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beweisen, daß ich entschlossen bin, die Verfolgung gegen sie wieder auszunehme». Sie denkt natürlich, es liege jetzt in meinem eigenen Interesse, die verlorene Summe zu retten und dieses Interesse zu beseitigen ist ihre Absicht. Gelänge es ihr, uns Beide zu trennen und zwar in einer Weise, die in meinem Herzen Groll gegen Dich erwecken müßte, dann wäre auch nach ihrer Ansicht die Absicht erreicht — ich würde mir dann keine Mühe weiter geben, die Frau zu verfolgen. So denkt sic und eben darum hat sie mich bei Deiner Freundin verleumdet." ES lag so viel Wahrheit in diesen Worten, daß jeder Zweifel in der Seele Paulas schwinden mußte; sie trat zu ihm und schlang den Arm um seinen Nacken. „Verzeihe mir, daß ich zweifeln konnte," sagte sie, und aus ihren blauen Augen leuchtete wieder eine Fülle inniger Liebe; „Du hättest mir auch früher mit theilen sollen, daß Du mit jener Frau verlobt ge wesen bist." „Und hätte ich cS gethan, würdest Du dann mir Dein volles Vertrauen geschenkt haben? An jenen kurzen Traum, in dem ich nur herbe Täuschungen er fuhr, dachte ich selbst nicht mehr, und weshalb sollte ich Dich mit der Erinnerung an ihn beunruhigen?" Sie bot ihm die schwellenden Lippen zum Kuß, dann schritten sie Arm in Arm zum Divan. „Ich fürchte, daß nun der Versuch, Deinen Glauben an mich zu erschüttern, »och oft wiederholt wird," sagte er; „scheint es doch leicht, durch solche Mittel zum Ziele zu gelangen. Bleibe fest, Geliebte, und vor allen Dingen verschweige mir nichts, wenn in Deinem Herzen wieder Zweifel geweckt werden sollten; ich werde stets Deine Fragen offen und rückhaltlos beantworten." „Und ich werde meiner Freundin schreiben —" „Halt, überlege» wir erst, was nun geschehen soll. Die Machinationen dieser Frau zwingen uns, energische Maßregeln zu treffen, überdies gebe ich die Hoffnung noch nicht auf, daß cs mir gelingen wird, ihr den Raub zu entreißen." „Wir können auf das Geld verzichten, und ich glaube, von der Rettung jenes Kapitals hängt unser Glück nicht ab." „Freilich nicht, aber andere Bedenken sind in dieser Stunde in mir aufgcstiegen, und hier die Wahrheit zu erforschen, halte ich für meine Pflicht. Der plötz liche Tod Griesheims, der hohe Betrag der Lebens versicherung, die Flucht der Wittwe und ihres Bruders — dies zusammengenommen, weckt in mir die Ver- muthung, daß hier ein Verbrechen geschehen ist, aber vergeblich sinne ich darüber nach, welcher Art cS fein könnte." „Wie kommst Du nur auf diesen Gedanken?" fragte Paula, mit zweifelnder Miene das Haupt wiegend. „Er liegt nahe, so nahe, daß ich ihn schon früher hätte fassen müssen, aber, wie gesagt, es ist noch ei» dunkles Räthscl und ich fürchte, daß die Lösung mir schwer fallen wird." „So verzichte darauf, diese Lösung zu suchen!" „Nicht doch; der Betrug, der an Dir verübt winde, fordert Vergeltung, zudem läßt sich annchmcn, daß diese Betrügereien auch heute noch fortgesetzt werden. Ist cS da nicht unsere Pflicht, die Betrüger zu ent larve» und unschädlich zu machen? Auf dem Wege der gerichtlichen Klage werde ich das nicht erreichen, unsere Beweisführung enthält manche Lücke und will man solche Leute angreifen, dann muß man gute Waffen besitzen." „Und was soll nun geschehen?" erwiderte Paula. „Seit wann bist Du mit Fräulein Hallstädt be freundet?" fragte er gedankenvoll. „Ich lernte sie in der Schule kennen, ihre Eltern wohnten damals hier; erst vor zwei Jahren, nachdem ihr Vater sein Geschäft nicdergelegt hatte, zogen sie fort." „Ihr Vater, der frühere Bankier Hallstädt?" „Jawohl, Balthasar Hallstädt und Kompagnie — Du wirst Dich der Firma »och erinnern." „Gewiß! Ich entsinne mich noch, daß man sich damals das nnerwartete Erlöschen dieser Firma nicht erklären konnte." „Und doch lagen dafür Gründe vor, deren Triftig keit man erkennen mußte. Herr Hallstädt hatte kurz vorher seine Frau verloren, sic starb plötzlich durch einen Unglücksfall —" „Stürzte sie nicht selbst sich zum Fenster hinaus?" „So wollten böse Zungen behaupten, aber es ist nicht die Wahrheit. Die arme Frau litt am Herz krampf und ein solcher Anfall traf sie am offenen Fenster; das Unglück war geschehen, ehe man ihr zur Hilfe eilen konnte. Dem Vater Theodores wurde da durch das Haus verleidet, hier erinnerte ihn Alles an das entsetzliche Ende der geliebten Frau, zudem besaß er nur die einzige Tochter und keinen Sohn, dem er später daS Geschäft übertragen konnte. Er hatte Reichthümer genug gesammelt und er sehnte sich nach Ruhe." . „DaS sind der Gründe allerdings genug," nickte Gustav. „Wo wohnt Hallstädt jetzt?" „Er hat eine Villa in der Nähe von Baden-Baden gekauft; auS der Beschreibung Theodores zu schließen, muß es ein prachtvoller Wohnsitz sein," sagte Paula. „Wenn man nur wüßte, wie lange sie sich noch in Brunnen aufhalten werden." „Jedenfalls wird meine Antwort Theodore dort noch antreffen." „Und darfst Du die Ueberzeugung hegen, daß die Freundschaft Theodores zu einem Opfer bereit ist?" „Wenn es kein zu schweres Opfer ist, dann glaube ich, daß sie es bringen wird." „Du kennst wahrscheinlich auch ihren Vater per sönlich — " „Gewiß, er ist ein chrenwerther und herzensguter Mann, dabei in seinem Auftreten schlicht und einfach." „So dürfte man es also wagen, eine Bitte an ihn zu richten," sagte der Advokat, noch immer in Sinnen versunken. „Mir liegt viel daran, über die Verhält nisse und die Lebensweise der Frau Griesheim, ihres jetzigen Mannes und ihres Bruders genaue Auskunft zu erhalten, und diese Auskunft könnte Deine Freundin mir verschaffen, wenn sie der Einladung jener Frau Folge leisten und dabei ein wenig heucheln wollte." „Wenn ich Theodore darum bitte, wird sie es ge wiß thun." „Und ich lege einen Brief an ihren Vater bei." (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Aschersleben. Die Ruinen der alten Askanierburg sind jetzt auf Veranlassung des Stadt- raths Drosihn mit einer Gedenktafel versehen worden, deren Inschrift lautet: „Am 5. Juni 1832 weilte in diesem Raume Se. Königliche Hoheit Prinz Wilhelm von Preußen, der spätere Kaiser Wilhelm I., inmitten der städtischen Behörden, der Geistlichkeit und des zur Zeit hier garnisonirenden Dragoner-Regiments Nr. 2, gedenkend, wie von dieser Stelle ausging das erste Geschlecht der Markgrafen von Brandenburg. Albrecht der Bär, Graf von Askanien, wurde im Jahre 1134 mit der Nordmark bcliehen, erweiterte später seine Herrschaft zur Markgrafschaft Brandenburg und legte damit den Grund zum Königreich Preußen. Die Zer störung dieser alten Burg erfolgte 1175." — Der vielbesprochene und oft probirte Dowe'sche Panzer hat jetzt auch die Aufmerksam keit des Kriegsministeriums auf sich gezogen. Vor einiger Zeit wurden Versuche im Wintergarten in Berlin vorgenommen, die darauf schließen lassen, daß dem Panzer eine Zukunft beschieden ist. Etwa 25 Offiziere aus dem Kriegsministerium, dem Gcne- ralstabe. von der Artillerie und dem JngenieurkorpS wohnten der nunmehr auch militärisch wichtigen Probe bei. Zu ihnen zählten der Oberst von Gößnitz vom KricgSministcrium, Oberstlieutenant Brinkmann, Prä ses der Gewehr-PrüfungSkommission, Major Eden von der 4. Ingenieur-Inspektion, Mitglied des In genieur - Comitee, Hauptmann Bloch v. Blottwitz, Adjutant des Direktors des Allgemeinen Kciegsdeparte- mentS und Andere. Ferner wurde Mr. Jackson, Mit glied der amerikanischen Botschaft, bemerkt. Al« Schützen waren ein Gefreiter vom Garde - Jäger- Bataillon und ein Sergeant vom 14. Jäger-Bataillon aus Kolmar mit ihren eigenen Büchsen kommandirt. Die zur Verwendung gekommenen Patronen waren in versiegelten Packeten mit zur Stelle gebracht, um jeden Zweifel von vornherein auszuschließen. Der Erfinder war bereit, seine gepanzerte Brust als Ziel scheibe darzubieten, doch wie« Oberst v. Gößnitz da« Anerbieten zurück mit dem Hinweis, daß durch irgend ein Versehen ein Unglücksfall eintreten könnte. Der Pan zer wurde gegen einen Eichenblock so auf einen Tisch gestellt, daß er mit der Tischplatte einen stumpfen Winkel bildete. Man wollte feststellen, ob das Ge schoß in dem Panzer stecken bleibe oder in demselben Winkel zurückschlage, in welchem eS getroffen habe. DaS Gewehr des Sergeanten lud Oberstlicutenant Brinkmann, und der erstere gab zunächst zwei Schüsse auf die Mitte de» Zieles ab. Die Geschosse blieben im Panzer stecken. Dann konnte sich der Kunstschütze Mar lin mit seinem anerkannten Militärgewehr betheiligen, mußte eS aber gleichfalls vom Oberstlieutenant Brink mann laden lassen. Im Ganzen wurden aus einer Entfernung von nur zehn Schritten vierzehn Schüsse auf den Panzer abgegeben, die auf verschiedenen Stellen zum Theil dicht an der Kante trafen. Auf der Rückseite zeigte der Panzer nicht die geringste Spur von Eindrücken. DaS Gesammturtheil bestätigte die schon früher erprobte Kugclsicherheit. Man hofft, daß nun auch der Kaiser einem Schießversuche auf den Panzer beiwohnen wird. — Vorsicht bei Verwendung von Wechsel stempeln! Bei einem unter Protest eingegangenen Wechsel war die verwandte Stempelmarke 1l Milli meter vom Rande entfernt aufgelcbt, weshalb der Wechsel seitens der Steuerbehörde als nicht gestempelt angesehen worden ist. Eine Strafverfügung über den fünfzigfachen Betrag der hinterzogenen Stempelgebühr von 10 Pfg. — also 5 Mk.! für jeden Betheiligten — war die Folge. Die angetragene richterliche Ent scheidung hat in zweiter Instanz die Ansicht der Steuerbehörde bestätigt mit der Begründung, daß die GesetzcSvorschrift „unmittelbar an einem Rande" buchstäblich auSzulegen sei. Hiernach müssen sich der Rand der Marke und de« Wechsels genau decken. Jedenfalls mahnt dieser Fall von Neuem, in der Befolgung der Wechselstempel-Vorschriften ganz korrekt zu verfahren. — S.ommersprossenmittel der verschieden sten Art werden gegenwärtig wiederum dem Publikum angeboten. Die Sommersprossen entstehen durch Farbstoffablagerungen an verschiedenen Stellen der Haut, namentlich im Gesicht und an den Händen. Bis jetzt kennen wir, schreibt die „Leip;. Zkg.", kein Mittel, diesen Farbstoff zu entfernen, ohne hierbei die Haut zu zerstören. Alle Mittel, mögen sie heißen, wie sie wollen, zur Vertilgung der Sommersprossen sind werthloS. Persönlich haben wir Sommersprossen mittel untersucht, die bei fortgesetztem Gebrauch sehr schädliche Wirkungen im Gefolge haben, denn als Bestandtheile fanden wir u. A. Quecksilberchlorid, Bleiessig, Salzsäure. Demnach: Vorsicht! — Der Blumenschlaf. Jeder, der ein offenes Auge für die Pflanzenwelt besitzt, wird schon die Be obachtung gemacht haben, daß viele Blumen auch ihre Schlafenszeit haben, d. h. täglich zu bestimmten Stunden ihre Kelche öffnen und wieder schließen. So öffnet daS kleine Gänseblümchen seine weiße Strahlenkrone mit Sonnenaufgang und geht auch mit der Sonne wieder zur Ruh. Die Krone de« Löwenzahnes da gegen ist nur von etwa 7 Uhr Morgens bis 5 Uhr Abends offen, und der liebliche Kelch der Wasserrose zeigt sich am schönsten zwischen 7 und 4 Uhr. Das gemeine Mauseohr verschließt sich gegen 3 Uhr und die kleine Pimpinelle erwacht um 7 Uhr Morgens und nickt schon bald nach 2 Uhr Nachmittag« ein. Noch früher erwacht der Ziegenbart, nämlich schon um 4 Uhr, er schließt aber auch noch vor Mittag 12 Uhr seinen Kelch. — DaS Schließen und Oeffnen der Blumen steht im Zusammenhänge mit ihrer Be fruchtung. ES ist klar, daß Blumen, welche von Nachtschmetterlingen befruchtet werden, keinen Nutzen davon hätten, wenn sie bei Tag geöffnet wären, während andererseits solche Blumen, deren Befruchtung z. B. von den Bienen abhängig ist, Nacht« nicht offen zu sein brauchen. ES wäre sogar ein Schaden für sie, da auf diese Weise jedem Räuber Thür und Thor offen stände, daß auch solche Insekte» Zugang hätten, die sich zwar an ihrem Honig und Blütheu- staub erlaben, sie aber nicht befruchten können. Für die Annahme, daß das Schlafengehen der Blumen mit der Lebensweise der betreffenden Insekten in Beziehung steht, spricht auch, daß Blumen, deren Ver mehrung ohne die Vermittelung von Insekten, nur durch den Wind befördert wird, sich überhaupt nicht schließen. — Nun jubelt'« in den Lüften laut — Und rings ist Freuo' und Lust, — Denn Frühling ist'« auf Gottes Erd' — und in der Menschen Brust. — Mit Blumenduft und Blüthenpracht — Und mit der Vöglein Lied — Ist uns des Lebens schönste Zeit — Aus'S Neue nun erblüht. — Im Wiesen grund die Blümelein — Die Berge und das Thal, — Sie laden, ihre Pracht zu schau'n, — Uns ein viel tausendmal. — Zum BergeShang und Waldes saum, — Dahin nimm deinen Lauf, — Bescheiden im Verborg'nen blüh» — Dort blaue Veilchen auf. — DcS duft'gen Flieders Wohlgeruch — Er würzet ring» die Luft, — Und aus dem nahen Wald uns zu — Zum Gruß der Kuckuck ruft. — Allda wächst auch ein Kräutelein, — Waldmeister ist's benannt, — Als Göttertrank im Wonnemond — Wohl aller Welt bekannt. — Ein Hochgenuß zur LenzeSzeit, — Will'S uns das Herz erfreu'», — So lttret denn das volle Glas — Mit duft'gem Maienwein. — Hin durch die Lüfte segelt hoch — Die Schwalbe jetzt zur Frist, — Die ja seit alten Zeiten schon — Der Menschen Liebling ist. — Merkt's, was der Volks mund von ihr spricht: — Daß Freude, Fried' und Glück — Zu dem, der ihr ein Leides thut — Kehrt nimmermehr zurück. — Drum hegt und hütet alle denn — Die Vöglein weit und breit, — Den lieben Sängern haltet fern — All' Ungemach und Leid. — Schont Bäume, Busch und Hecken auch — In ihrem Prachkgewand, — Und schützet sie, so gut ihr könnt, — Vor frevelhafter Hand. — „Lauscht Alle", wie'« im Liede heißt, — „Jetzt auf de« Frühling« Wehn — Und laßt wie Festgeläut eS lind — Durch Eure Seele gehn. — Sein linde« Weben hat dem Strauch — Da« Blüthenklcid verlieh'», — Laßt drum auch einen Frühlingshauch — Durch Eure Seele ziehn." — Ein edles Herz. Bettelnde- Kind: Bitte, schenken Sie mir eine Kleinigkeit! — Dame: Wa»? Schon wieder eine Bettelei, nachdem ich erst vergangene Woche einen WohlthätigkeitSball mitgemacht? Mach, daß Du fortkommst! — Zu ängstlich Denken Sie sich, Fräulein, heute Nacht träumte ich, ich lief mit Ihnen auf der Eisbahn, da fielen Sie... ich aber fing Sie auf und gab Ihnen einen Kuß!" — „Ach! e« hat'« doch Niemand gesehen?!" — Vorsichtig. Fremder Herr (sich vorstellend): „Habe ich die Ehre, Herrn BankierMeyer zu sprechen?" — Bankier: „Mein Name ist Meher, mit wem habe ich eventuell die Ehre?!" Druck und B erlag von E. Hann« bahn in Eibenstock.