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.Aber — * .Bitte, bitte." Die dunklen Augen blickten ihn so wehmüthig an, .daß ihn ein tiefe» Mitleid überkam. .Ich werde schweigen," sagte er. Al« Harriet in den Wald gegangen war, schritt sie langsam dahin, die gießen, schönen Augen träu merisch ins Weite gerichtet. Gar seltsame Gefühle bewegten ihre Brust. Ihre Bernunft — und Miß Harriet konnte sehr vernünftig denken — befand sich in einem lebhaften Widerstreite mit ihrem Herzen. Sie liebte. Harriet war keine zagende, unentschiedene Natur; sie verheimlichte sich keines ihrer Gefühle, im Gegen- theile, sie sondirte und zersetzte so lange, bis sie den wahren Grund gefunden hatte. Sie war auch jetzt nicht im Zweifel über das Ge fühl, das in ihrem Herzen Raum gefunden. So straf bar dieses Gefühl auch sein mochte, sie hatte es keinen Augenblick vor sich zu verleugnen gesucht — sie liebte Roland! Der Keim zu dieser Liebe ruhte seit langem in ihr, er war mit ihr ausgewachsen und groß geworden. Harriet war in einer Schweizer Pension erzogen worden und deshalb stets vom elterlichen Hause ent fernt gewesen; persönlich lernte sie daher Roland bei ihrer Ankunft kennen. Aber seinen Namen hatte sie oft anSsprechen hören; sie wußte von Rolands glühen dem Liebeswerben um seine erste Frau, sie wußte von den Kämpfen, die er bestanden, um die Geliebte als sein Weib heimführen zu können, und in ihren stillen Mädchenträumen wob sie einen Verklärungsschimmer um sein Haupt. Sie trauerte mit ihm, als sie den herben Verlust erfuhr, den er erlitten, und oft stand sie sinnend vor seinem Bilde, um sich zu fragen, ob eS ihr denn nie vergönnt sein würde, in das männ lich schöne Antlitz zu blicken, dessen Züge für sie einen unendlichen Reiz boten. Eher als sie gedacht, wurde ihr dies heiß ersehnte Glück zu Theil; freilich war ein trauriges Ereigniß die Veranlassung dazu. Harriet vergaß aber alles, als sie vernahm, sie solle ein Zeitlang unter dem Dache und Schutze Rolands leben. Harriet hatte von Roland« zweiter Heirath ver nommen, ein jäher Scbnzerz hatte bei dieser Nachricht ihre Brust durchzuckt; wie mußte diese Frau beschaffen sein, um ihn seine erste glühende Liebe vergessen zu machen!? Wie überrascht war Harriet, als ihr Valentine, die kleine, zarte Frau, das halbe Kind, enkgegentrat — so hatte sich das stolze Mädchen Rolands Frau nicht gedacht! Diese« sanfte, schüchterne Wesen — Harriet« Lippen sträubten sich, Valentine den Namen .Frau" zuzuerkennen — konnte unmöglich Rolands Liebe besitzen, — eine Art Mitgefühl erfaßte sie, sie konnte nicht eifersüchtig auf Valentine sein, und wenn Roland tausendmal rücksichtsvoller und zärtlicher gegen sein junges Weib gewesen wäre, als er es in der That war, die bescheidene, schüchterne Valentine war keine Nebenbuhlerin für sie. Harriet schritt tiefer und tiefer in den Wald hinein. Unwillkürlich waren ihre Schritte rascher und lebhafter geworden. Sie gedachte des Momentes, da sie Roland zum ersten Male Äug' in Äug' gegen über gestanden, da seine volle, klangreiche Stimme zum ersten Male an ihr Ohr gedrungen. Dieser eine Augenblick war für sie entscheidend gewesen; in jäher Flamme schlug die Leidenschaft in ihr empor, alle Vernunftgründe zu Nichte machend. DaS äußerlich so kalte, unnahbare Mädchen trug die glühendste, leidenschaftlichste Liebe für den Gatten einer Andern im Herzen. Harriet hemmte plötzlich ihren raschen Schritt. Tritte waren an ihr Ohr geklungen, sic fühlte, wie ihr eine heiße Röche ins Gesicht schoß — wenn er cs wäre?! Einige Augenblicke später sah sie ihre Ahnung bestätigt — Roland stand vor ihr. .So allein. Miß Harriet?" begann er nach höf lichem Gruße. .Ihre Gattin fühlt sich ermüdet und der kleinen Lucie Gesellschaft will ich sie nicht berauben." .Und Willnau?" Ein kaltes Lächeln flog über HarrietS Gesicht. .Herr v. Willnau war für mich unsichtbar", ver setzte sie, .auch weiß ich nicht, ob ich nicht das Allein sein seiner Gesellschaft vorgezogen hätte. Er spricht mir zu viel." Roland lachte leise. Wie gut dieser freundliche Zug dem schönen Antlitz stand. „Willnau ist eine lebhafte Natur," sagte er, .ich dachte. Sie würden mit ihm Harmoniken. Sie mit Ihrer ernsten, stolzen Natur bilden ein vortreffliches Pendant zu ihm, bekanntlich ergänzen sich Gegensätze." .Im vorliegenden Falle bitte ich eine Ausnahme zu machen," entgegnete sie mit stolz gekräuselter Lippe, .diese lebhaften Temperamente sind mir nicht sonder lich sympathisch." Roland suchte da« Gespräch in andere Bahnen zu lenken. .WaS war der eigentliche Zweck Ihre« Spazier- jzange«?' .Ich hatte kein Ziel," war Harriet« Antwort; .es wird wohl Zeit zur Heimkehr sein, Walden« haben ihren Besuch für den Abend gemeldet." (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Ueber die Nachtheile und Gefahren der elektrischen Belenchtnng auf See dampfern hat, wie der .Gesundheits-Ingenieur" berichtet, da« Institut der englischen Seeversicherungen Untersuchungen angestellt, welche ergeben haben, daß einerseits die Dynamo-Maschine selbst mit den in den Leitungen vorhandenen Strömen dem Schiffs- kempaß gefährlich ist; andererseits soll auch die Feuers gefahr eine größere sein. Es wird darauf hinge wiesen, daß die Dynamomaschine nicht nur direkten Einfluß auf einen in ihrer Nähe befindlichen Kom paß auSübt, sondern auch die Eisenmassen in der Umgebung magnetisirt unv so indirekt die Kompaß angaben beeinträchtigen kann. Zur Minderung dieser Gefahr wird empfohlen, die Dynamo« möglichst ent fernt vom Kompaß aufzuslellen und die Einwirkung des elektrischen Stromes durch sorgfältige Jfolirung der Drähte aufzuheben. Die Jfolirung soll dauernd eine hohe Widerstandsfähigkeit besitzen und sowohl den wechselnden Temparaturen, wie auch der Feuch tigkeit de« SalzwasserS Stand halten. Hinsichtlich der FeuerSgefahr wird besonders auf die Petroleum schiffe aufmerksam gemacht. Da beim Ein- und Aus schalten der Lampen immer an der Schaltungsstelle Funken entstehen, die den Ansammlungen brennbarer Gase in manchem Schiffsraum gefährlich werden können, so wird empfohlen, auf Petroleumschiffen die Lichter immer am oberen Deck oder doch an Orten anzubringen, die von den möglicherweise mit Gasen angefüllten Räumen weit entfernt sind. — Ein seltenes Vorkommniß. Daß ein Vater ein oder zwei Söhne in einem Jahre der Militärbehörde zur Gestellung bringt, ist keine große Seltenheit. Daß aber ein Mann in einem Jahre vier Söhne, und zwar alle aus einem Jahrgange, zur Gestellung bringt, dürfte wohl nicht allzu oft vor kommen. Dieser Fall trifft bei einem Manne zu, der in Osann bei Wittlich (Rgbz. Trier) wohnt. Der Mann, Namens Jacob Müller, ist Maurer geselle und keineswegs mit Glücksgütern gesegnet. Seine Frau gebahr ihm, wie die „Coblenzer Volks zeitung" berichtet, am 10. Januar und am 30. De zember 1873 jedes Mal zwei Söhne, welche heute kräftig und gesund sind und sich im nächsten Mär; bei der Aushebung stellen müssen. Dem Vernehmen nach beabsichtigen alle vier, freiwillig einzutreten. — Spandau. Ein großer Hund gewahrte kürz lich, wie der .Anz. f. d. Havelland" erzählt, von der Straße aus in dem Schaufenster eines Modewaaren- geschäfts einen ausgestopflen Eisbären. Wuthent- brannt wollte er das vermeintliche Raubthier angreifen und sprang mit voller Wucht auf das Thier los. Er donnerte dabei gegen die große Spiegelscheibe des Schaufensters, die indeß stark genug war, um den Ansturm des Hundes auSzuhaltcn. DaS Thier prallte zurück, eS erhob sich aber zum zweiten Sprung, na türlich mit demselben Mißerfolg. Noch mehrere Male unternahm der Hund den fruchtlosen Angriff; ganz erschöpft ließ er schließlich von dem gehaßten Gegner ab und entfernte sich knurrend. — Im südlichen Stadttheil Berlins stieg kürzlich, so erzählt ein Mitarbeiter der .T. R.", an einer Haltestelle der Pferdebahn eine etwa l 9jährige Dame in den Wagen, nahm in der Mitte Platz und entrichtete ihr Fahrgeld. Gleich darauf rief sie er schrocken aus: „Mein Ring ist verschwunden, ich habe meinen Verlobungsring verloren!" Die Theilnahme der Fahrgäste, es waren meist Herren, wandte sich der Dame zu. Sie erklärte bestimmt, sie müsse den Ring eben erst mit dem Handschuh abgezogen haben, da sie ihn beim Fortgehen noch am Finger gehabt habe und ihn unmöglich sonst verloren haben könne. ES begann ein allgemeines Suchen; der Schaffner leuchtete den Fußboden ab, die Herren untersuchten die Sitze, schüttelten ihre Mäntel, — Alle« war um sonst, der Ring ward nicht gefunden. Die weinende Braut war trostlos und versicherte immer wieder, der Ring müsse im Wagen sein; der Werth sei ihr ganz gleichgiltig, aber sie könne ohne Ring nicht nach Hause zurückkehren, da ihr Bräutigam sie erwarte. ES stellte sich heran«, daß sie den Ring erst seit drei Tagen trug, und ihre Trauer über da« „böse Vorzeichen" erweckte Mitleid. .Nur nicht gleich den Muth verlieren, mein Fräulein", sagte ein alter Herr. .Wissen sie denn auch ganz genau, daß Sie den Ring trugen, als Sie fortgingen?" — „Aber gewiß, ich werde ihn doch überhaupt nicht ablegen." — .Sie halten ihn den ganzen Tag über nicht vom Finger genommen?" — „Wie denn — doch — ja — einmal — — ach, hier ist er. . an der rechten Hand!" Stürmische Heiterkeit folgte diesen Worten. .Ei seh mal Einer", rief der alte Herr, .Sie haben Nachmittag wohl etwas junge Frau gespielt und ein mal probirt, wie der Ring sich am Traufinger machen würde! Da» war aber eine böse Strafe! Srröthenb saß die junge Dame da und konnte vor Freude zu erst kaum Worte finden. Dann bat sie ihre Nach barn um Entschuldigung, drückte dem alten Herrn dankbar die Hand und verließ glücklich den Wagen. — Bor Kurzem marschirte, so erzählt die .Volksztg.", ein österreichische« Regiment mit klingen dem Spiel die Wiener Ringstraße entlang; al» es sich der Börse näherte, gab der Dirigent da» Zeichen zum Aufhören und plötzlich wurde e« still. Dem Obersten des Regimentes fiel das auf und er fragte, weshalb die Musik so plötzlich abgebrochen habe. — »Ich habe nach meiner Instruktion gehandelt," war die Antwort. — .Ach was, Instruktion," sagt der Oberst: „ich kenne die Instruktion auch und da steht nicht» davon drin." — .Halten zu Gnaden, Herr Oberst; meine Instruktion lautet: Wenn eine spie lende Militärbande an einer anderen Bande, welche auch spielt, vorbeikommt, so hat sie das Spiel ein zustellen." — .Wenn Sie diesen Brief in dieHand bekohmen, so finzst Du nicht mehr lebendig Deine Dich biß zum Tohde libende Marie." So schloß der Brief, den der Schlossergehülfe Anton B. in Wien vor einigen Tagen erhielt. Er ließ die Arbeit im Stich und rannte spornstreichs in die ferne Vorstadt, wo „seine" Marie als Köchin bedienstet war. Er stürmte in die Wohnung, wo die Kinder ganz entsetzt über den schwarzen „Rawuzcl" zur Seite sprangen. Sie hatten den Herrn Anton bisher nur im sauberen Sonntagsstaate gesehen und erkannten den Gast nicht. Der Schlosser war sehr verstört und fragte: „Wo ist die Marie?" — „Sie liegt im Bett!" — .Um Gottes Willen, hat sich die Gans doch etwas ange- than?" — Die Marie lag wirklich im Bett und weinte, und die Frau stand neben ihr und tröstete sie. Die Marie reichte dem Schlosser die Hand und sagte unter Schluchzen: .Sei mit der glücklich, mit der Du Sonntag im Prater warst. Ich verzeihe Dir!" — .Aber Marie, das war ja meine Schwester! Sei doch gescheidt! Ich bitt', gnädige Frau! Was hat denn der Doktor gesagt?" — .Der Doktor? Ich hab' ihn gar nicht holen lassen!" — „Was hat sie denn gethan?" — .I hab Laugenessenz getrunken!" — „Aber Marie, sind Sie nicht so potschert. Im Flascherl war ja keine Laugenessenz, sondern nur — Wasser. Gestern, wie Sie in der Waschküche waren, hab ich das Restl ausgeschüttet, das Flascherl ausge waschen und etwas Wasser drin gelassen!" — Gnä' Frau! vas ist nicht wahr!" — „Wenn ich's Ihnen sage. Ich schwör'S!" — Die Marie machte ein sehr verdutztes Gesicht und schaute bald auf den Anton, bald auf die „Gnädige". „Deswegen habe ich so lange auf die Schmerzen gewartet! Ich bin aber sehr schwach!" — .Anton! Gehn's hinaus! Die Marie wird aufstehen." — „Glaub'ns, daß ich mich trauen darf?" — .Probir'n Sie es nur!" — Der Anton ging hinaus, die Marie erholte sich, und es zeigte sich, daß sie frisch und gesund sei. Jetzt ist sie wieder ganz lebenslustig und denkt nicht mehr an's Sterben! ?e« Empfehlungen der Krauen haben die ächten Apotheker Richard Brandt's Schwei,erpillen, welche in den Apotheken L Schachtel M. 1 — erhältlich, unzweifelhaft einen großen Theil ihres heutigen Erfolges zu verdanken, indem ihre angenehme, sichere, absolut schmerzlose Wirkung bei den Frauen alle anderen Mittel verdrängt hat und wie die vielen Dank schreiben beweisen bei Störungen in der Verdauung (Verstopf ung», Herzklopfen, Blutandrang, Kopsschmerzen -c. angewandt werden. Standesamtliche Nachrichten von Schönheide.' vom 7. bis 12. November 1882. Geboren: 294» Dem Bäcker Carl Arno Schlesinger hier Nr. 150 I T. 295) Dem Schneidermeister Karl Fiegert hier Nr. 302 9 1 T. 296) Dem Eisenhiittenarbeiter Wilhelm Anton Gierschick in Schönheiderhammer Nr. 2 l! I T. 297) Dem Bürstensabrikarbciter Franz Alwin Fickel hier Nr. 155 IS. 298) Dem Eisenhüttenarbeiter Hermann Friedrich Lange in Schönheiderhammer Nr. 29 I T. 299) Dem Papierfabrik arbeiter Hermann Gustav Springer hier Nr. 346 9 1 T. 300) Dem Biirstensabrikarbeiter Friedrich August Otto Blöcke! hier Nr. 1750 l T. 301) Dem Bürstensabrik-Werkführer Friedrich Alwin Schädlich hier Nr. 218 1 S. Aufgeboten: 46) Der Biirstensabrikarbeiter Emil Thüm- mel hier mit der Bürsteneinzieherin Emma Louise Seidel hier. 47) Der Eisensormer Franz Louis Tuchscherer hier mit der Tambourirerin Anna Emilie Heidenfelder hier. 48) Der Commis Ewald Unger hier mit der Lina Amalie Herold hier. 49) Der Bahnarbeitcr Franz Hermann Klötzer in Neuheide mit der Handarbeiterin Anna Hulda Pfeiffer hier. Eheschließungen: Vucnl. Gestorben : 246) Des Bürstenfabrikarbeiters Franz Eduard Preuß in Neuheide Nr. 30 todtgeborene Tochter. 247) Die Privatiere Christiane Friederike verw. Klötzer geb. Unger hier Nr. 330, 79 I. 248) Des Oeconomen Eduard Oskar Spitzner hier Nr. 78 Sohn, Arthur, 9 M. 249) Des Bürstenfabrik arbeiters Franz Louis Schädlich hier Nr. 1750 Tochter, Olga Helene, 10 I. 250) Des Handarbeiters Franz Gustav Plat hier Nr. 100 Tochter, Hedwig, 4 M. Chemnitzer Marktpreise vom 12. November 1892. Weizen russ. Sorten 8 Mk. 10 Ps. bis 8 Bit. 50 Pf. pr. 50 Kilo 8 - 10 - - > 7 - 35 - - - - 7 - 10 . . , , 9 - 10 . » < . 7 » — - » » , 8 - 10 - - - - 7 - 25 - - - « II , — - » - > 8 - 75 - « - » 4 « 70 - - < 3 » 20 » - - - 2 - 70 - > - » 2 - 95 - . . I 7 85 neu 10 90 7 « 85 «5 75 75 50 50 SO 80 30 40 , sächs.gelbu.N Weizen Roggen, preuß. - sächsischer - russischer Braugerste Futtergerste Hafer, sächsi'' 7 S "sächsischer, al, 7 « Kochcrbjen 10 Mahl-u. Futtererbien 8 Heu 3 Stroh 2 Kartoffeln 2 Butter 2