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sich bei ihnen vielfach selbst ein schroffer Wechsel der politischen Gesinnung vollzogen. Die politischen An schauungen der kleinen Kaufleute hielten sich früher meisten» in dem Rahmen der gemäßigten Parteien: Extreme nach recht« und link» waren der Mehrzahl verhaßt. Heute kann man jedoch immer häufiger die Beobachtung machen, daß die kleinen Kaufleute bei den Bestrebungen de» Antisemitismus eine sehr scharf hervortretende Stellung einnehmen; manche von ihnen sind sehr weit nach links, bis in die Reihen der Sozialdemokratie verschlagen. Es ist keine Frage, daß die wirthschaftliche Lage dieser bürgerlichen Er werbskreise seit geraumer Zeit oft keine glückliche ist. Aus den gedrückten wirthschaftlichen Verhältnissen vieler kleinen Kaufleute und ihrer Meinung, der Staat zeige zur Besserung derselben nicht genug Ent gegenkommen, erklärt sich ihre Unzufriedenheit, ihr politischer Gesinnungswechsel. Aber eS ist gänzlich verkehrt, von dem Einfluß der Parteien und der Re gierung Alles, von der eigenen Kraft und Einsicht jedoch nur wenig zu erwarten. Sehr zeitgemäß weist jetzt die Handelskammer in Dresden auf gewisse Uebelstände hin, aus denen man schließen kann, daß vielfach weder der Staat noch die Parteien die Ver antwortung für mißliche Verhältnisse in ihrem Er werbskreise tragen. Die Handelskammer erwähnt in ihrem Jahresbericht, daß der Wettbewerb unter den kleinen Kaufleuten in erschreckender Zunahme begriffen sei. Er werde veranlaßt durch zahlreiche Neugründ- ungen von Geschäften mit häufig ganz ungenügendem Kapital. Ebenso oft sei auch die Erfahrung der Be gründer gänzlich unzureichend. ES bestehe in diesen kaufmännischen Kreisen geradezu ein Drang nach ver frühter Selbstständigkeit. Vielfach sei dann der ge schäftliche Zusammenbruch nach kurzer Dauer unver meidlich. Durch diese Verhältnisse werde aber das kaufmännische Proletariat vermehrt und auch die poli tische Unzufriedenheit, die in gänzlicher Verkennung der Sachlage Staat und Parteien anklagt. Locale und fächfische Nachrichten. — Eibenstock. Eine allgemeine Klage bildet der auch in unserer Stadt in fühlbarer Weise auf getretene Wasserm angel, der in den Wasserläufen wie in den Trinkwasser-Ouellen gleich groß ist, da dieser Monat noch nicht die geringsten Niederschläge auszuweisen hat. Ein Bericht im „Chemn. Tgbl." läßt sich über diese Kalamität folgendermaßen aus: In verschiedenen Gegenden des Landes, namentlich im Erzgebirge, ertönen Klagen, daß infolge des se-t Mo naten anhaltenden Regenmangels sich eine nachlheilige Trockenheit geltend macht. Quellen und Brunnen ver stechen, Teiche trocknen vollständig au«, die Gebirgs bäche und kleineren Flüsse bilden so dürftige Wasser läuse, daß die daran liegenden Fabriken in ihrem Be triebe sehr beschränkt sind. Für manche Orte könnte eine ausbrechende Feuersgefahr verhängnißvoll werden, da das zum Löschen nöthige Wasser fehlt. Allerdings ist die Zeit, in welcher Sachsen nicht hinreichend Regen empfangen hat, schon recht andauernd. Sie begann bereits im Juni. Während der drei Sommermonate erhielt man von nur etwa der gewohnten Regen menge. Der September lieferte reichlichere, doch nicht nachhaltige Niederschläge. Der Oktober brachte es nur auf die Hälfte der normalen Menge und im November ist bis jetzt daS Maß so dürftig wie selten ausgefallen. Während der ganzen Zeit ist nur am 31. August ein wirklich starker Regen niedergegangen. Um einen Ueberblick über die Regenverhältnisse in ganz Sachsen zu gewinnen, sind für die letzten fünf Monate die Niederschlagshöhen von elf Stationen zusammcngcstellt worden. Es ergab sich, daß der Juni nur an vier Stellen etwas zu reichlich, an den anderen aber zu geringe Niederschläge gebracht hat. Juli und August hatten überall nur Fehlbeträge auf zuweisen. Für den September entfielen auf sechs Stationen ein wenig zu hohe Ziffern. Der Oktober blieb durchweg zu trocken. Im Allgemeinen sind also Juli, August und Oktober die trockenen Monate ge wesen, schlimmer wird aber der November, wenn nicht bald sehr ergiebige Niederschläge kommen. Unter den einzelnen Stationen hat Freiberg den größten Fehl betrag aufzuwcisen, der geringste trifft Plauen i. V. und Zittau. Dars man die Messungen der erwähn ten l l Stationen, die in Sachsen ziemlich gleichmäßig vertheilt liegen, zu einer Durchschnittsziffer für das ganze Land benutzen, so würde sich sagen lassen, daß Sachsen in den letzten fünf Monaten nur etwa 70 Prozent der Regenmenge, die erwartet werden durfte, erhalten hat. — Unter der Uebcrschrist: .Attentatversuch oder Mystifikation?" bringt der .Leipz. General- Anzeiger" Folgendes: Vorigen Dienstag lief Abends bei der hiesigen Post ein Geldbrief, Inhalt mit 20 Mk. deklarirt, ein, al» Adressat war ein Herr Krause, Grimmaische Straße 17, 2. angegeben. Der angeb liche Geldbries wurde am Mittwoch früh mit der ersten Bestellung auSgetragcn. Da dem Briefträger jedoch bekannt war, daß die zweite Etage de» fraglichen Hauses nur von dem Besitzer de« Hause», Herrn Apotheker Marsson, bewohnt wird, zog er zunächst in der in den Parterreräumlichkeiten gelegenen Salo- monisapotheke Erkundigungen ein. Da jedoch hier sestgestelll wurde, daß ein Herr Krause in dem Hause gar nicht wohne, wurde der Brief al» unbestellbar zurückgebracht und behufs Ermittelung de» Absenders geöffnet. Hierbei stellte sich nun heraus, daß der Brief — mit Zeitungspapier gefüllt war. Dieser Umstand, sowie die Analogie mit den früheren Fällen, daß nämlich die Frühbestellung gewählt war, führen zu der Vermutbung, daß abermals ein Attentat ge plant war. Unterstützt wurde der Verdacht noch da durch, daß sich in der ersten Etage des betreffenden Hauses ein dunkler Gang befindet, der ganz gut zur Aussührung eine« Attentates geeignet erscheint. Im Interesse der Untersuchung haben wir eine Erwähnung dieses Falles so lange unterlassen, da sich jedoch mittlerweile heransgestellt hat, daß das Ganze mög licherweise aus eine Mystifikation der Post hinausläuft, nehmen wir keinen Anstand, diese Mittheilung zu veröffentlichen. — Die .Lcipz. Ztg." weist mit ziemlicher Sicher heit nach, daß der sächsische Grundbesitz zu etwa oder 2/, seines Zeitwerthe« mit Hypotheken belastet ist und daß diese Belastung weit stärker wächst als die Grundsteuer-Einheiten, da« heißt mehr als das Einkommen aus dem Grundbesitze. Bedenk lich ist diese Erscheinung zwar auch für den städtischen, namentlich großstädtischen Grundbesitz, bei dem der Grundstücksertrag den gewöhnlichen Hhpolheken-ZinS- fuß nicht unwesentlich übersteigt, noch vielmehr be denklich aber für den ländlichen Grundbesitz, dessen Ertrag hinter dem durchschnittlichen Hypotheken-Zins- fuß in den meisten Fällen zurückbleibk. Da« unver- hältnißmäßige Anwachsen der Belastung muß noch mehr zur Abhilfe mahnen. Sollte man sich nicht veranlaßt sehen, dem von Friesen'schen Entwürfe zur Gründung einer staatlichen Bodenkredit-Anstalt näher zu treten? — Von dem Deutschen Generalkonsul zu Amster dam ist der Handels- und Gewerbekammer Plauen ein Verzeichniß von Schwindelfirmen in den Niederlanden mit dem Bemerken zugegangcn»daß Fälle, in welchen deutsche Geschäftsleute die Opfer leicht sinnigen Kreditgebens geworden sind, in erschreckender Weise zugenommen haben. Das Verzeichniß liegt auf dem Bureau der Kammer zur Einsicht aus. — Reichenbach i. V. Es vergeht jetzt fast kein Tag, daß nicht Amerika-Auswanderer auf der Rück reise nach ihrer österreichischen Heimath, besonders Böhmen und Ungarn, den hiesigen Bahnhof passiren. Nach Aussage derselben hätten sie e« in ihrer Hei- maih viel schöner gehabt, al« sie eS in Amerika ge sunden hätten und bereuten es, ausgewandert zu sein und soviel Geld verreist zu haben; es würden noch viel mehr wieder zurückkehren, wenn sie da« Geld zur Rückreise hätten. — Hammerbrücke. Am vergangenen Buß tage entstand hier, vermuthlich durch Funken aus der Locomotive veranlaßt, ein Wald brand, der bei dem herrschenden Sturme und der fast unmittelbaren Nähe des Hochwaldes hätte sehr bedeutend werden können. Durch herbeigeeilte Bewohner und Bahnarbeiter wurde man nach anstrengender Arbeit Herr des Ele mentes. Da an der betreffenden Stelle nur Moor boden anzutreffen ist, so mußte, da sich das Feuer diesem leicht brennbaren Stoff mittheilte und lange fortglimmte, die darauffolgende Nacht durch Bahn arbeiter gewacht werden. Der Herrschaft Falkenstein, auf deren Revier der Brand stattfand, ist jedenfalls immerhin ein nennenSwerthcr Schaden entstanden. 12. Ziehung 3. Klasse 122. Lai. Zächs. Landes-Lotterie, gezogen am 21. November 1892. 15,000 Mark auf Nr. 7785« »5010. 5000 Mart auf Nr. 3882 17852 20332 45353. 3000 Mark auf Nr. IS4 5287 78«5 »080 10891 13772 157K4 1501I 21851 25830 28741 27542 27850 2»8»I 28828 31803 33384 35280 38784 38427 37818 38817 44381 44834 50584 51405 55584 80058 82003 64703 88356 7074« 72388 73887 74444 78372 81738 83488 83448 84238 88200 80857 00403 87228 98118. 1000 Mark auf Nr. 5758 «001 8014 8001 II487 11585 11827 17885 18404 I8II8 2II07 24482 28381 28041 28880 38888 40741 40340 42204 43224 48738 47428 47084 50482 51448 51088 51384 53287 55173 58037 «0857 61344 61854 65818 65252 88861 70382 74755 74324 74885 77027 78483 78855 70837 78170 82344 84105 80841 84796 95691 95336. 500 Mark auf Nr. 1955 2891 8059 8232 12554 I2I34 13701 14069 15599 16119 18753 18838 18819 20600 21998 30058 30113 31678 32077 34808 34609 37IS4 37484 40752 40452 41415 42308 43362 43851 46124 47002 50290 53897 54501 57408 58139 «2720 64521 65554 «9813 71393 72457 73993 81537 82990 83438 83705 84338 84022 84892 85250 86817 87581 89150 92554 83231 83444 94149 95828 98145. ZOO Mark aus Nr. 18 1524 1160 2155 3890 5835 6558 6988 6379 7856 8840 8843 9159 10303 II569 12458 >2091 13283 14574 14890 17235 I732I 180^2 18287 18183 18934 19745 19458 19244 21480 22585 22462 23723 23055 25799 28183 26220 30830 34184 38780 37781 3787« 38268 38682 38875 40024 40069 45616 45548 48001 48294 50478 51680 52452 53286 55943 56914 56729 59585 58058 80419 61780 62179 83331 «5188 «6151 «7433 «7722 «8217 «8585 «8389 69777 68789 70044 7II33 74948 74189 74061 74461 76178 77188 77IS8 78190 78801 80115 80623 81011 8570« 8517« 87812 8887« 88344 89«30 89838 90014 80293 91152 92942 93855 94662 95745 97940 98185 98749. 13. Ziehung, gezogen am 22. November 1892. 150,000 Mark auf Nr. «1214. 15,000 Mark auf Nr. 30«4I 4918«. 5000 Mark aus Nr. 406 ««92 52253 83481. 3000 Mart auf Nr. 917 2321 5559 5520 5481 10395 IK500 1802« 18794 20793 22899 25001 2602« 29702 29137 29752 30464 31375 38088 41818 42689 42631 4321*7 45188 47562 51330 54820 «77K8 «7948 «9562 72850 739k» 743SS 75771 78«4« 79471 84133 93»81 83034 99071. 1000 Mart auf Nr. 1203 2525 4378 4815 988« 1083« 14778 15445 18848 20529 202K9 21982 21433 26727 31688 35224 37026 38406 45807 48782 48095 50954 51063 54847 55353 55653 57180 85608 «7847 «9341 71237 73057 7300« 73879 77537 79840 83105 88782 95158 85171 99842. 500 Mark aus Nr. 2084 3717 4024 7282 93«0 U959 II9I8 13199 15794 18318 2IIII 21283 238II 24284 27238 27687 38452 41118 4I0I2 43681 48448 49864 50030 50732 52855 54023 55402 58336 «2124 «2887 «3501 «4610 65342 68888 «8529 88362 «9820 70809 78328 80872 82185 87S64 87828 89563 91023 92871. ZOO Mark auf Nr. 471 IK29 3430 3270 «358 7380 8081 8400 827» 88K8 9778 8523 9325 I03I2 10230 10488 II80S 13874 13838 I583I 17259 18303 18802 19580 2I75I 21485 22595 24275 24547 25971 27884 28040 30577 31220 3183« 31914 31012 32450 3314» 33278 3327« 38152 3774« 37241 38»32 38177 39468 39929 39033 40993 40347 40125 41129 44533 44824 4402» 44638 45037 45823 48228 46346 47453 47833 47813 48310 48877 49453 49814 49288 50490 50752 50042 51903 52433 54149 55420 55527 56283 58191 56887 56257 57695 57390 57648 57028 58438 60852 60082 6182« «1850 61122 61757 «2323 62337 «3837 «3564 «40:3 84358 64013 6553» 86530 «6485 6K76I 67453 87715 «9406 «8316 72580 74739 76400 79472 80421 81884 82780 82880 82923 82801 8350« 84570 84885 85390 88553 87184 87221 89888 89845 90801 80899 9151? 91020 81827 92120 83488 94822 94112 94208 95820 95547 98682 98739 96010 97435 98088 98677 9988« 99403. Lus vergangener Zeit — für unsere Zeit. 24. November. (Nachdruck verboten) Einen gewichtigen deutschen Ton, vielleicht den ersten für die große Oefsentlichkeit, der sofort die Energie des Mannes zeigte, sprach Bismarck an, 24. November 1882, also vor 30 Jahren, zu dem Kursürsten von Hessen. Dieser Fürst traurigen Angedenkens, ganz und gar noch in mittelalterUchcn Ideen be fangen, glaubte anscheinend, ein Fürst brauche gegebene Ver sprechen nicht zu halten. Zwar hatte der Kurfürst sich endlich den Bundestagsbeschlllssen gefügt und versprochen, nach der Versassung zu regieren; allein es fiel ihm nicht ein, den Staats haushalt den Ständen vorzulegen, wie er verpflichtet war. Gegenüber diesem Konflikt mit dem Hessenvolke ohne Ende nahm Bismarck am genannten Tage das Wort und drohte, die preußische Regierung werde gegen den Kurfürsten mit Ge walt vorgehen und Kurhessen besetzen lassen, wenn der Kur fürst nicht endlich Vernunft annehme. Diese Sprache half. Wenigstens nahm nun auch Oesterreich Veranlassung, dem Preußens alleiniges Vorgehen nicht angenehm sein konnte, dem Kursürsten den Kops zurecht zu setzen und äußerlich trat in Hessen Ruhe ein. Jndeß bestand auch fernerhin niemals ein wirkliches Einvernehmen zwischen Fürst und Volk und letzteres weinte ersterem, als er unfreiwillig von der Bildfläche ver schwand, keine Thräne nach. 25. November. Die wirklich edlen und tüchtigen Menschen mögen zu gut für diese Erde sein; denn sic gehe» allzurasch dahin, woher keine Wiederkehr. Zweifellos hatte das schöne, aber auch von Revolutionen so arg durchwühlte Spanien endlich einen König, der es ehrlich und gut mit dem Lande meinte, in Alfons XII,, der ja auch in Deutschland durch seinen Besuch bei Kaiser Wilhelm I. in gutem Angedenken steht. Aber erst 28 Jahre alt, am 25. November 1885. mußte der junge Monarch sterben. Seit 7 Jahren nun regiert für den minderjährigen Thronerben die Königin Wittwe und, wie man sagen muß, mit außerge wöhnlichem Geschick. Denn gewiß will es in einem Lande, wie Spanien, viel heißen, daß eine Ausländerin (Oesterreichcrin) überhaupt sich an der Regierung so lange zu halten vermag. Verlorenes Glück. Novelle von C. Wild. (5. Fortsetzung.) Nun begriff Valentine, warum ihr dieses Gemach verschlossen geblieben war — sie athmete tief auf. „Sich so geliebt zu wissen, das ist mehr als Glück, das ist die höchste Seligkeit," flüsterte sie. Aber nun ins Boudoir; sie mußte den Raum be treten, den die schöne Frau bewohnt und der ihr Lieblingsaufenihalt gewesen war. Doch ihr fehlte der Schlüssel; Valentine erinnerte sich jetzt erst, daß Frau Bärmann ihr erzählt hatte, Roland pflege den Schlüs sel stets bei sich zu tragen. Suchend sah Valentine umher, da — die kleine Tapetenthür — das war der Eingang in das so sorglich gehütete Heiligthum und — der Schlüssel steckte im Schlosse! Die junge Frau stürzte zur Thür, mit hastiger Hand öffnete sie dieselbe — sie stand in dem Boudoir. V. DaS geheimnißvolle Boudoir. Ein gedämpftes Licht drang durch die verhüllten Fenster, rosiger Schein lag überall auf den blaßrosa tapezirten Wänden, auf dem schweren Rosadamast der Möbel, nur ihr Gesicht schaute ihr gespensterbleich aus dem großen Venetianer Spiegel entgegen, der fast die eine Wand des Boudoir» einnahm. Mit verhaltenem Athem und auf den Fußspitzen schritt Valentine vorwärts; sie meinte, die Nähe der blendenden Frau zu fühlen, deren Bild auch hier in lockender Schönheit auf sie herabsah. Auf dem kleinen Schreibtisch, der ein Meisterstück der Schnitzarbeit war, lag noch die Feder, mit der die schöne Frau geschrieben; ein Fach de» Schreib tische« stand noch halb offen, ganz so, wie sie eS ver lassen. Um Valentinen» Lippen zuckte e» schmerzlich. „Seine Pietät für die Todte scheint keine Schranken zu kennen," flüsterte sie, „er muß sie unendlich ge liebt haben." Eine Art wilden Zorn» überkam die sonst so sanfte Frau. „Ich bin doch auch gut zu ihm, ich pflege sein Kind, wie e» die eigene Mutter nicht besser könnte, und dennoch —" sie ballte krampfhaft die Hände; kaum wissend, wa» sie that, ging sie auf den Schreibtisch zu. In kindischem Trotze nahm sie die Feder in die Hand, um sie in die Mitte des Gemache» zu schleudern, dann zog sie da» halboffene Fach heran» und wühlte in den darin befindlichen Papieren.