Suche löschen...
Sächsische Volkszeitung : 03.12.1940
- Erscheinungsdatum
- 1940-12-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-194012033
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19401203
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19401203
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1940
-
Monat
1940-12
- Tag 1940-12-03
-
Monat
1940-12
-
Jahr
1940
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 03.12.1940
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Altdeutsche Adventsbrärrehe im Niederlande / I. Die religiöse Grundstimmung der Altniederlünder Volksseele Wohl kauin eine andere Landschaft in deutschen Landen ist so reich durchwirkt gewesen von altehrwürdigen, erhebenden Voikssitten und -bräuchen, wie die alte Oberlausitz. Hier aus diesen« Boden wies das alte Brauchtum eine seltene Fülle aus, es glich einem herrlichen, reichgcgliederten Bauwerke, wie eine mittelalterliche Burg oder ein Don«, voi« dessen stolzer, edler Linienführung die noch erhaltenen Reste eine Ahnung zu geben vermögen. Bon diesem einst vorhandenen, heute leider zum grötzlen Teile versunkenen Brauchtum der alte«« Ober lausitz hat sich das Niederland als Zweiglandschaft der Ober lausitz am meisten beivahrt und trotz der intensiven Industriali- sterung dieser Landschaft bis auf unsere heutigen Tage «vie durch ein Wunder herübergerettet. Dies mag wohl einesteils an der Berkehrsabgeschlosienheit dieser Landschaft ii« früheren Zeiten liegen, in der Zett, bevor diese Gegend durch den mo dernen Bahnverlrehr stärker erschlossen war. wo ai« ihr, als den südlichsten Gebirgsausläufern der alten Obcrlausitz, die Hauptverkehrsadern seitwärts vorbeisührten. In solchen ver kehrsabgeschlossenen Landschaften erhielt sich naturgemätz alles Bolksbrauchtum länger als in den sogenannte«« „verkchrsosse- nen" Landschasten. In der Hauptsache aber mag das längere Bewahren alter Volksbräuche der erhaltenden Macht des Katholizismus zuzuschreiben sein, da ja dieser an und für sich eine sehr konservative Religion ist, die auf das Denken und Fühlen ihrer Anhänger absärbt. I«, dieser Hinsicht weist trotz anderweitiger tiefgehender Unterschiede der katholische Teil der Lausitz und das kath. Nlederland gleiche Züge auf über die tren nende protestantische Zone hinweg. Bei beiden finden «vir die gleiche Tatsache des zähen Festhaltens an den« altüberlieferten Volksgute der alten Sitten und Bräuche. Diese Bräuche waren einst auf dem Boden der ganzen Oberlausitz verbreitet, nur sind sie dort zeitig schon ausgcstorben. Besonders aber an den Höhepunkten des Kirchenjahres, den sogenannten „hehren Zei ten", da offenbart sich auf Niederländer Bode«« noch Altobcr- lausitzer Volkstum in seiner volle«« Reinheit und Tiefe. Das hängt aufs innigste zusammen mit dem Stammescharaklcr wie er sich in einem jahrhundertealten Vcrschmelzungsprozesse der besiedelnde«« deutsche«« Stämme herausgebildet hat auf die sem Boden. >vo eine vielfältige Blutinischung und äuherst kom plizierte Wesensdurchdringung stattgefunden hat. Diese in ihren Charaktereigenschaften oft diametral entgegengesetzte«« Stämme wie Mittel- und Niederdeutsche haben sich „bei dein Anglci- chungsprozesse der Bildung eines deutsche«« „Ncustammes" doch auf eine einigende Grundformel, einen gemeinsamen Nenner gewissermatzen, im Laufe der Zeit geeinigt, und das war ihre tiefe Religichität. Die tiefe Religiosität des Altoberlausitzcr Menschen spiegelt sich wider in der Literatur dieser Landschast seit dem 17. Jahrhundert, seit Jakob Böhme, dem Pietisten, den Herrnhutern usw. Das Eigenleben der Lausitz wurde der reli giöse Gedanke, sie ist unter allen deutsche«, Landschasten wohl die am stärksten religiös betonte gewesen. Nutzer dem Volks liede kommt diese Eigenart der Altoberlausitzer und Altnieder- länder Volksseele insbesondere in dein altehrwürdigen Brauch tum sinnfällig zuin Ausdruck. Da ist es vor allein neben dem Oslerfestkreis der Weihnachtssestkreis. welcher infolge seiner Länge und reichen Gliederung seines Geschehens dein Volks- gemiite den weitesten Spielraum für die Entfaltung seiner Eigenart bot. Das Volk früherer Zeiten hierzulande versenkte sich mit der grötzten Innigkeit in die Geheimnisse dieser Fest zett und durchdrang sie mit seiner Wesenheit. Und der Wesens art des alten Niederländers Kain gerade der Stinnnungsgehalt der Vorweihnachtszcit mit ihrem Zauber heimlicher, verhaltener Erwartung, der Vorfreude ans das grotze Wunder, die sich lang sam steigerte, vorzüglich entgegen. Denn der Altniederländer Mensch, vorwiegend Bauer und Kleinhäusler in früherer Zeit, der unter der harten Fron des Alltags seufzte, der liebte es, sich in erhebende«, Weihestundcn emporzuschwingen über die Misere und über die Niederungen seines Alltagslebens, er empfand zutiefst das Bedürfnis, in solchen Höhepunkten seines Daseins die Leiden und Härten seiner Existenz zu vergessen und aus solchen Festfeiern neue Kraft für die Wetterführung seines schwierigen Daseinskampfes zu schöpfen. Diese geistige Erhebung in Wcihestunden, Oasen gleich in seiner täglichen Wüstenwanderung, konnte zu damaligen Zeilen, wo Kunst und Wissenschaft den breiten Volksinassen noch durchaus unzugüng- llch waren, nur der Glaube mit seinen erhabenen Heilslchren und tiefgründigen Geheimnissen schenken. Deshalb sammelte das Volk Im Niederlande einst lange Zeit vorher alle seine materiellen und geistigen Kräfte für die hohen Zeiten des Kirchenjahres, auf die „hiehre" Zelt, freute sich alt und jung lm voraus und so ist es denn aus dieser seelischen Grundhal- tung heraus leicht zu erklären, waruin das Niederländer Volk aus der Tiefe des Volksgemiites heraus diese Hochfeste mit Bräuchen symbolischer Natur reich umkräuzte, in die es sein innerstes Denken und Fühlen, Glauben. Hoffen und Ahnen, seine Erden- und Himmelssehnsucht, kurzum sein ganzes tiefes Seelenleben hineinlebte. Lange vor solchen Hochfesten der Chri stenheit bemächtigte sich unserer Ahnen eine hochfeierliche See lenstimmung, die sie befähigte, den ganzen Zauber einer solchen Festzelt voll auszuschöpfen, sic waren wirklich Meister iin Aus kosten der Vorfreude, des Schönsten in« Leben. Dieses Innen leben konnte sich nun in der Adventszeit, der Vorbereitungs zeit auf das innigste Familienfest voll und ganz entfalten. Die Advcntsstimmung der Seele, wie sie so schön im 56. Psalm ansgcdriickt ist: .'.Paratuin est cor «neun«, parata est anima mea" (Bereit ist mein Herz, bereit ist meine Seele", sie lag dem altniederländischen Volkscharakter ganz besonders. Das „Tauet Himmel den Gerechten, Wolken regnet ihn herab", und „Ecce Dominus veniet et omnes sancti eijus cum eo" (Siehe, es «vird der Herr kommen und alle seine Heiligen mit ihm) der Adventskirchenlieder entsprach so ganz seiner erwar tungsvollen Seelenstimmung aus die Ankunst eines Erlösers aus seinen Nöten und Netzen innerste Gcsühlssaitcn in ihm erklingen. Denn, unfähig, sich selbst von der Last und Enge seines Daseins im kleinen Nahmen zu befreien, hat der Alt niederländer gläubigen Geinütcs immer dein grotzen Wunder in seiner Seele entgcgengeharrt. Von Haus aus war der schle sische und Oberlausitzer Reihendorsbeivohner durch die starre Husenstruktur zu einem Familienindividualisten, besser gesagt Familiengruppenindividualisten vorherbestimmt, der vorwiegend nach innen lebte. Und die Weihnachtszeit war die Zeit im Iah- rcskreislause, «vo diese seelische Eigenart sich am tiefsten aus leben und ausprägen konnte. (Fortsetzung solgt.) Zwischen Furcht und Hoffnung Es ist etwas eigenes um die seelisch Wirkung einer ern sten Krankheit. Der Mensch wird aus dein Krankenlager zu e'nein hilflosen und furchtsamen Kinde: sein Wirklichkeitssinn ist auffallend herabtzesetzl, er ist nicht mehr imstande, kühl und sachlich zu denken, vielmehr schwebt er zwischen Furcht und Hoffnung Aengstlich klammert er sich wie eil« Ertrin kender an jeden Strohhalm, sein einziger Gedanke ist, wieder gesund zu werden. Die ernste Krankheit lehrt uns besser als alles andere handgceifiich, namentlich wenn sie mit Schmerzen und gualool- len Nachten verbunden ist, die sragilitas Humana, die mensch liche Gebrechlichkeit. Wir ersahren, was wir in gesunden Tagen nur seilen wirklich verstehen, — datz der Mensch aus sich selbst angewiesen, eigentlich nichts vermag und datz alles Gnade ist. Ost ist der kranke Mensch so sehr voi« seinem Leide«« ii« An spruch geiDmmen. datz er sogar gegen Dinge gleichgültig «vird, die zuvor sein Herz crsüllten. Musik vielleicht liebt« er leidcn- sci)afl!ich, — jetzt emnsindet er sie als Vermehrung seiner Qual: seine Zeitung «nutzte er vordem gewohnheitsmätzig lesen, ehe er an seine Arbeit ging oder «venn er voi« der Werkstatt heim kehrte, sonst fehlie ihm etwas Unentbehrlici)es, — nun will er nichts mehr wissen von den Tagesneuigkciten. Das ganze In nenleben eines Menschen kann durch schwere Krankheit in wil den Umsturz geraten. Ein erfahrener Krankenl-ausseelsorgcr, Pf. Werner Schöllgen (Bonn) beschreibt in einem feinen, „Christliche Tapfer keit in Leid und Tod" betitelten Büchlein (87 S. Würzburg, Echter-Vcrlag) die tiefgreifende seelische Veränderung, die in einen» Kranken vor sich geht. Aus Erfahrung an vielen Kran kenbetten schildert er anscl)aulich, wie sehr der Kranke den Irrgängen des menschlichen Herzens ausgesetzt ist, wie leicht er gerissenen Kurpfuschern in die Hände fallen kann, die das Uebel hundertfach verschlimmer», wenn er keinen inneren Halt Hal. Gewitz, die ärztliche Kunst vermag heute viel. Sie vermag ganz besoilders da»«« viel, «venn sie sich mit der Seclenheilkuode verbindet, denn jede Krankheit ist seelisch überlagert. Der Arzt kann in grotzem Segen wirken, «venn er zugleich auch „Psycho therapeut", das heisst Seelenarzt ist, und mit dem Seelsorger Hand in Hand arbeitet. Wie schwer «nutz manci-er Kranke ge rade auch seelisch leiden, «veil er in den langen Stunden seines Elends keinen Menschei« hat, an dein er sich seelisch auirichten kann! Den Weg zum Seelsorger hat er in gesunden Tagen nicht gefunden, und nun in den Zeile«« des Leidens hindern ihn Trotz oder falscl-e Scheu, den Seelsorger rusen zu lasse». Aerztliche Kunst vermag nicht alles. Es ist gut, datz W. Schöllgen uns an eine bitterernste, aber leider ost vergessene Tatsache erinnert: Alles ärztliche Tun ist ein einziges grohes Rückzugsgefecht, das zivar planmätzig und taktisch sehr geschickt ist, aber trotz allem aus die Dauer immer mit dem gleiche» Er» gebnis e««det: mit dem Siege des Todes. Gewitz, die vorbeu gende H«)gie»e kann viele Krankheiten sernhalten. der Haus arzt und besonders auch der Chirurg kann durch seine Kunst eine Krankheit heilen, bei einer gewissen Altersstufe und bei ge wissen Dauerscl)ädcn kann die Heilkunst Linderung schaisen, — aber einmal kommt doch unerbittlich der Tod. Wichtig ist also, datz «vir rechtzeitig die innere .Haltring erwerben, die genau gleich «veit entsernt ist von verblendeten» Optimismus und von tatenloser Aengstlichkeit. Solche innere Haltung ist eine Wirkung des starken Gottvcrtrauens und Chri- ftusglaubens. Für den Christen ist jede Krankheit eine Prk- sung, in der wir uns bewähren sollen. Ihn« ist sie durciwus nicht ein blindes Schicksalswalten, das ihn zermalmt, sondern eine Führung durch die göttliche Vorsehung. Die Hilflosigkeit, die Schmerzen, die Einsamkeit des Krankenlagers sind eine beson dere Gelegenheit, de«» Glauben zn beweisen, Geduld und Tap ferkeit zu zeigen. Als um das Jahr 252 n. Chr. die Pest in Karthago wütete, die fast 12 Jahre lang die Mitlelineerläuder verheerte, schrieb Kircl-envatcr Cyprian seine berühmte Schrift „lieber die Sterb lichkeit". W. Scistillgcn teilt uns einige der wertvollsten Stel len daraus mit. In solchen Zeilen, schreibt Cyprian, erforscht Gott die Nlcnschen, ob die Gesunden den Kranken dienen, ob die Verwandten ihre Angehörige«« lieben, ob die Herren sich ihrer leidenden Diener erbarmen, ob die Aerztc ihre Kranken n'cht im Stich lassen, ob die Geizigen angesichts des grotzen Sterbens mildtätig werden, die Stolzen ihren Nacken beugen, die Selbstsicheren sich unter Gottes allmächtige Hand demütigen. Jede im Glauben tapfer ertragene Krankheit ist ein Kreuz weg. Am Ende des Kreuzweges aber leuchtet der Sieg über den Tod. Wenn wir in« Glauben festhallcn am lebendigen Christus, dann ist die Krankenstube selige GoItcsnähe. Otto Urbach. Wilhelm Leibl / Im Gegensatz zu seinen« Zeitgenosse«» Lenbach, der als „Malersürst" aus den Höhen des Ruhmes, des sinanziellen und gesellschaslliä-en Erfolges «vandelte, ist Leibl, bei aller Beivun- berung, die wirkliche Kenner ihm zollten, dost« Zeit seines Le bens ein Einsamer, Abseitiger gewesen. Heule aber, 40 Jahre nach seinem Tode, lebt Leibl als einer der grötzten deutsci)en Maler des Ist. Jahrhunderts «m allgemeinen Beirutztsein. Als der kleine Wilhelm Leibl beim Abgang von der Volksschule in Köln gefragt wurde, «vas er werden wollte, ant wortete er leuchtenden Auges: „Maler oder irrender Ritter." Datz er kein Gelehrter werden würde, zeigte sich bald au« den« Gymnasium, «vo er nur mit Mühe die Berechtigung zum Ein- jährigendienst erlangte Dagegen drängte cs seine herkulische Körperkrast zur Betätigung, und so trat er als Sechszehnjühri- ger bei einen» Schlosser in die Lehre. Doch wurde ihm bei aller Freude an der körperlichen Arbeit die Lust an« Handwerk durch eine gewisse Unbeholfenheit -er Hände verleidet. Wie sclstm auf der Schule, so blieb auch in der Lehre das Zeichnen seine Lieblingsbeschäftigung. Als er einst den Meister und die Nteiste- rin in einem sprechenden Bilde sestgelMlten hatte, da schickte ihn der Schlosser mit den Worten heim: „(Sank ekersch (lieber) nach Hus. du jehörst net hie her." Leibl kam nun ii« das Ate lier des Malers Hermann Becker in Köln, ging aber 1864 nach München, wo er Schüler voi» Pilot«; und Ramberg wurde. Er verdankte diesen Lehrern die Sicherheit im Technischen, in« Wesen aber blieb der früh innerlich Selbständige unberührt. Sein erstes Hauptivcrlr „Die Kunstkritiker" erregte auf der Düsseldorfer Ausstellung unter den jungen Künstlern eine solche Begeisterung, datz sie aus einem Karnevalssest Leibl auf die Schultern hoben und im Saal herumtrugen. Den „Malerkönig" nannte ihn damals Kaulbach, «vas sich freilich nicht nur auf seine Begabung, sondern auch auf seinen «nächtigen Wuchs, seine wahrhaft königliche Erscl-einung bezog. Dennoch fanden die erstaunlich reifen Leistungen -es jun gen Mannes, z. B das Bildnis der Frau Gedon u. a., nicht die Anerkennung, die sie verdienten. Anders «var es bei einen« Aufenthalt in Paris, 1869—70, «vo dein 25jährigen deutsch» Hünen eine ivarme Welle der Bewunderung und des Ruhmes entgcgenströmte. Beglückt und dankbar erkannte Leibl das an, war nch aber zugleich darüber klar, datz er mit seiner schlichten deutschen Art, seinem unabhängigen stolzen Sinn auf die Dauer nicht nach Paris passe. So l>at «r trotz lockendster Angebote spä ter nie wieder nach Paris gehen «vollen. Im Gegenteil, «var nach dieser Reise seine Sehnsucht nach Abgeschlossenheit, nach äutzerer Ruhe und innerer Sammlung nur starker geworden, und so satzte er den Entschlutz, ganz aufs Land zu ziehen. Er selbst hat später diesen Entschlutz in seiner humorvollen und drastisch abkürzenden Art begründen „Ich hab Hunde sehr gern, und da hatte ich einen in München, der kriegte die Hundekrank heit, und da wurde mir «zesagt. datz eine Milchkur die beste Medizin für den Hund wär'. 'Nun, den Hund wollt ich mir Kurieren und suchte deshalb Unterkommen mit «hm in einem Dörfchen. Ein Modell sand ich bald, das ich malen konnte, und es ivar auch ein Kaplan da, der gern beim Rialen zufchaute. Wie der Hund kuriert «var, zog ich nach München zurück. Wie ich nun eines Tages in ,««einen« Atelier sitze, kommt auf einmal mein Kaplan rein und fragt mich, ob ich wilkommen, wollt', er wäre jetzt Pfarrer g'ivorden, hüll' reichlich' Auskommen und in seinem Pfarrhaus auch ein Slaalszimmer, von der Gemeind' sein ausgestattet und mit blauen Tapeten beklebt. Und da — nun, da bi«« ich mit ihm gange: 's g'siel mir glei guel und glei, «nie i mir's Dors anseh, find' ich in der Kirch' st Weiber fitze, das «var so jamos, und da hab' ich >ni gleich drangeben müsse, sie zu male." Eo war das berühmte Bild „Drei Frauen in der Dors kirche" an dem Leibl mehrere Jahre gemalt hat. Es ivaren aber doch sicher nicht nur der Hund und der Pfarrer, «vas Leibl aujs Land gezogen hatte. „In der srcien Natur und unter Na turmenschen kann man natürlich malen", erklärte er. Und wie es sein höchster Ehrgeiz «var. „natürlich zu malen, «vie die Na tur und die Menschen in ihr. die Bauern, ihn« der würdigste Gegenstand der Kunst schien, so war es auch sein Bedürfnis, na türlich zu leben. Das Land bot dem leidcnichajllichen Jäger Möglichkeiten sich körperlich auszuleben, die die Stadl ihm ver- schloß. Aus dem Atelier ging er hinüber in die Schmiede, nm auf dem Ambotz ein Eisen zu Hammern: im Nausen war er eine Zeitlang der wildeste und nahm es mit dem stärksten Kamps hahn im Dorf auf. Der athletische Körper aber trug einen edel- gesormlen Kaps, aus dem die klaren blauen Augen fast Kind lich hell in die Welt sckauten. Seine Hände waren breit und derb und verrieten die gewaltige Kiast, die in ihnen lag. Aber bei näherer Betrachtung zeigten sic auch seine Linien und einen weiche « Ausdruck. Bewunderungswürdig «var die Sicherheit und Subtilität, mit der die Finger beim Rialen. Federzeichnen und Radieren Strich neben Strich setzten Tie Hand, die mit der Büchse so treffsichere Schüsse abzuaebcn verstand, erlahmte nie während der angestrengtesten Arbeit, und nur diese ungeheure geistige «vie körperliche Ausdauer und Fähigkeit ermöglichte die Vollendung von Werken, die im kleinsten «vie im grotzen gleich So sieht es in London ans Eine Ausnahme, die über New- york hierher gelangte. Eie zeigt eine durch e ne deutsche Flie gerbombe zer törtc, in der eng lischen Unter christ nicht näher bezeichnete Halle in einem Lon doner Distrikt. (Associated Prctz, M.) vollkommen ivaren. „Sehen ist alles", erklärte er. „und die wenigsten können sehen." Unbedingte Naturtreue war ihm oberstes Prinzip der Kunst, das cr in keinem Augcnblia« seines Lebens und Scltzif- fcns je verleugnet hat. Erstaunlich Al die Sicherheit mn der er von sriiher Jugend an seinen Weg aina. Schon der 27jiibrige hatte an die RtuIIcr geschrieben: ..Ich betreibe mein g.:nsl in dem Sinne, datz ich meine Befriedigung weniger in der Er langung und Zusammenhäusung zeitlicher Güter suche. sondern in dem Beivutzlsein. etwas zu sclrassen. «vas ein Teil von mei nem Innern ist und wovon ich «veitz, datz cs noch lange nach meinem Tode sortleben wird." Und au-'- den« gleichen Bcwutzt- sein sprach er am Ende seines Lebens die stolzen Warte: „Ick wünschte nur. datz ich da-.- Streben nach Naturwahrheit und «nahrcr Kiinstlcrsäiatt. das ich siir meine Video verwende, auf die nachfolgendc Generation verpflanzen möchte." Mit dem gleichen unbedingten Matzstao den er an sich selbst au legte, matz cr auch andere, und cr Hal außer Courbet und Menzel die er beide hoch verehrte, von seinen Ze«lgcnosjen nicht allzuviel gehalten. Bei Lenbach «var ihn« das Höfchen nach Berühmtheiten und glatten Fraueiij^cfichlern in höchsten« Grad-: unangenehm. Böcklins Frühwerkc gesielen ihm gut, aber in« grogen und ganzen sct-atzle er die Kunst des Schweizer Meister» nicht sehr I)ext>. Seine ganze Liebe unter den alten Meistern ge hörte Franz Hals. ..Bon den Meisterwerken eines Belasquez, Holt«ein, Rubens bin ich so weit weg und stehe so tief unter ihnen «vie Kutterling unter dem Wendelstein', schrieb er kurz
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)