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quält, wa» Dich martert! O, wären e« Traumgc- stallen, Gebilde Deiner aufgeregten Phantasie!" „O nein, Franz! DaS sind sie nicht! O wären sie'-! Du kennst mich ja! Dein Armerl ist kein Hasenherz und ihre Phantasie geht so schnell nicht mit dem Verstände durch. So höre denn weiter: Der Kommissar heißt Sachse " „Sachse!" wiederholte Franz. „Ja, Sachse!" entgegnete sie mit Nachdruck. „Sachse?" — fragte Franz nochmals. — „Sprich, habe ich recht gehört? Sachse, sagst Du?" „Ja, Franz, es ist Sachse, der Vollblut-Demokrat Sachse! Ich selbst war erstaunt, ihn in dieser Stell ung vor mir zu sehen; an seine frühere Gesinnung will er selbstverständlich nicht mehr erinnert sein." „Seine wiederholten Erkundigungen nach Dir machten selbst meinen Vater stutzig," fuhr Anna fort, — und mir preßte die Angst das Herz zusammen. Ich befürchtete, er würde Dich gleich beim ersten An blick erkennen und Dank dem Himmel, als ihn end lich, ehe Du wieder eintrafest, Dienstgeschäfte zur Wiederabreise bewogen. Aber, wenn er morgen oder übermorgen zurückkehrt, was dann! Du wirst Dich, um nicht aus der Rolle zu fallen, ihm vorstellen müssen, und — das Auge der Eifersucht steht scharf " „Ein Eifersüchtiger?" wiederholte Franz, „wie soll ich das verstehen, mein Annerl?" „Du weißt, Franz, Sachse schenkte wir schon in der Residenz seine Aufmerksamkeit und suchte in seiner aufdringlichen Weise mich mit seinen LiebeSbetheuer- ungen zu behelligen. Gestern hat er bei unserem unvermutheten Zusammentreffen seine Anträge er neuert. Welche Aufnahme sie bei mir fanden, brauche ich Dir nicht zu erklären, Du kennst mein Herz, das, so lange eS schlägt, nur für Dich schlagen wird." Dankbar und zärtlich preßte der junge Mann ihre Hand an seine Lippen. „Meinen Vater dagegen," fuhr Anna fort, „scheint der wackere Karrieremacher für sich eingenommen zu haben, wozu wohl auch seine Stellung als Vorgesetzter und AufsichtSbeamtcr beigetragen haben mag. Wenig stens warf der Vater die Worte hin, der Herr Kom missar intercssire sich sehr für mich und würde mir tzern seine Hand reichen; er habe nichts dagegen ein zuwenden. Du stehst, der Herr Sachse ist schlau; er sucht in meinem Vater seinen Verbündeten und will durch ihn auf mich einwirken lassen. DaS würde mir indeß Alles keine Kopfschmerzen verursachen, wenn er nur nicht gerade durch sein jetziges Amt auf Deine Zukunft einwirken könnte und Du darfst ver sichert sein, daß er, wenn ihm Deine Entdeckung ge länge, Kapital daraus schlagen würde, zu weiterem Emporklimmen auf der bureaukratischen Stufenleiter." Stumm, die Hand an die heiße Stirn gepreßt, hatte der arme Franz den Worten der Geliebten ge lauscht. DaS bisher nie gekannte Gefühl der Eifer sucht schnürte ihm krampfhaft die Brust zusammen. Er mußte unwillkürlich die günstige Stellung seines charakterlosen Nebenbuhler« mit seiner eigenen, so verzweiflungSvollcn und trostlosen Lage vergleichen und nur die Ueberzeugung von Anna» unwandelbarer Treue und aufopfernder Hingebung flößte Tropfen de» Tröste» in diesen WcrmuthSbecher. Schweigend harrte das junge Mädchen seiner Antwort; allein seine Lippen blieben geschloffen. „Franz, Franz!" flüsterte sie im süßesten Tone der Liebe; „hast Du denn kein Wort für Dein Annerl, keinen Trost für meine Angst? WaS soll geschehen, Dich und mich der drohenden Gefahr zu entreißen?" „WaS ich thun soll?" stöhnte der Gefolterte. „Wohin ich mich wende, kein Stern der Hoffnung, keine Rettung, kein Ausweg! Ich bin der unabwend baren Erfüllung meine» Geschickes verfallen, meine Stunde ist gekomnien." „O, rede nicht so!" rief da» junge Mädchen ängstlich. „Kannst Du nicht stieben. Dich anderwärts verbergen?" „Ich fliehen? Nein, nimmermehr!" versetzte Franz dumpf. „Jetzt fliehen, noch ehe ich die Gefahr kenne, die möglicherweise nur eine eingebildete ist, wäre feig und zugleich unklug. Ich werde die Rückkehr de» gefürchteten Herrn Sachse erwarten, und sollte wirk lich mein Inkognito entdeckt werden, nun, so werde ich willig und mit Ergebung mein Haupt dem Schwert der Nemesi» beugen." „Franz, Undankbarer! So kannst Du zu Deinem Mädchen sprechen!" rief sie erregt. „Bedenkst Du nicht, daß an Deinem Leben da« meinige hängt? Erwägst Du nicht, daß der Streich, der Dich trifft, auch mich zerschmettert? O, Ihr Männer, Ihr herz losen Egoisten. Euer Ich ist Euer Gott! Die Leiden und Qualen eine« liebenden Herzen» sind Euch nicht», wenn e« gilt. Eurer Ehre, die nur zu häufig ein Trugbild ist, und dem eingebildeten Muthe ein Opfer zu bringen. Ist e» nicht Selbstsucht und Eitelkeit, daß Du gerade jetzt Dein Fliehen für Feigheit er klärst, jetzt, wo Deine Freiheit, Dein Leben ärger al» je bedroht sind?" „Annerl, Annerl! Halt ein!" bat er. „Quäle den Geächteten nicht noch mit Vorwürfen, von denen Dein Herz nicht» weiß." „Laß uns wohl überlegen, bevor wir handeln! Sachse wird vermuthlich nicht gleich den ersten Tag wiederkommen, indessen werde ich mich auf da» Er scheinen des Gefürchteten vorbereiten." „Sonderbar, sonderbar!" murmelte er dann mehr wie im Selbstgespräch. „Gerade dieser einstige Voll blut-Demokrat jetzt mein Verräther! Der ehedem angeblich so freie Mann — jetzt zum Spion gesunken! In der That, Gewalt, du wählst famose Burschen zu deinen Bütteln!" Der Geächtete versank in finstere« Brüten. Annerl dagegen barg weinend da» schöne Haupt in ihren beiden Händen. Da leuchtete plötzlich ein Hoffnungs strahl au« den dunklen Augen de« Legionär« auf. Leise zog er die Hände der Geliebten von ihrem Antlitz, küßte die heißen Zähren, die sie um ihn ge weint, hinweg und sagte in völlig verändertem Tone: „Weißt, Annerl, wa» ich Dir bald zu erzählen vergessen hätte? Ich hab' heute zwei Freunde ge wonnen, liebe, angesehene und einflußreiche Herren. De» einen Fürsprache allein schon genügt, meinem Schicksale eine andere Wendung zu geben und er wird allen seinen Einfluß für mich aufbietcn, darauf hat er mir sein Wort gegeben." Und hastig erzählte der Legionär der staunenden Geliebten, was zwischen ihn« und den beiden Passa gieren sich zugetragen und al« er die Visitenkarte mit dem Namen des älteren Reisenden überreichte, da fiel ein Strahl beseligender Hoffnung auch in des Mäd chen« Herz. „DaS ist de« Himmel« Fügung!" rief sie freudig. „Laß un« ihm danken! Der Name birgt mir, daß sich Alle« zum Guten wenden wird. Ja, Franz, der Himmel ist mit uns. Sind seine Prüfungen auch schwer, wir wollen sie in Geduld und Ergebung tragen." Sie schlug ihren Arm um seinen Nacken und flüsterte zärtlich: „Treue Liebe, Franz, bleibt doch nie unbelohnt. Denk nur zurück, mein Herz, von dem ersten Augenblicke unserer Bekanntschaft in der Resi denz bi« hierher! Welch' seltsame Verkettung von Begebenheiten liegt zwischen damals und heute! Er innerst Du Dich jener verhängnißvollen Stunde, al« Du die dem tollen Hunde Entfliehende, die ohnmächtig Zusammenbrechende in Deinem starken Arme auffingst und da« wüthende Thier mit gewaltigem Schlage zu Boden strecktest? Ich kannte Dich nicht und doch dankte ick Dir die Rettung meine« Leben«! Und Du, Böser! Du zogst Dich spröde zurück und verschmäh test da« Herz, da« sich in Liebe und Dankbarkeit seinem Retter zuwendete!" (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Gegen da« Taschentuch al« einen der bedenklichsten GebrauchSgegenstände wendet sich Stabs arzt Or. Jaeger in Stuttgart, Privatdozent für Hy giene an der Hochschule in Stuttgart, in einem Artikel der neuesten Nummer der „Deutschen Med. Wochen schrift." Daß die Taschentücher der Schwindsüchtigen, weil sie den Spucknapf vertreten müssen, außerordentlich gefährlich sind, ist ja allgemein bekannt. Auch Kranke mit Lungenentzündung, Influenza u. s. w. bringen mit dem Auswurf zahllose Keime ihrer Krankheit in da« Taschentuch, au« dem sie späterhin, wenn die getrockneten Tücher vor der Wäsche wieder aufgerissen und sorg sam gezählt werden, mit dem Staube aufwirbeln. Daß Schnupfen leicht durch Taschen- und Handtücher übertragen werden kann, wird ja allgemein angenommen. Sehr beachten«werth ist nun, daß l)r. Jaeger durch Versuche gemeinsam mit Stabsarzt I)r. Scherer die Gefährlichkeit de« Taschentuch« auch hinsichtlich der Rose erweisen konnte. Die Gesichtsrose befällt ja namentlich ältere Personen gern mehrmals kurz hinter einander, man darf also in solchen Fällen auch an eine Selbstansteckung mittels de« Taschcntuche« denken. Besonder« wichtig ist aber, daß nach den Versuchen dieser Aerzte auch die epidemische Genickstarre und Diphtheriti« auf diese Weise verbreitet werden können. Auf Grund seiner Versuche kommt vr. Jaeger zu dem Schluß, daß unsere Taschentücher Transportmittel für die JnfektionSstoffe pur oxcollonee sind, und daß sie allgemein bei Kranken abgeschafft werden müßten, wie ja auch schon seit geraumer Zeit in vielen Spitälern Schwindsüchtigen und Diphtheritiekranken statt der Taschentücher Stücke von Verbandmull gereicht werden. Dieser Stoff ist, weil zu dünn und durchlässig, wenig geeignet und auch zu theuer. l)r. Jaeger empfiehlt statt dessen einen mit Papier verwobenen Stoff, der weich und geschmeidig ist, viel Flüssigkeiten aufsaugt, aber doch nicht reißt. Nach einmaligem Gebrauch wird diese« Taschentuch vernichtet, wie e» ja bei den Chinesen schon längst üblich. Die Einführung stellt sich so billig, daß die Ausgabe für die Beschaffung schon durch da» Waschgeld der bisherigen Taschen tücher gedeckt wird. Und nun die Taschen, in denen von Hoch und Niedrig die Taschentücher getragen werden! Sie sind jedenfalls hygienisch nicht minder bedenklich, al» ihr Inhalt. — Fürst Bismarck'« Brust müßte, wie ein „Statistiker" ausgerechnet hat, einen Umfang von mindesten» sieben Metern haben, wollte er alle seine Orden auf einmal tragen. Die Zahl der ihm ver liehenen Dekorationen beläuft sich auf 482. — In Holzhausen bei Arnstadt in Thüringen ereignete sich der zwar etwa« befremdliche, aber wahre Vorfall, daß die Leiche des in voriger Woche plötzlich verstorbenen Schneidermeister» H. S. wieder auSge- graben wurde, weil der Verblichene noch eine größere Summe Geldes in der Brusttasche bei sich trug, die man vor der Beerdigung he> auszunehmen vergessen hatte. — Ein dankbarer Ehemann. In den „Neuen Westpr. Mitth." befand sich dieser Tage folgende» Inserat: „Demjenigen Herrn, welcher gestern Sonntag, Abend» nach 7 Uhr auf der Marienburger straße meiner Frau vom Kaufmann Düster bis zum Friseur Görtz auf den Hacken gefolgt ist und ihr im Vorbeistreifen die Worte „Reizendes junge» Mädchen!" in da» Ohr geflüstert hat, so daß sie sich in den Schutz eine» begegnenden alten Herrn stellen mußte, spreche ich meinen tiefgefühltesten Dank und meine höchste Anerkennung seine« guten Geschmacks aus. Ein seit sieben Jahren verheiratheker Ehemann und Vater mehrerer Kinder." — Vor der Börse werden in lebhafter Erörter ung die Folgen eine» eben eingetretenen Bankkrach erörtert. „Und wissen Sie schon da» Neueste, mein Herr?" sagt da Einer, „der Barbier da drüben will jetzt auch noch seine Preise auf da« Doppelte erhöhen, weil alle seine Kunden mit langen Gesichtern zum Rassiren kommen!" — „Lange Gesichter? Doppelte Preise? Wie haißt?" schrie Itzig Löb; „kommen wir doch schon eingesaift zu ihm!" — Zeugniß und Empfehlung. „Seit zwei Monaten litt meine Frau an großer Heiserkeit und Beschwerden beim Sprechen. Seitdem sie Ihr Mittel genommen hat, kann sie fast gar nicht mehr reden. Bitte senden Sie mir umgehend noch zwei Flaschen. Alois Hinlerhuber. — Bloß Boltermelk! DaS Februarheft der „Mittheilungen de» deutschen Vereins gegen den Miß brauch geistiger Getränke" enthält folgende warme Fürsprache für da» Trinken von Buttermilch: Bloß Bottermelk! Dat Beer gift Schlag, De Wien gift Gicht, De Branwien Köpper in t Gesicht; De Porter uns dat Bloot verdickt, Champagner gor de Bern uns knikt. De Grog matt dumm, De Kaffee blind, De Thee matt uns de Kraft to Wind; Dat wat de Minsch noch trinken kann, Is Bottermelk, de nährt den Mann, Makt frisch dat Hart, Dat Liv uns reen Uns kloor den Kop Und flink de Bcen. Ein maßgebendes, fachmännisches Urtheil über unsere deutschen Witzblätter bringt in seiner Nummer 13 vom 5. April 1894 das Journal sür Buchdruckerkunst, indem es schreibt: Unsere modernen Witzblätter suchen oft witzig zu sein durch ganz unglaubliche Verzeichnung der dargestellten Persönlichkeiten, und selbst der „K " macht, seitdem der geniale Sch ... nicht mehr den Griffel führen konnte, hiervon keine Ausnahme. Mit den Verrenkungen und Vergröberungen alles Dargeftellten geht dann gewöhnlich auch die Darstellung selbst Hand in Hand, nicht zum Ruhme der graphischen Kunst der Gegenwart. Nur die Münchener Fliegenden haben nach beiden Richtungen hin ihren noblen Charakter gewahrt, und ein jüngeres Unter nehmen, L. Meggendorfers „Humoristische Blätter," strebt ihnen mit gutem Erfolge nach, unterscheidet sich von den selben aber durch die Ausführung seiner Illustrationen, die nicht durch Holzschnitt und nur selten durch Zinkätzung ge schieht, sondern meist vermittels lithographischer Federzeichnung, zum großen Theil sogar durch Farbendruck, und zwar in sehr sorgsältiger, das Auge wirklich erfreuender Weise. Wie für den illustrativen, hat das Blatt auch für den textlichen Theil sehr tüchtige Mitarbeiter, so daß es Allen, die Freude haben an gemüthlichem Humor und diese sich nicht vererben lassen wollen durch Karrikaturen, wie solche glücklicherweise das täg liche Leben in Wirklichkeit nie bietet, mit voller Ueberzeugung empfohlen werden kann. Die Meggendorfer „Humoriststchen Blätter" erscheinen im Verlage von I. F. Schreiber in Eßlingen bei Stuttgart, und werden in der bedeutenden thpo- lithographischen Anstalt der Firma selbst hergestellt; ihre Ge schäftsstelle befindet sich indeß in München, Corneliusstraße 19. Mitteilungen Les König!. Standesamts Eibenstock vom 16. bis mit 22. Mai 1894. Aufgebote: a) hiesige: 29) Der Schmelzer Karl Ernst Gläß hier mit der Stickerin Anna Marie Dittes hier. d) Auswärtige: 2b) Der Streckenarbeiter Ernst Wilhelm Kehrer in Blauenthal mit der Näherin Flora Minna Spitzner in Blauenthal. 28) Der Eisengießer Karl Gustav Wagner in Aue mit der Maschinengehilfin Marie Pauline Friedrich hier. Eheschließungen: 18) Der Mechaniker Paul Adolf Anger in Schönheide mit der Stepperin Emilie Pauline Mllhlig hier. 19) Der Handschuhmacher Gustav Emil Unger in Johanngeorgen stadt mit der Stepperin Hulda Camilla Bauer hier. 20) Der Geschirrsührer Carl Max Reinwarl in Wolssgrün mit der Näherin Anna Hulda Ungethüm in Blauenthal. Gedurtsfälle: 127) Max Paul, S. des Zimmermanns Ernst Emil Weitz hier. 128) Carl Fritz, S. des Fabrikant« Carl Gottlieb Seidel hier. 131) Ernst Rudolf, S. des Maschinen stickers Ernst Ehregott Bley hier. 132) Camilla Clara, T. des Fabrikarbeiters Erdmann Carl Weidlich in Blauenthal. 133) Johanne Marie, D. des Forstrentamtsboten Christian Max Weigel hier. Hierüber: Nr. 129) und 130) unehel. Geburten. Zwdtgeburtsfälle: Nr. 87) I Sohn dem Hausmann Carl August Siegel hier. Sterdefälle: 88) Alfred Johannes Hermann, S. der jetzt verehel. Anna Dherese Böttger geb. Kulpe hier, 12 I. 9 M. 26 D. 89) Anna Helene, D. des Maschinenstickcrs Hermann Anton Dietrich hier, 2 R. 2b T.