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„Es ist so wie ich sagte", entgegnete der erstere mit tonloser Stimnie, „durch meine Vorstellungen ließ meine Tochter sich überzeuge», daß sic nicht ver ständiger handeln könnte, als indem sie darin ein willigte, Ihre Fran zu werden. Bevor die Sache jedoch perfekt wird, sind zwei Bedingungen zu erfüllen, Herr MorrclS." „Sic sind im Voraus zugestanden, wenn ihre Er füllung in meiner Macht steht", versetzte dieser mit Emphase, worauf Herr Vandcrvelden, dem das Sprechen immer mehr Mühe zu machen schien, erwiderte: „Die eine Bedingung hat meine Tochter gestellt und die andere stelle ich. Jene lautet dahin, daß Sie vor Ablauf der nächsten acht Tage keinen Ver such machen dürfen, sich Eugenie persönlich zu nähern. Meine Tochter hat erklärt, daß sic sich erst mit dem Gedanken, in Ihne» ihren Bräutigam zu erblicken, einigermaßen vertraut mache» müßte, ehe sie Ihnen den Verkehr mit ihr gestatten könnte." „Für meine liebende Sehnsucht ist dies zwar eine unendlich lange Zeit", seufzte Herr Morrels, „indessen werde ich mich wohl, um mir mein Glück zu erringe», dieser Vorschrift geduldig fügen müssen." „Die von mir gestellte Bedingung ist folgende: Ich habe in diesen Tagen ein Capital von beinahe 400,000 Francs verloren, eine Thatsache, die ich Ihnen mit um so weniger Anstand mittheilen darf, als sie in der Stadt bereits allgemein bekannt geworden ist. DaS ist eine bedeutende Summe, aber doch wäre der Verlust derselben nicht im Stande, mir ernstliche Un gelegenheiten zu bereiten, wenn ich mich nicht in der letzten Zeit in verschiedene Unternehmungen einge lassen hätte, deren Durchführung in diesem Augenblick erhebliche Ausgaben von mir erfordern. Diese Unter nehmungen sind sehr reell und ein glänzender Erfolg derselben ist ganz sicher, aber gleichwohl hat der Ver lust der 400,000 Francs so nachtheilig auf meinen Credit eingcwirkt, daß es mir unmöglich ist, irgendwo eine größere Summe leihweise zu erheben. Ich brauche 200,000 Francs, die ich noch vor acht Tagen überall hätte erheben können, die mir aber heute kein einziger meiner Bekannte» vorstrecken würde, und daß Sie mir nun diese Summe auf eine Zeit von höchstens sechs Monaten vorschießen, das ist die Bedingung, welche ich an die projektirte Heirath knüpfen muß." Mit einer Miene, als hänge von der Antwort des.Herrn Morrels Leben und Tod für ihn ab, schaute Vandcrvelden den ihm gegenüber Sitzenden an, der plötzlich, zum Erstaunen des Ersteren, in ein schallen des Gelächter ansbrach. „Mein lieber zukünftiger Schwiegervater," sagte er im Tone aufrichtigster Heiterkeit, „nehmen Sie mir es nicht übel, wenn ich laut anflache, aber bei Gott! Ich kann nicht anders. Sie wollen auf eine kurze Zeit jeue Summe von mir vorgestreckt haben, und bei diesem einfachen Anliegen machen Sie die vielen Umstände! „Ja, uni des Himmels Willen, weshalb sagten Sie nicht ganz kurz und bündig zu mir: Hören Sie einmal, mein lieber Morrels, ich brauche in ganz kurzer Zeit 2—3M,000 Francs, kann ich dieselben vielleicht von Ihnen haben? Dann Hütte ich eben so kurz und bündig erwidert: Ja, das ist doch wohl selbstverständlich, daß ich Ihnen das Geld gebe, und damit wäre die ganze Geschichte, die kaum der Rede werth ist, in Zeit von einer halben Minute erledigt gewesen. Aber daß Sie hierbei noch von allerlei Be dingungen sprechen konnten und diese ernste, feierliche Miene annahmen, das ist mir ganz und gar unver ständlich." Ein Seufzer der Erleichterung entrang sich der Brust des alten Herrn. „So kann ich also sicher darauf rechnen, das Geld von Ihnen zu erhalten?" „Versteht sich ganz von selbst." „Und bis wann können Sie mir diese Summe aushändigen?" „Es fragt sich, bis wann Sie dieselbe haben müssen?" „Wenn ich sie im Verlaufe der nächsten vierzehn Tage erhalten kann, bin ich aller Sorge enthoben." Ein überlegenes Lächeln umspielte die Lippen des Herrn MorrclS. „Bis dahin ist das Geld unbedingt hier. Ich hatte nämlich ohnehin vor, einen Theil meines Ver mögens in Antwerpen zu meiner sofortigen Berfüg- ung zu deponircn und daher meinen Bankier in London ersucht, mir baldigst einen Betrag von 3ö0,000 Francs in Antwerpen anzuweisen. Diesen Morgen nun erhielt ich die Nachricht, daß das Geld erst nach Verlauf von etwa 8 Tagen hier sein könnte, was mir etwas unangenehm war. Denn ich selbst ge brauche jetzt sofort 70,000 Francs, womit ich ein glänzendes Geschäft machen kann, und wenn ich mich nicht von den bei Ihnen dcponirten Wcrlhpapieren höchst ungern trennen würde, so hätte ich Sie bereits ersucht, nur einen Theil derselben zurückzugeben, um sie iu baares Geld umzusetzen." „Sic haben 70,000 Francs nöthig?" versetzte Vandcrvelden rasch. „Die kann ich Ihnen sosort geben, denn so schlimm sieht es mit mir noch keines wegs aus, daß ich nicht noch zu jeder Zeit über weit mehr als die doppelte Summe verfügen könnte." „Hiermit würden Sie mir einen wirklich nicht unbedeutenden Gefallen erweisen," erwiderte Herr Morrels. „Ich werde Ihnen eine Quittung darüber ausstellen und Ihnen außerdem schriftlich versprechen, die geliehenen 70,000 nebst weiteren 200,000 Francs spätestens in zehn Tagen baar in Ihre Hände zu legen." „Das Letztere ist nicht nöthig, hierfür genügt mir Ihr Wort, von der Quittung indessen kann ich schon aus dem Grunde nicht absehen, weil Sie ja auch eine Quittung von mir über alle die dcponirten Werthpapiere besitzen." Während Herr Morrels die Quittung entwarf, schrieb Herr Vandcrvelden einen Check von 70,000 Francs auf seinen Bankier ans, den er gegen Ueber- reichnng der Quittung dem Ersteren anshändigte. Alsdann erhob sich Herr Morrels, nm seinen Besuch zu beendigen und sich auf die freundschaftlichste Weise von dem alten Herrn zu verabschieden. „Ich bin gerettet," murmelte der Letztere nach der Entfernung seines zukünftigen Schwiegersohnes vor sich hin, „aber nm welchen Preis! Mein armes, braves und folgsames Kind, — was mag Dein Qpfcr Dich gekostet haben! Und doch, welches Loos hätte ihr vielleicht geblüht, wenn meine ganze Existenz mit einem Male zusannncngebrochen wäre, und wer weiß, ob sie nicht dennoch an der Seite dieses Herrn MorrclS nochmals recht glücklich werden wird! Denn er ist wenigstens ein Mann, mit dem sich verkehren läßt und er scheint im Grunde seines Herzens ein durchaus gutmüthiger Mensch zu sein, der seine zu künftige Braut jedenfalls sehr gern hat." 7. Capitel. Abermals waren mehrere Tage dahingcflossen. Herr Morrels hatte während derselben stets einen vortrefflichen Humor an den Tag gelegt, selbst gegen über seinem Commis, der ihm früher, wie er dies wiederholt durch seine Aeußernngen verrathen hatte, in hohem Grade unsympathisch gewesen war. Die kleinen Reibereien zwischen Beiden, welche sonst an der Tagesordnung waren, blieben fast ganz aus, wozu freilich auch der Umstand nicht wenig beitragen mochte, daß Herr Morrels sein Bureau immer seltener besuchte. „Seitdem die Leute wissen, daß ich bei Vander- vclden ein Depot habe, wollen sie alle mit mir in Verbindung treten", sagte er eines Tages ärgerlich zu Paul, „und anstatt ruhig auf meinem Bureau zu arbeiten, kann ich jetzt fast den ganzen Tag in der Stadt Herumlaufen. Wenn ich nur wüßte, wer dies überall erzählt hat? Ich will doch nicht hoffen, daß Sic sich eine solche Indiskretion zu schulden kommen ließen, junger Mann?" „Ich habe Niemand gegenüber ein Wort hierüber gesagt, selbst nicht zu Herrn Rehberg, obwohl Sie mich hierzu ausdrücklich auffordertcn." „Nun ja, ich will Ihnen glauben. Wie geht es übrigens diesem Herrn? Ich habe ihn seit meinem ersten Zusammentreffen mit ihm nicht mehr gesehen." „Auch mir ist er seit geraumer Zeit nicht mehr vor die Augen gekommen." „So, so! Wo wohnt derselbe denn eigentlich? Ich möchte dies wissen, da ich ihn, sobald Sie meinen Dienst verlassen, auffordern muß, seine Caution zu rückzunehmen." „Seine Wohnung ist auch mir unbekannt", ver setzte Paul. „Dieser Umstand darf Ihnen indessen weiter keine Sorge bereiten, denn es ist hundert gegen eins zu wetten, daß Herr Rehberg sich seiner Zeit schon ganz von selbst melden wird, um sein Geld in Empfang zu nehmen." „Das wird sehr verständig von ihni sein", sprach Herr Morrels laut auflachend, worauf er sich hin setzte, um einige Wechsel auf die Firma I. I. Best in London zn unterzeichnen. -Fortsetzung folgt.) Zur Kunst der Lebensverlängerung. Die Kunst das Leben zu verlängern ist kein leerer Wahn. Es gicbt eine solche Kunst. Sic ist Jedem erreichbar, doch nur durch Entsagung, durch Verzicht auf übermäßigen Genuß von Speise und Trank. Vor Allem verkürzt der Alkohol das Leben. Enthaltsamkeit, Maßhalten in allen Dingen vermag das Lebensende zehn Jahre hinauSzuschiebcn. Eine schwere Kunst! Suche Jeder sie zu fördern zu seinem Heil und zu dem der Gesellschaft! Ein Jeder beginne mit sich zuerst. Der sieg reiche Kampf gegen die eigne Genußsucht bringt uns dann eine Reform der Geselligkeit, die unerläßlich ist, sollen nicht unsere Nachkommen körperlich und geistig verkümmern. Die Gesellschaft, die sich selbst die bessere nennt, darf nicht voraussetzcn, daß die Arbeiter eine andere Lebensführung annehmcn, solange sie selbst keiner Entsagung fähig ist. Wenn jene Kreise, denen ein glückliches Heim beschicken ist, Abends in die Bierhäuser flüchten, was soll der Arbeiter thun, der oft eine traurige Wohnung besitzt, deren wiverlichcr Zustand ihn antreibt, solange als möglich fern zu bleiben und das Lager erst dann aufzusuchen, wenn die Kneipe ihren Reiz verloren hat. Einfachheit in Speise und Trank sind die ersten Bedingungen für die Erhaltung der Gesundheit und eines langen Lebens. Das Durchschnittsalter der besseren Stände, vor Allem der Männer, ließe sich zweifellos beträchtlich steigern, wenn die Nüchternheit bei der christlichen Bevölkerung auf derselben Höhe sich befände, wie z. B. bei den Juden. Auf Grund statistischer Ermittelungen ist das Durchschnittsalter der Gestorbenen in Frankfurt a. M. bei der christ lichen Bevölkerung auf 36 Jahre 1 l Monate, bei der jüdischen hingegen auf 48 Jahre 9 Monate berechnet worden, also um nahezu 12 Jahre mehr. Daß an diesem bedeutenden Unterschiede die größere Wohl habenheit der Inden allein Schuld sei, darf nicht angenommen werden. Ich glaube auch nicht, daß die Rassenuntcrschiede hierfür von Bedeutung sind, eine solche vermehrte Widerstandsfähigkeit ist aus Rassen eigenschaften nicht ableitbar, es ist weder eine anato mische noch eine physiologische Thatsache dafür auf zubringen. Die einfache und naheliegende Erklärung für diese auffallende Erscheinung liegt in der That sache der großen Nüchternheit der Juden in Speise Trank. Sie ist es, welche ihnen zum großen Theil die Ueberlegeuheit über die europäischen Völker bisher gesichert hat. Sie bleiben geistig und körperlich frisch und haben alle ihre Kräfte zur freien Verfügung, während die Christen den beständigen Zeit- u. Kräfte verlusten erliegen, welche Unmüßigkcit im Gefolge haben. Das durchschnittliche Lebensalter des weiblichen Geschlechts beträgt 38 Jahre, übertrifft also nm 3 Jahre das des männlichen Geschlechts. In allen größeren Ländern, welche nach dieser Richtung statistisch erforscht sind, ist die Lebensdauer der Frauen eine längere. Eine erst jüngst angestcllte statistische Unter suchung hat für die Schweiz dasselbe wieder aufs neue ergeben. Streng genommen sollte man das Gegentheil erwarten. Die Männer sollten eine längere Lebensdauer aufweisen, aber das schwache Geschlecht übertrifft darin das starke. Der Grund für diese auffallende Thatsache läßt sich nur in der größeren Enthaltsamkeit des weiblichen Geschlechts finden. Die Genußsucht der Männer hält keinen Vergleich ans mit der vernünftigen Zurückhaltung, welche die Frauen an den Tag legen. Dieser Umstand steigert ihre mittlere Lebensdauer und veranlaßt ein fortwährendes Anwachsen des Frauen-Ueberschusses und zwar bis in die höchsten Altersstufen. Wer an einem langen und arbeitsfrohen Leben seine Freude hat und sich seiner Familie und damit dem Staat erhalten will, der muß auf die endlose Zahl der Feste und Zwcckessen, auf die langen Diners und Soupers verzichten lernen. Er muß die moralische Kraft besitzen, die Bierpaläste und die Restaurants mit all ihren stark begehrten Freuden zu meiden und wieder zur Einfachheit zurückkchren. Die Menschen tödten sich, sie sterben nicht. Ja wir müssen nüchterner werden und damit auch fleißiger. Als alter Korpsstudent gedenke ich hier ver deutschen akademischen Jugend. Die ersten Jahre werden von sehr Vielen verbummelt, wie der euphe mistische Ausdruck lautet. Es ist noch immer so, wie es Goethes Mephisto schildert: Dem Volke hier wird jeder Tag zum Fest: Mit wenig Witz und viel Behagen Dreht Jeder sich ini engen Zirkeltanz Wie junge Katzen mit dem Schwanz; Wen» sie nicht über Kopfweh klagen. So lang der Wirth nur weiter borgt, Sind sie vergnügt und unbesorgt. Mehr Streben nach Wissen und weniger Alkohol wären für die akademische Jugend dringend zu wünschen. Die systematische Abkürzung des Lebens beginnt schon dort unter dem schweren Irrwahn, daß Trinken eine Tugend sei. Wer die Kunst, sein und seiner Mit menschen Leben zu verlängern, erlernen will, muß Nüchternheit und Enthaltsamkeit im eignen wohlver standenen Interesse ühcn. Der Segen bleibt nicht aus, weder für das Individuum nvch für die Familie. Der Staat aber, unser junges Reich, verlangt Nüch ternheit und Fleiß und Kraft, und nicht den Selbst mord der Männer. Mit dem Siege über die gesund heitsschädliche Genußsucht erreichen wir überdies die Mittel zur Bekämpfung der sozialen Revolution durch die soziale Reform. Der „Bazar" schreibt im Heft 43 pro I8SI über Richters Ankcr-Steinbaukasten folgendes: „Richters Steinbaukasten gehört zu den Geschenken für den Weihnachtstisch, welche nicht aus der Mode kommen, keiner gesteigerten Empfehlung bedürfen, aber es Wohl verdienen, beim Herannahen der schönen Weihnachtszeit den Eltern anfs neue ins Gedächtniß zuriickgerusen z« werden. Die Firma F. Ad. Richter u. Cie. in Rudolstadt, die Erzeugerin dieses sogenannten Anker-Steinbaukastens lso benannt nach dem Anker, welcher als Fabrikmarke gilt), ist in umsichtigster Weise bemüht, allen möglichen Wünschen des Publikums hinsichtlich der Größe der Kasten und der Preise entgegenzukommen. Sie hat circa 23 Original-Ausgaben der Steinbaukasten von 30 Psg. bis 80 Mark aussteigend in den Handel gebracht und verlaust daneben noch Ergänznngs- oder Vergrößerungskasten, durch welche früher gekaufte Originalkasten in regelrechter Weise vergrößert werden. Ueber den erziehlichen Werth von zeitgemäßen Baukästen für die Kinderscele herrschen keinerlei Meinungsverschiedenheiten mehr; freuen wir uns, daß die technischen Fortschritte der Neuzeit es ermöglicht haben, den Holzbaukasten durch den billigeren und vielseitigeren SIcinbaukasten zu ersetzen." Dem Urtheile des „Bazar" schließe» wir uns gern an: Richters Anker-Steinbaukasten sind in der Thal das werth vollste Geschenk für kleine und große Kinder. Druck und Verlag von E. Hannebohn In Eibenstock.