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Sächsische Volkszeitung : 16.07.1940
- Erscheinungsdatum
- 1940-07-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-194007169
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19400716
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19400716
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1940
-
Monat
1940-07
- Tag 1940-07-16
-
Monat
1940-07
-
Jahr
1940
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 16.07.1940
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Gottfried Äeller Beim Tionig von Tavolarn Sind die Meevesfluten blau? hohen durch- einen zuvor. Iu feinem SV. Todestag am jb. Juli Farbe In weiten Teilen des chinesischen Meeres. Der Amazonas und der Kongs färben de» Atlantischen Ozcan bis auf weite Entferung von der Küste rötlich. Aber bei einer grundsätz- lichcn Färbung großer Teile der Mecrcsflutcn spielen sehr häufig auch andere Momente mit. Man muh also immer eine optische, geologische oder biologische Erklärung unterscheiden. Die optiscl»e Erklärung hängt mit dem Winkel des Betrachters und dem Einfallswinkel des Lichtes zusammen. Die geologische Rom, im Full 1040 Wo die sardinische Küste unweit von Terranova den „Golf der Orangen" umschlicht, ragt — von Sardinien aus schon kaum mehr sichtbar ein Fels aus dem Mccr cmvor. Wilde Ziegen und wilde Esel waren vor Zeiten die einzigen Bewoh ner des Gesteins. während wilde Enten die See belebten. Heute ober gibt cs aus dem Felseneiland Tavalara sogar einen Leuclsi- tnrm. dessen Wächter sich rühmt, ein Bcrmandicr des „Königs" zu sein. Lieber wäre ihm vielleicht, diesen Ehrentitel nicht mit so vielen teilen zu müssen, aber anher ihm gibt es auf Tavalara noch die Schwester des Königs. Neffen und Nichten des Königs, ja, die ganze Bevölkerung rühmt sich eines enger oder weiter gespannten verwandtschaftlichen Bandes mit dem „König". Zn den IM Zähren seit Bestehen des sog. Königreiches weist die Geschichte Tavalaras mir wenige bemerkenswerte Ge schehnisse aus. Karl Albert von Sardinien landete einmal an der Felscninsel, Garibaldi Kain von Eavrera zur Zagd hinüber, die Königin von England sandte ein Schiss nach dem Königreich aus, von dem mancher erzählte, das aber kaum jemals einer betreten hatte, denn es ist nicht leicht, die Znsel zu erreichen. Wer von der savdinisären Küste kerüberfahren will, tut gut daran, am Strand ein Feuer anzuzünden und warten, bis man ihm von Tavalara aus mit einer anderen Rauchsäule antwortet als Zeichen, das; dem König der Besuch genehm ist und er eine Barke ihm entgegen schicken würde. Wer sich auf eigene Faust ein Motorboot mietet, wird schwerlich einen geeigneten Lan- dunaspfatz entdecken, und man tut fast besser daran, mit den Schissern binauszusghren und sich von ihnen in Tavoiara ab sehen zu lassen. <sat man sich allerdings non dieser Fahrt viel erwartet, so wird man leicht enttäuscht, denn aus Tavoiara gibt cs anher ein »mar gelbaestrichenen Däusern nichts zu sehen Das Hans des Königs besteht wie alle übrigen nur ans einem Stoch werk. an dem sich ein Weinstock emporrankt. Der Leuchtturin liegt mit zwei anderen Hausern am entgegengesetzten Ende der Znsel. Zwischen ihm und den übrigen menschlichen Behausun gen ragt der unwegsame Fels empor. Wenn sich aus der klei nen Zicgcnherde des Dorfes einmal ein Tier entkernt, gesellt es sich zu den hier wildlebenden Gefährten, um nie mehr zu- rückzukehren. Der Leuchtturmwächter von Tavolara und Verwandter des Königs lmt sein ganzes Leben aus der hclmisclren Znsel ver bracht. Neben der Macke am Lenchtturm brennt er Kalk, zieht Küke und Zieaen auf und arbeitet In seinem Garten. Die Frage nach seinem Alter iveih er nicht zu beantworten, auch leine Verwandten, eine kleine Sci>ar von Frauen, hochaufgeschosse nen Burschen und Kindern, wissen es nicht, denn die Zeit Ist auf Tanosgra ein zu unbedeutender Faktor, als dah er beachtet würde lhgstsrenndlich laden die Frauen ins Haus und sehen den In Sardinien unvermeidlichen Ziegenkäse vor. Eine vergilbte Pboloaralchie. die die mächtige Gestalt eines bärtigen Mannes zeigt, lenkt das Gespräch auf den Könw dessen Geschichte allen Bewohnern seines „Reiches" vertraut ist. Amsterdam, im Zuli 1040. Wenn die Dichter vom Meer und den Mecresslutcn berichten, dann beschreiben sie die Farbe des Wassers bald als tiefblau oder aber als grün. Wie kommen diese unterschiedlichen Farben des Meeres überhaupt zustande? Wieso hat das Wasser, das doch In einem Glas vor uns auf dem Tisch keine Farbe hat, überhaupt eine derartige Färbung? Polo Vertolconi I. stammle von der Znsel La Maddalenot unweit der Strahe von Bonifacio, die Sardinien von Korsika trennt. Er war ein Hirt, der mit seine» Tieren besser umzu gehen verstand als jeder andere und ein Zäger. dem kein Wild auskam. Wäre es ihm jedoch nicht eingefallen, kühner und ver wegener noch als der Spur des Wildes der der Frauen von Maddalena nachzugehen, wäre er nie König von Tavolara ge worden. So wurde ihm der heimatliche Boden eines Tages zu hcisz und er lud die ihm rechtmässig angetrante Frau in eine Barke, füllte sic mit Saatgut und Ackergeräten, sowie seinen Schafen und spannte das Segel. Er haste geschworen, sich eine einsame Znsel zu suchen und La Maddalena nie im Leben mehr eines Blickes zu würdigen. Am Morgen des dritten Tages der Fahrt sah er Tavolara vor sich und ging an Land Zwilchen der Arbeit des Rodens und des Hausbaues verging die Zeit. Fischer kamen und fuhren wieder ab Polo war ihnen weitaus srennd- licher begegnet als den Beamten von Terranova, die noch ihnen kamen, ihm nach dem Rech! fragten, mit dem er sich hier nie dergelassen hatte, und Steuern verlangten Polo war erst er staunt, dann wurde er zornig und sagte die unerbetenen Be sucher in ihr Fahrzeug zurück. Zhre Drohung, vor dem König von Sardinien Klage gegen ihn zu sichre», beantwortete er. dah er selbst Karl Albert aussuchen würde A' er cs wurde nicht not wendig. dah er sich auf die Fahrt begab denn der König, neu gierig durch die Legenden, die inan von dem Robinson auf Ta volara erzählte, ging bei einer Fahrt an der Ostküsie Sardiniens entlang in Tavolara vor Anker. An Bord gerufen, sah man Polo Bartoleoui zwar seine Verlegenheit an. aber sie binderte ihn nicht, die eigene Sache warm zu neneidiaen Der lächelnde Entscheid Karl Alberts lautete: ..Du sollst König von Tavolara sein, wie ich König von Sardinien bin " Beruhigt konnte Polo in sein Königreich ohne Untertanen zuriickkehren. Eines Tages ging ilnn zu seinem Erstaunen ein Schriftstück zu. durch das seine königliche Znvestitur bestätigt wurde. Dazu sandte Karl Albert ihm eine goldene Ubr mit der Zuschrift „Der König von Sardinien dein König von Tavolara". Eine Fahne und ein Gewehr vervollständigten die Reihe der Geschenke. Mit den Zähren erhielt der König auch seine ersten Untertanen in seinen Söhnen, die sich aus dem Festlande ihrs Frauen Hollen, um dann mit ihnen aus die Zuiel des Vaters zuriickzukchren. Als Karl Albert 1840 i„ Ovorto starb, strich Polo sein Haus mit schwarzer Farbe zum Zeichen der Trauer. Auch behauptet man man Halle ihn damals das erlte und ein zige Mal in seinem Lelren weinen scben. Dem eigenen Schicksal gegenüber zeigte er sich weitaus stoischer. Als den Miäbrigen ein Herzleiden zu guälen begann, zeigte er sich um nichis be sorgt, als nm das Schicksal scüms winzigen Reiches. Nock auf dem Totenbett mahnte er seine Söhne und Enkel ctiva 40 an der Zahl die Znlel um keinen Breis zu teilen. Aber nicht im mer werden weise Ratschläge befolgt, und Tavolara wurde ge teilt und wieder geteilt und dem letzten König ist nur gerade soviel geblieben, um gilt dem schmalen Streiken Landes zwi schen Makscr und Felsen sein Leben zu fristen. Um auf Tavolara glücklich und unbekümmert zu leben, braucht es nicht viel Zeder von seinen Bewohnern weih, wenn er über die Kindheit hinaus n't. die Sckafe zu scheren und ihre Wolle zu verspinnen, die Küße zu melken und die Schweine zu schlachten, Holz zu fällen, zu fischen und zu jagen Um sich Geld zu verschossen, füllen sie eine Barke mit den aus dem Felsen geschlagenen oder im Ziegcloscn gebackenen Ste'nen und rrer- kaufen sie in einem der kleinen Häsen der sardinischen Küste. Zm Winter jedoch sind sic ganz vom Lande almescknisten unh Hausen einsam und fast vergessen aus ihrer kleinen Znsel über die der Sturm dahinbraust. Einmal zerschlug er ein Schikk das in Viaregaio in See gegangen ivar. zwilchen den Rissen Kapi tän und Matrosen konnten nur als Leichen geborgen werden und wurden ,-wi'cken dem wilden Brombecrgerank begraben. sanden nun ihren Abschluß, der schönste Ausdruck der Läuterung seiner Kunst. Die deutsä)e Prosa lmt hier eine sichtige Leuchtkraft, eine tänzerische Beschwingtheit und spielenden Reichtum des Ausdrucks erhalten wie nie Auch die anderen Werke dieser Reifezeit, die „Züricher No vellen", deren Krone, der „Landvogt von Greisensee", persön lichstes Erleben in die Sphäre einer göttlich abgeklärten Heiter keit hebt, die zweite Fassung des „Grünen Heinrich" und das „Sinngedicht" haben alle das gleichmässige Firnenlicht und die feste Form, den ruhigen Atem und die anschauliche Sinnlichkeit, die nur den Werken der größten Erzähler, eines Homer, eines Cervantes, z» eigen ist. Doch herrscht im „Sinngedicht" gegen über der natürlichen Einfachheit und der selbstverständlichen Anmut bereits eine gewisse Künstlichkeit vor, die sich in der Verflechtung der Rahmenerzählung mit den einzelnen Novellen offenbart. An die Stelle der mühelos schassenden Phantasie tritt nun ein hoher und unermüdlicher Kunstsinn, der den Altersstil Kellers bezeichnet und in seinem letzten Werk, dem Roman „Martin Salander", sich wundervoll bewährt. Dieser Schwanengesong Kellers, zugleich sein Vermächtnis an die Schweizer Heimat, ist das Werk eines ganz überlegenen weit schauenden Geistes und bei einer gewissen Schwere und Ermat ¬ tung der Phantasie, wie sie im Alter cintrltt, ein Zeugnis des höchsten künstlerischen Könnens. Fast am klarsten aber läßt sich Kellers Entwicklung In seiner Lyrik erkennen, deren Schönheit man lange gar nicht und auch heute noch nicht genug erkannt hat Seine Gedichte geben freilich nicht jene „reine Lyrik", wie sie Storm für das Höchste hielt: den volksliedmähig unbewußten naturhaftcn Aus druck eines Gefühls. Es klirrt vom Gcislerkamps, es schmettert fanfarcngleich durch die ehernen wuchtigen Rhythmen dieser herrlichen Lieder, die vom zitternd leidenschaftlichen Liebes klang bis zum erhabenen Hochgesang alle Töne umspannen, die das Menschcnherz beseligen. In Kellers Lyrik ist Süßigkeit und Rauheit, strenges Erz und zartes Silber miteinander ver schmolzen, und die schönsten seiner Strophen schwingen sich zu jener selben erdenfesten Leichtigkeit empor, in der auch das Wunder seiner Prosa liegt. Keller mar Schweizer mit Leib und Seele, aber darüber hinaus fühlte er sich stets als Deutscher. Zn Deutschland, wo er zum Dichter wurde und sein Größtes schuf, wo er die ent scheidenden Anregungen aus Berganarnheit und Gegenwart, von Goethe und Zean Paul, von Herwegh und Feuerbach, erhielt, verehrte er sein „zweites Heimatland". Schon zu seinen Lebzeiten war er hinausgewachsen über die schweizerischen Grenzen, war eine kostbare Gestalt gemeindeutscher Dichtung geworden. Aber in den letzten Jahrzehnten haben auch die anderen Völker angcsangcn, ihn zu verstehen, er hat seinen Platz gefunden als einer der großen Erzähler der Weltliteratur Ein halbes Jahrhundert trennt uns von dem Tode Gott fried Kellers. Seine Gestalt ist uns in dem Abstand dieser Zeit nur gewachsen, andererseits haben wir auch gelernt, seine gewaltige Erscheinung in sein Zeitalter und in sein Bolk cin- zuordnen. Die wahrhaft großen Persönlichkeiten treten in der Geistesgeschichte ja nie allein auf, sie heben sich vielmehr unter Gleichstrebenden empor, wie -er Wipfel einer Rieseneiche aus niederem Gehölz. So steht auch Gottfried Keller nicht allein, als das überwältigende „Schweizer Wunder", als das er zuerst erschien. Sondern in dem Meisterwerk seines Schaffens erreicht die klassische schweizerische Dichtung, die mit Pestalozzi und Jeremias Gottbclf begann, ihren Höhepunkt. Ebenbürtig steht neben dem Züricher der große Baseler Jakob Burckhardt, dessen tiefe Seelen- und Geistesverwandtschaft mit Keller uns erst aus ihren Briefen so recht zum Bewußtsein kommt. Als künst lerische Ergänzung tritt zu der manchmal allzu derben und krausen Begabung Kellers das edle Formtalent C. F. Meyers, und im Schwestcrbcretch der Malerei, das Keller als Jüngling selbst zu erreichen strebte, maltet neben ihm Arnold Böckiin, ebenfalls ein urmüchsiger und manchmal ungesiiger Gestalter des mit den Augen der Phantasie Erschauten, dem er wie Keller den Lebensodcm der Wirklichkeit einzuslößen wußte. Und die Nachfahren des Meisters haben alle den phantastisch realistischen Zug, wenn es auch freilich keinem so gelungen ist, den Traum zum Leben zu erwecken, das Alltägliche zum All gemeingültigen zu erheben. Dies war das einzigartige Gnaden geschenk, das die Muse dem Sohn des Züricher Drechsler meisters in die Wiege legte. Das allmähliche Erkennen und Entfalten dieser Begabung, Ihre höchste, gleichsam unbewußte Steigerung und ihre künst lerische Festigung lasten sich in der Entwicklung des Dichters In Knappen Zügen aufzeigcn. Als die lange zurückgcdrängte, lange irregeleitete dichterisch Gestaltungskraft sich in den ersten schüchternen Versuchen Bahn brach, da mar cs ein Deut scher, der politische Flüchtiing A. L. Folien, der zuerst die Aus nahme von Gedichten Kellers in das „Deutsche Taschenbuch' für 1845 und 1846 veranlaßte und der auch den ersten Band von Kellers Gedichten redigierte. Vom Erscheinen dieser Ge dichte an fand Keller In seiner Heimat warme Bewunderung und Förderung, und 1848 konnte er mit einem Stipendium der Züricher Kantonsregierung für mehrere Jahre nach Dcutich- land gehen, zuerst nach Heidelberg. 1850 nach Berlin. Aber noch einmal ging seine Begabung in die Irre. Wie er als Jüng ling In München jahrelang vergeblich um die Ausdruckssorm als Maler gerungen hatte, so glaubte er sich nun zum großen Dramatiker berufen. Die Befreiung von diesem Irrtum uud das Durchringen zur eigenen Form vollzog sich in der ersten Niederschrift des „Grünen Heinrich", die neben den „Neueren Gedichten" und dem ersten Band der „Leute von Scldwyia" die schmerzlich errungene Frucht der Berliner Jahre waren. Diese erste Fassung des gewaltigen Selbstbekenntnisses gibt sich schrankenlos persönlich mit seiner verwirrenden Fülle von Bil dern und dem üppigen Reichtum beschreibender Einzelheiten, seinem gänzlichen Mangel an geschlossener Form. Ein erstaun liches Gedächtnis hatte alles mit höchster Treue und Anschau lichkeit sestgehaltcn, was der Jüngling erlebte, gesteigerte Er lebniskraft alle Schwingungen der Seele ausgenommen. Die idealisierenden Kräfte der Darstellung treten besonders in der symbolischen Verallgemeinerung einzelner Gestalten hervor, und noch stärker ist dies der Fall in den beiden erste» Seid wyler Novellen, In „Pankraz der Schmollcr" und „Frau Regel Amrain", in denen Keller die beiden Hauptfiguren des Romons, Sohn und Mutter, in einer objektiveren, ichrhast bewußten Gestalt festhält. Mit grimmigem Humor und barocker Ironie überwindet er das allzu Persönliche und schafft jene herrlich souveräne Komik, die in den „Drei gerechten Kammachern" ihr Höchstes erreicht. Zn „Romeo und Julia auf dem Dorfe" wird ein iandläusiges Geschehnis aus der Zeitung zu einem über irdisch glänzenden Menschhcitstraum von Liebe und Tod ver klärt. Der Filnfunddrcißlgjährige hat damit jene Kunsthöhe erreicht, die nur den höchsten Geistern der Dichtung beschic kten ist. Die Rückkehr In die Heimat 1855 bedeutete zunächst keine neue Schaffenspcriodc, viel eher eine Art schöpferischer Pause. Von 1861 an hatte Keller ja das Amt eines Stadt schreibers des Kantons Zürich Inne und verivaltete dies Amt, entgegen mancher anfangs von vielen Seiten geäußerten Be fürchtungen, mit der höchsten Gewissenhaftigkeit. Doch schwieg seine Muse In diesen Jahren fast völlig. Erst 1876, Im 57. Lebensjahr, legte Keller nach fünfzehnjähriger Amtszeit seinen Posten nieder, um sich nun, Im reifen Herbst seines Lebens, noch einmal in voller Freiheit dem dichterischen Schaffen zu widmen. Die schon in Berlin begonnenen „Sieben Legenden" IMMWMWjWWIWWIWWWjjjjWNjWWWMIIWjNIMVMWMMjjjjjMIjjjMMMNMWM Die bewunderte Himmelsbläue. Von einer feststehenden Mcercsfarbc können wir kaum sprechen. Diese Farbe Kan» von einem Augenblick zum an deren wechseln, und zwar je nach der Farbe des Himmels. Denn wir müssen uns darüber klar sein, daß die schöne blaue Farbe des Meeres, die so ost bewundert wird, nichts anderes darstellt, als das Blau des Himmels, widergespiegclt im Wasser. Wenn der Himmel sich verdunkelt, also die blaue Farbe des Firmaments verdeckt ist, wechselt die Farbe des Meeres sofort nach grau hinüber. Auch eine gewisse Bleifarbe ist ost zu beobachten. Doch selbst dann, wenn der Himmel nicht ganz zugedeckt ist, erscheint das Wasser bereits grau, wenn hier auch «In gewisser blauer Untcrschimmcr zu beobachten ist. Mitunter behaupten Beobachter, daß dieses Blau des Himmels nicht die einzige Ursache der blauen Farbe des Meeres sein könne, da schließlich die blaue Farbe des Wassers viel tiefer, viel dunkler sei, als diejenige des Himmels. Aber wir müsse» dabei be rücksichtigen, daß wir schließlich bei einer Betrachtung des blauen Wassers fmenn wir nicht gerade im Flugzeug sitzen) immer das Wasser am Horizont sehen. Am Horizont aber sind die blauen Farben durch den veränderten Winkel bereits ver schoben, während die wirkliche Bläue sich direkt über uns und direkt unter uns in der echten Farbe zeigen müßte. Erklärung bezieht sich auf die Erosionserscheinungcn der Flüsse. Die biologische Erklärung dagegen soll uns noch etwas näher beschäftigen. Denn hier spielen kleinste Mccresticrc oder aber Pflanze» eine bedeutsame Rolle. Das ganze Meer — wie Blut. Bor allein In der Nähe der Küste» beobachtet man scbr ost eine grüne Farbe, die In den meisten Fällen darauf znrück- zufiihren ist. daß hier eine starke Vegetation bis in die Nähe der Oberfläche des Wassers durchstößt. Aber über diese Vege tation hinaus unterscheidet man noch eine ganze Menge mi kroskopischer Algen und anderer Lebewesen, die gleichfalls im stande sind, eine Färbung des Wassers hcrbeiznführen. 'Man braucht nur in den alten Berichten der Seefahrer nachzulescn, um auf Nachrichten zu stoßen, die von einem Blutmecr an der Küste von Guinea erzählen. Die Matrose» wurden durch das vollkommen rote Wasser in Schrecken versetzt und meinten, das Schiff bewege sich in einem Meer von Blut Es bedurfte stärk ster Ueberzeugungskraft, um zu erklären, daß diese Farbe, die eigentlich gar nicht rot, sondern dunkelbraun war. auf das Vorhandensein von ganz kleinen Lcbcivesen in dieser Farbe zurückzuführen war. Wenn Heringe blitzen. aber in den Erzählungen der stnrmgescküüclten Winterabende lebt ihr Andenken weiter kort, unvergessen wie das Garibal dis. der einer Tochter Polos l. kikitc stand oder wie das des Schiffes, das Königin Viktoria von England nach dem unbe kannten Königreich im Tvrrbencrmeere anskgndte. denn die wenigen Ereignisse, die die Einförmigkeit des Lebens ank Tavo- lara unterbrechen, müssen den Gesvrochsstok- für viele Jahre ab- gelien. Nicht alle auf der Zwei sind von der schweigfamen. nüclv lernen Art des gegenwärtigen Königs, eines kaum mittelgro ßen sckivarzbäriigcn Mannes mit gebräuntem Antlitz, der es ablehnte. fick vor der So'nvellc keines g-aukes nbologravbicren zu lassen. Fast scheint es. als wolle er leinen Titel weniger be tonen aks seine Untertanen die Verwandtschaft mit ibm Mel leicht nüire er weniger zurückhaltend wenn Tavolara der Schauplatz auch nur eines winsiaen Bruchteiles sardinischer Ge schickte gewesen wäre aber es ist nur ein von den Fischern ge kanntes und l-esucktes Felseneiland auf dem die Zeil stillzu stehen lännnt und ank dem die Menschen das geruhsame Leben eines Königreiätes führen, wie es sonst nur noch im Märclrcn auftrit». Der Zwerg zu Hause Gelblich — rötlich. Wir wüsten also immer bei der Beurteilung der Farben des Wassers den Winkel berücksichtigen, unter dem wir Irgend einen Fleck im Wasser begutachten. Denn der Winkel ist in Beziehung zu setzen zu dem Einfallswinkel, der Bläue des Himmels und den Brechungserscheinungen, die das Licht Im Wasser durchmacht. Aus derartigen Winkclfaktoren erklärt es sich auch, wenn in gewissen Gegenden aus einmal das Wasser rötlich oder gelblich erscheint. Aber dabei spielen natürlich auch andere Momente in vielen Fällen mit. Die Zusammensetzung d«a Masters, die Häufungen von feinsten Lehmtcilchen in Fluten de« Hoang-Ho sind zum Beispiel die Ursache sür die gelbliche Eine Farberscheinung, die der Laie nur selten beobachtet, ist den Herlngsfischcrn gut bekannt. Es handelt sich um die sogenannten Herlngsblltzc, die dadurch entstehen, dah Tausende von Heringen im Waller schwimmen und natürlich mit ihren Hellen Schuppen Leuchterscheinungen zu erzeugen vermögen. Noch verblüffender sind freilich die regelrechten Licht und Leuchterscheinungen von Tieren, die von Natur aus phosphores zierend sind. Man findet in der Nähe von Hawaii und In eini gen Höhlen von Neuseeland derartige Lebewesen, die teils im Wasser, teils über dem Wasser vegetieren und zu gewissen Zei ten das Meereswasser in eine milde Flut blauen Lichtes zu tauchen misten. Guido Lablache, der berühmte italienische Bassist, wohnt* einmal in demselben Hotel, in dem der Ziverg. der unter dem Namen General Tom Tbnn.b eine Weltberühmtheit war abge« stiegen >var Der Ziverg empsing zahllose Besucher. Einmal betrat eine Dame, die den kleinen 'Mann sehen wollte, irrtüm lich das Zimmer des Sämzers und stand nun verwundert einem Mann von recht beträchtlichen Körpermaßen gegenüber „Ich wollte den General von TIniinb besuchen", stammelte sie ver wirrt. „Der bin ick", sagte Lablache. „Aber Tom Thnmb scsi doch der kleinste Mai», der Weit sein?" „Freilich", rrwiderie der Sanzler, „das ist richtig, »renn ick öffentlich auftrete Aber wenn ich zu Hause bin, dann mache ich es mir eben beqnein."
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