Suche löschen...
Sächsische Volkszeitung : 14.11.1940
- Erscheinungsdatum
- 1940-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-194011146
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19401114
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19401114
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1940
-
Monat
1940-11
- Tag 1940-11-14
-
Monat
1940-11
-
Jahr
1940
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 14.11.1940
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Donnerstag, 14. November 1940 Sächsisch- Volkszeitung Nummer 268, Sette 5 blinkten ihn diese Grübe, und den Menschen. Keiner cop>ri«M d> Kar« Kohler 0 Co* Berlin«,chmalgcn0ols. (Nachdruck verbeten.) 11. Fortsetzung. Ein unbeschreibliches Erlebnis Weihe lag über dem kleinen Raum .... „ konnte sich dem Zauber dieses Augenblicks entziehen. Jeder sühlte das Besondere, Einmalige. Die wellengetragene Stimme verwischte alle Grenzen und Fernen. Deutschland kam zu ihnen, Deutschland ... Haugwitz' sechzigster Geburtstag wurde zum willkommenen Anlab, eine grobe Anzahl Menschen der Kolonie zusammenzu führen. Von fern und nah kamen die Gratulanten. Für die Frauen bedeutete diese Fiesta ein« beträchtliche Mehr arbeit. Sie mutzten für Essen und Trinken sorgen. Es gab Kaffee, Limonade, Liköre, Wein und Bier aus der hiesigen Brauerei, dazu Kuchen, Kleingebäck und Früchte. Rudi und Werner gingen den Frauen zur Hand. Ueber der Gesellschaft lag ein ungezwungener Ton. Horst körte im Vorbeigleiten wechselnder Gruppen mancherlei Schicksale, hörte dunkle Geheimnisse angedeutet, die diesen und jenen nach Uebersee geführt hatten oder haben sollten. Äst« begegneten ihm mit einer natürlichen Herzlichkeit, die hn warm berührte und ihm Wohltat. Viele der auswärtigen Be- ucher nutzten die Gelegenheit, um sich über Persönliches und Ge- christliches zu orientieren. Manchmal wunderte Horst sich über ms fast allgemeine Interesse am andern, sogar am Klatsch. Jeden- asts spielte die öffentliche Meinung hier eine bedeutsamere Rolle al» daheim. Jeder schien über den andern unterrichtet, und man erörterte persönliche Dinge mit einem Ernst, den er nicht begriff. Al» Fremdem glitten ihm Namen und Erzählungen schemenhasl vorbei. Dl« meisten der anwesenden Männer waren vom Leben rauh ««packt. Etwas Harles, Kämpferisches prägte sich in den Ge sichtern aus. Ganze Kerle waren es zumeist, denn die Halben gkg«n ost genug kopsheister. Sie verschwanden und wurden schnell gnnra vergeslen. . , , . Vm übrigen wurde hier viel und hart gearbeitet. Ein jeder brSvgt« nach Geld. Viele kamen her, um schnell reich zu werden «b um den gewonnenen Reichtum In der deutschen Heimat zu «r-ehren. Meistens kani es anders In allen aber peitschte ein hart«. Will« vorwärts. Auch Abenteurer mochten hier unter chn«n s«ln, irgendwie vom Zufall ins Eldorado, ins kolumbianische Goldsand verschlagen. Man flüsterte: „Dort der Dürre, mit dem altsränkischen Schnauzbart von Anno dazumal, wollte hier Gold suchen. Als ihm das Geld aus- alng, lieb er sich als Kaufmann hier nieder. Und hat inzwischen d«n Gedanken ans Goldsuchen ausgegeben." Oder: „Sehen Sie sich mal den sungen Brenting an. Der war früher Besitzer eines riesigen Fideikommitz im deutschen Osten. Durch die furchtbaren Friedensbedingungen verlor er Besitz und Vermögen, lieb alles hinter sich, auch den Grasenlitel, und lauste vom Rest feines Vermögens ein Stück Land. Rodete es eigen händig und baute Kassee. So war der Anfang." „Was tut er seht?" „Bei der letzten Kasseekrise verlor er sein Geld. Ein Pracht kerl. verbissen, zäh. Mas er seht tut? Nun, er baut wieder Kaffee und haust in weltverlorener Einsamkeit mit seinen Indios. Wir haben ihn alle gern und schätzen ihn als einfallsreichen, witzi gen Gesellschaster von gepflegter Kultur, tadellosen Manieren und vornehmer Denkungsart." „Für die hiesigen Verhältnisse wirkt sein Aeutzeres sehr ele gant ..." „Ganz recht. Seine Schwäche. Die liebe Eitelkeit. Sobald er in die Stadt kommt, trägt er mit Vorliebe die neueste Mode, oder was wir dafür hallen. Aber was tut es. Unter dem ge- fchniegesten Rock birgt sich ein kluger Mensch und ein zuverlässiger Kamerad." Allmählich sand Horst sich in die verschiedenen Schicksale, und sein Interesse für den einzelnen erwachte. „Dort kommt Brusius." Etwas im Ton lietz Horst sich nach dem Genannten umsehen. Etwas Imponierendes und Herrisches lag in der Art des Niesen, trotz seiner Schwerfälligkeit. Seine Kleidung war der festlichen Gelegenheit nicht angepatzt, doch wirkte Brusius in Wesen und Erscheinung von sich selbst. „Wer ist Brusius?" Horst sragte sein Gegenüber. „Besitzer einer riesigen Hazienda, unzähliger Rinder, Pferde züchter, Gemüsehändler, Käsehändler, kurz, Brusius ist eben Brusius, ein Mann, hinter den keiner schaut." „Verheiratet?" „Eingefleischter Junggeselle und Flauenverächter. Ein finste rer, ein wenig unheimlicher Mann, der viel schweigt, alles sieht und viel trinlt." „Und genietzt in der Kolonie ein besonderes Ansehen?" „Ja und nein. Eigentlich fürchtet man den Koiob mehr, als man ihn liebt." „Warum sürchtet man ihn?" Ein Achselzucken antwortete. „Nur Brenting verkehrt näher mit ihm." „Ausgerechnet dieser Elegante?" „Gegensätze ziehen sich an..." „Warum umgehen Sie die Antwort? Melcher Grund liegt vor, den Mann zu fürchten?" Man munkelt allerlei über sein früheres Leben." „Und er selbst?" „Tut nichts, um dem Klatsch Einhalt zu gebieten." „Und was sagt man?" „Einmal heisst es, er habe früher im Gefängnis gcfesfen ..." „Im Gefängnis, und aus welchem Grund?" „Eine Weiberassäre..., ein Duell..." „Das gäbe doch Festungshaft..." „Man weib nichts Näheres." „Sagten Sie soeben nicht, er sei ein Weiberfeind?" „Wenn auch. Andere behaupten, es handele sich um c'was anderes..." „Und die Wahrheit?" Achselzuckend sah der andere fort... Unerwartet fetzte sich dieser Mann Horst gegenüber und saht« ihn scharf ins Auge. Sein Blick bohrte sich förmlich an das Ge- sicht des Jüngeren. Horst empsand das sormlose Anstarren als taktlos und ungehörig und vermochte nur schwer eine ablehnend« Bemerkung zu unterdrücken. Wollte Brusius etwas von ihm? Vergebens zermartert« Horst sein Hirn. Was sollte das sein? Inzwischen gotz Brusius ein paar Gläser Verde, den scharfen, grünen Schnaps, in die Kehle. Dabei starrte er Horst noch immer an, der sich endlich, mit schlecht verhehltem Zorn, abwendete. Da beugte der Mann sich — etwas schwerfällig — zu ihm hinüber. Eine merkwürdig rauhe, viel zu leise Stimme fragte: „Lebt Ihre Muller noch?" Wäre ein jäher Blitz neben Horst in den Boden gefahren, er hätte nicht erstaunter sein können als bei der Frage, zu der er vergebens einen Schlüssel suchte. „Was wollen Sie von mir. Mas geht meine Mutter Eie an?" wollte er ausbrausen. Als er jedoch Brusius' Blick be gegnete und eine qualvolle Bitte darin las, unterlieb er es. Müh- fam kamen seine Worte, wie aus versunkenen Schächten. So antwortete er gehorsam: „Ja, Herr Brusius." Eine kurze Pause. Nicht einmal erstaunt schien der Ricse, mit Namen angeredet zu werden. Es mochte ihm selbstverständlich sein, dab jeder wusste, wer er war. Er goh abermals einen Verde hinunter: „Wie geht es ihr?" „Danke, gut." Eine merkwürdige Unterhaltung, dieses Frage, und Antwort- spiel, sand Horst. Fürchtete Brusius eine ihm unbequeme Frage? Jetzt räusperte er sich und sagte hastig, mit derselben bebenden und viel zu leisen Stimme: „Ich habe Ihre Mutier als junges Mädchen gekannt." Horst wusste nicht, was tun. Wie seltsam das Geständnis dieses alten Mannes, warum machte er cs? Brusius' Art siel Horst auf die Nerven. Er war wirklich etwas unheimlich. Ausblicken!» gewahrte er eine überraschende Veränderung in dem starken Gesicht. Der brutale Zug schien sortgewischt. Ein feuchtes Brennen lag in den grünen Augen, die ihn zu verschlin gen schienen. Schweigend nickte der Riese und erhob sich langsam zu seiner vollen Höhe. Schwankte er? Der Verde! Im ersten Augen blick glaubte Horst,, er sei angetrunken, dann sah er vollkommen nüchterne Augen, ein unnatürlich fahles Gesicht. „Junger Mann." Eine schwere Pranke legte sich aus Horsts Schulter. „Ich hätte Ihren Namen nicht zu erfragen brauchen. So sehr gleichen Eie Ihrer Mutter. Seltsam, wenn Totes leben- dig wird. Alles war tot, vergessen. Nein, das ist unmöglich. Jeder ist mit unsichtbaren Fäden an seine Vergangenheit geknüpft. Können Sie schweigen?" Unvermittelt stellte er diese Frage. „Ja." Jetzt überkam Horst eine lebendige Neugier. Sekundenlang reckte Brusius die breiten Schultern, atmete ein paarmal lies aus und sah verloren ins Nichts. Scheu blickte er sich nach allen Seiten um, als wollte er sich vergewissern, von keinem unberechtigten Zuhörer gehört zu werden. Und überraschte Horst: „Gibt es ein Vergessen?" Und sah ihn durchdringend an. „Ja." Horsts Antwort kam weniger aus einem Ueberlegen, als aus der unbewubten Abwehr jenes Unheimlichen heraus. Ein zerrissenes Lächeln irrte zerquält um den häfstichen Mund. „Ich sagte Ihnen soeben. Sie irren. Keiner entslieht sich selbst. Das Eigentumsmal, dem Rind am Korral eingebrannt, ist unzerstörbar, und was uns tieser brennt", dabei legte er die Hand auf die Brust, „sollte vergehen?" Als spräche er mit sich selbst, fuhr er kopfschüttelnd seit, immer im gleichen, leisen Ton. „Erinnerung ist das heimliche Mal unserer Gedanken, unseres Erlebens, es knüpft uns unveräutzcra h ans Gestern." Horst sah auf den Mann, den sein unverhoffter Anblick bis ins Tiefste aufgewühlt und erregt hatte. In den herben Zm en spielte ein heftiger Kampf. Gewaltsam versuchte er zu sp ecken und vermochte keinen Ton über die Lippen zu bringen. Ein > w- mal schnaufte er laut und rücksichtslos. Endlich gab er bei n- widerstehlichen Drang, sich mitzutcilen, dem Fremden gegcn^er nach, mühsam würgte er die Worte hervor: „Kehren Sie wieder noch Deutschland zurück?" „Ja, Herr Brusius." „Wenn Sie zurück sind, sagen Cie Ihrer Mutter, ich hatte nie eine andere Frau geliebt als sie." Horst satz wie versteint. Ganz unwirtlich sühlte er sich, ihm war, als bewege er sich wie im Traum, lind fuhr zusammen, als Brusius mit gänzlich veränderter, befehlender Stimme weiter sprach: „Kein Wort werden Eie sagen. Verstanden. Ich habe Ihnen keinen Auftrag dazu gegeben. Wozu die Worte? Sie bringen nur Verwirrung. Die Toten lchweigcn und darum wachsen ihre Schatten aus den Gräbern hinaus zum Himmel. Und jener Mann ist tot." Mit heftiger Gebärde stietz er es hervor. Als spräche er zu sich selbst, fuhr er fort: „Damals war ich nicht Brusius, sondern ..." Wieder verstummte er. Seine Hand hob sich steil, hart und schnitt durch die Lust. Seine Züge zuckten. Heiser schlotz er: „Man soll die Toten ruhen lassen." Horst fühlte eine warme Regung für den schweren Mann, der bitter mit seiner Vergangenheit kämpfte. Er tat ihm in seiner hilflosen Ungeschicktheit ehrlich leid. Und doch besatz er ein tief strömendes, warmes Gefühl. Und feiner Mutter hatte es gehört. Welch versöhnlicher Gedanke. Noch einmal streiften ihn die grüniichcn Augen, ehe Brusius sich brüsk, ohne ein Wort, ohne Abschied, zur Tür wendete. Rück sichtslos knallte sie hinter ihm zu. „Nanu. Was ist denn mit Brusius?" fragte einer. „Wird wohl zuviel getrunken haben. Der sollte das Trinken besser sein lassen. Eucht wohl Vergessen im Verde. Mag der Teufel wissen, was der Mann auf dem Gewissen hat." „Und formlos ist er, ohne jede Manieren. Der sitzt aus sei nem Geldsack und glaubt, der entschuldigt alles." „Was hat er schon vom Geld? Reitet nun wieder in bl« dunkle Nacht den einsamen Weg durch unwegsames Gelände. Kein Mensch sieht in den hinein", ging cs hin und her. „Was mag er nur baden?" «Fortsetzung totgt.) Immer grade heraus! Der Quartiermacher Als der ehemalige Krigsministcr von Roon im Sterben lag, es war im Februar 1879, nahm Moltke von ihm mit fol genden Worten Abschied: „Mein lieber Freund, Sie gehen nun voran. Ich folge bnld nach. Machen Sic nur schon ruhig dort oben Quartier für mich!" Grober Bescheid Als der „Marschall Vorwärts" im Jahre 1816 seinen 7-1. Geburtstag feierte, sandte Ihm der derzeitige Minister v. R. ein Glückwunschschreiben, das die ebenso trockene wie herzlose Titulierung trug: „Dem p. p. Blücher." Nachdem der alte Haudegen das gelesen hatte, tobte er vor Zorn, hieb mit der Faust auf den Tisch, fluchte und schrieb dann -em anm'atzendcn Herrn v. N.: „Wie in drei Teufels Name», homint Ihr dazu, mich einen p. p. zu nennen? Seid Ihr toll geworden? Für jeden Soldaten bin und bleibe ich der Vater Blöcker, der Ich immer war. lind ich verlange auch nicht danach, anders bei Ihnen zu heitzen. Für einen elenden Tinlcnklcckscr aber, wie Ihr es seid, bin und bleibe ich Jeldmarsclzall und Fürst! Das merk Er sich!" Die gesprengte Brücke Es war in einer sehr schicksalsschweren Stunde des Krie ges 1866. Bismarck fragte Moltke. ob nicht 81 Stunden früher losgeschlagen werden könne, als ursprünglich bestimmt Sofort nahm Moltke Papier und Bleistift und sing an zu rccbnen. Nach einer Weile scharfen Nachsinnens sagte er einfach: „Ja!" „Also, los", sprach Bismarck. Moltke ging. Kn der Tür aber drehte er sich noch einmal um und fragte: „Wissen Sic denn überbau»» schon, -atz die Elbbrücke bei Dresden gesprengt worden ist?" „Donnerwetter, das wäre betrüblich", meinte Bismarck. „Aber nur mit Waller, sie war zu staubig", lachte Moltke und verschwand schleunigst. Wie Bismarck gerne erzählte, ivar das der einzige Sclzerz, den er während des ganzen langen Zusammenarbeiten» von dem grotzen Schweiger gehört hatte. Verbesserte Meldung Der U. o. D, der Herr Unterossizier vom Dienst, besich tigte eine Rekrutenftubc Der Stubenälteste erstattet stolz die Meldung Uber die ausgesührte Reinigung. „Quatsch", unterbricht da entrüstet der Unteroffizier den Mortfchivall des verdatterten Vaterlandsvcrteidigers: „Seien Sie doch ehrlich. Mcnschenskind und melden: Stube geharkt, Sfaub gletchmätzig verteilt. Spinngewebe aufgehängt und Fen sterscheiben mattiert." Anekdoten u»n Soldaten Treue Kanonier Schulze hat Urlaub. Kanonier Schulze geht natürlich mit seiner „Braut" szm,zieren, der er irgendwie ein mal „ewige Tcrue" geschworen ha». Der in diese» Togen so ost genannte Name Iannina, die Stadt im Epirus, auf den sich der italienische Vormarsch zu bewegt. ist verknüpft mit der phantastischen Abeutcurcrgestalt des „Ali Pascha von Iannina", der, nachdem er ein Leben lang der Türkei Trotz geboten, sich als 80jähriger Greis noch zwei Jahre lang gegen eine erdrückende Uebsrmacht in Iannina ver teidigte und endlich hier den Tod fand. Ali wurde 1711 in Tepedilen in Albanien als Sohn eines albanischen Häuptlings geboren. Seine Vorfahren führten den erblichen Titel Bei non Tepedilen. bis auf seinen Vater, dem dieser Titel von der Pforte genommen wurde. Durch seine ehr geizige und rachsüchtige Mutter angestackzelt, bcschlotz der junge Ali, als er kaum 16 Jahre alt geworden war, nach dem Tode seines Vaters die Würde seiner Vorfahre» zurückznerobern. Eine Reihe von Fahren lebte er in den Bergen und sammelte eine Bande entschlossener Gesellen um sich, nut denen er einen Kleinkrieg führte, bis er sich zum tatsächliclzen Herren van Tepedilen gemacht hatte. Er war schon eine kleine Macht ge worden, als er der Pforte seine Dienste anbot. Diese gab ihm de» Auftrag, die beiden rebellischen Pasckms von Skutari und von Delvino zu unterwerfen. Ali besiegte beide und erhielt als Dank die offizielle Belehnung mit der Würde des Bei, die er blslwr nur faktisch innegehabt hatte. 1787. nach dem Kriege zwisckzen Rntzland und der Türkei, wurde er Pascha von Trikkala und Adjunkt des Paschas von Rum ili, dem die Pflicht oblag, die Gebirgspässe von Epirus und Thessalien zu bewachen und die Räuberbanden zu unterdrücken. Diese letzte Aufgabe löste Ali restlos — indem er fast alle in seine eigenen Dienste nahm! Mit ihrer Hilfe eroberte er 1788 Iannina, und die Pforte mutzte Ihm wohl oder übel diesen Besitz be stätigen. Nack und nach machte er sich zum Herrn des aanzen nördlichen Griechenland, nur die Subioten im südwestlichen Epirus widerstanden ikm bis 1808. Endlich mutzten auch sie die Waffen strecken und wurden, als sie versuchten, sich auf ihre Schiffe zu flüchten, um nach Korfu hinüberzusegeln, fast alle von Alls Banden niedergemacht. Ali Pascha war aber nicht nur ein blnttzzer Tyrann. er war auch ein für die Wohlfahrt seines Landes wirklich besorgter Herrscher, der nach europäischem Muster Industrien ins Leben rief, Schulen gründete und Strotzen baute und der autzerdem die politischen Schicksale Europas mit wachsamem Auge ver folgte. Als Bonaparte feinen Siegeszug durch Italien führte, Die beiden kommen an einer Kirche vorbei! Eine Trauung findet statt. Die feicrlici-e Musik greift auch ans Herz des Ka noniers. Fester drückt er den Arm seiner Begleiterin und sagt sinnend: , Uebcr's Jahr wird cs vielleicht nickt mehr heitzen Kanonier Schulze und Fräulein Maria — —" Fräulein Maria errötet bolsnnngsvoll „Wie wird cs dann heitzen. Liebster?" Antwortet Kanonier Schulze: .Vielleicht Ge'reüer Schulze und Fräulein Grethe!" näl>erte Ali Pascha sich ihm und bat ihn um französiicljc In genieure, die Iannina nach modernem Sgstem befestigten. Al lerdings hoffte er auch, mit Hilfe der Franzosen in den Besitz der Häfen des Epirus zu kommen, woraus Bonaparte sich nicht einlassen wollte. Ali Pascha übermaif sich deswegen mit ihm. In den nächsten Jahren dehnte er seine Herrschaft über ganz Albanien aus. vom Epirus bis Montenegro 1807 ver band er sich von neuem mit Napoleon, in der Hoffnung, von ihm den Hasen Parga und die jonischen Inseln zu erhalten. Als der Korse ihn aber zum zweitenmal enttäuschte, wandle er sich zornig von ihm ab und näherte sich den Engländern, die ihm 1817 den Hafen Parga zugestanden Im Laufe dieser Jahre war die Macht Ali Paschas van der Pforte so gut wie unabhängig geworden: sie erstreckte sich über ganz Albanien, Epirus und einen Teil von Thessalien, während sein Sohn istascha von Morea mar. Die Pforte Hatzte und fürchtete den übermächtigen Vasallen und suchte lange nach einem Anlntz, um aegcn ihn cinzuschreitcn Dieser bot sich 1820, als Ali Pascha einen Offizier, der von ihm in den Dienst des Sultans übergetrctcn war. ermorden lieg Nun sprach Sultan Mahmud II. die -'cht über ihn aus und rief die be nachbarten türkischen Paschas auf. gegen ihn zu marschieren. Bald sah sich der Geächtete von dem grössten Teil seiner Trup- . pen verraten und verlassen und mutzte sich mit den wenigen ihm gebliebenen Getreuen auf Iannina zurückziehen. Ais er erkannte, datz er die Stadt nicht hallen konnte, schätz er sie selber In Brand und verschanzte sich in der Burg. Hier ver teidigte der alte Löwe sich mit seiner kleinen Schar fast zwei Jahre lang gegen die ganze türkisclze Macht, und selbst als die Burg gefallen war. zog er fick noch auf <::>e kleine Insel im See von Iannina zurück und setzte lacr die Verteidigung fort. Bis zuletzt glaubte der Achtzigjährige an eine Prophezeiung, die ihm verheissen hatte, datz er 1l>0 Jahre alt werden und Herr eines mächtigen Rcickzes sein würde. Endlich, am l>. Fe bruar 1822. traf ihn die tödliche Kugel. Sein Haupt wurde als höchste Siegestrophäe nach Konstantinopel gesandt. So skrupellos Ali Pascha sein Leben lang in der Wahl seiner Mittel auch war. so war er doch ein Bahnbrecher not wendiger Reformen In dem morschen Gefüge des osmanisck^n Reichs. Er war auch der erste Träger der separatistischen Be wegungen, die wenige Jahre später die Griechen siegreich zu Ende führten und in Aegypten Mchemcd Ali zu seinem Vorteil ausnühte. Ali Pascha, der Abenteurer von Iannina
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)