Volltext Seite (XML)
neten Augen unverwandt nach einem Punkte blickte. Grace trat sofort an da» Mädchen heran. .WaS giebt e-, Sarah?" fragte sie mit leiser Stimme. .Der Diamant!" stieß das Mädchen erregt hervor. .Wo?" „Dort, an dem Hal« jener Frau, die in der Nähe des Zahltische» steht. Der Diamant ist neu gefaßt, aber ich erkenne den Stein selbst bestimmt wieder." Grace machte dem Detektive ein Zeichen. Er kam so gleich herbei. .Sarah sagt, daß der Diamant dort an dem Halse jener Frau, der ermordeten Stella Raimonde gehört habe," keuchte Grace mehr, al« sie e« sprach, so erregt war sie durch die Mittheilung Sarahs. Macroy ging mit ruhigen Schritten nach dem Zahltisch, berührte wie aus Versehen den Arm jener Frau und warf, während er sich entschuldigte, einen prüfenden Blick auf da« durch einen dünnen Schleier verhüllte Gesicht. Zufriedengestellt schlenderte er lang sam zu Grace zurück und flüsterte ihr zu: .Sie ist e«. Begeben Sie sich an Ihren Wagen, bitte, und geben Sie meinen Leuten einen Wink auf dem Posten zu sein." Grace verließ mit Sarah den Laden, und nachdem sie die Polizeibeamten mit ein paar Worten von der Sachlage in Kenntniß gesetzt hatte, schritt sie zu dem Wagen. Mag verweilte noch eine Weile in dem Geschäft, sorgfältig beobachtet von dem Detektive. Endlich trat sie auf die Straße hinaus, und ihr auf den Fersen folgte der Geheimpolizist. ES waren nur wenige Leute auf der Straße und cs erregte keinerlei Auf sehen, als Macroy an die Frau herantrat. „Wie geht'S, Mag?" fragte er in ruhigem Ton, als begrüße er eine alte Bekannte. Mag war ein großes, schönes Weib mit gefälligen Bewegungen und in sehr eleganter Toilette. Sie drehte sich erstaunt nach dem Detektive um und be trachtete ihn mit einem kurzen prüfenden Blick. „Ich kenne Sie nicht, mein Herr," antwortete sie kurz, fast stolz. „Ich sprach heute Morgen mit dem Detektive MapeS von der Londoner Polizei," war die ruhige Antwort MacrohS, „er trug mir Grüße für Sie auf." „Wer sind Sie?" fragte sie. Macroy schlug die Aufschläge seines Rockes zu drück und zeigte auf das kleine Metallschild an seiner Weste, das ihn als Polizribeamten auswieS. Sie wußte nun, wen sie vor sich hatte. „Ich habe mit Ihnen nichts zu thun," sagte sie von oben herab. Zufälligerweise hatte an diesem Tage das Glück „Liverpool-Mag" nicht begünstigt; es war ihr nicht gelungen, auch nur ein Stück Waare mitgehen heißen zu können, und daher ihr zuversichtliches Auftreten. „Sie irren sich, Mag," bemerkte der Detektive lächelnd, „ich habe mit Ihnen zu sprechen. Sie haben da einen sehr kostbaren Brillanten am Hals." „DaS Geschenk eines Freundes," erklärte sie schnell- „Welches Freundes?" forschte der Detektive. „Ich sehe nicht ein, warum —" begann sie. „Welches Freundes?" wiederholte Macroy in einem Ton und mit einem Blick, daß sie ihren Wider stand aufgab. „Sein Name ist Clarke." „Wo befindet er sich jetzt?" „In Chicago," antwortete sie sogleich. „Der Besitzer des Diamants," sagte Macroy, „ist dort in dem Wagen. Folgen Sie mir!" Die kurze Unterhaltung war in so leisem Ton ge führt worden, daß sie keinem der Vorübergehenden ausgefallen war. Obgleich Mag sich in Gesellschaft de« Beamten sehr unbehaglich fühlte, so wagte sie doch nicht, sich seinem Verlangen zu entziehen. Sie begleitete Macroy willig zu dem Wagen. „Madame," fragte der Detektive Grace, „ist das der Diamant, den Sie suchen?" „Ja, er ist es," antwortete Grace. „O, ich kann eS beschwören, daß er es ist," rief Sarah aus. „Geben Sie den Schmuck her, Mag!" forderte Macroy. „Aber ich kenne keinen von Ihnen," widersetzte sich daS Weib. „So begleiten Sie uns nach dem Polizeibureau!" versetzte der Detektive. „Ich will Ihnen lieber den Brillanten geben," sagte sie schnell. Sie nahm den Schmuck ab, und händigte ihn dem Beamten ein. „Sagten Sie nicht, der Name Ihres Freundes sei Clarke?" „3a," antwortete sie nach einigem Zögern. „Und wo hält er sich doch auf?" „In St. Louis," war die Antwort. „Nun dann," endigte Macroy da« Gespräch, .wollen wir uns sofort bemühen, Ihren Freund auf zufinden. Sie können gehen." Mag wandle sich eilig zum Gehen. Macroy machte seinen Leuten ein Zeichen und stieg dann in den Wagen, nachdem er dem Kutscher befohlen, um die nächste Straßenecke zu biegen. .Sie lassen die Frau entwischen!" rief Grace eif rig au«. .O nein," antwortete der Detektive lächelnd. „Aber Sie ließen sie doch gehen," warf Grace ein. Sie wird sich nach ihrer Wohnung begeben," er klärte Macroy, „und ich werde sie dort erwarten." .Ich verstehe nickt." .Sie log in betreff ihres Freundes Clarke," fuhr der Detektive fort. .Zuerst gab sie Chicago als seinen Wohnort an und dann sagte sie, er sei in St. Louis. Ich bin aber überzeugt, baß er sich hier in New-Uork aufhält." .Ah," machte Grace beruhigt. .Ich glaube, sie wird ihm eine Warnung zu kommen lassen," bemerkte Macroy. .Meine Leute ind ihr gefolgt und werden alle ihre Handlungen orgfältig bewachen. Ich will nun hier auSsteigen, um mich nach einem anderen Wagen umzusehen, in welchem ich Mag nach dem Polizeibureau schicken werde. Ich bin bald zurück; warten Sie hier auf mich." Während Macroy den Wagen verließ, wandte sich Grace mit einer Frage an ihn: „Ich sehe dort drüben ein Boten-Bureau*), kann ich meinen Gatten nicht ein paar Zeilen zukommen lassen?" .Ja," willigte der Detektive ein, „aber sagen Sie ihm nicht zuviel." „O nein!" rief Grace aus und sprang aus dem Wagen. DaS Billet, welches sie im Bureau schrieb und an Richard sandte, enthielt nichts als diese Worte: „Ick kann heute noch nicht kommen, Richard, aber hoffe, geliebter Mann, hoffe, hoffe!" IX. .Du bist der Mörder!" Macroy nahm einen andern Wagen und fuhr nach der Straße, in der sich MagS Wohnung befand. Einige Häuser von derselben ließ er den Wagen halten und erwartete hier in Ruhe ihre Ankunft. Unterdessen war Mag, nachdem sie den Detektive in GraceS Wagen hatte einsteigen seben, eine kurze Strecke die sechSste Straße hinabgegangen. Dann stehen bleibend, hatte sie sich spähend nach allen Seiten umgesehen und war darauf in eines jener Bureaus eingetreten, welche Briefe zur Besorgung annehmen. Mag glaubte sich natürlich unbeobacktet, aber in Wirk lichkeit wurde jede ihrer Bewegungen von den zwei der Gehülfen MacrohS bewacht. In dem Boten- Bureau schrieb sie einige Zeilen auf eine Karte, die sie sorgsam in ein Couvert verschloß, das sie dann dein Buchhalter des Bureaus reichte. *) Messenger-Offices (Boten-Bureaus) sind in allen ver kehrsreichen Straßen New-Jorks anzutreffen. Man kann dort Bestellungen aufgeben, die von den im Bureau immer zur Ver fügung stehenden uniformirten Knaben unter Garantie der Office-Inhaber besorgt werden. (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Bochum. Der Beleidigungsprozeß Baare- FuSangel, dem man mit Spannung entgegensah, ist durch einen Vergleich beendet, den der Gerichtsvor sitzende anregte. Der Ebengenannte führte au«: Der sogenannte Stempelfälschungsprozeß habe einen ehrenvollen Vergleich ermöglicht; aus diesem sei ins besondere die Person des Geheimrath Baare intakt hervorgegangcn. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien vollständig widerlegt und daS Ansehen des Boch umer Vereins sei nicht nur wieder hergestcllt, sondern noch befestigt worden. Aber auch bezüglich FuSangels habe die Verhandlung ergeben, daß er kein Verleum der im Sinne des Gesetzes sei, sondern daß er im guten Glauben gehandelt habe. Die Parteien seien daher in der Lage, einen für beide Theile ehrenvollen Vergleich zu schließen. — Die Kosten trägt der Kläger Geheimrath Baare. — Bremerhaven. Es dürfte wohl zu den Seltenheiten gehören, daß ein im Dienst stehender Schutzmann verhaftet wird. Das ist thatsächlich Mittwoch Abend hier vorgckommen. Ein Schutzmann, der anscheinend betrunken war, mißhandelte auf der Straße seine Frau mit dem blanken Säbel, so daß sich Passanten genöthigt sahen, einzuschreiten. Schließ lich wurde die Verhaftung des sich wie wüthend ge berdenden Menschen vorgenommen : jedoch leistete er der Schutzmannschaft energischen Widerstand und es kostete große Mühe, ihn auf die Polizeiwachtstube zu bringen. — London. Ein eigenthümlicher Eisen bahnunfall ereignete sich am Donnerstag Morgen auf der Furneß-Eisenbahn. Als nämlich die Lokomo tive eines Güterzuges von Linval nach Ulverston fuhr, sank plötzlich der hohe Eisenbahndamm 30 Fuß tief ein und Lokomotive und Tender stürzten in den Schlund. ES wurden sofort Arbeiter von Barrow berbeigeschafft, um die Lokomotive freizumacken. Da bei geriethen die Erdmassen wieder in Bewegung. Den Arbeitern gelang eS, sich noch rechtzeitig au« dem Staube zu machen, sonst wären wohl Alle ver schüttet worden. Das Loch wurde nämlich plötzlich 60 Fuß tief. Einige Minuten später hörte man, wie die Maschine mit lautem Gekrach in den Stollen eines verlassenen Bergwerk« fiel. Die acht Geleise, die sich auf dem Bahndamm befanden, hingen ent weder in der Luft, oder waren ineinander gerathen. Die Lokomotive ist natürlich verloren. Die Bahn, die sich an der beschriebenen Stelle hinzieht, gilt schon seit drei bi» vier Jahren auf der Stelle nicht für sicher. Wahrscheinlich haben die heftigen Regengüsse der letzten Wochen den Bahndamm unterwaschen. — In der Frage der Feuerbestattung, deren Erörterung durch die Choleragefahr jetzt einen neuen Anstoß erhalten hat, gehen die Ansichten der Zentrumspresse weit auSeinanver. Eine Zentrums- Korrespondenz urtheilt z. B.: .Wir halten eS für einseitig und übertrieben, wenn man die Feuerbe stattung als heidnisch und unchristlich hinstellt. Mit dem Glauben an die Auferstehung de« Fleisches Hal die Feuerbestattung nichts zu thun; in dieser Bezieh ung ist e« einerlei, auf welche Weise der Leib in seine chemischen Bestandtheile sich auflöst. Auch die Beschleunigung dieser Auflösung hat kein Dogma gegen sich. Wenn man in ein Massengrab ungelöschten Kalk streut, so beschleunigt man damit die Auflösung auch; eS ist die» aber nie beanstandet worden. An derseits vermögen wir jedoch auch die Nothwendigkeit und Nützlichkeit des Verbrennens nicht anzuerkennen." — Aluminium-Hufeisen, wie sie für den Distanzritt zwischen Wien und Berlin von verschiedenen Offizieren unserer Armee in Aussicht genommen waren, haben sich bei den voraufgegangenen Versuchen, die man mit denselben vornahm, als nicht praktisch erwiesen. In der Berliner Militärschmiede hat man vielfache Versuche mit dem genannten Metall gemacht, es hat sich dabei ergeben, daß dasselbe in kaltem Zu stande zwar leicht zu schmieden, aber beim Falzen und Lochen die Form vollständig wieder verliert. Der Beschlag hält eventuell bei mäßigem Gebrauch drei Wochen. Auf Asphaltpflaster scheint sich da« Alumi nium-Hufeisen am besten zu bewähren. Am em- pfehlenswerthesten sollen Aluminium-Hufeisen für Rennpferde sein. — Von einem schlauen Deserteur weiß ein hessischer Korrespondent folgendes Geschichtchen zu erzählen: In dem Städtchen Witzenhausen wurde dieser Tage ein lang gesuchter Deserteur endlich erwischt, welcher es sehr schlau angefangen hatte, um von seiner Spur abzuleiten. Derselbe biente bei dem in Minden in Westphalen liegenden Infanterie-Regiment Nr. 15 und desertirte bereits zu Pfingsten aus der Garnison. Um nun den Glauben zu erwecken, als sei er nach Amerika geflüchtet und glücklich über das große Wasser gekommen, ließ er seine Uniformstücke von Amerika an da« Regiment zurllckschicken, während er selbst hier ruhig in Deutschland blieb. Indessen kam man dem Schlauberger doch auf die Spur, er wurde in Witzen hausen verhaftet und zum Regiment zurückbefördert. — Mißglückte Verbesserung. Herr K., der seine Zunge nicht immer in der Gewalt hat, kommt bei einer Festlichkeit neben der wohlbeleibten Frau Kommerzienrath zu sitzen. Im Eifer veS Gesprächs bemerkt er: „Ich kann die dicken Frauen nicht leiden." In demselben Augenblick wird ihm seine Taktlosigkeit klar, und er wendet sich zu seiner Nachbarin mit dem Zusatze: „DaS heißt, wenn sie jung sind!" — Folgendes Ballgespräch theilt der Pari ser „Figaro" mit. Tänzer (während des Walzers): „Hielten Sie es nicht auch für praktisch zur Erleich terung der Heirathseinleitungen, wenn die Eltern die jungen Mädchen Broschen tragen ließen, auf denen die Ziffer der Mitgift eingravirt wäre?" — Tän zerin: „Ich hätte nicht« dagegen, unter der Bedingung, daß die Freier auf ihrer Krarattennadel die Höhe ihrer Schulden angäben." — Der beste Ausweg. Junger Mann: „Herr Doktor, rathen Sie mir, mein reicher Onkel ist ge storben und hat mir keinen Pfennig hinterlassen. Kann ich daS Testament anfechten?" — Rechtsan walt: „Wissen Sie was, fechten Sie lieber die Erben an!" — Ncuer Ausdruck. Unteroffizier (zu einem Rekruten): „Sie wollen Oberkellner sein? Ich will Ihnen sagen, was Sie sind, Sie sind höchstens ein vculirter Hausknecht!" — Logisch. Diener: „Machen Sie, daß Sie hinauskommen, es ist kein Mensch zu Hause!" — Bettler: „Dann sind Sie wohl ein Aff'?" Standesamtliche Nachrichten von Eibenstock vom s. bis mit 1l. Oktober 1802. Geboren- 269) Dem Tischler Emil Dietcl hier S. 270) Dem Handarbeiter Friedrich Bernhard Meier hier S. 271) Dem Maschinensticker Ernst Adolf Witscher hier S. 272) Dem Gerbergehilsen Paul Louis Schmalfuß hier S. 27S) Dem Bretschneider Karl Hermann Seidel hier T. 274) Dem Eisen gießer Paul Louis Flach hier S. 275) Dem Schmied Johann David Staab hier S. 276) Dem Maschinensticker Friedrich Alexander Seidel hier T. 277) Dem Waldarbeiter Ernst Emil Martin hier S. Aufgeboten: 45) Der Hauptzollamtsassistent Richard Georg Dürigen in Leipzig mit der Haustochter Margarethe Helene Walther hier. 46) Der Buchbindereigeschäftsgehilse Paul Eugen Schubart hier mit der ledigen Emma Dörfel hier. Eheschließungen: Vacut. Gestorben: 197) Des Maschinenstickers Earl Erdmann Hutschenreuter hier T., Hulda Martha, l I. 2 M. II T. 198» Der unverchel. Fabrikarbeiterin Hermine Ernestine Grimm in Wildenthal todtgeb. S. 199) Der »nverehel. Corsetnaherin Auguste Amalie Neukirch hier S., Hans Georg. I M. 19 T. 200) Der unverehel. Maschinengehilfin Anna Auguste Rau hier S., Max Alfred, 2 M. 16 T.