »ach vorheriger Rück' spräche mit Varnah weitere Schritte zn thu». „Dringen Sie jetzt nicht weiter in ihn," sagte Theodore leise, während ihr Vater in das anstoßende Zimmer ging, „morgen wird er ruhiger darüber denken nnd von dem verständigen Rath des Doktors dürfen wir ja auch das Beste erwarten. Darf ich nun fragen, welcher Zweck Ihrer Reise zu Grunde liegt? Sie sagten bereits, er sei nicht angenehm, und fast glaube ich, ihn errathen zu können." „So rächen Sie!" erwiderte er lächelnd. „Ist die Ursache nicht der Eifersucht Paulas ent sprungen?" „Leider." „Und nun sollen Sie die Schritte des Doktors Varnay überwachen?" „Das doch nicht," sagte er, leicht das Haupt wiegend. „Paula weiß nur zu wohl, daß sie ein solches An sinnen an mich nicht stellen darf. Ich empfing von ihr einen Brief, der mich sehr beunruhigte, der In halt desselben verrieth mir, daß sie Mißtrauen gegen Varnay hegt und daß dieses Mißtrauen schon jetzt zum Bruch zu führen droht. Ich kenne das zartbe saitete Gcmllth meiner Schwester, sie verlangt von dem geliebten Mann dieselbe hingebcnde, opferfreudige Liebe, die sie selbst im Herzen trägt. Kein Schatten darf sich zwischen ihn und sie drängen und der Schatten, der sie jetzt zu trennen droht, ist dadurch entstanden, daß Varnay ihr seine frühere Verlobung mit Elisabeth Gruner verschwiegen hat. Wenn das Mißtrauen ein mal Wurzel gefaßt hat, dann wuchert eS üppig, wie giftiges Unkraut, und das ganze Lebensglück Paulas wäre vernichtet, wenn der Bruch erfolgen sollte." „Aber ist eS dann nicht ihre eigene Schuld —" „Sicher, mein Fräulein, und dennoch werden alle Vernunftsgründe hier ohne Wirkung bleiben, mit solchen Gründen läßt sich das Mißtrauen nicht bekämpfen. Paula hat ihren Verlobten gebeten, diese Reise nicht zu unternehme» und auf die Verfolgung der Gauner zu verzichten, und ich meine, im Hinblick auf die Sach lage hätte Barnay diese Bitte erfüllen können. Das Geld ist nun einmal verloren und welchen Werth hat dieses Geld gegenüber dem LebenSglück zweier Menschen? Er hätte das bedenken und nachgeben sollen, er würde dadurch auch sich selbst manchen Aerger erspart haben. Wie gesagt, der Brief beunruhigte mich und da ich ohnedies im Begriff stand, einen kurzen Urlaub zu nehmen, so faßte ich sofort meinen Entschluß. Mit Barnay über diese Angelegenheit zu korrespondiren, konnte zu nichts führen, ich beschloß deshalb, hierher zu reise» und persönlich mit ihm zu reden, ihn auf die Gefahren aufmerksam zu machen, die seinem Glücke drohen nnd ihn zu veranlassen, so bald wie möglich mit mir zurückzukehren." Theodore blickte sinnend vor sich hin, der ernste Ausdruck ihres Gesichts ließ erkennen, daß sie nicht ganz mit diesem Vorhaben einverstanden war. „Und hat Paula das gebilligt?" fragte sic. „Sie weiß nicht, daß ich hier bin. Ich habe vor meiner Abreise ihren Brief beantwortet und sie be schworen, diesem unbegründeten und gefahrvollen Miß trauen zu gebieten, ich habe ihr ferner versprochen, in der nächsten Zeit sic zu besuchen, und hoffe, daß sic damit sich beruhigen wird." (Fortsetzung folgt.) Der Festzug des VIII. deutschen Turnfestes. Als Breslau im vorigen Jahre zum Schauplatz des VIII. deutschen Turnfestes auserschcn wurde, er regte dieser Beschluß in manchen Turnerkreisen Kopf schütteln, weil inan diese Stadt in mancher Beziehung ungeeignet für die Abhaltung eines nationalen deutschen Festes hielt. Wie sehr man sich darin getäuscht hat, beweist der großartige Verlauf des Festes, das alle bisherigen in den Schatten stellt. In welcher un geahnten Schönheit der Festzug zur Ausführung kam, ist aus nachfolgendem Bericht zu ersehen: Den Zug eröffneten die Ausreuter des Magistrats in ihrer schlichten, eigenartigen Amtstracht; an sie schlossen sich !> Mitglieder des Festausschusses an, worauf ein Herold mit 2 Stadtknechten und 1b Fan farenbläsern mit langen Trompeten aus dem 17. Jahr hundert folgten; dann kam der Träger des Stadt banners mit einem Gefolge von Stadtknechten als unmittelbarer Vortrab der „Wratislawia", welche in langwallendcm Purpurmantel auf einem von einem Edelknaben geführten Schimmel unter einem von vier Pagen getragenen Baldachin ritt. An sie schlossen sich Vertreter des Raths und der Bürgerschaft an, hinter ihnen folgten die Bannerträger der bei dem Fest vertretenen Staate», beritten, im Nationalkostüm. Den Schluß dieser Abtheilung bildeten Edelknaben, welche auf Kissen die Kränze für die Sieger trugen. Dieses erste Bild bedeutete die Stadt Breslau, welche ihre Turngästc durch ihre Straßen nach dem Fest platze geleitet. Die zweite Abtheilung eröffnete ein berittenes Trompetercorps im Kostüm der Hohenstaufenzcil bez. dem Zeitalter der Kreuzzüge, mit Panzerhauhcn, welche vom Kopse nur das Gesicht frei ließen nnd in einen bis über die Schultern reichenden Panzerkragen auS- liefen. ES waren die Trompeter des Breslauer Küras sierregiments. Ihnen folgten die Turner des Aus landes (ausschließlich Oesterreichs). Vertreten waren Amerika, Rußland, Rumänien, Holland, die Schweiz u. A. Mit der dritten Abtheilung begann der Zug der Turner Deutschlands und Oesterreichs. Den Anfang machten die Stammlande der Preußischen Monarchie, Brandenburg, Preußen und Sachsen. Voran ritt eine Kavalkade im Kostüm der Zeit des Großen Kurfürsten. Es folgte, von Geharnischten getragen, die Marien burg, das Ordenshaus des deutschen Ritterordens, das Wahrzeichen des Deutschthums und Ritterthunis für die Provinz Preußen. Nehen derselben schritten Mitglieder des Ordens, während eine Anzahl ge panzerter Ordensritter zu Pferde mit ihren lang wallenden weißen Mänteln mit schwarzem Kreuz folgte. Nun wechselte Vergangenheit und Gegenwart bunt ab: ein Musikcorps zu Fuß in schwedischen Uniformen aus der Zeit des Großen Kurfürsten in hohen gelb ledernen Stiefeln, den Kopf bedeckt mit dem mächtigen, nut rothcr wallender Feder geschmückten Schlapphut; dann die Turner aus Ost- und Westpreußen und Pommern (Kreis 1 und III»); darauf ein berittenes Musikcorps aus der Zeit der Markgrafen von Bran denburg (12. und 13. Jahrh.) in einem vielfach an den slawischen Typus erinnernden Kostüm. Den Schluß bildeten die Turner aus Brandenburg und der Provinz Sachsen (Kreis Hill und Illa). Diese Abtheilung war sehr umfangreich. Die vierte Gruppe führte in den hanseatischen Norden, in die Gebiete der Seefahrt und des Welt verkehrs. Den Zug eröffnete eine Kapelle zu Fuß in kleidsamer Seemannstracht: Helle Blouse, rothe Schärpe, hohe Stiefeln, auf dem Kopf den Südwester. Ihr folgte nach einer Schaar von Standartenträgern ein Wagen init den Wahrzeichen der Hansa: ein mächtiges Seeschiff, auf dessen Vorderdeck Neptun, den Dreizack in der Hand, stand, während auf dem Hinter deck die Hansa mit sicherer Hand das Steuer lenkte. Die Mitte nahmen Merkur und eine Anzahl Typen überseeischer Völker ein. Im Mastkorb hielten Mi niaturmatrosen Auslug. Die Pferde des Wagens wurden von Schiffern geführt. Hinter diesem Bilde marschirten die Turner aus Schleswig-Holstein, Lauen burg, Hamburg, Lübeck, Hannover u. A. (die Kreise IV, V, VI und VII). Die fünfte Abtheilung gehörte dem Westen an. Eröffnet wurde sie durch ein Musikcorps zu Fuß in einer Art von Landsknechtskostüm (15. Jahrhundert): dunkelgrüne Röcke, dunkle bis an die Knie reichende Beinkleider, rothe Strümpfe; auf dem Kopfe schwarze Baretts mit rothcr Feder. Ihnen folgte zunächst eine Gruppe in altgermanischer Tracht, in deren Mitte ein etwas zu klein gerathenes Modell des Hermannsdenk mals getragen wurde. Es schlossen sich hinter Stan- dartenträgern die Turner vom Niederrhein und aus Westfalen an (Kreis VIII). Darauf folgte als ge meinsames Wahrzeichen der Rheinlande und West falens ein Wagen, der unter einer Rebenlaube behag lich ausgestrcckt den alten Vater Rhein trug, während die vier Ecken des Wagens die Figuren des Winzers, des Schiffers, des Bergmanns und des Eisenarbeiters einnahmen. Umringt war der Wagen von Winzern ; Winzer führten auch die Pferde. Jetzt nahte die Mitte des Zuges, welche Leiter der Turnerschaft wie des Turnfestes mit Allem, was dazu gehört, einnahmen. Voran schritt ein Musikcorps in farbenprächtigen, verschiedenfarbigen Phantasieko stümen aus dem Beginn der Neuzeit, dann rollte der mächtige Bannerwagen heran, in der Form einer von vier Thürmen flankirten Feste, auf jedem Thurm ein Reisiger, im Innern das Bundesbanncr inmitten einer Schaar Geharnischter. Diesem Gefährt, welches von Ehrenreitern geleitet wurde, folgten in langer Reihe die Wagen mit den Ausschußmitgliedern der deutschen Turnerschaft, den Abordnungen der früheren Feststädte, den Ehrenpräsidenten, den Ehrengästen, dem Ehren- und Obcrausschuß und dem geschäftsführenden Ausschuß.... Nun begann der zweite Theil des Zuges, der mit einem Bilde von allgemein geschichtlicher Bedeutung eröffnet wurde. Mit Rücksicht jedenfalls darauf, daß dieser Theil vor Allem die meisten nichtpreußische» Turner umfaßte, prangte an ihrer Spitze die groß deutsche Idee, verkörpert in der Barbarossasagc. Auf einem Wagen sitzt mit dem Rücken gegen den Kyfs- häuser an den: steinernen Tisch der alte Kaiser Roth- bart, zu seinen Füßen kauert eine Gruppe von Zwerge» ; vor und neben dem Wagen Ritter und Standarten träger, dahinter die Turner aus Schwaben (Kreis XI). Auf eine Kapelle in der bekannte», kleidsamen Tracht Oberbayerns folgte nun der Wagen der Stadt Mün chen mit der Monachia, umgeben von allegorischen weiblichen Figuren, welche sich auf die Kunst Mün chens bezogen. Auch Hindeutungen auf das Brau gewerbe fehlten nicht. Dahinter folgten die Turner aus Bayern (Kreis XII), darunter auch Abordnungen Münchener Studenten. Daran schloß sich ein von Pagen getragenes Modell der Wartburg, umgeben und begleitet von Rittern und Sängern (Eschenbach, KlingSor, Ofterdingen, Walter v. d. Vogclwcide u. A.), hinter denen die thüringischen Turner (Kreis XIII) die Abtheilung schlossen. Die nächste, achte Abtheilung, umfaßte das König reich Sachsen. Den Anfang machte ein berittenes MusikcorpS in prächtigem Rokoko-Kostüm: dunkelblaue Röcke mit Silber, rothe Beinkleider, hohe Stiefel, weiß verbrämter schwarzer Dreimaster. Dann folgten ein von Kutschern in demselben Kostüm vom Sattel aus gefahrener, ebenfalls in Rokoko gehaltener Wagen und zwei weibliche Figuren, in zartes Hellblau und in Gelb gekleidet, Dresden und Leipzig darstellend, ein Bild von ungemein lieblicher Wirkling. Hinter diesem Wagen kamen die sehr zahlreich erschienenen Turner Sachsens (Kreis XIV) in drei Abtheilungen, welche durch zwei MusikcorpS zu Fuß'getrennt wur den; das erste von diesen trug purpurrothes Sammi- wams mit Panzerhauben und Panzerbeinkleidern, das zweite war als wendische Bauernkapelle gekleidet: dunkelblaue Jacke mit rother Weste und dunklen Bein kleidern, hohe Stiefel und hoher, steifer Filzhut. Der Dirigent zeichnete sich durch einen bis zum halben Unterschenkel reichenden grünen Ehrenrock und grauen Hut aus. Unter den sächsischen Vereinen fiel eine Anzahl durch ihre stramme Haltung ganz besonders auf. Bald nahte ein neues Bild. Schneidig nnd ver wegen blickende Reiter aus dem dreißigjährigen Kriege waren es, einstens der Schrecken aller Bürger und Bauern, die Holk'schcn Jäger mit ihren grünen Wäinm- sern, den gelben Hut mit rother Feder keck auf das eine Ohr gerückt. Heute freilich hatten sie ihren Schrecken abgethan und arbeiteten nur noch in harm loser Festmusik. Ihnen folgte der prachtvolle Wagen, der ein Sinnbild des Bündnisses Deutschlands nnd Oesterreichs sein sollte. Hoch oben stehen in schwester licher Liebe geeint Germania und Austria, ini vorderen Theile des Wagens wacht der Friede, geschützt von einem deutschen und einem österreichischen Krieger, ganz vorn stehen auf Postamenten die Büsten des Deutschen Kaisers und des Kaisers von Oesterreich. Nun kamen in sehr langen Reihen die Turner aus Oesterreich (Kreis XV), zum großen Theil mit den alten Turner farben schwarz-roth-gold geschmückt; sie wurden vom Publikum ganz besonders stürmisch begrüßt. Auch hier machten viele Vereine durch ihre adrette Haltung einen brillanten Eindruck. Die Oesterreicher waren ihrer großen Zahl wegen in zwei Hälften getheilt durch ein MusikcorpS, das sich in Tirolerkostnm — rothe Westen, schwarze sammtcne Kniehosen, weiße Strümpfe — höchst malerisch ausnahm. Die letzte, wohl umfangreichste Abtheilung bildeten die Turner Posens und Schlesiens. Eröffnet wurde diese zehnte Abtheilung durch ein berittenes Musikcorps in der Uniform eines Dragonerrcgiments aus der Zeit Friedrichs des Großen (hellblau mit weiß). Darauf folgten die Turner von Posen und Schlesien (exkl. Breslau), darunter die Vereine aus dem Gebirge mit dem bekannten Schlangenmoos um den Hut. Daran schlossen sich die Breslauer Vereine, voran der „Vor wärts," der einen Wagen mit sich führte, auf dem und um den herum die ganze Reihe der modernen Sport- und Moderichtungen und auch -Thorheiten dargestellt war: Rennsport, Jagd, Radfahren, Schnee schuh- und Schlittschuhlaufen, Lawntennis, Ruder- und Schwimmsport u. A. Sogar ein Paar Prachtgigerln mit mächtigen Mastbäumen unter dem Arni fehlten nicht. Hieran schloß sich der akademische Turnverein „Suevia," dem auf einem Wagen in geschmackvoller Gruppirung die Banner aller im Zuge vertretenen akademischen farbentragenden Turnvereine voranfuhren. Nach der Turnlehrersektion, dem nicht farbentragenden hiesigen akademischen Turnverein, folgte zum Schluß der Alte Turnverein mit der Kapelle des 6. Husaren regiments in Uniforni an der Spitze. Hier entfaltete sich das umfangreichste Bild des ganzen Zuges: Der Auszug der Freiwilligen 18 >3, dem berühmten Ge mälde des verstorbenen Professors Scholtz im Schle sischen Museum der bildenden Künste nachgestellt. Darin interessirten ganz besonders die geschichtlichen Persönlichkeiten, welche größtentheils mit vielem Ge schick kopirt waren. Die Lützower zu Fuß und zu Pferde, unter ihnen Lützow, Jahn, Körner, Friesen u. A., dann eine Menge Typen, Männer, Weiber und Kinder aus allen Schichten der Bevölkerung, demnächst der König Friedrich Wilhelm III. mit seinen Getreuen, vor allem Blücher; zuletzt auf einem Wagen auf hohem Thron unter einem Baldachin die Königin Louise; zur Seite des Wagens Prinz Wilhelm. Das Bild wirkte bedeutend und würde eS noch mehr gethan haben, wenn nicht so manche historische Freiheit ge stört hätte. ES folgten die Mitglieder des Alten Turnvereins, worauf die Sanitätskolonne, von der einzelne Mitglieder schon in verschiedenen Abtheilungen des Zuges sichtbar geworden waren, und zwölf mittel alterlich kostümirte Reiter den Schluß bildeten. Der Vorbeimarsch währte, trotzdem keinerlei nennenSwcrthe Stockungen vorfielen, fast zwei Stunden. Ea. 6000 Siütk Seidenstoffe — ab eigen« Fabrik — schwarze, weiße und farbige — v. 75 Pf. bi» Mk. I8.K5 p. Meter — glatt, gestreift, karrirt, gemustert, Damaste ic. (ca. 240 versch. Qual, und 2000 versch. Farben, Dessins >c.) Part»- und steuerfrei ini Haus!! Katalog und Muster umgehend. L. stsimsbveg's 8«IlIon-f»bk-IIt <K. t. Soll.), rlli-Ivst. Druck und Verlag von L. Hann« bohn in Eibenstock.