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Preis 15 Pfg. Nr. 19 für die deutsche Bevölkerung Dienstag, 12. Juni 1945 Befehl Nr. 2 des Obersten Chefs der Sowjetischen Militärischen Administration 10. Juni 1945 Berlin Am 2. Mai d. J. besetzten die Sowjettruppen Berlin. Die Hitlerarmeen, die Berlin verteidigten, haben kapituliert, und einige Tage darauf hat Deutschland die Urkunde über die bedingungslose militärische Kapitulation unterzeichnet. Am 5. Juni wurde im Namen der Regierungen der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, der Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritanniens und Frankreichs die Deklaration über die Niederlage Deutschlands und die Uebernahme der Obersten Befehlsgewalt über ganz Deutschland durch die obengenannten Mächte bekanntgegeben. Seit der Besetzung Berlins durch die Sowjettruppen besteht im Gebiet der sowjetischen Besetzungszone in Deutschland feste Ordnung, sind örtliche Organe der Selbstverwaltungen und die nötigen Bedingungen für eine freie gesellschaftliche und politische Be tätigung der deutschen Bevölkerung geschaffen worden. In Anbetracht des oben Ausgeführten befehle ich; 1. Im Bereich der sowjetischen Besetzungszone in Deutschland die Schaffung und Tätigkeit aller antifaschistischen Parteien zu erlauben, die sich die endgültige Ausrottung der Reste des Faschismus und die Festigung der demokratischen Grundlagen und bürgerlichen Freiheiten in Deutschland zum Ziel setzen und in dieser Richtung die Initiative und freie Betätigung der breiten Massen der Bevölkerung fördern. 2. Der werktätigen Bevölkerung in der sowjetischen Be setzungszone in Deutschland das Recht zur Vereinigung in - freie Gewerkschaften und Organisationen zur Wahrung der Interessen und Rechte der Werktätigen einzuräumen; den Gewerkschaften und Vereinigungen das Recht zur Ab schließung kollektiver Verträge, mit den Unternehmern so wie zur Organisierung von Versicherungskassen und anderen Institutionen gegenseitiger Unterstützung, Kultur-, Aufklärungs- und anderen Bildungsvereinigungen und Orga nisationen zu gewähren. 3. Alle in den Punkten 1 und 2 erwähnten antifaschistischen Parteiorganisationen und freien Gewerkschaftep haben ihre Statuten oder die Programme ihrer .Tätigkeit in den ört lichen Selbstverwaltungen und bei den militärischen Kom mandanten zu registrieren und ihnen gleichzeitig die Listen der Mitglieder ihrer führenden Organe vorzulegen, 4. Festzulegen, daß für die ganze Zeit der Durchführung des Besetzungsregimes die Tätigkeit aller in den Punkten 1 und 2 erwähnten Organisationen unter der Kontrolle der Sowjetischen Militärischen Administration und in Ueberein- stimmung mit den von ihr herausgegebenen Instruktionen ausgeübt wird. 5. In Uebereinstimmung mit oben Dargelegtem sind die ganze faschistische Gesetzgebung und alle faschistischen Be schlüsse, Befehle, Verordnungen, Instruktionen isw.,- die sich auf die Tätigkeit der antifaschistischen politischen Parteien und freien Gewerkschaften beziehen und gegen die demo kratischen Freiheiten, bürgerlichen Rechte und Interessen des deutschen Volkes gerichtet sind, aufzuheben. Der Oberste Chef der Sowjetischen Militärischen Administration Marschall der Sowjetunion G. K. Shnkow Der Stabschef der Sowjetischen Militärischen Administration Generaloberst W. W. Kurasow Shukow und Wyschinski vor Pressevertretern in Berlin Marschall Shukow teilt Einzelheiten über die Entscheidungsschlacht um Berlin mit Berlin (TASS). Hier iand beim Oberbefehls haber der sowjetischen Okkupationstruppen in Deutschland, G. K. Shukow, und beim Stellver treter des Volkskommissars für Auswärtige An gelegenheiten der UdSSR, A. J. Wyschinski, eine Pressekonferenz der sowjetischen und ausländi schen Korrespondenten statt Marschall der Sowjetunion; Shukow, ant wortete auf zahlreiche Fragen, die ihm von einer Gruppe englischer, amerikanischer, kana discher und französischer Korrespondenten in schriftlicher Form gestellt wurden. — Man fragt mich — sagte G. K. Shukow—, was ich als wichtigste unter den Aufgaben der Alliierten Kontrollkommission ansehe und wie ' ich die. Entwicklungsperspektiven der all gemeinen Politik der vier Großmächte in bezug auf Deutschland betrachte. Diese Frage ist völlig durch Sie Meldungen unserer Presse über den Kontrollrat geklärt. Diesbezüglich habe ich keinerlei besonderen Meinungfen. Die Schlacht um Berlin - — Als zweite Frage — fuhr der Marschall i fort — wurde mir folgende gestellt: Ob ich irgendwelche bisher noch nicht bekanntgegebenen Einzelheiten über die abschließende Schlacht um Berlin mitteilen könne. — Die Schlacht um Berlin war eine ent scheidende Schlacht. Wir hatten uns auf sie ernstlich vorbereitet Zu dieser Schlacht, die zur Finalschlacht wurde, hatten wir genügend Kampfmittel herangezogen und die Operationen so berechnet, daß wir sichergingen. Wir hatten zu dieser Operation genügend technische Kampf mittel — Luftwaffe, Panzer und Artillerie — kon zentriert, um in kürzester Zeit den Widerstand des Gegners zu brechen und uns schnell Berlins bemächtigen zu können. Die Operation war in allen ihren Details sehr sorgfältig vorbereitet. Besonderes Augenmerk wurde auf das Zu sammenwirken aller Waffengattungen gelegt. DJe Deutschen erwarteten unseren Schlag. In der Annahme, daß sie diesen Schlag in Richtung Berlin erwarteten, haben wir uns sehr lange überlegt, wie wir ihn unerwartet für den Gegner organisieren könnten. Um den Deutschen eine Ueberrasfchung größten Maßstabes bereiten zu können, entschloß ich mich als Befehlshaber für einen unerwarteten nächtlichen Angriff an der ganzen Front. Zu Beginn führten wir eine nächt liche Artillerievorbereitung durch, die nach den Aussagen der deutschen Gefangenen von den Deutschen nicht erwartet wurde. Letztere hatten angenommen, daß wir wohl nächtliche Aktionen unternehmen werden, doch nicht gemeint, daß es der Hauptangriff sein würde. Nach der Artillerievorbereitung unternahmen wir einen nächtlichen Panzerangriff. In diesen Angriff warfen wir über 4000 Panzer, unterstützt von 22 000 Geschützen und Granatwerfern. Dieser Schlag wurde aus der Luft von vier- bis fünf tausend Flugzeugen unterstützt, die schon in der Nacht zum Einsatz kamen. Die Luftwaffe flog ihre Einsätze über dem Schlachtfeld wellenweise. Nachts flogen 1000 Kampfflugzeuge, die anderen morgens und am Tage. Im Laufe von 24 Stunden wurden über 15 000 Feindflüge unternommen. (Fortsetzung siehe Seite 2) t Ein Dokument des alliierten Sieges Am 5. Juni wurde in Berlin die Deklaration, über die Niederlage Deutschlands und die Uebernahme der obersten Befehlsgewalt durch die Regierungen der vier Alliierten Mächte unterzeichnet. Diese von dem Marschall der Sowjetunion Shukow, Armeegeneral Eisenhower, Frldmarschall Montgomery und General Delattre de Tassigny Unterzeichnete Deklaration ist ein bedeutendes historisches Dokument — das Dokument des großen Sieges der Vereinten Na tionen über Hitlerdeutschland. Die Deklaration der vier Mächte besiegelt den Sieg über das Dritte Reich Hitlers und fördert die Errichtung des Friedens und der Sicherheit in Europa. Sie^ ist durchdrungen vom Geiste der Gerechtigkeit und entspricht den Lebensbedürfnissen aller freiheitsliebenden Völker. Die Deklaration der Alliierten Mächte ist die Verkörperung der Beschlüsse der Krim-Konferenz über die Besetzung Deutschlands und die Kon trolle über Deutschland. „Wir haben uns" — hieß es in den Beschlüssen der Führer der drei Alliierten Mächte — „über die allgameine Politik und die Pläne zur zwangsmäßigen Erfüllung der Verpflichtungen der bedingungs losen Kapitulation geeinigt, die wir ge meinsam dem nazistischen Deutschland vor schreiben werden, nachdem der deutsche bewaffnete Widerstand endgültig gebrochen sein wird." Diese Verpflichtungen, getragen von der hohen Idee des Friedens und der Sicherheit der Völker, entspringen dem einheitlichen Willen und den einheitlichen Bestrebungen der Alliierten Mächte, eine solche Lage zu schaffen, die jede Möglichkeit für eine Wiedererstehung des deutschen Militarismus und des Nazismus ausschließt. Die Fehler des Jahres 1918, des Waffenstill« Standes von Compiögne und des darauffolgenden Versailler Friedensvertrages sind nicht wieder holt worden. Die in der Deklaration der vier Mächte dargelegten Forderungen, die aus der völligen Niederlage und bedingungslosen Kapi-i tulafion Deutschlands resultieren, bieten die Ge währ dafür, daß es dem deutschen Militarismus nicht gelingen wird, ein Schlupfloch ,zu finden, um die geplante Wiederbelebung der deutschen f riegsmacht und einen Revanchekrieg Wirklich- eit werden zu lassen. Die Deklaration der Alliierten Mächte schafft ein wohlgeordnetes System des Besatzungs regimes, das sich auf die enge Zusammenarbeit und koordinierte Tätigkeit der Oberkomman dierenden der Besatzungsarmeen gründet. Die Deklaration ist durchdrungen vom Geiste un verbrüchlicher Einheit und ist ein tödlicher Schlag für die diversen offenen und getarnten Goebbels-Nachfolger, die noch nicht auf ihre Unterwühlungspläne verzichtet haben, Pläne, in denen der Versuch, Gegensätze zwischen den Alliierten Mächten zu entfachen, eine große Rolle spielt. Die Deklaration macht den Umtrieben jener reaktionären Elemente ein Ende, die sich der Hoffnung hingaben, daß die gemeinsame Be setzung Deutschlands zu Zwistigkeiten zwischen den Alliierten führen könnte. Den Standpunkt dieser Elemente spiegelte gewissermaßen die türkische Zeitung „Akscham" wider, als sie vor einigen Tagen kategorisch behauptete: „Die Hoffnungen auf Frieden und Ruhe in Europa haben sich nicht erfüllt." In Wirklichkeit ist das Gegen teil der Fall — gerade die Hoffnungen jener reaktionären Kreise haben sich nicht erfüllt, die Frieden und Ruhe in Europa am wenigsten wünschen. Die Alliierten Mächte haben alle notwendigen politischen und organisatorischen Schlußfolge rungen aus der Kapitulation des von der Roten Armee und den alliierten Armeen zerschlagenen Hitlerdeutschlands ge zogen. In ihrer Deklaration wird darauf hin gewiesen, daß die deutschen Behörden und das deutsche Volk alle Forderungen der alliierten Vertreter bedingungslos erfüllen müssen und Die Schlacht um Berlin. Sowjetpanzer und -Sturmgeschütze rücken in den Straßen Berlins vor. Aufnahme Wellkshanin