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«8194 89689 90297 9134« 91812 918kl 92322 927VI 92757 93858 97704 97938 9838« 99431 997«2 990S2. A»s vergangener Zeit — für unsere Zeit. 8. Oktober. Machdrnck »«rb-««». Der 8. Oktober 1890 ist ein verfehlter Tag im Leben ber Böller. An diesem Tage trat die bekannte sogenannte Mac Kinley-Bill in Kraft, jene amerikanische Maßnahme, die darauf berechnet sein soll, „Amerika den Amerikanern zu erhalten", die aber in Wirklichkeit nur der Ausdruck eines engherzigen Standpunktes ist, der sich auf die Dauer gegenüber dem immer mehr anschwellenden Weltverkehr nicht wird aufrecht erhalten lasse». Die Zeit wird es lehren, daß Amerika trotz seines Reichthums den Import nicht entbehren kann, schon deshalb nicht, weil es mit der Zeit in seinem Export allzusehr ge schädigt werden dürfte. So erheben sich denn auch jetzt bereit gewichtige Stimmen gegen jene Absperr-Bill und es wird der Tag kommen, wo diese Bill fallen wird. 7. Oktober. Auf seiner Fahrt gen Westen mußte Columbus auf der unbekannten Wasserstraße naturgemäß gar manchen Täusch ungen unterliegen; man glaubte das ersehnte Land viel früher zu finden und diese Hoffnung unterstützte mancherlei Jrrthümer. So passirte es, daß Columbus von seinem Schiffe aus eine Schaar Vögel nach Südwesten fliegen sah. Es war das am 7. Oktober 1492 und da er sich erinnerte, daß die Portugiesen manche Insel entdeckt hatten, indem sie dem Flug der Vögel folgte», lenkte er seinen Curs von Westen nach Südwestcn. Das Land wurde aber immer noch nicht sichtbar und nun fing die Mannschaft, die schon vorher unruhig gewesen, erst recht zu murren an. Berurtheilt. Eine New - Aorker Kriminal-Novelle von Arthur Zapp. (11. Fortsetzung.) „Ich möchte gern," begann Grace, das Mädchen aufmerksam anblickend, „daß Sie sich an eine Ihrer vor Gericht abgegebenen Aussagen erinnerten. Sie sagten, als Sie die verschiedenen, in der Kabine vor gefundenen Gegenstände Ihrer ermordeten Herrin be schrieben, diese Worte: „Es lag da ein Medaillon, aber ich weiß nicht, ob —" hier unterbrach Sie der Vorsitzende Richter ungeduldig und befahl Ihnen, die andern Gegenstände zu beschreiben." „Ganz recht. Miß," sagte da« Mädchen nach denklich. „Sie erinnern sich also dieser Worte?" „Nicht mehr genau. Aber ich glaube, ich sagte etwas derartiges." „Was meinten Sie damit?" fragte Grace, wäh rend sie mit vor innerer Erregung leuchtenden Augen das Mädchen forschend betrachtete. „Ich erinnere mich jetzt," berichtete das Mädchen, „eS war in der Kabine eine Medaillon gefunden worden; aber ich glaube nicht, daß es Raimonde ge hörte." „Sie glauben das bestimmt?" „O, ich bin sicher, daß ich es nie bei meiner Herrin gesehen habe; Raimonde mochte solche großen unechten Schmuckgegenstände nicht leiden." „Noch eins wollte ich Sie fragen," fuhr Grace fort, „Sie sagten aus, das Raimonde ihre Diamanten getragen habe, als sie Boston verließ. Würden Sie die Diamanten wiedererkennen?" DaS Mädchen dachte einen Augenblick nach. „Einen davon gewiß," sagte sie endlich, „denn er war an der einen Seite in einer ganz außergewöhn lichen Art geschliffen." „Wie ist doch Ihr Name? Ich habe ihn vergessen," fragte Grace. „Sarah," antwortete das Mädchen. „Nun Sarah, nehmen Sie Ihren Hut und kommen Sie mit mir. Sie sind von nun an in meinem Dienst." Mit Sarah an ihrer Seite kehrte sie in das Polizeigebäude zurück. Die Stunde war noch nicht ganz vorüber, aber Macroy erwartete bereits seinen Besuch. „Nun, Herr Macroy," wandte sich Grace sogleich, nachdem sie cingetreten war, mit spannender Erwart ung an den Detektive, „haben Sie sich entschlossen, mir zu helfen?" „Sie wissen, daß ich Herrn Vanmark für schuldig halte," rief der Detektive aus. „Ich weiß das; aber Sie gingen bei Ihrer Unter suchung von allem Anfang von der Annahme aus. Laß er der Mörder sei, und Sie forschten deshalb nur noch nach Anhaltspunkten, die diese Annahme rechtfertigen oder zu rechtfertigen schienen." „Allerdings — das ist richtig," sagte der Detek tive, „aber ich gestehe Ihnen, daß ich noch heute die Ueberzeugung habe, er hat das Verbrechen begangen. Und dennoch wünschen Sie, daß ick Ihnen beistehe?" „Ja, denn ich glaube am besten mit Ihrer Hülfe seine Schuldlosigkeit beweisen und den richtigen Mörder entdecken zu können. Ich rechne natürlich da rauf, daß Sie Ihre besten Kräste unserm Unternehmen zur Verfügung stellen." „Ganz gewiß, daß ist selbstverständlich. UebrigenS," fügte der Detektive mit einem feinen Lächeln hinzu: „Sie selbst haben die beste Fürsorge getroffen, daß ick mir das Gelingen Ihre« Vorhabens in jeder Weise angelegen sein lasse, indem Sie mir achttausend Gründe mehr für das Gelingen als für da» Miß lingen boten." „Und eS wird uns gelingen," ries Grace in zu versichtlichem Tone aus. „Richard Vanmark ist schuld los und mit Ihrem Beistand hoffe ich, seine Schuld losigkeit an den Tag zu bringen." „Sic könnten sich, wenn Sie seine Frau wären, nicht mit mehr Enthusiasmus, mit mehr Energie seiner Sache widmen," bemerkte der Detektive mit Wärme. „Ich bin sein Weib," erklärte Grace, „gestern in den Tombs wurde ich ihm angetraut." Der Detektive betrachtete die vor ihm Stehende mit einem aus Erstaunen und Bewunderung gemisch ten Blick. „Ich bin jetzt halb zu Ihrer Ansicht bekehrt, Frau Vanmark." VII. Auf der richtigen Spur. Es erforderte nur wenige Augenblicke, bis eS Grace gelang, ihre Bewegung zu bcmeistern, die die letzten mit Macroy gewechselten Worte in ihr verur sacht hatten. „Wir haben nur eine kurze Spanne Zeit," begann sie, „und dürfen keine Minute verlieren." „Haben Sie sich bereit» einen Plan gemacht?" fragte der Detektive. „Ich dachte mir, wir müßten mit unseren Nach forschungen noch einmal von Anfang an beginnen. Sie haben Ihre früheren Nachforschungen von dem Gesichtspunkt au«, daß Richard Vanmark schuldig sei, betrieben." „Allerdings," räumte Macroy ein. „Lassen Sie uns nun von dem Gegentheil auS- gehen!" „Und womit gedenken Sie zu beginnen?" „Ich möchte zuerst," antwortete Grace, „jene Gegenstände besichtigen, die in jener von Stella Rai monde innegehabten Kabine gefunden wurden." „O, dabei würden Sie nichts von Wichtigkeit ent decken," bemerkte der Detektive kopfschüttelnd. „ES war da erstens ein Medaillon — ein ziem lich große« Medaillon." „Ganz recht! Ich erinnere mich dessen," stimmte Macroy bei. „Sarah, die frühere Dienerin von Frau Raimonde, behauptete, dieses Medaillon habe nicht ihrer Herrin gehört." „Wahrscheinlich," bemerkte der Detektive, „war es ein Geschenk von einem Herrn ihrer Bekanntschaft." „Ich glaube das nicht," äußerte Grace ihre An sicht, „in diesem Falle würde Sarah es bei ihr be merkt haben. Hatten Sie das Medaillon geöffnet?" fragte sie den Detektive. „Nein," gestand Macroy. „Dann wollen wir eS jetzt thun." Macroy führte Grace und Sarah nach dem Zimmer, in welchem die von Frau Raimonde hinterlassenen Gegenstände aufbcwahrt wurden. DaS Medaillon war von ziemlicher Größe, so wie Männer solche an Uhr ketten zu tragen pflegen. Auf der Rückseite war der Buchstabe L. eingravirt. Macroy nahm das Medaillon in die Hand und untersuchte es sorgfältig. Er trat an das Fenster und betrachtete es wieder und wieder, indem sich eine sichtbare Ueberraschung auf seinem Gesichte zeigte. „Was haben Sie?" fragte Grace, die ihn auf merksam beobachtet hatte. „Ich bin meiner Sache noch nicht gewiß," sagte er. „Kommen Sie mit mir!" Sie begaben sich zu einem in der Nachbarschaft wohnenden Juwelier. Der Detektive gab dem Manne das Medaillon und fragte ihn etwas. „Unecht — nur schwach vergoldet," erklärte der Juwelier nach einer kurzen Prüfung des Metalls. „Können Sie es öffnen?" fragte Grace. „O, gewiß," sagte der Juwelier, indem er es mit einem Instrument öffnete und ihr reichte. In dem Medaillon befand sich das Bild einer Frau. Grace zeigte es dem Detektive. „Ist das Frau Raimonde?" fragte sie. „Nein!" „Ich dachte eS mir," sagte Grace mit einem Lächeln des Triumphs. „O, ich lege diesem Umstand weniger Bedeutung bei," bemerkte der Detektive, „als der Thatsache, daß das Ding unecht ist. Ich glaube nicht, daß Frau Raimonde unechten Schmuck getragen hat." „Sie haben recht," rief Grace aus, „ich sagte Ihnen, wir würden gewinnen. Nun lassen Sie uns keine Zeit verlieren!" „Wohin jetzt?" „Nach der „Bristol". Ich möchte gern die Kabine besichtigen." „Ich glaube nicht, daß —" begann der Detektive. „O, Sie müssen nicht sagen, daß wir nicht« finden werden." „So lassen Sie unS gehen!" Man machte sich auf den Weg nach dem Wasser. Da es gerade der Absahrtstag der „Bristol" war, so lag sie am Dock. Sie ließen sich den Schlüssel zur Kabine Nummer 207 geben und traten ein. Die Kabine hatte wieder ihr gewöhnliches Aussehen, und nicht« verrieth, daß sie jüngst der Schauplatz eine« blutigen Verbrechen« gewesen. Grace versuchte die Verbindungsthür nach Kabine 208 zu öffnen. Sie war verschlossen. „Sagten Sie nicht, daß damals diese Thüre offen gefunden wurde?" fragte Grace den Detektive. Mac roy bejahte. (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Eine schwere Verletzung durch einen Hundebiß ist einem hübschen jungen Mädchen in Berlin zugefügt worden. Dasselbe hatte sich in ein Schirmgeschäft in der Friedrichstraße begeben, um daselbst einen Regenschirm zu kaufen. DaS junge Mädchen unterhielt sich mit der Besitzerin und legte zur Bekräftigung dessen, was sie sagte, die Hand auf den Arm der Verkäuferin. In demselben Augen blicke sprang der große Neufundländer Hund, der annehmen mochte, e« solle seiner Herrin etwa- ge schehen, an der vermeintlichen Angreiferin empor und biß sie in die linke Backe. Der Hund ist vollständig gesund, doch erfordert die Heilung eines HundebisseS, besonders von großer Ausdehnung, sehr lange Zeit. Die Verletzte wird voraussichtlich dauernd entstellt sein. — Vor Heimweh irrsinnig. In der Irren anstalt Döbling bei Wien ist am 27. v. MtS. der Universitätsprofessor I)r. Ludwig Bandl im 50. Lebens jahre gestorben. Ein wahrhaft tragische« Verhängniß hat sich da an einem der bedeutendsten Wiener Aerzte erfüllt. Bandl bezog Anfangs der sechziger Jahre die Universität Wien und warf sich mit Eifer auf das medizinische Studium. Später wendete er sich der Geburtshilfe zu und hatte die Genugthuung, sein Streben in gelehrten Kreisen bald anerkannt zu sehen. AuS den großen wissenschaftlichen Erfolgen Bandl-, welchen er die Ernennung zum außerordentlichen Pro fessor an der Wiener Universität dankte, mußten bald auch günstige materielle Erfolge sich ergeben. Bandl wurde einer der gesuchtesten Frauenärzte Wiens. Zu Ende des Sommers 1886 trat in der Stellung de« Professors eine wesentliche Aenderung ein. An der deutschen Universität in Prag war die Lehrkanzel für Geburtshilfe erledigt und Bandl wurde für diesen Lehrstuhl vorgeschlagen. Seine Ernennung zum Pro fessor für Prag erfolgte im September. Er freute sich darüber — er wußte damals noch nicht, daß ihm der Abschied von Wien so schwer werden würde. Aber je näher die Zeit heranrückte, welche ihn von Wien entführen sollte, desto trauriger wurde er. Er ging im September nach Prag, um seine Klinik zu besich tigen. Im Oktober trat er seine Professur in Prag an, aber er konnte sich nur schwer entschließen, die Vorlesungen zu beginnen. Wiederholt mußte ihn der Dekan Chiari auffordern, seine Antrittsvorlesung zu halten. Bandl erschien im Hörsaale, aber von einem schrecklichen Weinkrampfe befallen, mußte er aus dem Hörsaale gebracht werden. Er versuchte nach einigen Tagen der Erholung noch ein zweites Mal zu seinen Schülern zu sprechen, aber er brach wieder zusammen. Sein Geist war gestört und nun ist er, schon seit Jahren irrsinnig, in der Döblinger Heilanstalt ge storben. — Als König Friedrich Wilhelm III. von Preußen einst die Teplitzer Heilquelle gebrauchte, wurde ihm auch ein alter ungarischer Oberst vorge stellt. „Feldzug mitgemacht?" fragte der König in seiner kurzen Weise. „Gewiß, Majestät," versetzte der Oberst, „habe ich doch schon unter Maria Theresia Pulver gerochen." „Sind wohl schon sehr alt?" forschte der Monarch weiter. „Na ja, bin ick viel leicht so an die sechzig oder siebzig," war die Antwort. „Vielleicht?" ries Friedrich verwundert, „das müsskn Sie doch genau wissen; in diesem Alter zählt man seine Jahre genau." „Majestät, zähl' ich meine Pferde, mein Geld, meine Sporenstiefel, — wozu soll ich zählen meine Jahre? Die stiehlt mir Niemand." — Ein Egoist. Ein Heirathsvermittler empfiehlt einem Herrn eine junge Dame und vereinbart mit demselben, daß er an einem bestimmten Tage zu der Familie des Mädchens zu Tische geladen werde, um Gelegenheit zu erhalten, das Mädchen kennen zu lernen. — Am verabredeten Tage wird derselbe wirk lich eiugeladen und begiebt sich mit dem Heiraths vermittler in das Haus der Familie. Bei Tische zeichnet sich der Ehekandidat dadurch auffallend au«, daß er dem Mahle ganz ungebührlich stark zuspricht und so viel ißt und trinkt, als er nur kann. Heim lich macht ihn der Vermittler auf das Unziemliche seines Verhaltens aufmerksam und bedeutet ihm, daß er auf diese Weise das Mädchen nicht erobern werde. — „Macht nichts," entgegnete der Kandidat, „sie ge fällt mir ja nicht, ich nehm' se sowieso nicht!" — Ein irischer Bauer kam zu seinem Pfarrer und theilte ihm voller Angst mit, er habe einen Geist gesehen. „Wann und wo?" fragte der Geistliche. „Vergangene Nacht, als ich bei unserer Kirche vor beiging, bemerkte ich das Gespenst an der Mauer." „In welcher Gestalt erschien eS?" „In der Gestalt eine« großen Esels." „Geht heim," erwiderte der Pfarrer, „Ihr seid ein furchtsamer Mann und seid vor Eurem eigenen Schalten erschrocken." — Der Unteroffizier Drillhase bemerkt einen Einjährigen, der unter der vorschriftsmäßigen Binde einen weißen Stehkragen trägt. „DaS wird ja immer netter!" bemerkt er dazu. „Jetzt kommen die Herren Einjährigen so liederlich angezogen zum Appell, daß ihnen die Unterhosen schon am Halse herauskommen!"