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- »Am Heimweh," sagte sie Jedem, der sie darum fragte, »am Heimweh, an der Sehnsucht nach dem Elternhause, nach dem tiefen, blauen See, nach den hohen, freien Bergen, ist Lic« gestorben!" Nun war ihres ganzen Herzens Um und Auf ihr jüngster, einzig verbliebener Sohn Lois. Groß und stark und schön war er herangewachsen. Die Mutter konnte kaum die Blicke von ihm lassen und hatte ihren Stolz und ihre Freute an ihm — aber die Freude zitterte ein wenig. Unter seinen kräftigen, rührigen Armen gedieh der Hos prächtig, und den ganzen See hin, auf und ab, gab cs keinen Burschen von besserem Ruse denn Lois. Da kam er in die Jahre, wo die Mütter sich ge wisser Gedanken nicht erwehren können und aussehen sür ihre Söhne, und zeitweise nahm ihn seine Mutter zur Rede und wies ihn nach Dieser und Jener, bei welcher anzukommen und AnsprcchenS wäre. Lois aber schüttelte stets unfroh den Kopf und ein gleich gültiges Lächeln ging um seinen Mund, als hätte er keine Liebe, kein Verlangen und kein Vertrauen. So schwieg die Mutier und wies ihm keine mehr, weil sie ihn zu sehr liebte und nicht drängen und nicht quälen wollte. Zu dieser Zeit brachte der Buchauer Wirth eine Dirne am See herauf, die er in Innsbruck zur Kell nerin gedingt halte. Jndeß ihre Gestalt, der Schnitt ihres Gesichtes, die Last dichten schwarzen Haares, die ihr Haupt trug, verrielhen auf hundert Schritte, daß sic der italienischen Rasse entsprungen war. Man wußte nur soviel von der Dirne, daß sie aus dem Pusterthale sei, wohin vor vielen Jahren ihr Vater, ein italienischer Maurer, Namens Fortunato Galzoni, gekommen, dort eine Pusterthalerin geheirathet und sich angcsiedelt hätte. Im Jahre 1859, da an der Süd grenze des Reiches gerungen und gekämpft wurde, entfloh er aus Oesterreich, von seinem Weibe und Kinde — der kleinen Fortunata — und reihte sich zu seinen Landsleuten. Ein Stückchen Blei bezahlte seine Vaterlandsliebe und rächte seinen Verrath an Weib und Kind. Ein Stückchen Blei — das ist die Münze des Krieges. Als auch Fortunatas Mutter das Zeitliche gesegnet batte, zog die verwaiste Dirne nach Innsbruck, um sich dort als Kellnerin zu verdingen. Weiter wußte man nicht« von ihr. Fortunata — in der Buchau nannte man sie Hanni, das klang heimischer — war nun Kellnerin, aber wenn sie Einer dreist anrühren wollte, so gab sie ihm einen Blick, den er kein zweites Mal Lust hatte auszuhaltcn, und versuchte Einer, ihr einen zweideutigen Scherz zu Gehör zu bringen, so drehte sie ihm so stolz und verächtlich den Rücken, daß ihm die weiteren Worte auf der Zunge versiegten. WaS sie anfaßle, war recht angefaßt, wie sie ging und schaffte, das ließ sich angenehm schauen. Unbewußt folgten alle Blicke der Dirne, wenn sie auch nur ein GlaS spülte. Im Tanze mochte sich keine andere Dirne mit ihr messen, und ihre Bewegungen hatten dabei einen gar seltsam ansprechenden Reiz, dessen eigentliches Wesen sich aber Niemand erklären konnte. ES lebte Alle« in ihr, sobald sie tanzte: doch auch etwas eigenartig WildeS lag in ihrem Tanze. Im klebrigen war sie nett, willig und freundlich, und der Wirth sehr zufrieden mit ihr. In riese Welsche hatte sich Lois «erschaut. Er wurde still, wortkarg, ja beinahe kopfhängerisch, und schlich häufig allein zum See hinaus oder auf eine einsame Anhöhe hinan und dort starrte er stundenlang unverwandt in die Wellen de« See'S oder zum Him mel empor. Er sann und träumte, träumte gar süß bange Träume — das war allezeit bei Verliebten so, ist überallhin so. Ein Mensch, dessen Herz eine tiefe, heiße, leidenschaftliche Liebe überkommt — umsomehr, wenn diese nicht auf ausgetretner, ebener Bahn treibt — trägt sein volles, scheues Herz hinaus in die Ein samkeit, wo keine Menschen sind — die ein solches Herz nimmer verstehen, sondern blo» verwunden kön nen — nur eine liebende, tbeilnchmende, stets tröstende und Alles verstehende Freundin: die Natur. Oft sagte er sich: »Eine Kellnerin, die möge nie recht zu ehrbaren Bäuerinnen taugen, und selbst die beste Mutter müßte ihrem Sohne von einer solchen abrathen — nein!" E« war viel Bitterniß in dem Abbruch diese« Gedankens, in dem sich selbst auferlegten »Nein", aber sein Herz war zu ehrlich, um sich zu schonen. Die Mutter wußte längst, wie e» um ihren Sohn stünde, doch ließ sie sich nichts abkommen, so nahe e« ihr auch ging und so schwer e» ihr auch fiel. In der Wirthschaft klappte e» ihr seither nicht recht; einmal stand sic mit der Gießkanne im Stübel, wo sie doch im Garten die Flachsreben begießen wollte, ein andermal fand sie sich wieder mit dem Käselaib, der doch in den Keller gehörte, auf dem Kornboden mitten zwischen der ausgeschütteten Frucht. Sic hantirte hörbarer denn sonst im Hause herum und trotzdem ging Alles nur spröde vom Flecke. Sie hätte zu gern ein offene« Wort mit Loi« geredet, allein eS geschah nicht, da e» ihr bangte, ihm damit wehe zu thun. Er wieder schlich sonderbar um sie herum, und sic merkte wohl, wie e« sich ihm vom Herzen herausrang, aber nicht über seine Lippen mochte. Mehrmals, wenn sie Abend« im Stübel spann, trat er plötzlich ein, trat ein paar Schritte auf sie zu, wandte sich dann aber wieder, wie sich eine« Andern besinnend, hastig um und schloß eilig, ohne ein Wort gesprochen zu haben, die Thür hinter sich zu. LoiS fand sich nunmehr, um Hanni zu sehen, häufiger im WirthShause ein. Diese war immer gleich freundlich mit ihm, aber die Hand bot sie ihm nie, wenn er kam oder ging, und in letzter Zeit schien e« ihm fast so, al« vermeide sie e«, ihn anzublicken. Er ärgerte sich nicht wenig darüber, indeß sein Aerger war nur eine verhüllte, sich selber nicht recht trauende Freude. So machte sich'S eine Weile. »Lange mag ich'S nimmer mit anschauen!" seufzte eines schönen Sonntagmorgens die Endhofcrin; hier auf holte sie den Rosenkranz, da« silberbeschlagene Gebetbuch und ein weiße«, spitzengerändertcS Linnen tuch aus dem Schrein, setzte den breitkrämpigen Hut auf und schritt dann bedächtig den Hof hinaus, um in Jnnbach das Hochamt zu hören. Die Magd gab ihr, als die Bäuerin durchs Thor zog, einen herzlichen Gruß mit auf den Weg; aber diese hörte und tankte nicht, sie war eben in zu tiefes, »übriges Sinnen versunken. Die Magd sah ihr be troffen nach, denn solches war ihr ja noch nie ge schehen, raß die Bäuerin einen Gruß unerwidert ließ! Nicht minder bedächtig kebrte die Endhoferin um Mittag heim, jedoch Heller, froher lag es auf ihrem Antlitze. Sie schritt durch den kühlen Thorweg in« Stübel, wo die Magd schon den MittagStisch gedeckt hatte, legte den Hut ab und Gebetbuch, Rosenkranz, und Linnentuch wieder in den Schrein, band die frische blaue HauSschürze um, ging dann zum Fenster und lauschte in den Garten hinaus, wo Lois, ein paar Blumen in den Händen, umherwandelte, bald an den Blumen riechend, bald in ihre Kelche blickend. Nachdem sie ihn einige Augenblicke zärtlich beob achtet hatte, zog ein seliges Lächeln über ihr gefurchtes Gesicht, und sie rief durchs Fenster: »Lois, komm' herein!" Hierauf schloß sie behutsam das Fenster, rückte die buschigen Nelkenstöcke zurecht, zog sorgsam den Vor hang, daß die Sonne nicht blende, herüber, setzte sich erwartungsvoll in den ehrwürdigen Lehnstuhl und wischte init der flachen Hand an der Tischkante hin und her, als sollte ihr das helfen, die unruhig bewegten Gedanken zu schlichten, da« ungestüm pochende Mutter herz zu beschwichtigen. Ein Mutterberz geberdet sich so ungestüm und trunken, wenn eS einmal über sich gewonnen hat, ein Kind zu beglücken! Jetzt trat Lois ein, schritt bi« in die Mitte de« StübelS und fragte: „Mutter?" »Näher, näher," winkte ihm die Alte. Zögernd that er noch ein paar Schritte gegen sie bin und seine Wangen überflammte eS roth. »Noch näher," bedeutete ihn die Mutter. Da stand er knapp vor ihr, die Blicke heftete er jedoch beharrlich auf seine Schuhspitzen. (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Da« Kruppsche Riesengeschütz, das auf der Weltausstellung in Chicago großes Auf sehen erregt hat, ist jetzt wieder auf deutschem Boden eingetroffen. DaS Rohr ist mittels de« Hamburger StaatS-RiesenkrahnS au« dem Dampfschiff, das zur Zurückbeförderung der Kruppschen Ausstellungsgegen stände gemiethet worden ist, gehoben und auf einen achtachsigen Eisenbahnwaggon, der eigen« zum Trans port dieser Riesengeschütze in dem Kruppschen Etab lissement hcrgestellt wurde, verladen und sodann nach Meppen gebracht worden, wo noch eine neuere Ein- schießung des Rohres auf weitere Entfernungen zu erfolgen hat. Die Hebung dieses MonstregeschützeS mit Lafette durch den Hamburger StaatSkrahn kostete 2500 M. Das Riesengeschütz wird dem Deutschen Reiche erhalten bleiben und nach Fertigstellung des PanzerfortS an der Einfahrt zum Nord-Ostsec-Kanal an der Elbe daselbst aufgestellt werden. — Ein reizendes Geschichtchen aus dem Postleben, da« den Vorzug hat, völlig wahr zu sein, ereignete sich vor Kurzem in einer größeren Stadt de« Herzogtbums Braunschweig. Eine Dame in G. in Thüringen, die von »Postaufträgen" gehört, aber das eigentliche Wesen dieser zweckmäßigen modernen Einrichtung offenbar nicht erfaßt hatte, sandte der Postdirektion zu *** im Herzogthum Braunschweig unter der Bezeichnung »Postauftrag" einen Brief. Letzterer enthielt einen Fünfmarkschein und den »Aus. trag", sür dieses Geld doch einen recht hübschen Kran; zu kaufen und ihn an Fräulein X , deren Geburtstag am soundsovielten sei, abzuliefern. Diesem ebenso naiven wie erheiternden Verlangen gegenüber wollte die Postbehörde nicht den starren Bureaukratenstand- punkt geltend machen. Zuvorkommend, ja galant, wie die Jünger Stephan» meisten« sind, willfahrte sie diesem seltsamen Verlangen. E« wurde sofort ein Bote zu einem Blumengeschäfte gesandt, ein stattlicher Kranz eingekauft und dem GeburtStagSkinde rechtzeitig überbracht. Nachdem die« geschehen war, wurde die Briefschreiberin benachrichtigt, daß die Angelegenheit prompt erledigt werden sei, gleichzeitig aber hinzuge- sügt, daß man unter „Pcstauftrag" denn doch etwas wesentlich andere« verstehe, al« die Schreiberin gedacht habe, und daß die Post daher nicht verpflichtet ge wesen sei, einen derartigen Auftrag auSzusühien. — Vom Aufenthalte des Prinz-Regenten von Bayern in Würzburg, wo er am Sonntag der Enthüllung de« ihm gestifteten Monumentalbrun nens beiwohnte, erzählen bayrische Blätter folgende Episode: Am Nachmittag besuchte der Prinz-Regent mit seinem Gefolge auch das auf dem Sanderrasen veranstaltete Volksfest, wo verschiedene ländliche Grup pen in ihren Volkstrachten erschienen waren, und be gab sich auch auf da« Tanzpodium, um dem lustigen Treiben zuzusehen. Eine der ländlichen Schönen, Auguste Knaus aus Oherndorf bei Schweinfurt, nahm sich ein Herz, den hohen Gast zu engagiren, trat auf den Prinz-Regenten zu und sprach ihn also an: »Königliche Hoheit mögen Sie nit?" Der Prinz- Regent dankte lächelnd, drückte dem Mädchen die Hand und sprach: „Dazu bin ich doch zu alt, suchen Sie sich einen jüngeren Tänzer," worauf sofort Flügeladjutant Generalmajor Freiherr von Bianca das schöne Mädchen zum Tanze führte und mit ihm im Reigen sich schwang. Obersthofmarschall Graf Seinshcim folgte diesem guten Beispiele, auch der Erzgießer Professor Ferdinand v. Müller, der Schöpfer des Luitpold-BrunneuS wurde von einer der länd lichen Schönen aus dem Schweinfurter Gau zu einem „Schottisch" engagirt. Der Prinz-Regent schritt dann auf das Mädchen, das ihn zum Tanz aufforderte, zu, ließ sich die Rosen, mit denen das Mädchen ge schmückt war, geben und steckte sie sich ins Knopfloch. — Ein Schüler au« der vierten Klasse einer Berliner Gemeindeschule hat folgende» Aufsatz ge liefert: Der Hase. Der Hase hat ein Maul, wie ein kleiner runder Apfel. In dem Maule hat er zwei Zähne, die wachsen immer nach. Wenn er einen Tag nicht frist, wachst er rau«. An den 4 Elken hat er 4 Beine. Der Hase jungt sehr ost, manchmal bis 20. Der Jager schißt ihn nicht gern, weil er so oft jungt. Er hat einen kurzen Schwanz; was dahinter ist, nennt man eine Blume. Der Jager nennt ihn eine Lampe. — Der Hund als — Hammel! Diese Wandlung machte kürzlich ein Jagdhund durch, der sich zu Euskirchen (Rheinland) verirrte und dort einem Fleischer in die Finger gericth. Dieser be reitete dem Köter ein vorzeitiges Ende durch Ab schlachten und verkaufte dann dessen Fleisch als — Hammelfleisch. Die Sache wurde bekannt und der Fleischer wegen Diebstahls des Hundes und wegen Vergehens gegen da« Nahruugsmittelgesetz zu 8 Mo naten Gefängniß verurtheilt. — Verschnappt! Fremder: „Also, Herr Mayer ist verreist; auch der junge Herr?" — Dienstmädchen: »Natürlich, ... der hat noch 'n Monat länger!" — Grob. Gerichtsvollzieher (zur Dame, die ihm auf wiederholte Fragen keine Antwort giebt, un geduldig): »Na, thun Sie doch den Mund auf, . . . das Gebiß pfände ich Ihnen doch nicht!" Sslcbrpatant kio. S38S2. Von 1800 deutschen Professoren und Aerzten geprüft und empfohlen. (Man lese die Broschüre mit den Gutachten, welche von ^lllggs L Oo. ^nanl<- fui^ a. bä. gratis zu beziehen ist.) Nsuovts und ^wl«ung,voll«t» NEk' VIkunckkvilsalke da absolut unschädlich und daher So«--, Vaseline-, oiycerlnv-, Oai-bol-, rlnk- u. a. Salben vorzuziehen. Erhältlich ä Mk. 1 — u. in Tuben zu LOPfg. in den Apotheken. Die Verpackung muß die Patenl-Nr. S3S92 tragen. Myrrhen-Cr-me ist der patentirte ölige Auszug de- Myrrhen-Harzek. Ztan-esamtliche Nachrichten von Schönheide vom IO. bis >6. Juni 1894. Geboren: 149) Dem Fabriktischler Friedrich Wilhelm Lenk hier 1 S. ISO) Dem Oekononneverwalter August Richard Pörner in Schönheiderhammer 1 S. 151) Dem ans. Zimmer mann Friedrich Louis Lenk hier 1 S. 159) Dem Eisengießer Karl Alwin Baumann in Schönheiderhammer 1 S. 153) Dem Eisengießer Friedrich Richard Wunderlich hier 1 S. Aufgeboten: Vacat. Eheschließungen: Vucat. Gestorben: I I5) Der unverehel. Bllrsteneinzieherin Auguste Marie Hölzel hier T., Marie Helene, 6 M. Ehemnitzer Marktpreise vom 16. Juni 1894. 7 « « « 5 7 S Heu Stroh Kartoffeln Butter Weizen, fremde Sorten 7 ! - weiß u. bunt — . stichst gelb Weizen Roggen, Preußischer . sächsischer - russischer Braugerste Futtergerst« Hafer sächsischer - preußischer < d.Reg.besch. Kocherdsen 7 Mahl-u. 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