Volltext Seite (XML)
-Au-rufe: „Allmächtiger Gott! Er ist verloren!' ohnmächtig zu Booen. Jammernd sprang die zitternde Magd hinzu und bald schlug Anna die Augen wieder auf. „Ist'« wirklich wahr oder war eS nur ein Traum?" fragte sie matt. „Leider, leider ist e» so!" weinte daS Mädchen. Und jetzt, da die Wahrheit in ihrer ganzen nackten Gräßlichkeit vor ihr stand, gewann da« starkmüthige Herz der Jungfrau die ganze Kraft und Elastizität ihres Geistes wieder. Rasch sprang sie auf und eilte der Thür zu. Dori hielt sie, wie von einem plötzlichen Gedanken ersaßt, inne — und leise sagte sie vor sich hin: „Ja, ja!" So geht'«! Einen anderen Weg zu seiner Rett' ung giebl's nicht. Frisch gewagt ist halb gewonnen!" „Martha!" sprach sie dann zu dem Mädchen. „Laus' schnell auf mein Zimmer, pack' Kleider und Wäsche sofort in meinen Reisckoffer; in einer Stunde reisen wir. Marsch! Frag' nicht erst lang! Ich folg' Dir sogleich!" Dem Herrn Postkommissar Sachse, der sich eben anmelden ließ, wurde bedeutet, daß sich Fräulein Anna sehr unwohl fühle und zu ihrem größten Leid wesen für heute auf da« große Vergnügen verzichten müsse, einen so überaus angenehmen Besuch empfangen zu können. Niedergeschlagen und äußerst übler Laune verließ Sachse daS Melker PosthauS. Wenige Minuten daraus trat Anna in das Zimmer ihres Vaters. VIII. Der alte, gute Postmeister von Melk saß nach denklich vor sich hinstarrcnd in seinem Armsessel, als seine Tochter eintrat. Anna warf einen forschenden Blick auf den Vater, als wollte sie seine Stimmung ergründen. Der sonst so bewegliche Mann regle sich nicht. Er hielt die längst ausgebrannte Meerschaumpfeife noch immer im Munde, paffte gewohnheitsmäßig daran fort, ohne zu bemerken, daß kein Rauch mehr kam und wendete den Kopf kaum um, als er den leichten Schritt seines einzigen Kindes vernahm. „Vater!" sagte Anna vor ihn hintretend, „ich muß Dich verlassen!" „Was sagst Du, Kind? Mich verlassen willst Du?" entgegnete der Alte aufblickend. „Ja, Vater! Eine heilige Pflicht gebietet mir, sofort nach der Hauptstadt zu reisen!" erwiderte sie bestimmt. „Aber Annerl! Erst sagte mir das Mädchen, Du seist nicht recht wohl und jetzt sprichst Du vom Reisen. Ich möchte wohl erfahren, was Du so plötzlich Wich tiges in der Hauptstadt zu besorgen hättest, daß Du Deinen alten Vater so Knall und Fall verlassen müßtest?" „Vater! Es gilt den Mann zu retten, der mir zwei Mal da« Leben gerettet hat." „Ei! Verstehe ich Dich recht!" ries der Alte er staunt, „meine Tochter wirft sich zum Fürsprecher eine« Postillons auf? Ein sittsames Mädchen, das von jeder Oeffentlichkeit fern bleiben sollte, vergißt seine Weiblichkeit so ganz, für einen gemeinen Be trüger einschrciten zu wollen? Geh' auf Dein Zimmer, mein Herz, und schlage Dir solche Gedanken und abenteuerliche Pläne aus dem Sinn! Ich werde für den Franzl schon thun, was in meinen Kräften steht." „Lieber Vater! Du weißt nicht Alles, sonst würdest Du nicht so reden. Tritt meiner Bitte nicht entgegen! Laß mich augenblicklich abreisen, jede Minute ist unersetzlich für den armen, gefangenen Franzl!" bat sie trostlos. „Mädchen, Du sprichst in Räthseln! Ich verstehe Dich nicht. Was weißt Du von dem Burschen, der > sich unter falschem Namen unter der Maske eines t Postillon« bei mir eingeschlichen und mein Vertrauen ^schnöde mißbraucht hat? Wie kommst Du dazu, mehr .über ihn zu wissen, als ich? Ich will nicht hoffen, f daß sich de« ErbpostmeisterS Tochter so weit vergaß, I um mit einem niederen Postknechte hinter ihre« Vaters Rücken im Einverständnisse zu leben. Gott bewahre meine Ehre und mein Haus vor solcher Schmach!" „Vater!" rief Anna erschüttert. „Halte ein, Vater! Verdamme nicht im vorschnellen Zorne! Bald wird und muß sich Alle« ausklären und der, den Du jetzt als einen Betrüger verabscheust, wird al» bemitleidenS- werther Unglücklicher vor Dir stehen. i „Nun, so löse mir doch endlich da» Räthsel!" ! sagte der Alte ungeduldig. In kurzen Worten erfuhr der immer mehr Er- »staunte aus dem Munde seiner Tochter den Sach- f verhalt. „Jetzt weißt Du Alles, mein Vater!" schloß Anna I ihren Bericht. „Nun widersetze Dich nicht länger I meinem Vorhaben. Jener alte Graf kann vermöge I seiner Stellung allein den BeklagenSwcrthen retten. I Zu ihm will ich und muß ich. Ich werde ihn auf I meinen Knieen beschwören, meinen Lebensretter nicht izu verlassen!" „Kind, Kind!" jammerte der alte Vater. „Du ladest schwere Sorgen auf mein Haupt! ES sei ferne I von mir, Dich zu verurlhcilen, ob Deiner Dankbar- I keit gegen den BedauernSwerthen, der Dir zwei Mal da» Leben gerettet, Unrecht aber war c« von Dir, einen vom Arme ter Gerechtigkeit Verfolgten unter fremden Namen und Kleidern und im Dienste und im Hause Deine» Vater« zu wissen und zu dulden, ohne Letzteren davon in Kenntntß zu setzen. Und noch größere« Unrecht war eS, hinter dem Rücken des Vater« mit einem Manne in geheimen Liebesverhält nissen zu leben, dessen Haupt den Gerichten ver fallen war. Bedachtest Du denn nicht, wie sehr Du dadurch Deinen eigenen, sowie Deines Vater« Ruf gefährdetest?" Vernichtet sank Anna vor ihm nieder. (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Die Stadt Ulm wurde dieser Tage durch einen räthselhaften Mord in furchtbare Aufregung versetzt. Ein lojäbriger Friseurlehrling wurde Morgen« in seinem Bette im Hause seiner Stiefeltern ermordet aufgefunden, und zwar in der gräßlichsten Weise zer schnitten und verstümmelt. Alle Anzeichen ließen aus einen Lustmord schließen. Die Eltern wußten nur, daß der Knabe Abends früh zu Bette gegangen sei. DaS HauS soll verschlossen gewesen sein. Verschie dene Verhaftungen wurden vorgenommen und führten zu keinem Ergebniß, so daß man schon zu fürchten begann, der eigcnthümliche Zufall, der sämmtliche im Laufe der letzten Jahre in Ulm und Umgebung be gangenen Blutthaten ungesühnt ließ, treibe auch dies mal wieder sein Spiel. Am Montag wurde nun aber ein Mensch verkästet, der schwer belastet erscheint, ein schlecht beleumundeter jüdischer Schächter, Namens Jakob Bernheim, welcher von seiner Frau schon lange getrennt lebt; er verkehrte häufig im Mordhause, wo er Gänse schlichtete. Bei einer Haussuchung bei ihm wurde viel blutige Wäsche vorgefunden, sowie eine große Packnadel mit Spuren von Menschcnblut; mit einem solchen Instrument könnte wohl der Mord ver übt worden sein. Er wurde Dienstag Vormittag der Leiche des Friseurlehrlings gegenübergestellt, hat aber keinerlei Geständniß abgelegt, vielmehr gegen seine Verhaftung Beschwerde erhoben. Bei seinen Aus sagen verwickelte er sich in ganz starke Widersprüche. — Wie eine neuere Meldung besagt, soll ein weiteres Belastungsmoment aufgetaucht sein. Ein Schneider habe die Anzeige gemacht, daß ihm Bernheim am Dienstag nach dem Morde seine fast neue SonntagS- hose zur Ausbesserung des FutterS überbrachte, an welcher an verdächtiger Stelle ein Stück herauSge- rissen war. Auch zeigte die Hose Spuren, daß an ihr gewaschen worden war; trotzdem wurden noch mehrere Blutspuren an ihr entdeckt. Nach Ansicht der Aerzte ist da» eigentliche Mordinstrument noch nicht gefunden, wenn auch die Stiche mit einem nadelähnlichen Werkzeug beigebracht wurden. „Die Juristen — so fügt eine Korrespondenz hinzu — halten den Beweis der Schuld noch nicht für erbracht; sie hoffen, den Verdächtigen aber noch überführen zu können." Bernheim soll nahezu blind sein. Bei seinem Gewerbe können Blutflecke nicht ohne Weiteres als Schuldbcweise betrachtet werden. — Ueber eine erschütternde Familien tragödie wird aus Berlin, 2. Juni, berichtet: Der in der großen Hamburgerstraße Nr. 7 wohnende Malermeister Karl Seeger hat sich mit Frau und vier halberwachsenen Kindern in vergangener Nacht getödtet. Noth und Mangel scheint die Familie zu dem entsetzlichen Schritt getrieben zu haben. Im zweiten Stockwerk des Vorderhauses wohnte der 51 Jahre alte Malermeister Karl Seeger mit seiner um drei Jahre jüngeren Frau Elise geb. KarbS, und den vier Kindern Rudolf, Bruno, Martin und Elisabeth, die im Alter von 19, 13, 10 und 7 Jahren standen. Die Eltern haben die Kinder zunächst gewürgt, dann vergiftet, schließlich aber selbst zum Strange und Giftbecher gegriffen. — Elbing. Mädchen in Männerkleidung — daS ist, wie der „K. A. Z." von hier geschrieben wird, daS Neueste, was unsere Stadt aufzuweisen hat, und zwar sind eS die Meicrinnen in der Elbinger Molkerei, welche sich in dieser Beziehung von dem Althergebrachten ewanzipirt haben. Rein praktische Erwägungen waren es, welche die Mädchen ihre bis herige mit der wesentlich bequemeren männlichen Kleidung vertauschen ließen. Die Meierin, war sie noch so geschickt, vermochte eS nicht zu vermeiden, daß sie bald da, bald dort hängen blieb, und rem Ucbel konnte auch nicht dadurch abgeholfcn werden, daß die Kleider kurz oder aufgeschürzt getragen wurden. Die Kleidung der Mcierinnen besteht jetzt aus Kniehose und Blouse; das Ganze hält ein Gurt zusammen. Da die Naturkinder meist mit einem prächtigen Wuchs ausgestattet sind, steht ihnen das neue Kostüm aller liebst. In nächster Zeit soll da« übrige weibliche Dienstpersonal in der Molkerei gleichfalls mit der neuen Kleidung versehen werden. — Ein theuerer Schuß. 7400 Mark für einen Schuß hat ein Sonntagsjäger in Biesenthal gezahlt, und der Schuß hat dem Schützen nicht ein- mal einen Braten in» Hau» gebracht. Die Sache verhält sich nach der „EberSwalder Zeitung" folgen dermaßen: Am 1. Mai vorigen Jahre« ließ sich der Zimmermeister S. au« Berlin bestimmen, an einer Jagd theilzunehmen, die in der Nähe von Biesenthal veranstaltet wurde. Auf der Jagd schoß S., der bi« dahin ein Jagdgewehr ncch nicht benützt halte, einen vorübergehenden Arbeiter in den Fuß. Die Heilung des Angeschossenen nahm einen unglücklichen Verlauf, und der Fuß blieb steif. Nachdem S. die Kur- und Pflegekosten, sowie die Unterhaltung der Familie mit 2400 Mark bestritten hatte, mußte er noch die Ver pflichtung übernehmen, den Invaliden für die fernere Zeit zu versorgen. S. beschäftigte daher den Ver letzten eine Zeit lang in seinem Bureau al» Boten, wozu der Angeschossene sich jedoch nicht al« geeignet erwies. Nun errichtete S. dem Opfer seiner Schützen kunst einen Holz- und Kohlenhandel und zahlte ihm obendrein eine Abfindungssumme von 5000 Mark, worauf der Arbeiter auf alle weitern Ansprüche ein für alle Mal verzichtete. — Kiebitze waren den Kartenspielern schon vor Jahrhunderten verhaßt. Die „Berliner Schankwirthe" haben im Jahre 1583 durch Leonhard Thurneisser im grauen Kloster die folgende „newe Straff-Ordnung" drucken lassen: „Wer denen fleißigen spielcrn über die Achseln gucket, also datz ine eyn heyße angst wurdt, den soll man bald verjagen und heiß in chn Kibitz. Wer aber die charte von zween spielern beglotzet hat und kommt im eyn lüstlchn eynem etwas kundzuthun durch Klappern mit den Augen oder Er schwatzet mit dem Maul, den soll man pönitiren um 30 Pfennige in gutter Müntz oder einem Krügelein voll mertzbier zu gemeynem Besten, dann verjag in. Wer aber sich bcdünket, so voll wehSheit zu sein, daß Er den spielern will rat geben oder sagen, eS habe ehneS nicht recht gespielt, den soll man auf sehn maul schlagen, auch ime das Käpplehn über die Ohren trehben, denn er ist eyn Esel, dann soll man in ver- stäupen und wirft in auf die gasse." — An Kindes statt! DaS offizielle Organ de» Wiener Thierschutzvereins „Der Thierfreund" bringt in seiner Mai-Nummer folgendes Inserat: „Ein möglichst großer Kater, dunkler Farbe (schwarz bevorzugt), wird bis Ende Mai an Kindesstatt an genommen. Gute Behandlung, angenehme Gesell schaft, Landaufenthalt. — Anträge" (folgt die Adresse). — Vater (zum Sohn, der eine größere Reise antritt): „Benjamin, wenn Du ankommst in Krcto- schin, brauchste erst gar nicht zu schreiben, ich geb' Dir hier ein frankirtc« Kouvert an mich mit, da» steckste in den Kasten; wenn's ankommt an mich, werd' ich wissen, daß Du glücklich bist eingetroffen." Sohn: „Vater, Du kannst Dir noch sparen die Briefmarke: Ich steck'« unfrankirt in den Kasten und Du verwei gerst die Annahme." — Abwehr. Arzt: „Unverbesserlich! . . . Also zwei Pfund Spickaal mit Kartoffelsalat haben Sie gegessen und sich selbstverständlich wieder den Magen gründlich verdorben!" — Patient (ärgerlich): „Natür lich, — jetzt muß wieder der Spickaal daran schuld sein! Mir war vorher schon so miserabel!" ^lilySd's S^vilLv Deutschs« SslckspLtvnt No. 63 SSL. Bon 1200 deutschen Professoren und Aerzten geprüft und empfohlen. (Man lese die Broschüre mit den Gutachten, welche von ^Illggs L 0o. su»"t o. gratis zu beziehen ist.) und ^wicungsvoltrt» Wunckkoslssldo da absolut unschädlich und daher Son-, Varollns-, Olycenln«., LZunbol-, rlnk- u. a. 8»Id«n vorzuzirhen. Erhältlich L Mk. t — u. in Tuben zn 5O Pfg. in den Apotheken. Die Verpackung muß die Patcm-Nr. 63 592 tragen. Myrrhen-ErLme ist der patentirte ölige Auszug de- Myrrhen-HarzeS. Standesamtliche Nachrichten von Schönheide vom 27. Mai bis 2. Juni 1894. Geboren: 183) Dem Färbereigehilfen Johann Albrecht Baer hier I T. 134) Dem Eisenhüttenarbeiter Franz Ludwig Morgner in Schönheiderhainmer I T. 135) Deni Bürsten fabrikarbeiter Friedrich Wilhelm Seidel hier I T. 186) Dem Kaufmann und Restaurateur Karl Friedrich Richard Seidel hier l T. 137) Der unverehel. Schneiderin Emma Marie Unger hier I T. 138) Der unverehel. Bürfteneinzieherin Anna Auguste Tuchscherer hier l T. 139) Dem ans. Bürstenfabrik arbeiter Franz Eduard Unger in Schönheiderhainmer I T. 140) Dem Bürstensabrikarbeiter Franz Gustav Seidel hier I S. Aufgeboten: 36) DerWollwaarendruckerei-Arbeiter Richard Wähler hier mit der Weberin Johanna Margaretha Engel hier. 37) Der Eisengießer Friedrich Albin Gläß hier mit der Tam- bourirerin Emilie Wilhelmine Lenk hier. Eheschließungen: Vaent. Gestorben: 105) Des Agenten Carl Richard Thuß hier S., Arno, 7 M. 106) Des Bürstensabrikarbeiters Franz Louis Seidel hier S. (todtgeb.) 107) Des Bürstenfabrikarbeiters Franz Edwin Leistner in Neuheide S., Fritz, 20 T. Ehemnttzer Marktpretf« vom 2. Juni 1894. 75 - 8 95 . 2 6 5 5 IO - 70 . 05 - 70 - 90 . 80 - 50 - 60 - 20 - Weizen, fremde Sorten 7 Mk. 15 Pf. - weiß u. bunt — < — - - sächs. gelb - " Weizen Roggen, preußischer - sächsischer - russischer Braugerste Futtergerste Hafer sächs. 5 ,u. preuß. 7 > russischer 6 < d.Reg.besch. — Kocherbsen 7 Mahl-u. Futtererbsen 7 Leu 5 Stroh 3 Kartofieln Butter bis 7Mk 30 Pf. pr. 50 Kilo 4 „ — MALI 7 - — 4 - - » - -- LUM, 6 - 20 - - - . 8 - 20---- 8 - 10 > - - - M - UMOW 5 - 25 - » - » 8 - I0 - > - > 7 - 40 - - - - « »41, s . 20 - - . . 7 . 80 - - « - 8 . 80 - « « - 4 - — » » r » 1 . 80-«-- 2 - 60 - - 1 -