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Amts- und Anzeigeblatt für den Lenrk des Amtsgerichts Eibenstock tag und Sonnabend. In- ' ! Expedition, bei unfern Bo- sertionSpreiS: die kleinsp. . . ^» — .. ten, sowie bei allen ReichS- Z°.l w Pf und dessen Umgebung. P stanstaltew Verantwortlicher Redakteur: E. Hanuebohn in Eibenstock. 11. z-hr««««. V8. Donnerstag, den 5. Juli L8S4. Hagesgefchichle. — Deutschland. Nach dem TrauergotteSdienst, welcher am Sonntag Vormittag in der HedwigSkirche in Berlin aus Anlaß de« Tode« Carnots abgehalten worden war, machte der Reichskanzler dem franzö sischen Botschafter Herbette Mittheilung von der Be gnadigung der wegen Spionage zu 6 und 4 Jahren verurtheilten, in Glatz inhaftirten französischen Offiziere durch Kaiser Wilhelm. Der in Paris erscheinende ,Solei!" schreibt hierzu: »Kaiser Wil helm bewies hierdurch ein Zartgefühl, dem wir unsere Huldigung nicht verjagen können. Solche Akte ehren die Souveräne und mildern kleinliche Spannungen. Das Verhalten des Kaisers anläßlich vcS Todes Mac Mahons und der Ermordung Carnots sei schon in gerechter Weise gewürdigt worven. Der Akt der Milde, den er soeben vollbrachte, werde die französische Na tion noch tiefer berühren." — Präsident Casimir- Pürier antwortete dem deutschen Botschafter auf die Mittheilung von der Begnadigung der Offiziere: »Herr Botschafter, ich bitte Sie, Seiner Majestät dem Kaiser meinen lebhaften Dank auszusprechen. Dieser Akt wird unmittelbar zu den Herzen der Fran zosen gehen." — Bei der Trauerfeierlichkeit in der Kirche Notre Dame schritten der Präsident des Senats, der Vizepräsident der Kammer, de Mahh, zahlreiche Senatoren, Deputirte und sonstige politische Persön lichkeiten auf den Grafen Münster zu, drückten ihm die Hand und sprachen aus, welch' tiefen Eindruck die That deS Kaisers an diesem Tage nationaler Trauer auf alle französischen Herzen ausgeübt habe. — Der BunveSrath gedachte am 4. Juli und an den folgenden Tagen den Nord-Ostsee-Kanal zu besichtigen. Der Reichskanzler hatte seine Theil- nahme an der Besichtigung in Aussicht gestellt. Die Arbeiten am Kanal sind soweit gefördert, daß von Mitte nächsten Monats ab mit dem Einlauf des Wassers bei den Schleusen in Holtenau und BrunS- bütket wird begonnen werden können. Die Eröffnung des Nord-Oflsee-KanalS wird im Herbst dieses Jahres erfolge». — Dem ersten Theil dieser Meldung ent gegen, findet nach dem „B. T." in dieser Woche keine Sitzung des BundeSrathS statt. Dagegen findet in der nächsten Woche noch wenigstens eine Sitzung statt, worauf ter BundeSratb geschlossen wird. — Bezüglich des Bauschwindels wird dem Deutschen Tischlertage auf Antrag der vereinig ten Tischlerinnungen de« Regierungsbezirks Potsdam folgendes Gesuch an das Staatsministerium unter breitet werden: »Früher war eS eine seltene Aus nahme, heute ist es die Regel, daß Bauhandwerks meister bei Bauten einen großen Theil ihrer Forder ungen verlieren. ES läßt sich eine progressive Steiger ung der Verluste und der dadurch ruinirten bürgerliche» Existenzen nachweisen. Geht eS auf solchem Wege weiter, so ist unfehlbar in kurzer Zeit, in wenigen Jahrzehnten, der gesammte Bauhandwerkerstand rui- nirt, ein Stand, den die moderne Technik, den Ma schinen und Großbetrieb fast unberührt gelassen haben, ein Stand, der den Kern des Bürgerstandes bildet und ewig bilden kann, der nicht durch Maschinen und Großbetrieb zu verdrängen ist, wohl aber durch wüste, gewissenlose Geldspekulationen verdrängt wird. In dem Bewußtsein, in Treue und Liebe zu ihrem Kaiser, in unbegrenzter Hochachtung zur Regierung aufzu blicken, bittet der Vorstand da« Staatsministerium, dem Bauschwindel durch folgende gesetzliche Bestimm ungen entgegenzulreten: a) Kommt ein Neubau zur Subhastation, so gelten als bevorrechtigte Forderungen nur das wirklich und nachweislich gezahlte Baugeld und die Forderungen der Handwerker und Lieferanten, welche Werlhe zu dem Bau geliefert haben. Die Restkaufgeldcr rücken dahinter zur dritten Stelle, b) Sind Baugcld und Restkaufgeld zusammengelegt, bilden beide nur eine Hypothek, so muß stet« gesagt werden, welcher Betrag sich auf da« Baugeld und welcher sich auf die Baustelle bezieht. — Da« StaatSministerium wird ganz gehorsamst ersucht, eine Enquöte zu ver anlassen und dazu praktische, erfahrene BauhanrwerkS- meister hinzuzuziehen, damit die Ursachen de« entsetz lichen, eine große Gefahr für die öffentliche Ordnung bildenden Bauschwindels an« Licht gebrach! werden und ein Gesetz im obigen Sinne erlassen werden kann. — Die Verpflegung der Truppen im Manöver wird infolge einer neueren Verfügung eine wesentliche Aenderung erfahren. Bisher gab eS zwei Arien der Verpflegung: entweder die Gemeinde erhielt für die Beköstigung ihrer Einquarlirunz die volle Marschverpflegungsgebühr, d. i. 80 Pf. bis l Mk. pro Mann und hierfür mußte der Wirth den Soldaten für einen Tag vollständig verpflegen, oder die Verpflegung wurde durch die Manövermagazine geregelt. In diesen wurde geschlachtet, gebacken, Kaffee, Reis, Erbsen, Linsen, Bohnen, Fleisch, Brot u. s. w. an die besonderen LieferungSempsänger einer jeden Compagnie ausgegeben. Diese brachten nun die Be dürfnisse oft 3—4 Stunden weit in die Quartiere, wo dann getheilt wurde; erst hiernach konnte die Zu bereitung von statten gehen. Es ist begreiflich, daß dieser Hergang überaus umständlich war nnv die Beköstigung der Mannschaften oft ungemein verzögerte. Zur Vermeidung dieser Widerwärtigkeiten soll nun fortan, wo es angängig ist, von der Magazinverpfleg ung abgesehen werden und allenthalben dem Quartier- wirih die Verpflegung ganz überlassen bleiben. Als Vergütung wird hierfür der Geldwerth der bisher gelieferten Magazinportionen gewährt. — Rußland. In Kronstadt ist die Cho lera-Epidemie aufgetreten; vom 20. bis 29. Juni sind 12 Personen erkrankt und 6 gestorben. Vom 29. bis 30. Juni sind nach amtlicher Feststellung 7 Per sonen erkrankt und 3 gestorben. Der Militär-Gou verneur von Kronstadt, Vize-Admiral KaSnakow, hat weitgehende Maßregeln zur Unterdrückung der Epi demie getroffen. — Da« Gouvernement Kielce ist auf Verfügung des Ministers des Innern für choleraver- dächtig erklärt worden. - Frankreich. Paris, 2. Juli. In einer Straße unweit der Wohnung deS Präsidenten Casimir Pürier entdeckte die Polizei einen Maueranschlag, worin der neue Präsident von den Anarchisten mit dem Tode bedroht wird. Ein zweiter, unweit deS ersten aufgefundener Maueranschlag enthielt mit riesigen Buchstaben gedruckte Worte: »Am 25. Juli wird Frankreich wieder trauern!" Die beiden Plakate wurden von der Polizei sofort entfernt. — Das Anarchistenkomplott zur Ermord ung deS Präsidenten gilt als erwiesen. Die Mil- thcilungen aus Marseille über die Enthüllungen deS in Haft befindlichen Soldaten werden bestätigt. — Italien. Die Stadt Livorno ist am Sonntag ebenfalls der Schauplatz eines anarchist ischen Attentates geworden, da« in seinem Hergänge große Achnlichkcit mit der Ermordung Carnol's aufweist. Man berichtet darüber aus Rom 2. Juli: Als gestern Vormittag der Heraus geber und Besitzer der beiden gemäßigten Zeitungen „Jl Telcgrafo" und »Gazetta Livornese", Giuseppe Bandi sich in sein Bureau begeben wollte, stürzte sich ein Individuum auf ihn und stieß ihm einen Dolch in die Brust. Der Schwerverletzte starb nach wenigen Stunden. Bandi war ein ehemaliger Major Garibaldi'« und eine allgemein bekannte und geach tete Persönlichkeit wegen seiner ruhmvollen patrio tischen Vergangenheit, seiner großen Bürgertugenden, seiner glänzenden scharfen Feder und seines hervor ragenden persönlichen MutheS. In Siena geboren, war Bandi schon al» Student die Seele gefährlicher patriotischer Unternehmungen. In den Freiheits kämpfen that er namentlich unter Garibaldi in Sizilien, wo er schwer und wiederholt verwundet ward, Wunder der Tapferkeit. Als genauer Freund Garibaldi'« nahm er nach dem Jahre 1866, im Be sitz der MajorSepaulctten und der Tapferkeit-Medaille, seinen Abschied, um seitdem ebenso muthvoll und ungestüm mit der Feder für seine politischen Ideale zu kämpfen. Da diese sich aber bald wesentlich von der garibaldinisch-demokratischen Politik entfernten, wurde er der Gegenstand de« Haffe« der Republi kaner und Umstürzler, und hatte häufige persönliche Zusammenstöße. Mit der Ausbreitung und Stärkung der Umsturzparteien in Livorno stellten sich Schmäh ungen, ToveSdrohungen und Bombenanschtäge gegen seine Wohnung und seine Redaktion eia, was seinen toreSverachlenden Kampfmuth nur erhöhte. DaS gestrige Verbrechen ist zweifellos eine anarchistisch lang vorbereitete Rachethat gewesen. Der schlechtge- kleidete Mörder, der schon in den dem Morde voranzegangenen Tagen in der Nähe von Bandi« Billa im Außenquartier Livorno« gesehen wurde, hat genau nach dem Verbilde Caserios gehandelt. Er entkam trotz der Verfolgung durch zwei Karabinier!, indem er den Thürhüter der nahen ausgedehnten Parlvtlla Rodekanaki durch Bedrohung mit dem Dolche zwang, ihn einzulassen. Darauf schlug er da« Thor zu und gewann über Zäune und Hecken steigend, das Freie. Bandi, dem, wie Carnot, die Leber durchstochen war, und an dem vergeblich der Bauchhöhlcnschnnt gemacht wurde, starb nach drei Stunden. Seine letzten Worte, mit denen er auf seine Narben wie«, waren: »Gut belohnt, diese Wunden!" — Turin, 3. Juli. Ein reicher Gerbereibe- sitzer wurde gestern Abend das fünfte Opfer eines anarchistischen Dolchattentates. Derselbe soll in einem öffentlichen Lokale erklärt haben, Jeder mann habe die Pflicht, jeden ihm begegnenden Anarchisten niederzuschießen. Zwei Stunden später war er den Anarchisten verfallen. — Spanien. Kein Tag ohne ein neues anarchistisches Verbrechen! Diesmal ist der Schauplatz der Thal Spanien. Wolffs Bureau mel det aus Madrid 2. Juli: Ein Arbeiter versuchte den Marquis Cubas, den Führer des spanischen ArbeitcrpilgerzugeS nach Rom, zu erdolchen, während derselbe die Arbeiten in der Kathedrale von Madrid besichtigte. Der Dolch traf einen anderen Arbeiter, welcher sich zwischen die Waffe und den Marquis geworfen hatte, und verwundete denselben schwer, während der Marquis unverletzt blieb. Der Mörder wurde verhaftet. — Eine spätere Meldung besagt: Madrid, 3. Juli. Der Urheber des gestrigen Atten tat« auf den Marquis Cubas, Namen« Ricardo Perez, ist Catalonier; er soll kein Anarchist sein. Locale «md fSchfische Nachrichten. — Der Erzgebirgs-Zweigverein Schön heide erläßt einen Aufruf zu Beihülfen für den Neu bau des AuSstchkSthurmeS auf dem Kuh berg; eS fehlen zu der Bausumme von über Mk. 12,000 — noch ca. Mk. 3500 —, die dem Verein als Schulden last zu schwer fallen würden, neben den ankeren noch nöthigen Ausgaben für Unterhaltung rc., zumal der Verein auch den Zweck verfolgt, das Eintrittsgeld möglichst gering zu machen. Hat der Verein bis jetzt schon so Viel gethan an diesem guten Werke, so dürfte eS gewiß auch die Pflicht weiterer Kreise sein, sich der Sache etwa« mit anzunehmen und den Verein zu unterstützen. — Dresden, 2. Juli. Se. Maj. der König ist heute Vormittag um '/,10 wohlbehalten in Darm stadt eingetroffen. Auf dem Bahnhofe hakten sich Ihre Königs. Hoheiten der Großherzog von Hessen und bei Rhein und Prinz Wilhelm, sowie Vertreter der obersten Staat«-, Militär- und städtischen Be hörden eingefunden. Die beiden Monarchen begrüßten sich aufs Herzlichste mit Händedruck und Kuß. Nach kurzem Aufenthalt und nachdem Se. Maj. der König die Ehrenkompagnie abgeschrittcn, fuhren die beiden Regenten in einer vierspännigen Equipage, der zwei Spitzenreiter voraufrillen und der eine militärische Eskorte folgte, durch die geschmückte Stadt nach dem Residenzschlosse. Ueberall hatte sich zahlreiche« Pu blikum eingesunden und auch die Schuljugend Darm stadt« war zur Begrüßung des hohen Gaste« ausge stellt worben. Man begrüßte König Albert mit leb haften Hochrufen. — Dresden, 2. Juli. Von 65 Maifeier demonstranten wurden heute vom Schöffengericht 52 zu Geldstrafen von je 100 Mark, eventuell 1 Monat Gefängniß und einer zu 150 Mark, eventuell 6 Wochen Gefängniß verurtheilt; die Uebrigen wurden sreigesprochen.