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— Die freie Vereinigung sächsischer Ortskranken kassen plant bekanntlich die Errichtung von Heim stätten für Genesende. Jetzt versendet der Vor stand der Ortskrankenkasse Dresden al» Vorort der genannten Vereinigung einen Aufruf, in dem hervor gehoben wird, daß die Thätigkeit der Krankenkassen sich nicht nur darauf erstreckt, Krankheiten zu beseitigen, soweit die» ärztlicher Wissenschaft möglich ist. Der Aufruf betont, daß Vorsorge getroffen werden muß, den von schwerer Krankheit genesenen Arbeiter vor allzu früher Wiederaufnahme seiner BerufSthätigkeit und der dadurch bedingten Gefahr des Rückfalls und reS dauernden SiechlhumS zu schützen. ES sei in vielen Fällen dringend nothwendig, dem Genesenden Gelegenheit zu geben, sich von der eben überstandenen Krankheit noch einige Wochen zu erholen, bevor er seine Werkthätigkeit wieder aufnimmt. Dies soll durch die Beschaffung von Gencsungsanstalten ermöglicht werden. Zur Gründung solcher Heimstätten bedarf eS natürlich außerordentlicher Mittel. Wenn trotzdem die freie Vereinigung sächsischer Ortskrankenkassen sich da» Ziel gesteckt hak, die Errichtung von Heimstätten für Genesende anzustrcben, und zwar mindestens je eine für den Bezirk einer Kreishauptmannschaft, so bat sie geglaubt, dabei nicht ungehört an die Mile- lhätigkeit der Bewohnerschaft SachsenS appelliren zu dürsen. Die Ortskrankenkasse Dresden richtet daher an die Gemeindebehörden Sachsens, wie auch an jeden Einzelnen die Bitte, durch Gewährung von Beiträgen mitzuhelfen an dem menschenfreundlichen Werke der Errichtung von Heimstätten für Genesende. Beiträge nehmen sämmtliche sächsische Ortskrankenkassen ent gegen. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. Wenn der Mensch Pech hat, läuft er unversehens seinem Todfeind in die Arme. Das passirte auch dem tapferen Richard Löwenherz, König von England, als er bei seiner Rückkehr von dem, übrigens sehr überflüssigen Kreuzzug aus Palästina durch einen Sturm an die Küste von Dalmatien verschlagen und von seinem persönlichen Feinde, dem Herzog Leopold von Oester reich, am 20. Dezember 1192, also vor 700 Jahren, gefangen genommen wurde. Es war just kein Kunststück, einen Schiff brüchigen gefangen zu nehmen und auch keine weitere Heldeu- that, den Gefangenen an Kaiser Heinrich VI. auszuliesern. Dieser setzte Richard aus Burg Trifels bei Annweiler gefangen und hier hat Richard in 14 monatlicher Haft, bis er mit 100,000 Alk. Silber ausgelöst wurde, gar manche seiner Sün den, wie sie in seiner im Grunde gewaltthätigen und rauhen Natur begründet waren, abgebüßt. Das Ausfinden des ge fangenen Königs durch den treuen Sänger Blondel ist bekannt und vielfach besungen und dramalifirt worden. 21. Dezember. Erst vor 25 Jahren trat Oesterreich vollständig in die Reihe der Staaten, die ihren Völkern eine Verfassung gaben: denn erst ani 21. Dezember 1807 sanktionirte der Kaiser die sich an die Februarverfassung anschließenden sechs Staatsgrund gesetze, welche betrafen: Reichsvcrtretung, allgemeine Rechte der Staatsbürger, Einsetzung eines obersten Reichsgerichtes, Ausübung der Regierung«- und Vollzugsgewalt, Behandlung der allen Theilcn der österreichischen Monarchie gemeinsamen Angelegenheiten. Durch diese Grundgesetze wurde die V'rsass- ung in freisinnigem Geiste ergänzt und als unumstößlich hin gestellt. In keinem anderen civilisirten Staate, — denn Ruß land ist als civilisirt doch Wohl nicht mit zu rechnen, — hat man sich so schwer und so langsam zu der Ueberzcugung durch gerungen, daß die Staatsbürger außer ihren Pflichten auch Rechte beanspruchen dürften, wie in Oesterreich. Weihnachten im Gebirge. Von Friedrich Bücker. (Fortsetzung.) Wie ein goldener Faden zog sich dann die Liebe zu ihm durch ihr ferneres Leben und sie fand einen süßen Trost in den Briefen, die er ihr im ersten Jahr nach seiner Abreise zeitweilig sandte. Von da ab hörten die Nachrichten über ihn auf und sie grübelte darüber nach, warum er wohl nicht mehr schriebe. Wollte oder durfte er nicht schreiben? Mußte er schweigen, weil er nicht mehr reden konnte? DaS waren die Fragen, die sie sich vorlegte. Doch auch in den Jahren, in denen er still war, blieb ihr sein Bild vor Augen. Und dieses Bild sah sie in Glas nnd Rahmen, nicht klein, wie man e« an die Wand hängt — denn von ihm gab es noch kein Bildniß — sondern groß, in Lebensgröße hinter den Spiegel scheiben und in den Rahmen des Schaufensters, wo er sie so gern beobachtete, wenn sie im WeihnachtSmonat im Laven als Christkind Geschenke vertheilte. So männlich schön, so ernstheiter, so voll strotzender Ge sundheit stand Fritz Günther vor ihr. Gewachsen wie ein Kriegsgott, ruhte auf seinen breiten Schultern ein edelgesormter Kopf, der von einer Mähne langer schwarzer Haare umflossen wurde, die ein wenig gelockt, auf Achsel und Rücken sich hin- abringelten. Diese üppige Haartracht gab ihm das Ansehen eines Simson, und wenn sie seine markigen Glieder in Betracht zog, konnte sie sich wohl auch die Körperkraft dieses alttestamentlichen Herkules vergegen wärtigen. Seine buschigen, stark geschweiften Brauen beschatteten ein große», sonnenklare» Auge von reh brauner Farbe. Da« zweite Auge deckte eine schwarze Binde, die quer über Wange und Stirn lag. Was war mit diesem zweiten Auge geschehen? Lag e» auch wirklich »och unter der Binde? Nein, Fritz Günther hatte e» eingebüßt, al« er einst sein Herzblatt, seine ange betete Elisabeth von einem Verfolger befreite. Dieser Verfolger, der soeben gefühlt hatte, daß Fritz Günther» Hand schwer auf ihm ruhen könne, griff, wahrend er mit einem ZorneSschrei zurücktaumelte, feige nach einem spitzen Stein und gleich einem Dolch flog dieser unheilvoll in da» linke Auge des Geliebten, daß e« verloren war. Und diesen ihren heldenhaften Geliebten, der sein Auge um sie verloren und dann über- große Wasser nach jenem Lande fuhr, wo man mehr als anderswo zwei Augen braucht, um durchzudringen, nannte idr Vater einen einäugigen Künstler, der hier nichts Rech tes werden konnte? Nun war die Liebe erst recht für die Ewigkeit ge festigt ! * * * ES wurde laut und vernehmlich an die Villa ge klopft. So herrschte also doch noch Verkehr in dieser im Winter fast unzugänglichen GebirgSeinsamkcit? O gewiß, der Verkehr ist an zwei Wochentagen, rem Dienstag und Freitag, sogar ein reger zu nennen. Nickt weit von der Villa führt der xohe, beschwer liche Pfad vorüber, der die beiden nächsten nnd größten, am Nord- und Südfuße de« Gebirge« liegenden Ort schaften im Winter verbindet. Während die Ort schaft am Südfuße des Gebirges durch ihre Metall- waarenindustrie florirt,- erfreuen sich die Fleischwaaren der entgegengesetzt liegenden Stadt eines lebhaften Absatzes. Ein Trupp Frauen, mit hohen Körben auf dem Rücken, wandert regelmäßig, so sehr auch daS Wetter dräuen mag, in der Richtung von Süden nach Norden über das Gebirge, um Fleischwaaren Heimzutragen. In der Dunkelheit des Winterabends geht e« durch enge Felsenpässe und an hohen Klüften hinweg, und wo die Fetsen vom Eise glatt und abschüssig sink, er leuchten Handlaternen dürftig den beschwerlichen Pfad. Regelmäßig treten dort, wo die Villa am nächsten liegt, zwei Frauen aus dem Zuge heraus und folgen der Richtung, wo das Licht winkt. So findet das laute und vernehmliche Klopfen an die Villa seine Erklärung. Auf das bekannte Signal bin ließ Elisabeth ihre Arbeit ruhen und eilte in den Hausflur, um zu öffnen. Frau Werner hingegen beeilte sich mit dem heißen Kaffee und legte große Butterbrote neben die dampfen den Tassen. Dann traten die beiden schlichten, abge härteten Frauen mit ihren hohen, schweren Körben in die warme Stube, legten die Last an den Trag gurten nieder, setzten und labten sich. Hierauf ging eS an« Erzählen und AuSpackcn der Maaren. »Ihr geht doch vor Weihnachten noch einmal überS Gebirge?" »Ja, den Dienstag noch, und da soll ich denn deutlich ausgeschrieben den Namen mitbringen, sowohl von der Madame als auch von dem Fräulein!" er widerte die jüngere der Frauen. Seit Wochen und Monaten hatten die Gebirgs frauen den beiden Bewohnern der Villa treue Dienste geleistet, und doch kannten sie den Namen derer noch nicht genau, denen sie dienten. „Nun, Ihr wißt dock, gute Frauen, daß wir Werner heißen?" sagte Elisabeth und prüfte das Waldarbeits- Konto, da« die Frauen ihr überreicht hatten. „Ja, der Name „Wärmer" genügte nicht und dann weiß man ja auch nicht, wie« geschrieben wird. Wir können ja nicht schreiben." „Wer fragte Euch denn nach unserm Namen, und wer wollte, daß er deutlich ausgeschrieben werde?" fragte Elisabeth gespannt. „O, ein gar vornehmer, schöner großer Herr mit Schultern breit wie unser Tragkorb," antwortete die Aeltere. „Wo habt Ihr ihn denn getroffen?" fragte jetzt Frau Werner. „Bei Herrn Walther, dem wir die Waldsachen bringen. Wie der fremde Herr sich über die schönen Sachen freute und wie er sie anschaute! Er kommt von, von . . . nun, wo kam er denn her, Hanne?" Die Frage galt der älteren Gebirgsfrau. „Vom Engelland," sagte die jüngere zur ältern. „Vielleicht von Amerika über England?" fragte Fräulein Werner hastig und mit pochendem Herzen. Diese Frage war den schlichten GebirgSsrauen ganz unverständlich. - „Wir sind soweit nicht bekannt!" meinten sie. Nun aber mußten die Frauen noch eine ganze Reihe von Fragen beantworten trotz der Eile, die sie hatten, denn sie mußten jetzt allein den beschwerlichen Weg machen. Die Andern waren längst über die Berge wcitergegangen. Alle Einzelheiten, welche die GebirgSsrauen noch über den fremden Herrn berichteten, wurden von Elisabeth wie Dinge von höchster Wichtigkeit ausge nommen. Frau Werner warf zwar immer dazwischen: „Er ist e« nicht! Wo denkst Du hin, mein Kind," aber die Tochter ließ sich nicht stören. „Warum hat denn Herr Walther dem Herrn den Namen nicht selbst ausgeschrieben?" meinte die eine der Frauen, der da« Fragen zu viel von der kostbaren Zeit raubte, ganz richtig. Darauf konnte wieder Elisabeth nicht« antworten. Herr Walther wußte Vor- und Zunamen der Ver fertigen» der Waldsachen, aber er war auch von Elisa beth schriftlich ersucht worden, über den Ursprung der Waldarbeiten nicht« verlauten zu lasten. Herr Walther hatte diese Zusage auch schriftlich gegeben, al« er mit Elisabeth Werner in Verbindung trat. Hatte der Herr rin verbundene« Auge?" Die GebirgSsrauen saben fich bei dieser neuen merkwürdigen Frage verwundert an und verneinten. „Er hatte zwei große Rehaugen," meinte die jüngere, gesprächigere GebirgSfrau. „Fielen auf seine breiten Schultern lange, schwarze, lockige Haare?" „Nein, ein schwarzer Krauskopf war'S." Die Frauen stellten jetzt ihre Körbe auf den Tisch und befestigten die Traggurte. „Du hörst doch, daß er eS nicht sein kann; halte doch die guten Frauen nicht länger auf," wendete mit sanftem Vorwurf die Mutter ein. „Ich werde auch nur noch wenig fragen, liebe Mutter!" Und sich wieder zu den Frauen wendend, fuhr ste fort: „Was sagte denn Herr Walther, als der Herr ihn fragte, wer die Sachen gemacht hätte?" „Er sagte, sie kämen vom Christkind!" „Und wie faßte das der Herr auf?" „Sag' Du, Hanne, wa« machte da der Herr? Er lhat so merkwürdig." „Ich weiß auch nicht mehr, was er lhat. Wir müssen aber jetzt gehen." „Noch eins, holt Ihr auch Dienstag den Zettel mit dem Namen?" „Den holen wir und nun gute Nacht." (Schluß folgt.) Vermischte Nachrichten. — Versteigerung eines Löwen. Wie auS Halle gemeldet wird, hat der dortige Gerichtsvollzieher Petschick einer im Walhalla Theater daselbst gastirten Künstlerin einen dressirten Löwen nebst einem Pferd und einem Hund abgepfändek und nach dem VerkausS- local schaffen lassen. ES wird leider nicht mitgetheilt, in welcher Weise der Diener des Gesetze« da« immer hin nicht leichte Geschäft des Versiegelns bei dem Löwen ausgeführt hat. Da aber dabei kein Unglück passirt ist, muß man annehmen, kaß da« Thier mit der Dressur von seiner Herrin auch den Respekt vor dem Siegel angenommen hat. Hoffentlich erweist sich der Löwe bei ter im Gasthof „Zur Stadl Berlin" in Halle statlfindenden Versteigerung ebenfalls als ein gesittetes Thier, wiewohl nicht zu verkennen ist, daß durch diese gerichtliche Prozedur seine Erziehungs grundsätze auf eine sehr Harke Probe gestellt werden. — Gestiefelte Hunde. Seit einem Monat giebt es neben dem aus dem Märchen bekannten ge stiefelten Kater auch gestiefelte Hunde. Englische Besitzer von Luxushunden haben nämlich ihren Hun den Stiefel aus Gemsbockleder mit Juchtensohlc an fertigen lassen, die die Thiere zur Regenzeit und wenn die Straßen kothig sind, anlegen müssen. Die Hunde kommen also nicht mehr mit dem Schlamm der Straße in unmittelbare Berührung und können jetzt die Wohnzimmer betreten, ohne die Spüren ihrer Schritte und Tritte auf dem blankgewichsten Parkett zurückzulassen. In London sollen, wie ver sichert wird, sich bereits zahlreiche Hundeschuster etablirt haben. Es muß ein köstliches Schauspiel sein, die „Azorl", „Mopp'l", „Dack'l" und wie die interessanten Vierfüßler sonst noch heißen, mit ihren Stieselchen durch die Straßen traben zu sehen. — Etwas Neues. Kaufmann (entrüstet): „Gestern erst ließ ich Sie hinauscxpediren und heute kommen Sie schon wieder!" — Reisender: „Sie haben mich gestern hinauswerfen lassen mit Strümpfen und Socken — heute komm' ich aber mit Kragen und Manschetten!" Bei Kopfschmerzen, hervorgerufen durch gestört« Ver dauung (Verstopfung) haben sich, wie aus den zahlreichen Em pfehlungen und Anerkennungen ersichtlich, die ächten Apotheker Richard Brandt's Schweizerpillen (erhältlich L Schachtel M. I.— in den Apotheken) seit 12 Jahren als das sicherste, angenehmste und zuträglichste Mittel erwiesen. Ltandrsamtliche Nachrichten »an Schönheide vom 11. bis 17. Dezember 1882. Geboren: 33«) Dem Buchhalter Gustav Gitnnel hier Nr. 468 8 1 T. 337) Dem Bürstenfabrikarbciter Louis Adolf Mothes hier Nr. 124 I T. 338) Dem Bürstenfabrikarbeiter Franz Ludwig Petzold in Ncuhcide Nr. 27 8 I S 339) Dem ansässigen Horndrechsler Reinhard Hofmann hier Nr. 284 8 I L. 340) Dem Wollwaaren-Drucker Friedrich Wilhelm Ge nscher hier Nr. 453 I T. 341) Dem Bürstenfabrikarbeiter Richard Mädler in Neuheide Nr. 29 1 T. 342, Dem Waldarbeiter Johann Spitzner hier Nr. 215 I S. 343) Dem Wollwaaren- Drucker Friedrich Hermann Baumann hier Rr. 62 1 r. 844) Dem Eisengießer Max Julius Möckcl in Schönheiderhammer Nr. 2 1 T. Aufgeboten: 54) Der Tischler Friedrich Robert Scheffel hier Nr. 32 mit der Wirthschaftsgehilfin Anna Marte Bau mann hier Nr. 287. Eheschließungen: Vacal. Gestorben: 269) Des ansässigen Handarbeiters Hermann Moritz Unger hier Nr. 359. Sohn, Paul Richard, 7 I. 7 M. 270) Des Kaufmanns Max Friedrich Wehnert hier Nr. 252, Tochter, Johanne Lina 7 M. 271) Christiane Caroline Wil helmine Möckel geb. Harnel hier Nr. 214 81 I. 6 M. 272) Des Gemeinde-Rendanten Carl Emil Nestler hier Nr. 324 Tochter, Olga Irma Emmv, 7 I. 273) Die unverehelichte Näherin Clara Seidel in Schönheiderhammer Nr. 26 I« I. 274) Der Waldarbeiter Heinrich Ludwig Schott in Schön heiderhammer Nr. 31 58 I. 6 R.