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Locale und fLchstsch« Nachrichten. — Eibenstock, 19. Oktober. Gestern Nach mittag ereignete sich in hiesiger Stadt ein Unfall, der leicht verhängnißvolle Folgen hatte haben können. Al« ein hiesige« unbeladene« Lastgeschirre die innere Auerbacheistraße passirte, sprangen die Pferde plötz lich zur Seite nnd brachen nicht nur die Deichsel, sondern auch noch die beiden Arme de« WagcngesteUcS ab, sodaß der Wagen, jetzt ohne Halt, nach dem Ab hang beim Rosinenberge in der Nähe der Treppe beim Seelig'schen Hause in« Rollen kam. Glücklicher weise hat die Barriöre, obwohl dadurch beschädigt, den starken Anprall de« Wagen« auSgehalien; wäre derselbe in die Tiefe gestürzt, so hätten bei dem dort stattfindenden Personenverkehr Unglückefälle nicht aus bleiben können. — Schönheide. In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag wurde im Schnittwaareuladen de« Herrn Kaufm. Jugclt hier ein ganz verwegener Einbruch verübt und hierbei die Ladenkasse, ungefähr lOO Mk., bestehend in 40 Mark Silber- und etwa 60 Mark in Nickel- und Kupfermünzen, gestohlen. — Dresden. Am Donnerstag vor. Woche mußte gegen eine l9 Jahre alte Dienstperson ein geschritten werden, weil sie de« Diebstahls sowohl eines goldenen Ringes als noch anderer Sachen dringend verdächtig erschien. DaS Mädchen leugnete, bei der Durchsuchung fand sich auch nicht« vor. Schließlich kam man noch dazu, des Mädchens Haare zu prüfen und in der Thal sand sich in einem Zopfe verborgen das vermißte Schmuckstück vor. Hiernach erst war die Verhaftete der Verübung deS EigenthumSvergehcns geständig. — Dresden. Am Sonntag Vormittag gegen 10 Uhr wurde im Mittelgraben der Flur Seidnitz ein männlicher Leichnam aufgefunden und dem dortigen Gemeindevorstank Anzeige hierüber erstattet. Derselbe stellte fest, daß der Aufgefundene ermordet worden ist. Die königl. Staatsanwaltschaft erschien am Thatorte und ermittelte, daß der Todte der aus Italien gebürtige 35 Jahre alte, bisher auf der Reicker GaSfabrik beschäftigt gewesene Maurer Leonardo Fratte ist, welcher am Abend vorher erschlagen, beziehentlich gestochen und seiner Baarschaft von gegen 350 Mk. beraubt worden ist. Der Mord selbst hat auf dem Felde stattgefunden und ist der Leichnam alsdann nach dem 15 Schritte entfernten Graben geschleppt worden. Es wird hierüber noch Folgendes bekannt: Fratte war ein arbeitsamer nüchterner Mensch, der Ersparnisse im Betrage von ca. 350 Mk., be stehend in Doppelkronen und einem 20-FrancSslück mit dem Kopf Napoleons III. besaß und in einem alten abgetragenen Portemonnaie bei sich führte Am Sonnabend gegen 6 Uhr ist er aus seinem Ouartier weggegangen, nachdem er sich frisch «»gekleidet hatte und ist dann von Niemandem mehr gesehen worden. Wie er auf das Feld gekommen ist, wo seine Er mordung stattgefunden hat, ist ebenfalls nicht aufge klärt. Die Verletzungen, welche in Stichen auf der Schädeldecke und an der rechten Kopfseite bestehen, dürften heftig geblutet haben und es ist deshalb an zunehmen, daß der Mörder reichliche Blutspuren an sich getragen hat, zumal er den Leichnam von der Mordstelle ab noch ein Stück nach einem Graben zu geschleift zu haben scheint, lieber den Thäter ist leider noch nichts ermittelt worden, obschon die Be amten der königl. Staatsanwaltschaft sowie der Land gendarmerie ohne Unterbrechung thätig gewesen sind. ES besteht vielfach die Vermuthung, daß derselbe irgend ein Arbeiter sein dürfte, der die Verhältnisse Fratte's gekannt und gewußt hat, daß derselbe Geld bei sich führt. Von anderer Seite wird geglaubt, daß der Ermordete mit irgend einer Frauensperson zu thun gehabt hat, welche dann in Gemeinschaft mit einem Strolche seine Ermordung geplant und auS- geführt hat. — In Erörterung der Frage der Zweckmäßig keit der Messen bemerkt die Münchner „Allg. Ztg.": Wenn Leipzig sich auf den Rath der medi zinischen Sachverständigen zu dem schweren, wohl nach Millionen zu berechnenden Opfer der Aufhebung seiner Michaelismesse entschlossen hat, so gab dabei jedenfalls vie Erwägung mit den Ausschlag, daß durch die Messe die Seuche über ganz Deutschland Aus breitung hätte finden können. Ein derartige« Vor gehen verdient daher die dankbare Anerkennung von ganz Deutschland. Bedauerlich ist es nun aber zu sehen, wie dieses uneigennützige Vorgehen von anderer Seite zur Förverung der eigenen Interessen auf Kosten Leipzigs benützt wirk. Sofort nachdem die Leipziger ihren dankenSwerihen Beschluß gefaßt hatten, erhoben sich Stimmen, die Leute sollten nunmehr nur nach Berlin kommen, und während man dort fortwährend Eholerasälle hatte, in Leipzig gar keine, wurde alles Mögliche gethan, um die Messe in Berlin abhalten zu lassen. Man mag über die Nothwendigkeit und Zweckmäßigkeit ter Messen denken wie man will, aufs Unangenehmste muß jedenfalls die Art und Weise berühren, wie eine von einer deutschen Stadt ergriffene und ganz Deutschland mit zu gute kommende Vor sichtsmaßregel zur Schädigung ihrer Interessen und im Interesse ter Reich-Hauptstadt au«zunützen versucht wird. Die Leipziger werden zwar ebenso wenig wie die Frankfurter zu befürchten haben, daß eine that- achliche .Verlegung- ihrer Jahrhunderte alten Messen nach Berlin so bald stattfinden werde; eher wäre dagegen zu befürchten, daß zur Abwehr jener selbst- üchtigen Bemühungen die übrigen Meßstädte mit Leipzig sich zum Schaden der allgemeinen Sicherheit veranlaßt sähen, in Ähnlichen Fällen die für da« Ge- sammtwohl wichtige Frage der Abhaltung von Messen künftig weniger skrupulös zu behandeln. — Plauen im Vogtl. Ein beklagenSwertheS Unglück trug sich in diesen Tagen aus der Dörsel- slraße 13 zu. Dort bewohnt eine Fabrikarbeiterin B. mit ihrem dreijährigen Söhnchen und einer 72 Jahre alten Wittwe ein kleine» Logi«. Da« Mädchen war wie gewöhnlich früh zur Arbeit gegangen, da« Kind der Obhut der alten Frau überlassend. Wäh rend Letztere auch auf kurze Zeit fortgegangen war, hörten Hausbewohner plötzlich den Knaben fürchterlich schreien und sahen ihn durch das Schlüsselloch der verschlossenen Stubenthür in Hellen Flammen stehen. Mit Hilfe de« schnell herbeigerufenen HauS- wirth« wurde die Thür geöffnet. Leider aber kam man zu spät, um das arme Kind zu retten, lieber und über mit Brannöwundcn bedeckt, gab cS trotz ärztlicher Hilfe nach einigen Stunden seine» Geist auf. Wie scstgestellt ist, hatte der Knabe sein Allein sein benutzt, um Streichhölzer von ihrem Aufbewahr ungsorte herunter zu holen, und hatte damit gespielt. — Der Kirchcnvorstand von Plauen hat be schlossen, daß diejenigen, die sich den Luxus einer HauStrauung erlauben, eine Gebühr von 100 Mark zur Kirche zu bezahlen haben ; Ausnahmen sollen bei Krankheiten armer Leute gemacht und dann soll unter Umständen gar keine Gebühr gefordert werden. — Mit dem 1. Januar nächsten Jahres tritt in Zwickau ein neue« Hundesteuer-Regulativ in Kraft. Für jeden Hund ohne Unterschied deS Geschlechts sind in der Regel 20 Mk., und wenn von einer und derselben Person oder von Personen eine« und des selben Hausstandes zwei oder mehrere Hunde gehal ten werden, für den zweiten Hund 25 Mk. Hunde steuer zu entrichten. — Schneeberg. Von Grimma kommt die Nachricht, daß daselbst Herr Rektor Bernhard!, ter frühere Leiter des hiesigen Gymnasiums, am Montag »ach längerem Leiden verschieden ist. — Aus Annaberg wird dem .Confcctionair- geschrieben: Wir sind jetzt mit der Musterung überaus stark beschäftigt. Die Muster kosten uns zu jeder Saison heidenmäßig viel Geld; eS werden zu viele Versuche gemacht. Daß jeder Fabrikant den Wunsch hat, seine Cvllcctionen so reichhaltig als mög lich auSzustatten, ist selbstverständlich, je mehr Muster, je mehr Geschäft! Aber wozu ist es nöthig, Muster zu machen, von denen man schon im Voraus weiß, daß sie Niemand kaufen wird. Ein jeder Fabrikant soll einmal genau calculiren, was ihm die Muster jährlich kosten, und er wird erstaunt sein über die Höhe der Musterspesen. Die Hälfte des Gewinne« geht beinahe für Muster und was drum und dran hängt, drauf! In Stapel-Artikeln sind ja unsere Muster maßgebend. In Bezug auf NouveauteS müssen wir ja doch immer erst abwarten, was Pari« bringt. Da« wird immer so bleiben, daran ist nichts zu ändern, wenn auch verschiedene Seiten, die mit dem Geschäft keine Fühlung haben, dagegen wetteifern. Die Mode ist international, und das ist ein Glück, sonst müßten wir am Ende noch für jedes Land ander« mustern, und die Musterkosten würden noch mehr be tragen al« jetzt. — WünschenSwerth wäre eS, daß endlich der Unfug aufhört, der nirgends anders besteht als in der Passementerie-Branche, daß den Einkäufern die Muster nach den Hotels geschickt werden. Man weiß, wie die Käufer leider oft mit den Mustern um gehen, und wie sie sich nicht geniren, die mit schwerem Schweiß ausgearbeiteten Neuheiten Andern zum Co- piren zu übergeben, die sie dann selbstverständlich billiger arbeiten können, denn die Ausarbeitung der Muster hat nicht ihr Geld gekostet. Wie soll man sich aber dagegen schützen? Conventionen nützen ja nicht», denn die Concurrenz ist doch niemals einig. Nur wenn einzelne große Firmen vorangehen würden, ohne deren Muster die Einkäufer nicht existiren können, wäre Abhülfe möglich. Aber über einen anderen Punkt könnte man sich einigen, nämlich über die Creditertheilung. Lange« Ziel können die Fabrikanten heut nicht mehr geben. Die Rohstoffe müssen, wenn man Vortheilhaft einkaufen will, baar bezahlt werden. Arbeitslöhne müssen auch jede Woche baar ausbezahlt werden. Ein lange« Ziel, wie es jetzt oft in Anspruch genommen wird, sollte unter keinen Umständen ge währt werden. Wer länger pumpen will, muß Zinsen bezahlen. Hierüber ließe sich eine Einigung erzielen, e« kommt nur auf die Initiative an! — Leisnig. Für eine seltene Prämiir- ung hat der Vorstand der bienenwirthschaftlichen Ausstellung sich entschieden: Er hat einem Blinden, dem Korbmacher Kunath, der seit 1889 in Elstra selbstständig arbeitet, einen hohen Ehrenpreis für von ihm selbst angefertigte und ausgestellte Bienen körbe zuerkannt, letztere auch angekauft. Ein schöne« Zeugniß für die Leistungsfähigkeit der Blinden. — Kirchberg. Während am Sonnabend Abend im benachbarten Hartmannsdorf die Leichen halle auf bis jetzt noch unermittelte Weise vollständig nie der brannte, melveten die Sturmglocken und Noihpfeisen am Sonntag Abenv wieder ein Schaden feuer in hiesiger Stadt. ES brannte da« Obergeschoß der Seidel fchen Restauration uno Bäckerei an der Walkmühle. Bei der geraee herrschen»» Windstille und günstigen Abendzeit wnrde va« verheerende Ele ment durch die schnell herbeigeeilten Feuerwehren von nah und fern bald gedämpft. — In Ausführung eine« in Berlin gefaßten Beschlusses demzufolge ein .Freier Arbeiter-Tur nerbund Deutschland«- gegründet werden soll, be absichtigen die sozialdemokratischen Turner in Sachsen sich nunmehr selbstständig zu organisiren. Erwähnens werth ist, daß die sozialdemokratischen Turnvereine au« dem alten Turner-Wahlspruch: .Frisch, fromm, fröhlich, frei!' das .fromm- weglassen, obwohl an dieser Stelle da« Wort etwas ganz Anderes al« .kirchlich-fromm- bedeutet. — Der Einstellungstermin für die dies jährigen Rekruten rücki heran. Die Gestellung der Rekruten findet grundsätzlich bei demjenigen Bezirks kommando statt, in kessen Bezirke sie auSgehoben wurden. Eine Ausnahme kann nur für den Fall niit Genehmigung deS betreffenden Bezirkskommandos gemacht werden, wen» einem nach auswärts verzogenen Rekruten der zu großen Entfernung wegen nach dem Gestellungsorte die Mittel zur rechtzeitigen Rückkehr thalsächlich fehlen. Tritt dieser Fall ein, so hat der Rekrut ein bezügliches Gesuch mindestens 10 Tage vor dem GestellungSlermin bei dem BezirkSfeldwebel anznbringcn, in dessen Compagniebezirk sein dcrmaliger Aufenthaltsort liegt. Am Billetschalter ist gegen Bor weis der Ordre oder des Passes Militärbillet zu ver langen. Rekruten, die wegen Krankheit oder weil sie in Haft sind, nicht persönlich zum Gestellungstermin erscheinen können, haben rechtzeitig zu veranlassen, daß unter Beilage eines obrigkeitlichen Atteste« eine Meldung hierüber an den Bezirksfeldwebel gelangt, bei dem sie sich zuletzt gemeldet haben. Ein Unter lassen dieser Meldung würde die spätere Bestrafung des Mannes zur Folge haben. Leichte, nicht ansteckende Krankheiten entbinden nicht vom rechtzeitigen Ein treffen. Weiter sind die Rekruten verpflichtet, am GestellungSplatze mit ausreichenden Ober kleidet n, einem Paare brauchbarer Stiefeln und zwei guten Hemden einzutreffen; wer diese Sachen nicht beschaffen kann, muß sich rechtzeitig an den Vorstand der Gemeinde, bezw. den Stadlrath desjenigen Ortes um deren Ver abfolgung wenden, von wo er sich direkt nach dem Gestellungsorte begiebt. Es empfiehlt sich für die Rekruten, der in die kalte Jahreszeit fallenden AuS- bildungSperiode wegen, eine warme Unterjacke und wollene Socken mit zur Truppe zu bringen, ebenso werken dieselben gut thun, sich mit ein Paar Haus schuhen und zwei blauleinenen Putzschürzen und 3 bis 4 Mk. zur Anschaffung von Putzrequisiten, Bürsten rc. zu versehen, weil sie sonst diese Sachen sich nach und nach von der Löhnung beschaffen müßten. — Der gute Kartoffelertrag, welchen unsere Landwirthe Heuer zu verzeichnen haben, übt naturge mäß auch einen Druck auf den Preis aus. Seit langen Jahren ist der Preis für die Kartoffeln kaum so niedrig gewesen, wie Heuer. Gegenwärtig wird der Scheffel gute Speisekartofseln mit 3—3,io Mark bezahlt. Dabei sind die Kartoffeln von seltener Güte und bisweilen von ansehnlicher Größe. Manche Land- wirlhe vermögen die eingeernteten Kartoffeln kaum in ihren gewohnten Räumen unterzubringen. Aus vergangener Zeit — s«r unsere Zeit. Nirgends hat Wohl die dem Jahre 1848 folgende Reaktion rücksichtsloser gewaltet, als in Oesterreich und den zu ihm ge hörenden Landen. Nach schwerer Zeit, in der das Kaiserreich mehr als einmal in seinen Grundfesten erschüttert wurde, kam endlich eine bessere Zeit. Der Anfang jenes „Ausgleiches" mit den österreichischen KronlLndern, der sich lange hinzog, wurde am 20. Oktober 1880 gemacht. An diesem Tage erschien ein Kaiser!, österreichisches Diplom, das die inneren staats rechtlichen Verhältnisse der Monarchie regelte und als das Wichtigste und die Grundlage der Verfassung die Einrichtung der Einzellandtage für die besonderen Landesangelegenheiten schuf. Wennschon bis zur völligen Beruhigung der Landes- theile noch manches Jahr verging, so war doch immerhin ein wichtiger Anfang gemacht, aus dem sich das Uebrige ausbaute. 21. Oktober. Die Naturen und die Gemüther sind ja verschieden und bei dem Einen gehört viel, bei dem Andern wenig dazu, in Aufregung zu gerathen. DaS ist aber sicher, daß heute noch jedem deutsche» Manne die Schamröthe in's Gesicht steigt, wenn er hört und liest, was vor hundert Jahren im deutschen Reiche möglich war. Man muß sich nur die Situation klar vergegenwärtigen- in Frankreich nahezu anarchistische Zustände, in Deutschland Ruhe und Ordnung, aus französischer Seite ein in Elle zusannnengcrasstes, unerproble«, kleines Heer, aus deutscher Sette große, compakte, geschulte Heeresmassen. Und nun die einsachen, klaren Thatsachen: Die österreichischen und Reichstruppen, die bisher das linke Rheinuser gedeckt hatten, waren im September zurückgezogen worden und nun schickte der französische Obercommandant Biron den General Custine mit einem kleinen Corps über die Grenze. Eustines Truppen bestanden fast nur aus Nationalgarden, waren also nicht eben die besten Kräfte; sie wurden aber durch einige tausend demo- kratisirte Bauern verstärkt. Die Franzosen besetzten rasch die Städte Speier und Wornis und zogen dann geradenwegs aus Mainz Io«, was ihnen nicht möglich gewesen wäre, wenn der Landgraf von Hessen-Darmstadt mit seinen braven und gut eingcllbten Soldaten ihnen den Weg verlegt hätte. Dieser schickte aber unter dem Vorwande, daß ja noch kein Reichskrieg erklärt sei, sein« Truppen nach Gießen. In Mainz ergriffen