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Nr. 48 — Erscheinungsort Dresden für die deutsche Bevölkerung Sonntag, 15. Juli 1945 Hohe ..L für sowjetische Heerführer | y H lllll IIIIIIIIIIIMIMMIPIMIB—I Feierliche Ueberreichung in Berlin Berlin (TASS). Am 12. Juli erfolgte am Bran denburger Tor die feierliche Ueberreichung höchster englischer Orden an die Marschälle der Sowjetunion Shukow und Rokossowski sowie an Armeegeneral Sokolowski und Generaloberst M a 1 i n i n. Zum Empfang der sowjetischen Marschälle und Generale waren am Brandenburger Tor eng lische Truppenteile aufgestellt. Links und rechts des Tores sowie längs der Charlottenburger Chausse stehen englische Panzer mit ihren Besatzungen. Auf der Chaussee nimmt eine Ehrenwache der Gardegrenadiere des Königs Aufstellung. An den hohen Masten flattern die Fahnen Großbritanniens und der Sowjetunion. Am Brandenburger Tor hatten sich die alliierten Kommandanten Groß-Berlins versammelt: Gene raloberst Gorbatow, Generalmajor der eng lischen Armee Line, Generalmajor der ameri kanischen Armee Parks, General der franzö sischen Armee de Bauchain, englische, so wjetische und amerikanische Generale und Offi ziere, Vertreter der sowjetischen und ausländi schen Presse usw. Es ist 15,55 Uhr. Dem Brandenburger Tor nähert sich von Westen Feldmarschall M o n t g o m ery in Be gleitung seines Stabes. Er nimmt die Meldung der Ehrenwache entgegen und schreitet durch das Bran denburger Tor den sowjetischen Marschällen und Generalen entgegen. Pünktlich um 16 Uhr nähern sich die Mar schälle der Sowjetunion Shukow und Ro kossowski, die Generale Sokolowski und M a 1 i n i n und ihr Gefolge dem Branden burger Tor von Osten. Die Marschälle Shukow und Rokos sowski und der Feldmarschall Montgomery drücken sich die Hände und begrüßen einander wie alte Bekannte. Feldmarschall Montgomery lädt die Mar schälle Shukow und Rokossowski sowie die Generale Sokolowski und Ma 1 inin ein, die Meldung der Ehrenwache entgegenzu nehmen. Das Musikkorps spielt. Der Kommandant der Ehrenwache erstattet Marschall Shukow Be richt. Marschall Shukow, Marschall Rokos sowski, General Sokolowski und General M a 1 i n i n schreiten in Begleitung von Feld marschall Montgomery nach Abnahme des Berichts die Front der Ehrenwache ab und kehren zum Brandenburger Tor zurück, in dessen Nähe ein kleiner Tisch, geschmückt mit englischen und sowjetischen Flaggen, aufgestellt ist. Auf dem Tisch liegen die englischen Orden. Es beginnt die' Zeremonie der Ueberreichung der Orden. Feldmarschall Montgomery wendet sich an den Marschall der Sowjetunion Shukow mit den Worten: „Auf Befehl Seiner Majestät des Königs von Großbritannien habe ich die Ehre, Ihnen, Mar schall der Sowjetunion Shukow, das Große Kreuz des Bathordens zu überreichen." Der Feldmar schall heftet darauf an die Brust Marschall Shu- kows das breite purpurne Band mit dem Bath- orden. Marschall Shukow bittet den Feldmar schall, dem König von Großbritannien seinen Dank für die hohe Auszeichnung auszusprechen. Danach heftet Feldmarschall Montgomery im Namen des Königs von Großbritannien das purpurne Band mit dem Kommandeurkreuz des Bathordens Marschall Rokossowski an die Brust. Marschall Rokossowski dankt dem Feld marschall für die Auszeichnung. Feldmarschall Montgomery überreicht sodann den Generalen Sokolowski und M a- 1 i n i n die Kommandeurkreuze des Ritterordens des Britischen Imperiums. Die Generale sprechen ihren Dank aus. Die Zeremonie ist beendet. Feldmarschall Montgomery, die Marschälle Shukow und Rokossowski und die Generale Soko lowski und Mal inin begeben sich zur Tri büne, begleitet von englischen, amerikanischen, sowjetischen und französischen Generalen und Offizieren. Die englische Ehrenwache ordnet sich für den Parademarsch. Unter den Klängen des Musikkorps beginnt der Vorbeimarsch. Nach der Parade verabschieden sich die Mar schälle Shukow und Rokossowski und die Generale Sokolowski und M a 1 i n i n von Feldmarschall Montgomery und begeben sich zurück zum Stab der sowjetischen Be satzungstruppen in Deutschland. V mmm Marschall Rokossowski rapportiert dem Marschall Moskau am 24. Juni 1945 ■■asuwff»--. >v V Shukow — Siegesparade auf dem Roten Platz in T ASS-Bilderdienst Verhaltung deutscher Magnaten London 1 ^ (TASS). Reuter berichtet aus München, daß in ganz Bayern (amerikanische Besatzungszone) im Laufe der letzten Tage Massenverhaftungen deutscher Persönlichkeiten aus der Industrie und Finanzwelt vorgenommen werden. Ungefähr 100 Verhaftungen sind be reits durchgeführt worden. Viele der Verhafteten stehen inVerbindung mit demGöring-Konzern oder ähnlichen nazistischen Unternehmen. Andere hatten leitende offizielle Stellungen in der Wirt- Gelehrte über die Wissenschaft in der Sowjetunion New York (TASS). Wie die Associated Preß Agentur berichtet, gab der amerikanische Ge lehrte K o 11 h o f, der mit einer Gruppe ameri kanischer Wissenschaftler an der Feier des 220jährigen Jubiläums der Akademie der Wissen schaften der UdSSR teilgenommen hat, im Namen der ganzen Gruppe seiner Begeisterung Ausdruck über die wissenschaftlichen Errungen schaften der Sowjetunion. Kolthof betonte ganz besonders die Unterstützung, die die Sowjet regierung den Wissenschaftlern zukommen läßt, und das breite Heranziehen von jungen Ge lehrten zu wissenschaftlichen Forschungs arbeiten. Die amerikanischen Gelehrten be merkten mit Genugtuung, daß ihnen volle Mög lichkeit geboten wurde, sich mit den wissen schaftlichen Errungenschaften der sowjetischen Gelehrten bekannt zu machen. Bukarest (TASS). Die Delegation der rumä-, nischen Gelehrten, die von der Jubiläumssitzung der Akademie der Wissenschaften aus Moskau zurückgekehrt sind, veranstaltete eine Presse konferenz für die Vertreter der rumänischen und ausländischen Presse. Der Akademiker Konstaninescu sprach von tfer Rolle der sowjetischen Wissenschaft wäh rend des Vaterländischen Krieges und erklärte: „Ich habe mich davon überzeugt, daß die sowje tische Wissenschaft ein sehr hohes Niveau er reicht hat. Die sowjetische Wissenschaft stand vor sehr komplizierten und schwierigen Pro blemen. Diese sind von ihr nicht nur theo retisch, sondern auch praktisch gelöst worden. Der Sieg der Roten Armee zeugt von der erfolg reichen Lösung dieser Probleme." „Die sowjetische Wissenschaft, — fuhr Aka demiker Konstaninescu fort —, nutzt die wissen schaftlichen Errungenschaften für das Wohl der Gesellschaft aus. Von patriotischen Gefühlen durchdrungen, arbeiten die sowjetischen Gelehr ten für das Volk. Die ganze Welt hat die sowjetische Wissenschaft und Kultur bislang unterschätzt. Trotz aller Schwierigkeiten von innen und von außen entwickelte sich die sowje tische Wissenschaft von Jahr zu Jahr und schritt von Sieg zu Sieg. Zusammen mit den Arbeitern und den Kolchosbauern hat sie aus der Sowjetunion einen der mächtigsten Staaten der Welt gemacht. Ich bin glücklich, Zeuge da von gewesen zu sein, daß jetzt als Ergebnis des Krieges die Vertreter der Gelehrten der ganzen Welt die Errungenschaften der sowjetischen Wissenschaft anerkannt haben. schaft bekleidet oder Anteil an der Verwaltung der von den Deutschen besetzten Gebiete ge nommen. Die Bankkonten aller Verhafteten wurden auf Befehl des amerikanischen Oberkommandos „eingefroren". Vor den Wahlen in die französische konstituierende Versammlung Paris (TASS). Das französische Nachrichten ministerium gab den Pressevertretern ein offiziel les Kommunique des Ministerrats bekannt, das folgenden Wortlaut hat: „Nach, ausführlicher Beratung nahm der Ministerrat einstimmig einen Gesetzentwurf über Wahlen in die konstituierende Versammlung sowie über die provisorische Organisation der Staatsgewalt an. Der Gesetz entwurf, der sofort der Beratenden .Versammlung zur Prüfung vorgelegt wird, sieht vor, daß die Nationale Konstituierende Versammlung auf Grund einer allgemeinen Abstimmung gewählt wird. Die Versammlung wird ihrerseits den Vor sitzenden der provisorischen Regierung wählen. Zwecks Organisierung der Staatsgewalt bis zur Verwirklichung der zukünftigen Verfassung sind provisorische Maßnahmen vorgesehen. Die Verfassung, die durch die Nationalver sammlung ausgearbeitet wird, wird der Nation zur Bestätigung vorgelegt. Ueber den Gesetz entwurf wird das Land mittels eines Referendums entscheiden. Sollte die Nation den Entwurf ab lehnen, wird die Nationalversammlung eine De putiertenkammer schaffen und, gemäß der Ver fassung von 1875, der Senat gewählt. Neuer Oberbefehlshaber in Norwegen Oslo, (TASS). Die hiesigen Zeitungen berich teten dieser Tage, daß an Stelle des Kronprinzen Olaf ab 15. Juli General Rüge zum Ober befehlshaber der norwegischen Streitkräfte er nannt wird. General Rüge 'st vor kurzem aus der deutschen Kriegsgefangenschaft. zurück- gekehrt. DieLügevom„Lebensraum“ Von W. Kanter Wenn das deutsche Volk sich aus dem gegen wärtigen größten Zusammenbruch seiner Ge schichte wieder herausarbeiten will, so ist dazu unerläßlich eine gründlich innere Umerziehung jedes einzelnen. Die nazistische Denkweise muß verschwinden, die nazistische Ideologie muß aus den Hirnen heraus, denn diese „Ideologie" ist nichts weiter als ein Sammelsurium von Zwecklügen und Zweckfälschun gen mit dem Ziel, ein Volk inner lich reif zu machen für den Er oberungskrieg. Greifen wir aus'dem Wust der Naziideologie die Lüge vom „Lebensraum" heraus. Das deutsche Volk, so sagten die Nazis, sei ein „Volk ohne Raum", ein „Habenichts", weil es viel zu dichtgedrängt lebe, während die Men schen z. B. in Amerika oder in Rußland bedeu tend mehr Land zur Verfügung hätten. Schon in „Mein Kampf" gab Hitler den Weg an, der aus diesem Zustand herausführen sollte: „Wollte man in Europa Grund und Boden, dann konnte dies nur auf Kosten Rußlands geschehen, dann mußte sich das Reich wieder auf der Straße der einstigen Ordensritter in Marsch setzen." Boden, angeblich für die deutschen Bauern, sollte gewonnen werden durch Unterwerfung und Vernichtung anderer Völker, vor allem der Völ ker der Sowjetunion. Dabei wäre es so einfach gewesen, „Lebensraum" zu schaffen in Deutsch land selbst!. 1939 besaßen immer noch 16 Fa milien der ehemaligen Fürsten häuser rund 600 000 Hektar Land! Und etwa 3000 Großgrundbesitzer hatten in Deutschland ebensoviel Land wie 2250000 deutsche Bauern. Es wäre also nicht nötig gewesen, Millionen deutscher Bauern nach Rußland zu schicken, wo sie statt des „Lebensraumes" ihren Todesraum fanden. Aber die Landnot war nur ein V o r w a n d für den Eroberungskrieg. Es' kam den Nazis gar nicht darauf an, leeres Land zur Besied lung zu gewinnen, sondern Gebiete zu rauben, die reich an Rohstoffen waren, Bergwerke und Betriebe besaßen und in denen Menschen wohn ten, die man als Sklaven arbeiten lassen konnte. - Den deutschen Soldaten folgten die Vertreter der größten deutschen Industriekonzerne auf dem Fuße. Zahllos waren die Gründungen von Firmen und Gesellschaften von der Ukraine bis zum Kaukasus. Mit zynischer Offenheit gab Goebbels im Oktober 1942 in Gdingen den imperialistischen Charakter des Krieges zu, als er sagte: „Man glaube doch nicht, daß wir für Ideale kämpfen! Wir könnten vor unserem Volk gar nicht bestehen, wenn wir mit leeren Händen dastünden. Nein, wir kämpfen für Eisen und Kohle, für Oel und wogende Wei zenfelder. Das regt unsere Soldaten an, und da für fallen sie." Man sieht, das poetische Wort „Lebensraum" bedeutete genau so wie einst der „Platz an der Sonne", von dem Wilhelm II. sprach, nichts anderes als Rohstoffe, Arbeits sklaven, Kapitalanlage für die Großherren des Finanzkapitals. Aber es ist überhaupt falsch, daß der Wohl stand eines Volkes nur von der Größe seines „Lebensraumes" abhängt. Vor dem Kriege betrug die Bevölkerungsdichte in Deutschland 140 Men schen je Quadratkilometer, in Polen nur 70. Aber doch war das Lebensniveau in Deutschland zweifellos höher. Oder betrachten wir zwei Länder von etwa gleichem Lebens standard: Schweden und die Schweiz. In Schweden wohnen nur 14,5 Menschen auf dem Quadratkilometer, in der Schweiz dagegen 97. Wie ist das zu erklären? Daraus, daß der Wohlstand eines Volkes eben nicht vom Raum abhängt, sondern in erster Linie von der Ent wicklung der Produktivkraft, d. h. vom Stand der Technik, der Kenntnisse und Arbeitsmethoden. Natürlich ist auch das politische Regime ein ausschlaggebender Faktor für den Aufstieg oder Niedergang einer Nation, für Entwicklung oder Verfall ihrer Produktivkräfte. Wir brauchen nur das zaristische Rußland mit dem heutigen Ruß land unter der Sowjetmacht zu vergleichen, um das einzusehen. Weite und Reichtum des Landes waren unter dem Zarismus nicht geringer als heute, und doch war dag russische Volk arm und rückständig. Erst die Sowjetmacht hat den unvorstellbaren Umschwung und Aufstieg ge bracht. Im Hitlerdeutschland ging die Entwick lung umgekehrt. Die ganze Wirtschaft wurde auf Krieg umgestellt und alles, was für die Wohl fahrt des Volkes arbeitete, gedrosselt und lahm gelegt. So wurden die Produktivkräfte unter bunden, und die einseitige Entwicklung der In dustrie im Dienste des Krieges führte zu einer Erschöpfung der Finanzen, zur unentrinnbaren Verschlechterung der Lage des deutschen Vol kes — bei gleichzeitiger Bereicherung eines Häufleins von Magnaten, denen die Kriegs industrie eine gute Pfründe bedeutete. Von einschneidender Bedeutung für den Wohlstand oder die Verarmung einer Nation ist f erner das soziale System. Sklaven, Leibeigene, Hörige arbeiten wesentlich schlechter als freie Bauern, freie Arbeiter. Der Sieg des soziali stischen Gesellschaftssystems in der Sowjetunion führte zu einem beispiellosen Aufschwung der Produktivkräfte, auch in den