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— Auerbach, 9. Dezbr. Die dem hiesigen Meldeamt zugetheilte Ordonnanz wurde heute Nach mittag erschossen in der Agst'schen Scheune aufge funden. Der von der Hand de« Unglücklichen fest- gehaltene Revolver enthielt noch einen Schuß. Di« Motive zum Selbstmord sind unbekannt. Der Ge nannte wurde bereit« seit dem 30. v. M. vermißt. (Eingesandt.) Ein hiesiger Großindustrieller, der nicht genannt sein will, hat dem Vereine gegen Armennoth und HauSbettelei 20 Mark zu Weihnachtsgeschenken für Arme überwiesen. Herzlichen Dank dem Geber. Kus »ergangener Zeit — kür unsere Zeit. tS. Dezember. . Kaiser Ferdinand II., ein ebenso despotischer und blut dürstiger, als beschränkter Mann hat es aus dem Gewissen, daß er das intelligente, angesehene und wissensreiche Böhmen zu einer Stätte des Fanatismus und der Unwissenheit degra- dirte. Am 13. Dezember 1821 erließ der Kaiser, einer der unheilvollsten Fürsten aller Zeiten, eine Verordnung zur Unter drückung der evangelischen Kirche und Religion in Böhmen, Das wäre nun an sich nichts so Unnatürliches und Gewalt- thätiges für die damalige Zeit gewesen ; aber die Ausführung der Verordnung entfachte de» großen Völkerbrand, de» wir unter dem Namen des dreißigjährigen Krieges kennen. Alle protestantischen Geistli-ben wurden aus Prag verbannt und obwohl sogar der Papst di« Lutheraner geschont wissen wollte, bestand der Kaiser, weil ihn sein Gewissen verbinde, alle Ketzer auszurotten, auf der völligen Austreibung der Protestanten. Alle und jede Freiheit in religiöser Hinsicht, — und das war damals gleichbedeutend auch mit politischer und wirthschastlicher Freiheit, — sollte für immer und radikal auSgerottet werden. „Die Zucht schlug auch so trefflich an", schreibt ein Historiter, „daß man nach einem Menschenalter das kühne, geistreiche Volk der Böhmen nicht mehr wieder erkannte und daß sie bis aus den heutigen Tag in der Geschichte bedeutungslos geblieben. 14. Dezember. Niemals waren die Fürsten Europas so sehr aus „Euro pas Ruhe" bedacht, als in jener Zeit nach den Befreiungs kriegen, in der man mit Aengstlichkeit jede freiheitliche Regung, jedes freie Wort als revolutionär zu unterdrücken bemüht war. Vor Allem zeichnete sich der Kaiser Alexander I. von Rußland, der selber nur durch die Revolution aus den Thron gekommen war, bei der Unterdrückung der Revolutionen aus; ihm ging der „rechtmäßige" Herrscher über Alles, auch wenn er denselben als eine Plage der Unterthanen anerkennen mußte. Unter seiner Leitung kam der Fürstenkongreß zu Verona zusammen, der am 14. Dezember 1822 seine Berathungen beendete. Er beschloß die Unterdrückung der Revolution in Spanien und Zurücksührung des Königs Ferdinand, eines so tief gesunkenen, verhaßten und unfähigen Menschen, daß neben ihm jene Männer, die mit ihrer Tyrannei so ost das schöne Spanien ruinirten, noch als ausgezeichnet erscheinen. Der Fürstenkongreß selbst verachtete den König gründlich und doch beschloß er seine Zu rückführung, um nur ja nicht gegen das legitime Prinzip zu verstoßen. Auch die Griechen, die als Christen sich gegen die muselmännische Brutalität und Unterdrückung erhoben, wurden unter das Joch des Sultans, als ihres „legitimen Herrschers", zurückbeordert und in Neapel und Sardinien, wo di: Herrscher ähnlich wie in Spanien Wirthschafteten, sorgte man auch in gleicher Weise für „Ruhe." So hatte denn Europa Ruhe und von jener schönen Zeit her mag auch das schöne Lied stammen: Europa hat Ruhe, Europa hat Ruh und wenn Europa Ruh hat, so hat Europa Ruh. Verlorenes Glück. Novelle von C. Wild. (Fortsetzung und Schluß.) X. G e st ä n d n i s s e. Mit gefalteten Händen und gesenkter Stirn harrte die junge Frau der Entscheidung des Gatten. Jetzt, nachdem sie die Anklage ausgesprochen hatte, war ihre Erregung geschwunden; still, bescheiden und demüthig stand sie da, als sei sie nicht mehr dasselbe Wesen, daS eben noch so muthig für seine Unschuld eingetreten war. In Roland» Zügen spiegelte sich «in heftiger Kampf, Balentinens Worte hatten ihn tief getroffen. Er war zu gerecht, um nicht zu fühlen, daß sie Diejenige sei, die sich zu beklagen habe; daß er in der Selbstsucht des Schmerzes das junge Wesen an sich gekettet, um seinem Kinde eine gute, liebende Mutter zu geben; er hatte unedel, egoistisch gehandelt, und dennoch, hätte ihn nicht eine gewisse Sympathie schon damals an das junge Mädchen gefesselt, nie würde er es je zu seiner Frau gemacht haben. Balentinens bescheidenes Auftreten, ihre Selbst losigkeit hatten Roland dazu gebracht, sie als ein un bedeutendes Wesen anzusehen. Aengstlich war er bemüht gewesen, jede wärmere Regung für die kleine Frau zu unterdrücken, er wollte keinen Treubruch gegen die Verstorbene begehen! Da kam langsam die Eifersucht in sein Herz; wann eigentlich dieses Gefühl Platz in seiner Seele gefunden, darüber konnte er sich selbst nicht Rechen schaft geben, eS war plötzlich da, trübte den edlen, stolzen Sinn und raubte ihm jede freie Urtheilskrast; da» war eine bittere, böse Zeit! Lag sie nun hinter ihm, hatten Valentinen« Worte alle Zweifel zerstreut? Sie hatten cS, die stolze, ruhige Haltung der jungen Frau allein sprach schon für die Wabrheit de» Ge sagten. Mit dieser imponirenden Sicherheit, mit dieser klaren, freien Stirn trat keine Schuldige vor ihren Richter! Wie Heller Jubel drang cS durch Roland» Seele. Wenn er da« rechte Wort fand, wenn sie ihm ver gab, wenn sich alles zum Guten wandte, konnte er dann ra« verlorene Glück wiererfinben? Plötzlich wieder überfiel ihn eine heiße Angst; wenn er sein Glück verscherzt, verloren hätte für immer, wenn Valentine ihn nicht lieben könnte? .Valentine,' sagte er mit dem ganzen Wohllaut seiner klangvollen Stimme, „Valentine, die Entscheid ung liegt in Deiner Hand; ich bin der Gerichtete — ich habe an Dir gesündigt und gefrevelt ; ich habe Dich verkannt — willig nehme ich alle Schuld auf mein Haupt, Deine Vorwürfe sind wahr und gerecht. Ich will sühnen, ich will büßen, Valentine, nur raube mir nicht die Hoffnung auf Deine Vergebung." — Er hätte hinzusetzen mögen .und auf Deine Liebe," aber wagte diese Bitte der schwer gekränkten Frau gegenüber noch nicht. Valentine fühlte, daß seine Augen mit dem Aus druck heißer Bitte sich aus ihr Antlitz hefteten. .Ich habe nicht» zu vergeben," sagte sie leise, .die ungeliebte Frau hat keine Rechte!" „Die ungeliebte! Aber die geliebte, die innig ge liebte?" Valentine sah auf, beide Hände an da» stürmisch klopfende Herz gepreßt. .Die geliebte, die geliebte?" wiederholte sie mit zweifelnder Frage. .Die geliebte Valentine! Ich hatte Dich lieb ge wonnen, ganz allmählich, aber mein Mißtrauen, meine Eifersucht ließen diese Liebe nicht offenbar werden; ich wollte Dich nicht lieben, ich stritt dagegen, denn ich wollte nicht zum Zweiten Male betrogen sein." .Zum zweiten Male?" fragte sie zagend. .Das Andenken an die Verlorene war ja allein Dein Glück; Du hattest sie nur körperlich verloren, geistig nie." „Laß Dir Alle» sagen." Willenlos ließ sich die junge Frau zu einem Sitze führen. Roland nahm an ihrer Seite Platz und ihre Hand in der seinen haltend, begann er seine Erzählung. Wie anders klangen jetzt seine Worte, al» im Walde, da er zu Harriet gesprochen! Wohl flog ein trüber Schatten um seine edle Stirn, wohl klang ein leise« Beben durch seine flüsternd gesprochenen Worte, als er von dem Verrathe der jenigen sprach, die er einst über Alles geliebt, aber um die düstern Schalten der Vergangenheit spann die Hoffnung ihre goldenen Fäden, und aus den Augen, die sich immer wieder aus die lieblichen Züge Valen tinen« hefteten, leuchtete die Zuversicht auf eine glück spendende Zukunft. Er halte geendet, seine nervige Rechte umfaßte fester die Hand seiner Frau, doch diese wurde ihm rasch entzogen; zwei weiche Arme legten sich um seinen Nacken und eine süße Stimme flüsterte halb von Thränen erstickt: „Roland, wenn meine Liebe Dir das verlorene Glück wiederbringcn kann, so nimm sie hin, ich will Dir ein treues, gutes Weib bleiben —" sie konnte nicht weiter reden, unter Thränen barg sie das Haupt an seiner Brust. Er hob das liebliche Gesichtchen empor und sah ihr tief in die Augen. „Jst'S nicht nur ein weiche Regung des Augen blicks? Ist es nicht nur das Mitleid mit dem ge täuschten Manne, der Dich weich stimmt? Liebst Du mich wirklich?" „Ueber Alles!" „Meine süße, süße Valentine!" Der ernste Mann preßte die zarte Gestalt leiden schaftlich an sich, tausend heiße LiebeSworte entström ten seinen Lippen, und was die Worte nicht sagten, da« sprachen die Küsse, die glühend auf Balentinens Lippen brannten. Arm in Arm schlugen sie den Heimweg an, tausend süße Geheimnisse flüsterten die Lippen und in beider Blicken leuchtete eine unendliche Seligkeit, sie hatten sich ja für immer gefunden! Unterdessen begrub die stolze Harriet ihren Traum von einem Glück, wie sie cs in ihrem leidenschaft lichen Empfinden geträumt, ersehnt und nicht erreicht hatte. Mit zuckendem Herzen durchdachte sie die ganze Bitterkeit der vergangenen Stunde; ihr Auge blickte trübe, ihre Wange war bleich und in das schöne, stolze Gesicht hatte der Schmerz seine Zeichen mit scharfem Griffel gegraben. Aber der Schmerz hatte diesen leidenschaftlichen Charakter nur zu beugen, doch nicht zu brechen vermocht. Sie entsagte, weil sie mußte; darüber zu Grunde gehen, da» wollte sie nicht. Sie mußte auch ohne Roland weiter leben können, sie mußte ihm zeigen, daß sie die« konnte, er sollte nicht glauben, sie sei durch ihn unglücklich geworden; jene unglückselige Stunde im Walde durfte nicht in seinem Gedächtnisse fortleben. Bester, er glaubte, ihre Worte seien die Ausbrüche einer überreizten Mävchenphantasie gewesen, als er die Ueberzeugung gewann, daß die stolze Miß Har riet an einer hoffnungslosen Liebe ladorire. XI. Errungen. In dieser Stimmung traf sie Willnau. Dieser freute sich. Miß Harriet endlich einmal allein zu begegnen, eine so günstige Gelegenheit konnte nie mehr wiederkommen; nach dem Vorgesallenen drängte e« ihn, auch die Gastfreundschaft Roland« nicht länger mehr in Anspruch zu nehmen. Vielleicht gelang e» ihm, jetzt noch ein Hoffnungs wort für die Zukunft zu erhaschen. Die erschütternde Szene im Walde, da« Kämpfe« " und Ringen der stolzen Seele mit der leidenschaft lichen Liebe hatten da« sonst so unzugängliche Mäd chen weicher gestimmt. Als Willnau von Liebe zu ihr sprach, irrte ei« schwache« Lächeln um ihren bleichen Mund — », wenn sie nur diese» Wort nicht mehr hören müßte! Müde lehnte sie da» Haupt in die Kiffen de» Fauteuils zurück, aber sie schwieg und wehrte seine« Worten nicht. Für Willnau war die« Schweigen eine gute Vor bedeutung . Er sprach lange und eindringlich; wie im Traum rauschten seine Worte an ihrem Ohre vorbei, sie wußte kaum, wie ihr geschah, al» er ihre Hand an seine Lippen drückte und sie seine Braut nannte. Hatte Sie „Ja" gesagt? Hatte sie wirklich ein gewilligt, die Seine zu werden? Sei e« drum, durch diesen Schritt brach sie mit der Vergangenbeit; al« die Gattin eine« Andern mußte sie vergessen lernen! Valentine und Roland fanden bei ihrer Heimkunft ein Brautpaar. Als Roland das bleiche, schöne Gesicht der Braut streifte, zuckte sie nicht mit ter Wimper; marmvrkalt hob sie tie blauen Augen zu ihm empor. Willnau war glücklich, überglücklich ; er wich nicht von der Seite seiner Braut, er überhäufte sie mit tausend kleinen Aufmerksamkeiten, die sie mit der Ruhe einer Statue entgegennahm, aber Niemand ach tete dessen, war man doch diese stolze Unnahbarkeit von ihr gewöhnt. ES war eine schwere Prüfung für Harriet, da glückliche Paar in seiner Seligkeit täglich und stünd lich vor sich zu sehen, und sie begrüßte die Ankunft ihres Vaters als eine Erlösung. Mit einem Gefühl der Erleichterung nahm sie von Allen Abschied, denn sie selbst hoffte, daß Entfernung das beste Mittel sei zu vergessen. Die Stolze hatte sich nicht getäuscht ; fern von dem Manne, der daS Ideal ihrer Mavchenträume ge wesen, lernte sie Willnaus Werth schätzen, und als sie nach Jahresfrist seine Gattin ward, da konnte sie da» bindende „Ja" am Altäre leichten Herzens sprechen, denn für daS Wahnglück, da« sie verloren, hatte sie reine, treue Liebe gefunden. Vermischte Nachrichten. — Soldatenrache. Es giebt leider, so schrei ben die „Bert. Reuest. Nachr.", noch immer Leute, welche die Last der Manöver-Einquartierungen die armen Soldaten empfinden lassen. Solchen Wirthen wird dann von den Betreffenden gern ein gewiß ent schuldbarer Streich gespielt, der nach dem Grade der Feindseligkeit des WirtheS gesteigert wird. Entweder findet der Wirth nach dem Abmarsch an dem Hof- thor eine sinnige Inschrift, wie „Hungerthhphus", „Hotel zum hungrigen Wolf", „Gasthof zum filzige« Knickstiefel" oder dergleichen, oder er muß tagelang nach irgend welchen Wirthschaftsgeräthen suchen. In den allerschlimmsten Fällen aber, wenn der Wirth den Soldaten sogar widerrechtlich Kochholz und Koch raum verweigert, dann gehen die Grenadiere an die Bereitung ihres „Leibgericht«". Auf dem Hausflur wird ein Feuerchen angemacht, bei dem ein Grenadier nach dem andern sein Leibgericht bratet, einen Häring, aber nicht in Butter, sondern in Petroleum. Da aber die Grenadiere mit dem Braten in der Regel nicht recht Bescheid wissen, lassen sie den Leckerbissen regelmäßig verkohlen und kommen so um den „Ge nuß". Bei diesem Verfahren entwickelt sich ein ganz wunderbarer Duft, der durch alle Ritzen zieht, sich in die Kleider, Betten und Haare setzt und von einer mindestens vierwöchentlichen Dauer ist. Ein HanSwirth, bei dem sich die Grenadiere ihren Häring gebraten haben, ist in der Regel gründlich curirt und wird der freundlichste Wirth, den man sich nur wün schen kann. In der Gegend von Rheinsberg soll eS in diesem Jahre zum Braten des Leibgerichts ge kommen sein. — Eine schöne Geschichte. Ein Lehrer, der 6—8jährige Kinder zu unterrichten hat, ist mit seinem Pensum 10 Minuten vor Schluß der Stunde fertig geworden und fragt nun, um die Zeit auszufüllen: „Wer von Euch erzählt un« jetzt geschwind noch eine schöne Geschichte?" Nach längerem Stillschweigen meldet sich ein kleiner Knirp» und beginnt: „Gestern ist Vater betrunken nach Hause gekommen und da hat die Mutter gesagt: DaS ist eine schöne Geschichte I" — Mißverstanden. Lieutenant (zu seinem neuen Burschen): „Hör' mal, e« scheint mir. Du verstehst mich nicht recht: Wenn ich im Dienst bin, nennst Du mich Herr Lieutenant, bin ich aber in Gesellschaft, nicht „Herr Lieutenant", sondern lieber „Herr Graf!" Wie nennst Du mich also in Gesellschaft?" — Bursche: „Lieber Herr Graf!" — Kindermund. Der vierjährige Kurt ru mort fürchterlich in der Stube umher, ohne Rücksicht auf eine Dame, die sich gerade zum Besuche daselbst aushält. Endlich gebietet diese dem Kleinen Ruhe. Der aber ist ganz perplex, er weiß nicht, ob er die Autorität der Fremden anerkennen muß, und endlich »erd. Du «es« tern ton,! erklä mir.' wißb einsck kann: da« Wer anbei Geld Ivnx vitk ft<)U8< teren rer8 8pom 8.^ in re billig' 3« «mpfel allen Herr mit Le räthig kri r eine i Seide Ges> wir Hb Mandi loschen LtiP Leben« Verein Subdsi