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verMernkchlerWWng «oma« v»a PU», -«iurich Keuler» SS. Fortsetzung. Mia schaut an ihrem einfachen hellgebkümten Som merkleide herab und betrachtet ihre verarbeiteten rissi gen. geröteten Hände. Noch einmal überlegt sie. was sie sagen will. Während der Fahrt hat sie jeden Satz auswendig gelernt. Klopfenden Herzens öffnet sie das eiserne Torchen, geht die Stiege hinauf, hebt die Hand zu dem Kltngelknopf. neben dem der Name .Hegmann" steht. Das Schild ist blitzblank. Noch einmal zieht sie ihre Hand zurück, sie atmet tief aus. Vielleicht ist ec auch nicht da. geht es ihr durch den Sinn. Endlich drückt sie aus die Klingel und schrickt zusammen, als Ne von drinnen einen schrillen Don hört. Mit einem leisen Knacken dem ein Surren folgt, wird von un sichtbarer Hand die Tür geöffnet. Mia drückt zögernd nach und steht in einem Flur von weihem Marmor. Sin roter Tepvlch läuft die Dreppe hinan. Schritt sür Schritt geht sie vorwärts. Auf dem Treppenabsatz bleibt sie stehen. .Vst da jemand?" ruft eine Frauenstimme von oben. DaS ,2a" bleibt Mia im Halse stecken. Die Beine sind ihr schwer, aber schließlich steht sie vor einer matt glänzenden weißen Tür. Sine ältere Frau öffnet. Da Mia nichts sagt, sragt die Frau: .Was wünschen Eie?" »Och ich möchte Herrn tzegmann sprechen." .Herr Aegmann? Wer sind Sie denn?" Mia fühlt wie der Blick dieser Frau an ihrer Gestalt herab gleitet. »Och bin Maria Darling", sagt Mia so leise, daß die Frau sich ihren Namen noch einmal wiederholen läßt. Sie lehnt die Tür wieder an und geht den dunk len Flur hinunter. Sie kommt bald wieder mit dem Bescheid, das Fräulein solle nur elntreten. Das mür rische Gesicht der Frau ist auf einmal freundlich und einladend. Mia faßt ihre Handtasche von einer Hand in die andere und folgt durch den teppichbelegten Flur in ein kleines Helles, mit wenigen niedlichen Polster möbeln ausgestattetes Empfangszimmer. ES riecht nach süßlichem Parfüm, auf der kostbaren Goldtapete hängen einige Dlumenbilder und alte Frauenbildnisse. Auf einmal erscheint in der Derbindungstür zum Nebenzimmer Erich Hegmann. Er trägt einen schwar zen, rotgestreiften seidenen Moraenmantel. Aber seine Frisur und Krawatte sind so tadellos, als stehe er im Begriffe auszugehen. Die Brillantnadel blitzt im Strahl der hereinfallenden Sonne. DaS alles sieht Mia auf den ersten Blick. Hegmann scheint durchaus nicht überrascht, er kommt auf sie zu, streckt ihr beide Hände entgegen und sagt: .Fräulein Darling, wie mich das freut! Kommen Sie, kommen Sie hier herein. Machen Sie sich'S bequem." Mia fühlt seine weichen warmen Finger in ihrer Hand und läßt sich widerstrebend in das Nebenzimmer geleiten: einen großen, ganz mit hellblumigen Tep pichen ausgeleglen Nanin. Lek mit kostbaren Möbeln aus eingelegtem Holz ausgestattet ist. Wo sie auch hin- schaut, Polster, Decken, Gemälde von nackten Frauen, glitzerndes Kristall und Rosen in wundervollen Basen. Mitten im Zimmer steht ein großer Schreibtisch, davor ein Diwan mit vielen bunten Geidenkissen. Hegmann führt Mia bis an den Diwan und bittet, Platz zu nehmen. Er selbst zieht sich einen kleinen Sessel näher und s.tzt sich ihr gegenüber. Mia wagt kaum, sich umzuschauen. Sie hat beide Hände aus ihre Handtasche gestützt, die sie fest in ihren Schoß drückt. Ihr Atem geht so aufgeregt, daß sich ihre straffe Brust unter dem dünnen Sommerkleid hebt und senkt. Hegmann sieht ihre Verlegenheit, und meint lächelnd: .Ich brauche wohl nicht zu fragen, was Sie zu mir führt, Fräulein Mia." .Ich komme um Sie — zu bitten, fich — mit der Rückzahlung — noch etwas — zu gedulden." .Aber, Fräulein Mia, wir wollen doch jetzt nicht von Geld sprechen. Ich freue mich, daß Sie da sind. Ich habe mich wirklich oft danach gesehnt, mit Ihnen ein mal allein plaudern zu können. Sehen Sie, Ihr Herr Water macht sich das Leben ja viel zu schwer. Warum, wenn man eine so reizende Tochter hat? — Was darf ich Ihnen anbteten, Fräulein Mia? — Portwein? Einen süßen Likör?" Hegmann Wil! schon ausspringen. Aber Mia wehrt mit beiden Händen ab: .Nein, nein, danke, ich danke wirklich. Ich trinke nichts. Ich — ich möchte auch bald wieder gehen. Ich muß noch zu meinem Bruder." »Aber vielleicht eine Zigarette. Fräulein Mia", er widert Hegmann, sie hold anlächelnd und öffnet sein silbernes Etui. .Nein, nein, ich habe noch nie geraucht. Wirklich nicht." .DaS müssen Sie noch lernen, Fräulein Mia. Ich meine. Sie wollen doch einmal eine Dame werden, nicht wahr?" tzegmann beugt sich zu ihr herüber und versucht ihr in die Augen zu schauen. Mia schaut in ihren Schoß. Hegmann weidet sich an ihrer Verlegen heit und lächelt in sich hinein. .Also Sie haben sich mein Angebot überlegt?" be ginnt er, sie von oben bis unten betrachtend. .Herr Hegmann, mein Vater weiß nicht, daß ich hier bin. Es würde ihn beruhigen, wenn Sie Geduld hätten, bis die Sache mit meinem Bruder erledigt ist." .Ihr Herr Bruder, Fräulein Mia. kann Ihrem Va ter auch nicht helfen. Nur Sie können es. Sie brau chen nur Ja zu sagen, dann ist alles in bester Ord nung." Hegmann geht an seinen Schreibtisch, holt einige Schuldscheine hervor, kommt damit näher und setzt sich neben Mia auf den Diwan. .Sehen Sie, Fräulein Mia, hier diese dummen Papierchen zerreiße ich, so bald Sie mir sagen: Erich., ich will Heine Frau wer den." Mia rückt etwas von ihm ab, ihr Gesicht glüht, ihr Atem geht in kurzen Stößen. Langsam winkt sie nein. Legmann leat keinen Arm um ihre Schulter und ie. flüstert: .Mia, kannst du mich nicht ein wenig lieb haben?" Mia sträubt sich, Hegmann will sie an sich ziehen und kommt mit seinem Gesicht näher. Mia drückt ihn beiseite, Hegmann läßt nicht nach, hält sie mit Gewalt und küßt ie. Mia re ßt sich los, fährt dem Unverschämten mit ihrer Hand klat chend ins Gesicht und hastet hinaus. Im Smp angsz mmer rennt sie beinahe gegen eine junge Dame, die ihrer ganzen Haltung nach hier war tend und horchend neben dem Türrahmen gestanden hat. .Fräulein I" redet sie Mia an. Aber Mia stürmt vorbet und schlägt die Tür, daß sie knallend ins Schloß fliegt, tzegmann will ihr nach und stutzt nicht wenig, als er plötzlich vor Irene. Knizia steht. .Also deshalb heute verreist, mein lieber Erich!" geht sie mit höhnender Stimme aus ihn zu. Gr ist wie verdutzt wie ein bei einer Untat ertappter Schul junge. .Du!" reckt er sich plötzlich mit Zornesröte gegen sie auf. »Du schleichst hier herein, um mich zu be spitzeln?" Irene lacht und tänzelt in sein Arbeitszimmer, läßt sich auf das Sofa fallen, wirft die hübschen Deine über bie Lehne und kuschelt sich in die Kissen. »Erich, Hegmännchen, wenn du mich los sein willst, mußt du es schon schlauer anstellen I" sagt die Knizia in belanglosem Tone und ohne tzegmann, der sich verärgert wieder an den Schreibtisch gesetzt hat. anzu schauen. Sie greift in die Zigarettendose, zündet an und pafft den Rauch gegen die Decke. Einen Augen blick ist Stille. Die Knizia weidet sich an dem Zorn, der jetzt, wie sie weiß, in Erich wühlt. »Und wenn du schon Er atz sür mich suchst, dann beleidige mich bitte nicht, ndem du dir ein solches Dauerngänschen aussuchst. Man sollte meinen ich hätte dich doch auf einen besseren Geschmack gebracht." »Was erdreistest du dich?" faucht Erich, plötzlich auf springend, sie an. Irene Knizia hält mit gestrecktem Dein eine ihrer Zehenspitzen hoch und beschreibt mit kindlichem Vergnügen Kreise in die Luft. »Hegmännchen", erwidert sie spielend, »ich höre gut, manchmal sogar sehr aut. ich sehe gut. ich habe ein ausgezeichnetes Gedächtnis und bin im Großen und Ganzen nicht auf den Kopf gefallen." »Was soll das heißen?" wird tzegmann schon stiller. »Daß du mir versprochen hast, mich zu heiraten, so bald unser Schlößchen drüben in Dannenhausen fertig ist. daß du mich ge° und mißbraucht hast, um dem guten Trottel Wilhelm Darling sein Geld heraus zulocken. daß du mich nun abschieben willst, um sein Töchterchen zu bekommen. — Du ... (Hier richtet fich die Knizia plötzlich hoch und heftet ihren Blick von unten auf den vor ihr stehenden tzegmann) .... Du, du hast deine Irene von einer Seite noch nicht kennengelernt, Diel habe ich von dir ertragen, das weißt du; viel mehr als jemals von irgendeinem Mann. Aber das letzte, weggeworfen zu werden wegen ss einer — einer Vauerntrutta. das ertrag' ich nicht." Fortsetzung folgt. Fragen hinter der Wand / Die Wahl des Vornamens x ''' in D. — „Soll man seinen Kindern ungewöhnliche Namen geben? Würdest Du einen Knaben Giselher, ein Mäd chen Lalage nennen?" — Mit der Namengebung übernimmt man dem Kinde gegen über eine große Verantwortung. Ein ungewöhnlicher Vorname bann sehr schön sein, er kann aber auch dereinst zum Spott namen sür den oder die Betreffende werden. Z B. kenne ich einen Fall, in dem ein Mädchen — weil der Taufpate, ihr Onkel, Alexander hieß — Alexandrine genannt wurde. Sie ist während der ganzen Schulzeit von ihren Mitschülerinnen wegen des „komischen" Vornamens genecht worden. Schön ist es, wenn alte deutsche Vornamen wieder lebendig werden. Weniger empfehlenswert sind fremdländische Namen. Bei „Lalage" wiirde der Standesbeamte wohl nicht mitmachen. Aber auch Modcnamen wie die Anleihen aus England mit dem y am Schluß: Daisy, Molly, Elly usf. oder die französisch getönten: Claire, Marion, Henriette usf. sind sck>eußlich. Auch russische Namen wie Sonja und Nätasckx» sind kein erwünschter Einfuhr artikel. Gute deutsche Vornamen, schlicht und klar — die soll man wählen. Wenn der Benannte etwas Besonderes ist und wird, dann wird seine Leistung auch einem schlichten Namen besonderen Klang geben! Sonnenverbrannte Gesichter H. K. in D. — „Ist es gesund und schön, wenn die Damen sich von der Sonne braun brennen lassen? Oder bedeutet auch aus diesem Gebiete ,eln wenig' mehr als .zuviel'?" — Luftbäder sind — ebenso wie Wasserbäder — jedem Men schen In regelmäßiger Folge zu empfehlen. Und wenn es die wenigen Minuten am Morgen und Abend bei der täglichen Gymnastik sind, schon das ist besser als nichts. Inwieweit der einzelne sich bei Luftbädern der direkten Einwirkung der Sonne aussehen soll, hängt von seinem Gesundheitszustand ab. Wer herzkrank oder nervös Ist, soll die direkte Einwirkung der prallen Sonne im Luftbad meiden. Aber auch der Gesunde tut gut daran, sehr vorsichtig bet Sonnenbädern vorzugehen, die Gewöhnung daran darf nur ganz langsam ersolgen. Sonst gibt es Sonnenbrand und andere Beschwerden. Also mit wenigen Minuten anfangen und bis zu einer halben Stunde höchstens steigern! Bauern und Arbeiter, die im Freien schaffen müssen, schützen ihren Kopf gegen Sonnenstrahlen; sie wissen genau, daß allzuviel des Guten ungesund Ist. Seinen Kopf nur deshalb dauernd der Sonne auszusetzcn, damit man hübsch kaffeebraun wird, ist ein Unfug, der etwa mit dem früher bei Matrosen beliebten Tätowieren auf eine Stufe zu stellen ist. Natürliche, zarte Bräune ist schön, die Sonnenbrandnegcr aber sind ein Greuel. Mit der Hautfarbe einer Zigeunerin zu wetteifern gilt Icher auch Dir nicht als erstrebenswertes Ziel. Und im übrigen st die Gefahr, allzu braun zu werden, in diesem Sommer a nicht allzugroß gewesen : . . Das Haar in der Supp« M. A. in C. — „Was tut man, wenn man In der Suppe «in Haar findet? Das verdirbt einem doch den Appetit. Soll man dann den ganzen Teller Suppe zurückweisen?" — Wenn Du das mit der Suppe und dem Haar wörtlich meinst, dann ist die Antwort leicht zu geben. Den Appetit habe ich mir noch nie durch ein Haar in oer Suppe verderben lassen. Fanfare statt Schamade F. R. in D. — „Man sagt von Bismarck, er habe durch die Veröffentlichung der Emser Depesche 1870 aus der Schamade eine Fanfare gemacht. Wie ist das zu verstehen?" — Schamade und Fanfare sind militärische Ausdrücke, die aus der französischen Sprache übernommen waren und heute bereits ziemlich außer Gebrauch sind. Fanfare ist das Signal zum Angriff, Schamade das mit der Trompete oder der Trom mel gegebene Signal zur Unterhandlung bzw. zur Uebcrgabc. — Die Geschichte der Emser Dcpcsck)« ist wohl bekannt: Frankreich batte sich gegen die Kandidatur eines Hohenzollernprinzen sür oen spanischen Königsthron gewandt. Obwohl der Prinz seine Kandidatur daraufhin zurückzog, verlangte der französische Botschafter Benedetti von dem in Ems weilenden König Wil helm eine Erklärung, daß Preußen sür alle Zukunst auf eine solche Kandidatur verzichte. Der König verwies Benedetti an ven in Berlin wellenden Ministerpräsidenten Bismarck und unterrichtete diesen telegraphisch. Bismarck» machte von der gleichzeitig gegebenen Erlaubnis des Königs, die Depesche zu verösfentUchen^Gebrauch, strich sic aber so zusammen — ohne «in Wort hinzuzusetzen —, daß die Ablehnung des Königs als klar und endgültig erschien. Das Telegamm schloß in der ver öffentlichten Fassung: „Se. Majestät der König hat es darauf abgelehnt, den französischen Botschafter nochmals zu empfan gen, und demselben durch den Adjutanten vom Dienst fagen lassen, daß Se. Majestät dem Botschafter weiter nichts mit- zutetten habe." — Bismarck las die redigierte Depesche Moltke und Roon vor, und Moltke sagte: „So bat das einen anderen Klang, vorher klang es wie Schamade, setzt wie eine Fanfare in Antwort auf eine Herausforderung." Dos Wort stammt also von Moltke; cs ist begreislich, daß er militärische Ausdrücke wählte, um die von Bismarck durch die Redaktion der De pesche erreichte Wirkung zu kennzeichnen. A. E. I. O. U. L. D. In L. — „Woher stammt der bekannte Wahlspruch des alten Oesterreich ,A. E. I. O. U.' und welche seiner ver schiedenen Deutungen ist richtig?" — Diese fünf Buchstaben trug Kaiser Friedrich M., der von 1440 bis 1493 die Krone trug, auf seinem Siegelringe. Er selbst hat sie 1437 gedeutet: „Austriae Est Imperare Orbi Universo", d. h. also etwa: „Aufgabe Oesterreichs ist cs, den Erdkreis zu beherrschen." Nicht ganz sinngemäß hat man den Spruch später ins Deutsche übertragen: „Alles Erdreich Ist Oesterreich unter tan." Der Glaube an die Sendung des Hauses Oesterreich hat Friedrich Hl. in seiner langen, an Bedrängnissen aller Art reichen Regierungszeit aufrechtethalten. Der spätere Ausstieg Oesterreichs zur Großmacht, -er vor allen» den Siegen des Prin zen Eugen zu verdanken war, schien jenem Wahlspruch recht zu geben, der seitdem als Sinnbild -es Machtanspruchs Oester reichs in Südosteuropa galt. Bescheidener geworden, deutete man die stink Buchstaben später ais: „Aller Ehren Ist Oester reich Voll"; das „U wurde dabei mlt „D" gleichgesetzt, wie es ja in der lateinischen Eapital-Schrist -er Fall ist. Zuletzt, als es mit der asten Donaumonarchie abwärts ging, deuteten S;mtz- vöael den einstigen Ruhmesspruch in fataler Weise um: „Alles Ecket In Oesterreich-Ungarn." Gewiß befindet sich ein solches Haar an unrechter Stelle: aber es ist noch lange kein Beweis dafür, daß etwa die Köchin unsauber und liederlich gearbeitet hätte. Wer weiß, wie leicht -em Menschen Haare ausfallen — mau muß nicht erst eine Glatze bekommen haben, um das zu wissen —, der wird ein ausgefallenes Haar auch dann mit Milde auseheu. »venu cs sich ausgerechnet in der Suppe seinen Platz gesucht hat. Gewiß können die Frauen sich durch Häubchen oder Stirnbänder gegen diese Möglichkeit schützen. Aber wie rasch schlüpft doch ein Haar unter der Abschirmung durch! Und auch Brauen- und Wimper haare können ausfallen. Wer ein Haar in der Suppe findet, fische es also ruhig heraus und esse mit bestem Appetit weiter. Wegen eines Haares einen ganzen Teller nahrhafter Speise ins Schiveinefulter verweisen zu wollen, wäre Verschwendung und Unrecht. — Anders ist cs, wenn ..das Haar in der Suppe" iin übertragenen Sinne gemeint ist. Man kann allerdings im Lebe»» in so mancher „Suppe" ein so dickes Haar finden, daß kein Mensch einem zumuten kann, eine solche „Suppe" aus- zulöfseln. Vorausgesetzt, daß man sich die „Suppe" nicht selber esngebrockt hat! . Marabu. Ein Meisterstück der Ehiruraie bei den Milden Bei den Naturvölkern finden sich hin und wieder einzelne hohe Kulturleistungcn, die besonders überraschen, weil die Völ ker, die solches vollbringen, im übrigen an! tiefster En'.wick- lungsstufe stehen. Dazu gehört die Schädcltrepanation der Kin der, die von den Müttern in Ncrd Neupommern und Süd Neu- mecklenburg geübt wird. Man kann in diesem Falle ziemlich genau feststcllen, wie die Wilden dazu gekommen sind, ein sol ches Meisterstück der Chirurgie zu vollbringe». Eine der am meisten gebrauchten Waffen dieses Naturvolkes war die Stein schleuder. Die häufigen schweren Schädelvcrletzungcn im Ver ein mit den durch den Kannibalismus vermitteltcn analonil- sck-en Kenntnissen sührten zu einer sorgfältigen Entsernnng voi» Knochensplittern und überhaupt zu einer aktiven Behandlung solcher Wunden. Da sic beobachteten. daß nach einer geglückten Trepanation die Schmerzen der Verletzten aufhörten, gingen die Wilden dazu über, auch bei heftigen Kopfschmerzen aus anderer Ursache und bei Krankheiten, deren Sitz man im Schä del vermutete, diesen kühnen Eingriff auszusiihrcn. Ein weiterer Schritt brachte sie dann zu der vorbeugenden Trepanation, die bereits an den Kindern von den Müttern vor genommen wird Hierlxi wirkte der Aberglaube mit. daß der böse Geist der Krankheit aus der Sckrädelösfnung entweicht. Die Mütter führen nun die Trepanation an ihren Kindern zum Schutz gegen alle möglichen Leiden aus. Mit einer lckmrscn Mufchclsck-ale wird der Silrnknockpm in senkrechter Richtung in einer Ausdehnung von 3—4 Zentimeter durchschabt, bis ein schmaler Knock>enspalt entsteht. Nicht selten tragen sogar Ein geborene mehrere parallel laufende tiefe Knochennarben auf der Stirn, die an eine mehrmalige, in der Kindheit überstan dene Trepanation erinnern. Da die Einwohner von Neupom mern und Neumecklenburg ausfällige Narben als Schmuck tra gen. so kann vielleicht bei dem ganzen Versahren der Wunsch mitsprechen, den Kindern schon srühzcitig sclckie Ziernarbcn beizubringen. Icdensalls darf man van e'ncr solchen einzelnen Kulturleistung nicht auf einen bohcn Gesamtwert -er Kultur schließen, wie es bei vorgeschichtlichen Ausgrabungen gesckrchen ist. Gerade die Ausführung dieses chirurgischen Meisterstückes beweist dies, denn die Bewohner der genannlen Länder stehen sonst noch auf tiefster Entwicklungsstufe.