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dann schwerlich die Lüge und Gemeinheit aufdecken können würden. Sie hoffen jedoch, daß ein jeder rechtschaffne junge Mann zur Beseitigung derartiger Auswüchse des gesellschaftlichen Leben« beitragen werde." — Eine Mahnung an die Eltern dürfte jetzt zeitgemäß sein, deren Nichtbeachtung leicht die schlimmsten Folgen für Leben und Gesundheit der Kinder nach sich ziehen kann. ES handelt sich um den Schulgang. Man hat häufig Gelegenheit zu be obachten, daß Schulkinder des Morgens ihren Weg zur Unterrichtsanstalt im Sturm- oder wohl gar im Dauerlauf zurücklegcn, um eine Versäumniß einzu bringen und zur bestimmten Frist zur Stelle zu sein. Durch einen solchen Schulgang ist schon häufig der Keim zu schweren Erkrankungen, wenn nicht Schlim merem gelegt worden. Man beobachte nur die Kleinen, wie sic mit fliegendem Athen, und offenem Munde dahiiistürmen und in erbitztem Zustande die AthmungS- organe direkt den scharfen Nord- und Nordostwinden, welche zu dieser Jahreszeit vorherrschen, aussetzen! Halserkrankungen aller Art, Lungenentzündung u. s. w. sind nur zu leicht bei der geringe« Widerstandsfähig keit der zarten Organismen die Folgen eines solchen Dauerlaufs. Wer also seine Kleinen lieb hat und dieselben gesund erhalten will, der sorge zunächst dafür, baß das Kind rechtzeitig den Weg zur Schule antritt. Die Schuld eines Versäumnisses trifft nicht selten die Eltern selbst. Dann präge man den Kindern recht eindringlich ein, in dieser Jahreszeit das schnelle Laufen zu vermeiden und vor Allem nie mit offenem Munde zu athmen. Letzteres ist besonders zu beachten; mögen die Eltern ihre Kinder von früher Jugend auf daran gewöhnen, hauptsächlich durch die Nase zu athmen. Durch Befolgung dieses NathschlusseS kann den Fami lien so manches Leid erspart werden. (Eingesandt.) Im Laufe nächster Woche will der Mannergesang verein „Stimmgabel" ein öffentliches Concert abhalten. Der Reinertrag soll in Berücksichtigung der über alles Erwarten großartigen Unterstützung der hiesigen Brandcalamitosen von 'Nah und Fern zum Theil be drängten Braudbeschädigten in Possek oder Hartmanns dorf zufließen. Der immer opferbereite Gesangverein dürfte daher schon diese« guten Zwecke« wegen auf einen recht zahlreichen Besuch zu hoffen haben; denn der Stadt Eibenstock liegt die Pflicht ob, Liebe mit Gegenliebe zu vergelten. Äus vergangener Zeit — für unsere Zeit. Lange Jahrhunderte hindurch bestand in Indien die Sitte, daß die indischen Wittwen mit ihren todten Männern verbrannt wurden, eine schreckliche und barbarische Sitte, die nichts desto- weniger als eine heilige angesehen wurde. Am 8. Dezember 182» erließ der englische Lord Bentinck als Vertreter Eng lands in Ostindien ein Verbot gegen diese lebendige Verbrenn ung und seit der Zeit hat die sonderbare heilige Handlung wenn auch nicht ganz ausgehört, so doch sich verringert. 9. Dezember. Am 9. Dezember 1887, also vor 25 Jahren, starb Johann Nikolaus von Drevse, der Erfinder des Zündnadelgewehres. 1829 konstruirte Drehse das Zündnadelgewehr mit Einheits patrone, d. h. Patrone, Uw Zünder und Ladung darin ist, und präsentirte es dem preußischen Kriegsministerium. Das Ganze war aber noch Vorderlader, man ließ die Patrone von der Münd ung aus hinunter rutschen. 1836 erfand Drehse Hinterlader, Zündnadelgewehr und vollkommene Zündmasse. 1840 erhielt er Austrag auf 60,000 Gewehre für die preußische Armee. 1849 bewährten sich diese Gewehre in Baden rc. und 1850 er hielt er Auftrag für die ganze Armee. 1884 wurde Drehse geadelt. Verlorenes Glück. Novelle von C. Wild. (8. Fortsetzung.) „Sie werden jetzt verstehen, daß ich mißtrauisch geworden bin und mit argwöhnischen Blicken mein junge« Weib betrachte; daß ich fürchte, auch dieses halbe Kind könne mich betrügen und täuschen, wie mich meine erste Frau betrogen. Oft, wenn sie mich mit ihren sanften, kindlich frommen Augen ansieht, da meine ich, ich müsse sie in meine Arme nehmen, an mein Herz ziehen und ihr Worte der Liebe sagen, dann aber kommen wieder die quälenden Zweifel. — Glauben Sie, daß Valentine treulos sein könne?" Bei dieser hastig hervorgestoßenen Frage erbleichte Harriet; tiefer Schmerz malte sich in ihren schönen Zügen, aber dennoch sagte sie: „Nein!" Müde und klanglos war der Ton ihrer Stimme, bleich und bebend ihre Lippen, die dieses kleine Wört chen stammelten. Mit ei schreckender Gewißheit em pfand ihr stolzes Herz: Du bist verschmäht, um dieser kleinen, unscheinbaren Frau willen! „Wenn ich glauben, wenn ich vertrauen könnte!" sagte Roland, kann strich er über die glühende Stirn und reichte Harriet die Hazid. „Lassen wir die Vergangenheit hinter unS; ver gessen Sie die heutige Unterredung und den Moment, ra Sie mich schwach gesehen." Nach kurzem Wege hatten sie RolandSeck erreicht; Roland« erste Frage war nach seiner Krau. Die gnädige Frau, hieß c«, sei mit Herrn Will- nau den Weg zur Waidburg gegangen. Roland nahm sich kaum Zeit, gegen Harriet eine flüchtige Entschul digung heivorzudringen, ihn trieb e« den Beiden nach. Mit flammensprühendcn Blicken, gleich einem strafenden Rächer stand er da, seine bestürzte Frau und den überraschten Willnau verachtungsvoll messend. „Da« ist zu viel!" rief er mit starker Stimme. „Ich habe lange genug geschwiegen, viel länger, als ich sollte." „Um Himmelswillen, Roland, was ficht Dich an?" rief Willnau erschreckt. Ein zorniges Lachen war die Antwort. „Du fragst noch? Glaubst Du, ich wäre blind, um nicht zu sehen, wie Ihr Beide mich zu hintergehen sucht? Also das ist mein treuer Freund, meine schüchterne, kleine Frau mit dem kindlichen Gcmüthe! Darum also konntest Du heiter und gesprächig sein, wenn Willnau in Deiner Nähe weilte. Natürlich, die Nähe des geliebten Mannes wirkt immer anregender, als die des verhaßten Gatten!" „Roland, halt ein!" Valentine war es, die diese Worte mit fester, gebieterischer Stimme gesprochen hatte. Sie winkle Willnau, daß er sich entferne; dann erhob sie sich von ihrem Sitze, stolz trat sie dem erregten Galten entgegen. „Dein Urtheil ist hart und ungerecht," sprach sie; nicht der leiseste Hauch verrieth in diesem herben, rauhen Tone die süße,.sanfte Kinderstimme Valen- tinenS. Nicht wie eine Gerichtete, wie eine Richterin stand sie da ; ihr Blick ruhte ernst und fest auf dem Antlitz des Manne«, der ihr die schwerste Anklage in« Gesicht schleuderte, die ein Gatte seiner Gattin gegenüber thun kann. Die weichen Züge des Kinderantlitzes waren mit einem Male starr und unbeweglich geworden, als hätten sie da« Haupt der Medusa erblickt; in diesem Momente schien eS, als sei die kleine Frau um Jahre gealtert. „Du verdammst, Du verurthcilst, ohne eigentlich zu wissen warum, weShalb? — Weißt Du überhaupt, ob ich im stände sei, zu lieben? Hast Du es je ver sucht, in mir ein wärmeres Gefühl zu erwecken?" „Valentine!" Sie erhob abwehrend die Hand. „Laß mich reden! Ich bin kein Kind mehr, kein unselbsttiändiges Wesen, wie Du bisher geglaubt hast. Der Schmerz hat mich gereift. Was vielleicht Jahre nicht zu stände gebracht hatten, da« war das Werk weniger Monde. — Ja, als ich Dein Haus betrat, war ich ein Kind, da« wußtest Du, und dennoch nahmst Du mich zur Frau! Ich kam zu Dir mit vertrauendem Herzen; ich sah zu Dir auf, als zu meinem Beschützer, meinem Herrn und Gebieter. Ein wenig Wohlwollen, ein wenig Güte würde mich zur glücklichsten Frau gemacht haben, mehr verlangte ich ja nicht. Aber nicht« von alledem wurde mir zu theil; ich war Dir nicht mehr, als eine bezahlte Dienerin de« Hauses. Du hattest mich bloß gcheirathet, um für Deine Tochter eine Gefährtin zu haben. Ich gab Dir Alle«, was ich hatte, meine Jugend, mein Lebensglück, mich selbst — was gabst Du mir hin gegen? Nichts, nichts als einen Namen, die Be rechtigung, Deine Frau heißen zu dürfen, ohne die Rechte einer solchen. — Hast Du nie daran gedacht, daß auch in meinem Herzen einmal die Sehnsucht er wachen könne, zu lieben, wieder geliebt zu werden? Meintest Du, ich müsse ewig an Deiner Seite als starrer Automat daherschreiten, als die gefügige Puppe Deines Willens? Hast Du vergessen, daß das Herz jedes Menschen einmal im Leben seine Auferstehung feiert; daß in jedem beseelten Wesen das Verlangen rege wird, sein innerstes Denken und Fühlen mit einer gleichgestimmten Seele zu vereinen, Leiv und Freud mit dem geliebten Gegenstände zu tragen —" „Valentine!" „Laß mich," fuhr sie tief aufathmend fort — „ich habe oft gehört und gelesen, daß man öfter lieben kann; ich könnte nur einmal lieben. Aber diese« eine Mal fürs ganze Leben, über den Tod, über daS Grab hinaus! So hast Du geliebt, Roland, ich mache Dir keinen Vorwurf daraus, die Lebende stand weit hinter der Todten zurück. Als ich Deine Frau wurde, hatte ich keine Ahnung, daß eS immer so sein würde — ich fügte mich dennoch darein; ich fand es sogar be greiflich — gab es doch nichts, was die Wagschale zu meinen Gunsten hätte senken können; ich schwieg und duldete, ich begnügte mich mit den Brosamen der Freundlichkeit, die Du mir zukommen ließest; ich war zufrieden, die Letzte in dem Hause zu sein, wo ich die Erste sein sollte. Du hast nie ein Wort der Klage von mir gehört, — heute klage ich Dich an. Du forderst Treue von mir, und doch hast Du nie etwa« gethan, um Anspruch darauf erheben zu können. Hast Du je ein liebende« Wort, einen liebevollen Blick für mich gehabt? Nie, nie! Kalt und gleich gültig bist Du an mir vorbeigegangen, weder Liebe gebend, noch Liebe heischend. Hättest Du daS Recht, mir Vorwürfe zu machen, wenn ich, einem ungestümen Herzensdrange Folge leistend, einen andern liebte, wenn ich, alle« vergessend, mich widerstandslos dieser Liebe hingegeben hätte? Du bist gegen andere mild und nachsichtig, prüfe noch, überlege, wer in einem solchen Falle die größere Schuld hätte; die treulose Gattin oder der Gatte, der e« nie versucht hat, in dem jungen Herzen wärmere Gefühle für sich zu er wecken. Ich kann Dir offen und frei in« Auge sehen; mich drückt keine Schuld. Du bist kein betrogener Gatte, kein Hintergangener Freund. Wa» Herr von Willnau für mich fühlt, ist Mitleid, Freundschaft, — Liebe gewiß nicht! Er ist der einzige unter Euch allen, der da« Demüthigende, Drückende meiner Stellung sah, der mich ander« beurtheilte, als Alle. Ich bin ihm dankbar, unendlich dankbar dafür und werde e« bleiben; das ist das einzige Gefühl, da« ich für ihn gehegt und stet« hegen werde. Dankbarkeit gegen an dere ist keine Pflichtverletzung; meiner Pflicht gegen Dich hin ich stet« treu geblieben. Ich bin zu Ende; thue, wa« Tu willst, ich werde mich Deiner Entscheid ung fügen." (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Hamburg. Al« am Sonnabend Abend ein hiesiger Geschäftsmann den Spielbudenplatz passirte, wurde er plötzlich von einem jungen Mädchen um armt und geküßt. Mit der Entschuldigung, sich in der Person geirrt zu haben, entfernte sich dann da« Mädchen. Gleich darauf machte der so Ueberraschte die unangenehme Entdeckung, daß ihm die silberne Uhr von einer Taschendiebin au« der Tasche ge stohlen war. — Grauenhafter Mord. Am Freitag Abend nach 8 Uhr brannte eine auf der Westseite der Stadt Lützen liegende Strohfeime. In der Nähe derselben wurden auf dem srischgcfallenen Schnee große Blut flecken bemerkt. Man ging der Spur nach und fand in der brennenden Feime die Leiche einer jungen weiblichen Person mit zertrümmertem Schädel. Da» Gesicht war fast vollständig verkohlt, ebenso die Kleid ungsstücke. An einem Arme befand sich ein Armband. Weitere Ermittelungen ergaben, daß der Mord zwischen den Scheunen am Ellerbacher Wege begangen worden ist, woselbst bei einer großen Blutlache ein Hammer gesunden wurde. Die Ermordete ist die 17 jährige Näherin Anna Rothe, Tochter eines Lützener Brief trägers. Dieselbe war die Geliebte des 20 Jahre alten Tischlergesellen Bernhard Lieber, dessen Eltern das Licbesverhältniß nicht billigten; erst Freitag Vor mittag hatten sie ihm wieder ernste Vorhaltungen ge macht. Am Abend hatte er das Mädchen, welches tagsüber in einer Lützener Familie gearbeitet hakte, zum Spaziergange adgcholt, eS an den bezeichneten Ort geführt und dort erschlagen. Dann hat er die Leiche in die nahe Strohfeime geschleppt und dieselbe ange- zündek. Nach einem am Mittag des 3. Dezbr. in Lützen eingegangenen Telegramm meldete sich der Mörder auf dem Bahnhofe zu Halle bei der Polizei und gab an, in einem Getreidediemen bei Lützen seine Braut, die 17 Jahre alte Anna Rothe erschossen zu haben. Da seine Mutter seiner Verheirathung mit dem Mädchen entgegen war, hätten sie auf Anregung der Rothe beschlossen, gemeinschaftlich zu sterben, doch habe ihm dazu der nöthige Muth gefehlt, sich selbst zu erschießen. — Stade. In einem kleinen Orte in der Nähe von Stade saß vor einigen Tagen ein Ehepaar ge- müthlich am warmen Ofen. Da wird an die Thür gepocht und herein tritt ein Fremder, der auf die Frau zugeht und sie fragt: „Kennst Du mich nicht mehr?" Die Frau wird beim Anblick des Fremden und beim Klange seiner Stimme bleich wie der Kalk an der Wand und vermag, da sie einer Ohn macht nahe ist, nicht zu antworten. Endlich hat sie sich so weit erholt, daß sie auf die Frage ihres Gatten: „Wer ist denn das?" erwidern kann: „ES ist mein erster Mann." — Dieser, ihr erster Mann, halte sie vor mehreren Jahren verlassen; da erhielt sie die Nachricht, er sei in Hamburg gestorben. Sie reiste dorthin, wo auf ihren Wunsch acht Tage nach dem Bcgräbniß die Leiche ihres Mannes, wie sie wähnte, exhumirt wurde. Sie leistete darauf den Schwur, der Verstorbene sei wirklich ihr Mann ge wesen und erhielt anstandslos den Todtenschein. S» hat nun die Frau, nachdem sie seit zwei Jahren wie der verheirathet ist, zwei Männer. Der zweite Mann war sogleich bereit, seinem Vorgänger die Frau zu rückzugeben, dieser lehnte aber ganz entschieden ab. — Landsberg a.W. Daß man mit dem Ben - z i n nicht vorsichtig genug sein kann, beweist folgender Fall. Der Lehrling eines hiesigen Droguisten ent fernte damit aus seinem Rock einen Fleck. Kurz da rauf kam ihm ein anderer Gehilfe mit einem brennen den Lichte zu nahe und im Nu stand der Rock in Flammen. Der Lehrling hat bedeutende Brandwun den davon getragen. -- Vergiftung an der Table d'hote. Ein Lieutenant, der am 28. November in einem der Ber liner vornehmen Hotels zu Mittag speiste, wurde beim Essen eines Brötchen« von plötzlichem Unwohlsein be fallen. Da er sofort Verdacht schöpfte, daß die Schuld an dem Backwerk liege, so wurde der Gerichtschemiker l)r. Bein hinzugezogen, um eine Untersuchung de» erst theilweise verzehrten Weißbrötchen» vorzunehmen. E« stellte sich heraus, daß in dem Brote sich mehrere Gramm eine« PhoSphorteige« befanden, die nach dem Urtheil de« Sachverständigen beim vollständigen Ge nuß de« Brötchens genügt hätten, den Offizier zu tödten. Der Gerichtschemiker l)r. Bein veranlaßte, daß auch die anderen noch vorhandenen Brötchen vorläufig von der Tafel entfernt wurden. E« ist an-