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Sächsische Volkszeitung : 05.11.1940
- Erscheinungsdatum
- 1940-11-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-194011053
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19401105
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19401105
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1940
-
Monat
1940-11
- Tag 1940-11-05
-
Monat
1940-11
-
Jahr
1940
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 05.11.1940
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Lopjllirdt d> Kart Kühle» 0 Eo* Berlin erchiuulgenovki. kRachdruck verbeteu.) , S. Fortsetzung. Im übrigen durste er In der letzten Zeit mit sich zufrieden ftia. Durch fleitzige Arbeit steigerten sich seine Umsätze, die auf- pelgende Konjunktur kam hinzu. Lange würde es nicht mehr bauern, und seine Schuld war getilgt. Seit langem hatte er nicht «ln einzige« Mal gespielt. Solche Gedanken gingen ihm beim Zusammentresfen mit Ingeborg durch den Kopf. Als der Fremde sich erkundigt«: „Mr ist eigentlich das blond« Wunder?" Waller empfand eine eifersüchtige Regung, kühler als nölig -ab «r knapp Auskunft: „Fräulein Haugwitz." „Entzückendes Mädel. Ganz mein Typ. Und so etwas findet man in Tali. Ich möchte das Mädel gern kennenlernen, Waller." Waller hüllte sich ln ein aufsälliges Schweigen. Er sah - feinen Begleiter halb düster, halb sehnsüchtig hinter Ingeborg her- Kicken. Jähe Eifersucht ergriff ihn. Ehe er sich äutzern konnte, gab «« «ine unverhoffte Störung. „Dringendes Telefon für Eennor Waller aus Bogota; brin gende» Telefon für Sennor Waller aus Bogota." Schreiend durchsuchte ein Mvnzo die Wege des Darks. „Bitte, ich mutz ins Haus, kommen Sie mit." Waller eilte -nm nächsten Weg. Nochmals wenbet« der Fremde sich zurück und lah über die Wasserfläche, sah «ln lustiges Mädelgesicht sich im gleichen Augen blick umwenden. Tiefblaue Augen schauten in seine. Zwei Menschen waren einander zum erstenmal begegnet. —— — —— —— —» —» —» —— — Am Abend. Das tlefbunkle Rot tagesmüben Sonnenballes zerbarst säb. Noch einmal brannten sekundenlang die stammen- den Leidenschaften auf, leuchteten pbantastisch Im. Spiel unerhörter Farben, vom grellen Schwefelgelb bis zum nebelsansten, dunstigen Violett, um übergangslos im Dunkel tropischer Nacht zu ver löschen. Ingeborg Haugwitz liebte dieses abendlich« Schauspiel, liebte im steinen Bananen- und Platanenhafen Iuanita am Rio Taura zu erleben. Lhivas, ossene Verkehrsautos, nach ihrem ersten Opfer chiva (Ziege) benannt, und Droschken vermittelten d«n Verkehr zum kleinen Flutzhasen. Bei angehender Dunkelheit boten die Pfahlbauten des Neger dorfe» im Widerspiel zitternder Silhouetten im Fluh, der hier in starker Strömung dahinglitt, ein zauberisches Bild. Wie schön netz sich der Sonnenuntergang hier verträumen! Auch heute fuhr Rudi sie im kleinen „Fordchen" her. Immer gab re Neues zu bewundern, nie glich ein tropischer Sonnenunter gang dem anderen, sondern wechselte im schillernden Lichtspiel. Nun die Nacht sank, zuckten die ersten Lichter zur Seite der Strotze auf. In einer stelnen Tlenba brannten trübe Talglichter hinter schmutzigen Gläsern Ihr zuckendes Licht. Sie beleuchteten ein bun te» Durcheinander von Backwerk, Aepseln, Bananen, anderem Obst und Waren, zwischen denen schwatzende Menschen die Tages ewignisse besprachen. Tiefer hinter der Strotze erblickten sie beim Schein einer einzigen Kerze ein« grotze Familie um den Tisch sttzend. Bor dem Rancho (Hütte) loderte ein offenes Feuer zum Schuh gegen die lästigen Moskitos. ,WI« hübsch solch ein Lichterspiel und der Blick hinter die Kulissen ist, sagte Ingeborg verträumt. „Ja. Aber wir müssen umkehren. Mutter wartet", er innerte Rudi an die Zeit. Da geschah etwas Unerwartetes. Unweit von ihnen, in der ihnen bekannten Kurve, gab es «inen wahnsinnigen Krach, dem «!n heftiges Geschrei folgte. „Ein Autozusammenstotz." Rudi stoppte unmittelbar den Motor ab. Eine kreischende Neaerstimme jammerte, ein Indio fluchte und schimpfte dazwischen In seinem verstümmelten Spanisch. Schneidend übertrumpft« «ine brutsche Kvmmandvstimme di« anderen: „Verfluchte Schweinerei!... Helft mir hier raus..." Bei den deutschen Lauten sprangen di« Geschwister hilfsbereit aus dem Wagen, eilten sener Stelle zu, wo der Hilferuf erklungen war, und sahen im Schein eines intakt gebliebenen Scheinwerfers eine abenteuerlich gespenstische Szene. Zwei Wagen mutzten in hastiger Fahrt zusammengeprallt sein. Während das schwere Kabiolett weniger beschädigt schien, war der Motor der kleinen Droschke fast zusammengeschoben, eine Scheibe zersplittert, der Volant zerbrochen. Drohend hielt der Negerchausfeur das losgerissene Steuerrad In der hocherhobenen Linken, mähend er mit der Rechten abwechselnd das strömende Blut aus dem Gesicht wischte ober die schmerzende Seite hielt, gegen die das Steuer gestoben war. Dabei sommerte er bald kläglich, bald schimpfte er wild auf den anderen Chauffeur ein. Der Indio war beim Zusammenprall in weitem Bogen gegen den Strahengraben geflogen, anscheinend ohne verletzt zu werden. Schlimm genug sah er allerdings aus, wie In Schlamm gewälzt. Beide Kerle bezichtigten einander mit gewaltigem Stimmaufwand. Schuld an dem Unglück zu haben. In den Augen des Indios loderte eine gefährliche Leiden schaft, in denen des Niggers flammte Hatz. Aus dem Wagen schallte es zum andernmal, diesmal matter: „Teusel auch. Kommt keiner mir zu Hilfe?" Sorben hatten die Geschwister den Wagen erreicht. „Einen Augenblick!" Rudi leuchtete mit der Taschenlampe ins Wageninnere Schlimm genug sah es dort aus. Zwischen dem Trümmergemisch von Sitzen, Tür und eingedrückter Vorder wand hockte der Insasse aus dem Boden. Blut rann über seine blasse Stirn. Zu jeder Bewegung unfähig, konnte er es nicht obwischen und lag wie blind da. Die deutschen Worte trafen ihn wie ein Blitz und belebten ihn. Seine Stimme veränderte sich, klang zu versichtlich: Hallo! Landsmann! Helfen Sie mir! Die Bande kümmert sich überhaupt nicht um «inen. Und ich bin eingeklemmt, kann kein Glied rühren." „Sind Sie schwer verletzt?" „Verletzt, fa. Zumindest habe ich das Gesühl, sämtliche Knochen im Leibe seien zerschlagen ..., und die verdammten Glas splitter. Ich kann die Äugen nicht öffnen." „Ingeborg. Schnell, hole den Werkzeugkasten!" „Ist es sehr schlimm?" Dem Gefangenen im Wagen klang diese bange Frage aus Mädchenmund wunderbar flitz. „Mach schnell!" drängte der Bruder. Sekundenlang vergab der Verletzte seine verzweifelte Lage. Sinnend luchte er: wo hotte er diese Stimme nur gehört? Aber sein Kops brummte. Nachdenken schien eine zu grotze Anstrengung, jäh versank er ins Nichts. Wie im Traum hörte er das hilfsbereite Geschehen. Laut und befehlend klang die junge Männerstimme, jetzt in fliehendem Spanifch, und brachte die beiden Streitenden zum Gehorsam. „Helft! Wir müssen den Mann aus der üblen Lage da drin be freien. Anpacken, Kerls!" Meist sind die Farbigen dieses Landes von Natur gutmütig. Auch jetzt schien der Streit vergessen. Sie gehorchten einsach dem Befehl des Weihen, in einer Demut, die in jahrhundertelanger Uederlieferung die Autorität der Weihen unbewuht anerkannte. Verworrene Geräusche drangen in das Bewuhtsein des Fahrgastes. Glas klirrte, dumpfe Männerstimmen sprachen, selt sam fern, eine Säge knirschte. Holz- und Glassplitter wurden von kräftigen, geschickten Händen sortgeräumt. „Ist er dalb frei, Rudi?" Wieder die flitze Mädelstimme. Und jetzt erinnerte er sich: in der Piscina war es. Ein entzücken des blondes Mädel stand Im goldfarbenen Trikot schmal gegen Himmel und Wasser. Es war... .Vorwärts, gieich haben wir es so weit und können ihn hcr- ausziehen! Langsam!" Ein unsagbarer Schmerz durchzuckte ihn und schaltete das Denken aus. Er wühle nichts, was weiter geschah, als man ihn aus den Trümmern zog und aus den Boden legte. Ingeborg blickte entsetzt aus das blutverschmierte Gesicht. „Ist er tot?" „Unsinn. Verletzt. Am besten, wir schassen ihn ins Fordchen. Mutter mag. bestimmen, was weiter mit ihm geschehen soll. Nur müssen wir vie Kopfwunde verdinven, und an der Hand scheint auch ein schöner Schnitt zu sein." „Ich hole Wasser", griff Ingeborg kurzerhand nach Rubis Mütze und lies zum Fluh. Wenn es auch kein einwandfreies Wasser war, besser, als ihn verschmutzt liegenlallen. Sie nahm ihr Taschentuch, sollet« es als Kompresse und füllte Rudis Mühe mit Wasser. Laufend kam sie zurück. Inzwischen hatten sich Einheimische und Farbige an der Un- zlücksstelle angesammelt. Besucher der nahen Tiendo. Das Ge schrei muhte sie angelockt haben. Sie halsen, den Bewuhtlosen in Rudis kleinen Wagen zu tragen. Dabei schrien sie in wildem Durcheinander. Nun nahmen die beiden Fahrer den unterbrochenen Streit wieder auf. Zurufe der Neugierigen hetzten sie gegeneinander und genossen so ein beliebtes Schauspiel. Schon von fern hörte Ingeborg gellendes Geschrei „Du hast den Wagen kaputtgesahren..." „Schuft, du warst es..." „Lügner..." Ingeborg versäumte keine Zeit. Atemlos erreichte sie den Ford. Und griff zu. Trotz ihrer Empfindlichkeit fürchtete sie sich nicht vor Wunden. Ihre Mutter hatte sie gelehrt: Zugleisen ist das beste Mitleid. Für uns Frauen hier drautzen heitzt es immer: bereit fein. So handelte ihre Mutter und hals nach allen Seiten. Ob e» sich um Hilfe bei einer Nigua handelte — jene winzigen Schmarotzer, die sich unter die Haut, besonders der Führ, ein bohren und schmerzhafte, ja gefährliche Entzündungen Hervor rufen — oder um eine Verletzung oder eine Erkrankung. Dir Landsleute kamen zu Mutter Haugwitz, und ihr Ver trauen wurde selten getäuscht. Von ihr hatte sie Helsen gelernt, und ihre geschickten Hände konnten vorbildlich einen Verband an legen. Dank Mutters „Eanitätskursus", dachte sie befriedigt. Behutsam tupfte sie das Blut von dem blassen Gesicht, legte dl« Taschentuch kompresse auf die Stirn, unterband die Schlagader am Arm, um die heftige Blutung zu stillen. Sie handelte mit Umsicht. Ihre Bewegungen waren weich und sanft. -Als sie das Gesicht gesäubert Halle, erkannt« sie überrascht jenen Fremden, den sie mit Waller gesehen hatte. Inzwischen strömten immer mehr Menschen herbei. Er schien unerklärlich, woher sie in der kurzen Frist und bei der Abgelegenheit der Unsallstelle kamen. Immer wüster schrien die Fahrer aufeinander ein. „Du bist schuld, du bist betrunken..." „Nein..., du hast Chica gesoffen ..." In der Faust des stark angetrunkenen Niggers blitzte ein Messer. Die Geschwister lebten lange genug in den Tropen, um die aufsteigende Gefahr zu erkennen. Die ausgepeitschten Leidenschaf ten machten diese Menschen blind. Häusig genug siel ein Unbe teiligter ihnen zum Opfer. Erst letztlin in Iambo, einem kleinen Ort bei Cali, wurde bei einem Austritt ein zufällig Hinzugekomme ner aus Versehen erschossen. Aber tot ist tot! „Polizei mutz her!" grölte einer. Rudi sab am Steuer und wartete ans den Augenblick, wo die Menge sich zerteilen würde. „Platz da! Platz!" Jetzt schienen sie für seinen Befehl taub. Weder die schreiende Hupe noch das Molorgefurr veranlagte die Leute, auseinanderzugehen. Sie umstanden, eine lebendige Mauer, den Wagen, in den man den Verletzten gebettet hatte. Da die Marnungssignale vergeblich blieben, suhr Rudi lang- kam an. Unwillkürlich öffnete sich eine schmale Gasse. Erschreckte wichen auskreischend seitwärts. Rudi nützte den Augenblick und gab Gas, um endlich der wachsenden Gefahr zu entrinnen. Wilde Flüche solgten dem Wagen nach, als er die Richtung zur Stadt einschlug. Beim silbernen Scheinwerserlicht glitten di« Bäume der „Groben Strabe" im zitternden Schattenspiel schemen haft vorbei. Hin und wieder muhte Rudi anhalten oder abblen den, wenn Herumirrende Tiere, vom Lichtkegel angelvckt, hilflos im magischen Lichtbann gesangcn waren. Unbeweglich, steinern hielten manche mitten auf der Strotze, andere rannten mit den Lichtstreifen um die Wette, vorwärts, hilflos, unter einem ver zweifelten Zwang. Einmal mutzte er aussteigen. Eine Mula blieb reglos vor dem Magen stehen, erst als er sie seitwärts führte, konnten sie weilersahren. Glühwürmchen zuckten. Frösche auakten aus naben Eümpken. iForttetzüng wigi.» Seltsames Training einer Sängerin Eine Sängerin in Newyork, Hilda Burke, hat sich eine «igenarttge Methode auegedacht, Ihre Gesangskunst zu steigern. Sie hat «in halbes Dutzend Gummiballons erworben und ar beitet nun jeden Morgen daran, sie niit oller Kraft auszublasen, um ihr« Lungen stark zu eri;alten. Diese Form des Trainings der Atmung ist ihr von einem amerikanischen Spezialarz» an geraten worden, und die Sängerin ist fest überzeugt von der ausgezeichneten Wirkung. Sie meint, datz sie durch das Auf blasen der Ballons nicht nur ihre Lungen gekräftigt hat, sondern datz auch ihre Stimme bedeutend modulationssähiqer gewor den Ist. Die seltsame Sammlung des alten Schuhmachers I» Mailand hatten die Bewohner einer Hauptftratze seit einiger Zelt darüber Klage zu führen, datz ihre Kinder, wenn fle van ihren Spielen aus den Anlagen nach Hause kamen, keine Schuhe-mehr anhatten. Sie erzählten, ein sehr netter alter Mann wäre sehr lange bei ihnen gewesen und habe Ihnen etwas geschenkt und dann habe er sich ihre Schuhe geben lassen und versprochen, er wolle sie reparieren und ihnen dann zurück- geben. Man ging der Sache nach, aber es ivar erst nicht mög lich, d«ngchelmnlsvoilen alten Monn aufzusinden. Schlietzlich Schlecht gekaute Speisen bedeuten vergeudete Nahrung und erschweren dem Magen die Arbeit. c«t.ognookii wurde bei einer grotzen Streife dach ein 63jähriger Mann fest gestellt, der keine feste Wohnung kiatte. in dessen Taschen man vier Kinderschuhe fand. Als man ihn fragte, erklärte er, er wäre Schuhmacher und sollte die Schuhe flicken. Man stellte ihn jedoch den Kindern gegenüber, denen Schuhe abgenommen waren ,und diese erkannten ihn als den Mann wieder, dem sie Ihre Schuhe gegeben hatten. So in die Enge getrieben, bequemte sich der Mann zu einem Geständnis. Er wäre so lange Jahr« Schuhmack-er ge nesen und habe gerade immer Kinderschuhe auszubessern ge habt und so iväre ihm heute, da er nicht-mehr arbeiten könne, Heimweh nach dem alten Berus geblieben und er könne dem Verlangen nicht widerstehen, immer noch mit Kinderschuhen zu hantieren. Tatsächlich sand man bei einer Wirtsckmst, bei der der alte Mann nächtigte, eine vc» ihm ausgcgrabenc Höhle, in der er eine grotze Menge von Schuhen aufgesammcit hatte, die in schönster Ordnung in Gestellen ausgereiht dastanden. Der alte Schuhmacher hatte auch ein Verzeichnis angelegt, und man hatte ihn beobachtet, wie er ganz verzückt vor seiner Samm lung von Kindcrfchuhcn dastand. Diese unwiderstehlickre Sehn sucht nach dem alten Beruf schützte den Schuhmacher freilich nicht davor jetzt in einer Gefängniszelle aus seine Bestrafung wegen Diebstahls warten zu müssen. Gleiche Leistungen verlangt Von Paganint, dem genialen Geiger, forderte einst ein Kutscher für eine kurze Fahrt 20 Lire. Als der Künstler sich darüber wunderte, meinte der Kutscher- ..Nun. mein Herr. Sie können das wohl zahlen da Sie doch dafür, datz Sic nur auf einer einzigen Viclinsaite spielen. ->VM Lire erhalten" Darauf gab Paganini ihm 2 Lire und sagte: ..Die übrigen 18 Lire iverde ich dir geben, wenn du mich in deinem Wagen aus einem ein zigen Rode fahren kannst!" 2 Laib Lados Richtspruch / Folgendes geschah vor SO Fahren in Dagheston im Kau- kasusgcbirge: Die Russen sllhrten damals einen erbitterten Kampf mit den Bergvölkern, die unter Führung des Iman Schamil dem Zaren den heiligen Krieg erklärt hatten. Am Rande der Berge, zwischen Kaukasus und dem Kaspisck-en Mcer, errichteten die Russen die Festung Grosny, von wo aus von Zeit zu Zeit Strafcxpeditionen In die Berge unternom men wurden. Das Leben in der Festung war eintönig und monoton, die jungen Offiziere langweilten sich und die Roman tiker unter ihnen wagten gelegentlich kleine Ausflüge tn die Berge. Die Mjuridcn, die kaukasischen Krieger, satzen hinter jedem Stein, lauerten auf die Vorbeircitenden. verschleppten die Offiziere und töteten sie auf grauenvolle Weise in ihren Bergdörfern. Eines Tages ritt aus der Festung ein junger Osfizier. Da das eigenmächtige Verlassen der Festung verboten war, mutzte der Offizier den Ausilug aus eigene Verantwortung unternehmen, das heitzt ohne Wache und ohne Schuh. Er hatte aber Pech, denn gleich hinter Grosny ertönte ein Schutz, die Kugel sauste am Kops des Offiziers vorbei. Im selben Augen blick wurde ihm eine Schlinge über den Kops geworfen. Der Offizier stürzte vom Pferde, die Mjuridcn fesselten ihn nnd das Abenteuer begann. Die Behandlung der Offiziere war in den Bergen nicht die beste. Gewöhnlich, wenn sie nicht aus reichen Familien stammten und hohes Löseneid zahlen konnten, wurden ihnen die Augen ausgcstochen, Ohren und Nase abgcschntttcn und zum Schlutz wurden sie einen Kopf kürzer gemacht. Der junge Offizier stammte aus einer armen Adclsfamilie, mar Christ und konnte folglich aus keine besondere Gnade rechnen. Wie üblich wurde er zum Beherrsck>er der Gegend, zum Naib Sado, gebracht, der mit Koran und Schivert die Gegend um Grosny herum regierte. Naib Sado nmr ein Fürst, der Nachkomme des grotzen Freiheitskämpfers Mansur; er war fromm, krie gerisch, gelehrt nnd als ein Mann von ganz besonderer Weis heit bekannt. In seinem Leben hatte er noch nie einen Russen verschont, was ihm auch die Gunst des grotzen Schamil ein brachte. Die Mfuriden, die den Offizier gefunden hatten, knie ¬ ten vor dem Naib und verlangten ihren Lohn: 211 Goldstück« oder den rechten Arm des Ungläubigen. Auch dieses mar eine geheiligte Tradition, denn der rechte Arm wurde zum Stolz der ganzen Familie an der Türschwelle angcnagelt. Noch nlc hatte der Naib solche Bitten abgelehnt. Auch diesesmal war nichts anderes zu erivarten. Er erhob sich, be trachtete etwas verwundert den Gefangenen, wandte sich nach Mekka, verrichtete ein Gebet und sprach würdevoll, wie es einem gelehrten Gouverneur des heiligen Iman ziemt: „Die Rechtgläubigen, die im heiligen Krieg Gefangene machen, wer den von Allah belohnt. Heute verkündige ick aber: diese rechte Hand soll nicht abgchauen werden, diese Augen sollen nicht ausgestochcn werden. Sehr fromm und gottgefällig ist der Mann, der vor mir steht. Ich, Naib Sado, Enkel des Sultans Mansur. fühle cs und erkläre meine Worte als mit dem Koran übereinstimmend. Führt d> u Ungläubigen vor die Tore Gros nys zurück, löst seine Fesseln und Allah wird euch belohnen." Nach dem Gesetz der Berge mutzte nun der Naib selbst bestraft werden. Die Autorität des Enkels Mansurs siegle aber diesmal. Vor den Toren Grosnys wurde der Gefangene frei gelassen. kehrte zu seinem Regiment zurück und lieh sich unver züglich in friedlichere Gegenden versetze». Nie hat er jemandem von seinem Abenteuer erzählt. Das nun- die einzige Bitte des Naib, der auf seinen Ruf hielt. Sein Ausbleiben erklärte er durch schlechte Wege, aus denen er sich verirrt habe. Doch bis zum Mrcisenalter korrespondierte er mit dem frommen Rebel len, dem Naib Sado. Der Name des jungen Offiziers mar Leutnant Gras Leo Tolstoi, und Nord heitzt der Enkel des Naib, der jetzt In Konstantinopel diese Geschichte veröffentlichte. Verdunkelung vom 5. ll. 17.23 Uhr bis 8. 11. 8.VK Uhr. tzauptfchrisllelter: Georg Winkel: Stellvertreter: Dr. Gerhard Desczyk; Verlage- und Anzeigenleiter: Theodor Winkel, sämtlich ureeoen. Druck und Verlag: G<rmanla vuchdruckerel u. Verlag, Dr»»d«n, Polierftrobe 17. - Preisliste Nr. v «st ^!>ig.
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