Volltext Seite (XML)
14 20 Pfennige Vesper in der Kreuzkirche Dresden, Sonnabend, den 8. Mai 1937, abends 6 Uhr Johann Sebastian Bach (i68z—1750): Fantasie und Fuge in A-moII für Orgel Otto Reinhold (geb. 1899): „Oer Weg", Kantate für gemischten Chor, eine Männerstimme, vier Holzbläser, Cembalo und Orgel (Nach Texten von R, M, Rilke, W. O, Ullmann und Hanisch) Solisten.: Alfred Zimmer (Bariton), einige Knaben des Kreuzchorcs, Matz Gaudel (Flöte), Rudolf Kunze (Englischhorn), Franz Schubert (Klarinette), Gustav Ga ft rock (Baßklarinette), I. Noch war ich Traum, als ich zum Lebe» wuchs, und Traum war ich, als ich mich in das Leben weinte, nur Traum war ich an meiner Mutter Brust, in der gottsel'gen Mutterliebe eingehülltrr Traum. (W. O. Ullmann) Gott ist Liebe, sie umgibt mich, in der Liebe ruh ich gut. Gott ist Liebe, sie ist mein. Gott ist Liebe rein, ja, sie ist mein, dein, Liebe in mir, um mich, in dir, macht alles gut. (Hanisch) Ich spielte durch den Wundcrgartcn meines Kinderlandcs, ich pflückte Freuden aus dem Nichts, bis ich zur Ahmmg ward, daß Gott ist Geist. (W. O. Ullmann) Choral: O heil ger Geist, kehr bei uns ein und laß uns deine Wohnung sein, 0 komm, du Herzenssonne! Ou Hnnmclslicht, laß deinen Schein um uns und in uns kräftig sein zu steter Freud und Wonne! Sonne, Wonne, himmlisch Leben wirst du geben, wenn wir beten. Zu dir kommen wir getreten. II. Oa neigt sich die Stunde und rührt mich an mit klarem, metallcncm Schlag: Mir zittern die Sinne. Ich fühle: Ich kann — und ich fasse den plastischen Tag. Nichts war noch vollendet, eh ich cs erschaut, ein jedes Werde» stand still. Meine Blicke sind reis, und wie eine Braut kommt jedem das Oing, das er will. Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge zieh». Ich werde den letzte» vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich ihn. Ich kreise um Gott, »in den uralten Turm, und ich kreise jahrtausendelang: und ich weiß noch nicht: Bin ich ein Falke, ein Sturm oder ein großer Gesang. (Rilke) III, Reitet der Ritter in schwarzem Stahl hinaus in die rauschende Welt. Und draußen ist alles: Oer Tag und das Tal und der Freund und der Feind und das Mahl im Saal und der Mai und die Maid und der Wald und der Gral, und Gott ist selber vieltausendmal an alle Straßen gestellt. (Rilke)