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Hagesgeschichte. — Deutschland. Die schönen Tage von Genua sind nun vorüber, da» italienische KönigSpaar hat die alte Hafenstadt am ligurischen Meer verlassen und auch die Minister sind fortgezogen, um über die Auf lösung der Kammer und die Ausschreibung der Neu wahlen schlüssig zu werden. Da» Kabinet Giolitti wird unter dem erhebenden Eindruck der Festlichkeiten zur Ehre de» Columbu» die' Entscheidung darüber anrufen, ob da» Land ihm auch fernerhin sein Ver trauen bewahrt. Der Nachfolger Rudini'S, dem man seinerzeit nur eine kurze Amtswirksamkeit voraussagte, hat e» unstreitig verstanden, die Karten glücklich zu mischen. — So befriedigt die italienische Nation auf die jüngst verflossenen Tage von Genua zurückblicken kann, so wenig hat Deutschland Grund, sich seines Erfolges zu freuen. Es ist noch immer kein Grund angegeben worden, warum wir, die wir doch allen Anlaß hatten, den befreundeten Staat zu ehren, genau nut demselben Glanze vertreten waren, wie Monaco. E» fehlt dafür, daß wir zu einem Feste der Repräsen tation, bei welchem andere Nationen mit einer mehr oder weniger großen Anzahl von Schiffen vertreten waren, nur ein einziges Fahrzeug entsandten, bisher jede sachliche Begründung, eS fehlt aber auch jede psychologische Erklärung, es sei denn, daß man dieselbe in der Anschauungsweise einzelner von Berlin au» die Geschicke leitender Persönlichkeiten finden wollte. Wenn man auch annehmen darf, daß der Dreibund nicht sofort in den Wellen des Genuesischen Hafens ertrinken werde, so hätte man doch des Worte» ge denken können von den kleinen Ursachen und den großen Wirkungen. — Hamburg. Der von dem Geheimrath Prof. Koch ohne jede Angabe von Gründen unterstützten Annahme, daß die Cholera durch russische Aus wanderer in Hamburg eingeschleppt sei, tritt der „Hamburgische Korrespondent" wie folgt entgegen: „Als im Beginn des Sommers die Cholera sich in Rußland zu zeigen begann und ihren Weg in der Wolga-Ebene aufwärts verfolgte, richtete die Hamburg- Amerikanische Packetfahrt-Aktien-Gesellschaft an den Senat das Ersuchen, ihr die Errichtung eines großen Barackenhauses am Amerikaquai zu gestatten, um dort die Mengen der meist jüdischen Auswanderer au» Rußland untcrzubringen, deren freier Verkehr in der Stadt leicht gefährliche Folgen haben könnte. Der Senat ertheilte sofort die Erlaubniß und der Bau wurde mit solcher Beschleunigung hergestellt, daß die Baracke schon am 20. Juli in Benutzung genommen werden konnte. Die hier eintreffenden Schaaren der russischen Auswanderer wurden von diesem Tage an, ohne die Stadt zu berühren, vom Bahnhof aus direkt in die Baracke geleitet. Dort sanden sie zunächst einen überdachten Platz mit Bänken, auf denen sie sich niederlassen konnten, um die Formalitäten der Feststellung ihrer Namen u. s. w. abzuwarten. Dann wurden sie in kleinen Abtheilungen, Männer und Frauen gesondert, in ein vor dem Eingang der großen Baracken liegendes Gebäude gebracht, in dem sich zwei Räume mit Badewannen und Desinfektions- Einrichtungen befinden. Jeder Einzelne mußte ein warmes Bad nehmen und sich mit grüner Seife gründlich reinigen. Unterdeß wurden seine sämmt- lichen Kleidungsstücke und Effekten mit Dampf deS- inficirt und im Ofen wieder getrocknet, sodaß jede Gefahr einer Einschleppung von Bazillen in Kleidern und Gepäck beseitigt war. So ist mit allen ankommen den russischen Auswanderern verfahren worden, und wie groß der Erfolg dieser Maßregel war, beweist die Thatsache, daß bis zum 25. August keinerlei Fall einer choleraverdächtigen Krankheit, wieviel weniger ein wirklicher Cholerafall unter den Tausenden Be wohnern der Baracke vorgekommen war. Heute wohnen in denselben Räumen noch 500 Personen, Männer, Frauen und Kinder, in einem für die augen blicklichen Verhältnisse in Hamburg beneidenSwerthen Gesundheitszustand. Der angewendeten außerordent lichen Sorgfalt und der Strenge, mit der die Ab sperrung gehandhabt wird, verdanken die Leute Ge sundheit und Leben. Die Bequemlichkeiten, die ihnen geboten werden können, sind natürlich nicht groß, doch ist in den luftigen und Hellen Räumen alles Mögliche für ihr Wohlbefinden gethan. Von allen Gebäuden getrennt sind die Aborte eingerichtet. Alle haben Schalen und Spülung und Desinfektion, so daß von erster Stunde an die Abgänge nur deSinficirt in'» Siel gelangen konnten. Die Entfernung des AuS- flußsieleS der Baracke von der Schöpfstclle der Stadt wasserkunst bei Rothenburgsort beträgt über 4 Kilo meter auf dem Wasserwege. Dazu kommt noch, daß eine direkte Stromverbindung überhaupt nicht besteht, die Krankheitserreger müßten erst bei Ebbe aus dem Segelschiffhafen hinaus in den Strom und dann noch 4 Kilometer aufwärt« getrieben werden in die Bill- wärder Bucht zwischen dem Festland des Billwärder Ausschlag und der Insel Kaltenhofe. Nimmt man nun auch an, e« wäre nicht unmöglich, daß eine Bazillen-Kolonie diesen seltsamen Weg machte, wenn sie einmal in den Segelschiffhafen gerathen wäre, so ist doch die Annahme, daß sie aus dem Auswanderer schuppen in die Elbe gerathen sein könnte, so außer ordentlich unwahrscheinlich, daß davon kaum ernstlich noch zu reden ist." — Köln, 17. Septbr. Eisenbahn-Unfall. Vergangene Nacht 12 Uhr 30 Minuten fuhr zwischen dem Südbahnhof und der Signalstation GotteSwege der Güterzug Nr. 700 auf den nach Bingen fahren den Personenzug Nr. 100, weil dieser auf freier Strecke zum Halten gebracht worden war. Der vor letzte Wagen veS Personenzuge« wurde zertrümmert, der letzte stark beschädigt. In dem zertrümmerten Wagen befanden sich entlassene Reservisten deS 8. rheinischen Kürassierregiment«; von diesen wurden zwei getödtet und elf schwer oder leicht verwundet. Aerztliche Hülfe war bald zur Stelle. Die Feuer wehr, welche herbeigerufen worden war, schaffte die Verletzten in da« nahegelegene Krankenhaus. Die Geleise wurden nicht beschädigt und der Betrieb der übrigen Züge wenig gestört. Nachdem die beschädig ten Wagen abgehangen, setzte der Personenzug Nr. 100 seine Fahrt fort. Die Ursache des Unfalles dürste auf unvorschriftsmäßige« Verfahren bei dem Ablassen des Güterzuge« zurückzuführen sein. Die Untersuchung ist eingeleitet. — Man wird nach dem Erlöschen der diesjährigen Choleraepidemie sich nicht darauf beschränken dürfen, die gegenwärtigen gesundheitlichen Einrichtungen hier und da als ausreichend zu erklären und sich vor- kommendenfallS auf außergewöhnliche Maßregeln zu verlassen, sondern man wird fortfahren müssen, die großstädtischen Gesundheitsverhältnisse derart zu ver bessern, daß eine Seuche un» jederzeit wohlvorbereitet trifft. Um zu einem solchen idealen Zustande zu ge langen, ist eS, wie die „Kons. Korr." schreibt, vor allem nothwendig, "ganz energisch die Lösung der Arb eiterwohnungSfrage in die Hand zu nehmen. Die ungesunden schlechten Wohnungen, die ein zahl reiche« Proletariat, zusammengepfercht, sein Heim nennt, bilden auch außer den Zeiten, wo uns Epide mien Heimsuchen, Seuchenherde. Viel ist zwar auch in dieser Hinsicht schon gethan worden; die private Thätigkeit hat zum Theil und besonders in einzelnen ReichSdistrikten schon erhebliche Opfer gebracht, um mit der Herstellung gesunder Wohnungen wenigstens den Anfang zu machen. Aber unendlich viel mehr, als bisher geleistet worden ist, bleibt noch zu leisten, und das Gesammtinterresse gebietet e«, daß thatsächlich die Arbeiterwohnungsfrage in lebhafteren Fluß komme. Wenn die Kommunen, die zur Zeit ganz bedeutende Aufwendungen machen, um der Choleragefahr vorzu beugen, sich gleich opferwillig zeigen, um beständige Seuchenherde, die nicht nur den Körper, sondern viel mehr noch den Geist bedrohen, unschädlich zu machen, so wird eS auch an weitgehender Hilfe von Privat personen und an Entgegenkommen seitens der ver nünftigen Arbeiter nicht fehlen. Locale u«d sächfische Nachrichten. — Eibenstock, 19. Septbr. Eine von einem 7jährigen Knaben begangene Spielerei hätte gestern Nachmittag gegen 5 Uhr sehr leicht ein Schaden feuer herbeiführen können. Derselbe hatte im Hofe seines im Crottensee Hierselbst wohnenden Onkels an einem Haufen dürre« Reisig Feuer angezündet, das unmittelbar aufloderte und eine lebhafte Flamme erzeugte, die, von der Nachbarschaft rechtzeitig entdeckt, glücklicherweise unterdrückt werden konnte. — Eibenstock, 19. Septbr. Da« Königliche Ministerium der Justiz hat unter dem 1. Oktober 1892 den Hilfsrichter bei dem Königlichen Amtsgerichte Eibenstock, Herrn Assessor Porzig in gleicher Eigen schaft an das Königliche Landgericht Chemnitz und den Hilssrichter bei dem Königlichen Amtsgerichte Wolkenstein, Herrn Assessor Siebdrat an das erstere Amtsgericht versetzt. — Eibenftock. Unter der Ueberschrift: Eiben- stocker Brand betreffend finden wir im „Vogtl. Anz." folgende Auslastung: Nicht um Vorwürfe zu machen, sondern zur Belehrung gestatte ich mir Ihnen Folgendes mitzutheilen: Die so häufig laut gewordene Klage, daß den Bewohnern weichgedeckter Gebäude keine Gelegenheit geboten sei, die bewegliche Habe gegen Brandschaden zu versichern, ist nicht mehr am Platze, weil die königliche Staatsregierung für die Unterbringung der Versicherungen in weichbedachten Gebäuden nach Möglichkeit sorgt. Von der könig lichen BrandversicherungS-Kammer werden auf Antrag von Bersicherung-Suchenden alle Versicherungen unter weicher Dachung, welche nicht im freien Verkehr zu Stande kommen, denjenigen Gesellschaften zur Auf nahme zugewiesen, welche noch nicht mit 5 Prozent ihrer in Sachsen laufenden GesammtverficherungS- summe an weichbedachten Risiko'« betheiligt sind. ES werden zunächst diejenigen Gesellschaften zur Ausnahme angehalten, welche von diesem Prozentsätze am wei testen entfernt sind. Dem Versicherung-Suchenden werden diese Gesellschaften von der königlichen Brand versicherungS-Kammer zur Auswahl vorgeschlagen. Die zugewiesene Versicherung kann von der bezeich neten Gesellschaft nur dann abgelehnt werden, wenn dieselbe Gebäude betrifft, die auch bei - der LandeS- brandkasse ausgeschlossen sind, oder wenn persönliche Gründe die Ablehnung rechtfertigen. Ueber die Ab lehnung hat auf erhobene Beschwerde die königliche BrandversicherungS-Kammer zu entscheiden. Die Prä miensätze dürfen für »eichbedachte Risiko'» in Orten mit vorwiegend weichgedecklen Gebäuden nicht über 7'/, für da« Tausend und in Orten mit vorwiegend hartbedachtcn Gebäuden nicht über fünf für da» Tau send betragen. — Schönheide, 18. Septbr. Heute fand in hiesiger Kirche vor versammelter Gemeinde die feierliche Einweisung de« zeitherigen DiaconatSvikar» Herrn Schreiber al« ständiger Diaconu« durch Herrn Superintendent Noch statt. Nach voll zogener Einweisung überreichte der der Feier bei wohnende Ktrchenpatron, Herr Rittergutsbesitzer Opitz aus Auerbach, die Anstellungsurkunde. Die AntrittS- predigt deS Herrn DiaconuS Schreiber über die Bibelworte Jak. 1, 5. 6. darf mit vollem Recht, so wohl in Hinsicht auf die gewählte Form al« auch auf die Tiefe de« Inhalts, als eine vorzügliche Leist ung bezeichnet werden. — Schönheide. Um die hier erledigte Wacht meisterstelle waren ca. 90 Bewerbungsgesuche einge- gange». Die Wahl, die am 15. dS. MkS. erfolgt ist, siel auf einen zur Zeit als Schutzmann in Chemnitz angestellten Bewerber, der die Stelle schon am 1. Okto ber antreten wird. — Leipzig. Am Donnerstag früb in der 5. Stunde fand ein auf seinem Patrouillengange befind licher Schutzmann unterhalb des Pfaffendorfer Hofes einen Mann mit dem größten Theil des Körpers in dem kalten Wasser liegen, während sein Kopf sich ein bequemes Lager auf dem Ufer gesucht hatte. Der Mann hatte vorher bei der oberhalb de« Dammes befindlichen Trinkwasserbude seine Mütze verloren, dann — nach derselben suchend — sich die Böschung herabbegeben und sich schließlich, ohne sich an die ungünstige Stelle zu kehren, in seinem Branntwein dusel zum Schlafen zurechtgelegt, worauf er denn auch sofort eingeschlummert war. Man brachte den sonder baren Schwärmer, welchen mancher reiche Mann um seinen gesunden Schlaf beneiden wird, nach dem Polizeiamt. Dort entdeckte man in ihm einen der Behörde schon längst bekannten 39jährigen Hand arbeiter aus DreiSkau. Nachtheil für seine Gesund heit scheint derselbe trotz deS stundenlangen kalten Bades nicht erlitten zu haben. — Zwickau. Am Montag werden sämmtliche hier und in der Umgegend verquartierten Truppen ihre Quartiere räumen und erhalten dieselben am 19. und 20. d. MtS. jedesmal nach Manöverschluß und nachdem die Mannschaften auf freiem Felde äb- gekocht haben werden, „enge" oder „Alarmquar tier e" angewiesen. Bezüglich dieser Art von Quar tieren ist im Allgemeinen Folgendes zu bemerken: Die Mannschaften vom Feldwebel abwärts haben in einem gegen die Witterung schützenden Obdache nur Anspruch auf eine Lagerstätte von frischem Stroh und auf eine Gelegenheit zur Aufbewahrung der Waffen und zum Niederlegen der MontirungS- und Ausrüst ungsstücke, sowie auf Mitbenutzung vorhandener Koch einrichtungen. Lieferung von Brennmaterialien oder Benutzung der Geräthe des Quartiergebers dürfen nicht gefordert werden. Zur Erleuchtung der Unter- kunftSräume bis 10 Uhr Abends genügt Stalllicht; für die Pferde kann nur Unterkunftsraum und Schutz gegen Wind und Wetter mit Vorrichtung zum An binden beansprucht werden. Als Entschädigung für die Unterbringung der Offiziere pflegen in der Regel die vollen tarifmäßigen Sätze, für diejenige der Mann schaften aller Chargen vom Feldwebel abwärts nur die Sätze für Gemeine und für die Unterkunft der Pferde nur zwei Drittel des gewöhnlichen Satzes den Quartiergebern gewährt zu werben. — Netzschkau. Nach dem gegenwärtigen Stande der in den letzten Wochen hier vorgekommenen TyphuS- erkrankungen ist die Zahl der Fälle bis auf 39 - ge stiegen, doch hat die Krankheit auch bis jetzt keinen bösartigen Charakter angenommen. Todesfälle, welche auf Typhus zurückzuführen sind, kamen zwei vor, so daß also schon seit mehreren Tagen kein derartiger Sterbefall zu verzeichnen ist. Man giebt sich daher der Hoffnung hin, daß die Krankheit ohne ernstere Folgen in wenigen Wochen gehoben sein wird. — Mittweida, 17. Septbr. Eine Wette um zwei Flaschen einfaches Bier hat gestern der in den an der Zschopau belegenen Kirchen-Steinbrüchen beschäftigte Steinbossirer Gottschalk mit dem Leben bezahlt. Gottschalk wettete Vormittag mit seinen Arbeitskollegen, in voller Bekleidung die Zschopau zu durchschwimmen. Auf wiederholte» Ersuchen, seine Wette einzulösen, ging Gottschalk kurz nach Mittag bekleidet in» Wasser und versuchte nach dem gegen überliegenden Ufer zu schwimmen, ging aber auf der Mitte de» Fluffe» unter und ertrank. Gottschalk hinterläßt Frau und vier Kinder. Derselbe erfreute sich de» Rufe« eine» tüchtigen und brauchbaren Ar beiter». — Mittweida. Die Gauturnfahrt de» Mulden-Zschopauthaler Turngaue», welche am 21. August infolge der in Erlau herrschenden Viehseuche nicht stattfinden konnte, soll nunmehr nächsten Sonn tag, 18. September, zur Ausführung kommen. Die 37 Vereine de» Gaue» werden in mehrstündigen Fuß wanderungen den genannten Ort erreichen, dort von 2'/,—3 Uhr allgemeine Freiübungen, von 3—3'/, Uhr Spiele, von 5'/,—6 Uhr volk-thümliche Uebungen