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Mittwoch. LL. Mai 1S4Ü Stichfische Volkszeitung Nummer 117. Selle 8 LinnrM sackt ilirvilVsIvr Rom»» „o k»»k»«ttck 18. Fortsetzung. Er nahin daü Schreiben, steckte eS in den Umschlag und schrieb mit grossen Buchstaben die Adresse darauf. Am Abend, als er sein Tagwerk beendet hatte, trug er den Brief eigenhändig hinüber in das Dorf und steckte ihn in den Postkasten. Als er zurückkehrte, stand über dem Rosenhof eine Ge witterwand. Taghell leuchteten die Blitze. In scharfem Zick zack fuhren sie durch das Schwarz der Nacht. So wie diese Gewitterwolke lag eine Schwere über dein HauS seit dein Tag, da der Herr eö verlassen hatte. Sie be drängte alle, die in ihm lebten. Kein frohes Wort, kein Scherz wurde mehr laut, seit Frau Henricaü Stock wieder über den ganzen Hof, in allen Ställen und Scheunen zu hören war. Jakob empfand daü Gewitter, daü sich jetzt in orkanartigem Sturm und gewaltigen Donnern löste, wie eine Wohltat. Wie schön war eö, wenn sich der Blitz aus der Umklam merung der Wolken riß. Immer wieder musste Jakob Hin sehen, wenn solch eine brennende Fackel zur Erde nkedersauste und die Landschaft in ein Flammenmeer verwandelte. Spät erst kam er in seine Kammer. Aber der Schlaf floh thn laiige. Immer wieder sah er daü blasse Gesicht des Kindes vor sich, als es von der Großmutter zu ihm gekommen war. Der Herr hätte nicht gehen sollen. Fast grollte ihm der alte Jakob in dieser Gewitternacht, da der Hagel an die Fensterscheiben prasselte und mit seiner Wucht daü noch auf den Feldern stehende Korn vernichtete. Wie ein goldener Mantel breitete sich am nächsten Morgen der Strahlenkranz der Sonne über dem See, dessen Wellen spielend am Ufer tanzten. Nichts erinnerte mehr an den Sturm, der in der Nacht getobt hatte. Ein paar Enten schwammen munter dahin. Ihr Gefieder glänzte. Sie tauchten und fischten mit den Schnäbeln, dann zogen sie wieder eine Wellenlinie hinter sich her und schüttelten sich und prusteten. Ein Boot schaukelte auf dem Wasser. Amaryll saß darin. Sie hatte die Arme aufgestützt und sah in daü Morgenlicht. Am vergangenen Tag hatte sie die Kinderschuhe abgestreift. Nun wuchs sie in ein Leben, von dem sie spürte, daß es 'Kampf bedeutete und daß man lernen mußte, eö zu meistern. Ruhig verliefen Sommer und Herbst. Aber mit jedem Tag, der in die Ewigkeit versank, verlor Anncrose mehr an Kraft. Sie wurde zusehends schwächer und stiller. Frau Henriea ließ einen Arzt nach dem anderen kommen. Aber keiner wußte einen Rat. Die junge Frau sah sie alle an mit einem Blick, der in wette Fernen ging und den es Mühe kostete, sich in das Gegenwärtige zurückzufinden. Amaryll saß täglich gegen Abend in der Mutter Zimmer, das diese schon lange nickt mehr verließ. Und in diesen Stun den sprachen sie vom Vater. Zwar konnte das Kind di« Tragik des verfehlten Lebens ihrer Mutter noch nicht voll begreifen. Aber eü verstand doch, daß der Vater kein Unrecht begangen hatte. Annerose aber fand Trost in dem Gedanken, ln dem Kind das Andenken Friedrichs rein und groß zu bewahren. So konnte sie vielleicht einen Test ihrer Schuld lösen. Eines Tages aber verlöschte sie jäh. Mitten km Satz griff sie nach ihrem Herzen und sank zurück. Arif ihren Lippen aber lag ein Lächeln, so glücklich und froh, wie sie eü in ihres Lebens schönsten Tagen manchmal gehabt, in der Brautzeit. Amarvll, die ihr zu Füßen gesessen und ihren Worten ge lauscht hatte, sprang auf und rannte au- der Tür. Da kam gerade der Arzt des Weg», der zu dieser Stunde meist seinen Besuch abstattete. Er fing das Kind kn seinen Arm auf und trug es zurück in das Zimmer. Er sah sogleich, was geschehen war. Sanft bettete er Amaryll auf das Sofa. Die Ohnmacht, die das Kind befallen hatte, war augenblicklich eine Wohltat. So merkte sie es nicht, wie man die Mutter aus dem Zimmer trug. Alü daü Kind sie wieder sah, lag sie in lauter dunkelroten Rosen und schien friedlich zu schlafen. Amaryll stand do''vr und hielt ln ihren Händen einen Buschen goldgelber Ernsantbemen. Die hatte der letzte Herbst sturm noch stehen lassen. Sie legte sie auf die blassen kalten Hände der Mutter. Dann nahm der Arzt daü schluchzende Kind vom Lager der Toten weg und führte es in sein Zimmer, wo es, ermattet von dem Schmerz, bald in einen tiefen Schlaf sank. In daü llrwalddickickt, daü sich rings nm n Llanguihuese« zog, gruben sich tiefer und tiefer die Afte der deutschen Air siedler. Auck Lkngg und Hallstein arbeiteten nun schon seit einem Jahr an der Rodung des ihnen zugewiescnen Landes. Sie hatten in Valdivia einige Leute gewonnen, die ihnen gegen verhältnismäßig geringes Entgelt halfen, dem Riesen Wald auf den Leib zu rücken. Schon waren einige Licktbrcschen geselligen. Am frühen Morgen begann der Sturm aus daö Dickicht. Und bis tief hinein in die Nackt wurde gearbeitet; eö galt den Einsatz aller Kräfte, um möglichst bald Land für den Ackerbau zu gewinnen. Das Unterholz des Canclo war ungeheuer stark und ver stockten. ES kostete wahrlick Sckwciß und Mühe, hier durck- zukommen. Mit der Art allein war der Durchbruch gar nickt zu bewältigen. Daü Feuer mußte sich hindurchfressen, uni den Siedlern schneller ans Ziel zu helfen. Als sie das erste Stück Wald geschlagen hatten, wurde sofort der Bali einer Hütte, die ihnen vorerst als Unter schlupf dienen sollte, in Angriff genommen. Und nun war er so weit gediehen, daß die drei ihren Einzug halten konnten. Silvia ordnete noch einiges, um das Wohnen in der Hütte bequemer und freundlicher zu gestalten. Vorerst enthielt sie außer der Klicke nur zwei Räume. Aber die Arbeit draußen ging vor. Deshalb mußten diese fürs erste genügen. Als Silvia mit ikren letzten Vorbereitungen für den Einzug, der am Abend gefeiert werden sollte, fertig war, deckte sie den Tisch vor der Hütte für die Abendmahlzeit. Die Männer hatten immer tüchtig Hunger, wenn sie heimkamen. Die Arbeit war schwer und ungewohnt. Aber die Freude an ihr, an iedem gewonnenen Fleck Boden war so groß, daß sie rasch der Mühe vergaßen, die sie dafür ausgewendet hatten. Silvia dachte an den Vater. Wie hatte er sich kn diesen Wochen, seit sic hier waren, verändert. AuS dem alten ge brochenen Mann war wieder ein rüstiger Mensch mit unglaub licher Schaffenskraft geworden. Nichts war ihm zuviel, nichts zu schwer! Wenn sie ihn mahnen wollte, sich doch nicht zu überan strengen, lackte er sie einfach auü. „Silvia, Mädel, du ahnst gar nicht, wie wohl mir das tut. Jeder Druck, der mich früher belastete, ist weg! Und wegen daheim brauche ich mich nicht zu sorgen. Karncrü Nachrichten lauten zufrieden." Ja, der Vater war ihnen wirklich eine Hilfe, die sie kaum entbehren konnten. Aber auch Silvia hatte ihr Teil geleistet und war stolz darauf. Vor der Hütte hatte sie einen Garten angelegt. Zwar war er noch lange nicht fertig. Aber einige Beete prangten doch schon im sommerlichen Schmuck. Auch Grünzeug erntet, sie bereits. Auf dem Tisch standen als Beweis rotleuchtende Radieschen, die ersten Früchte ihrer Arbeit. Und in der Mitte deö Gedecks hoben sich aus einer Schale zartrosa Rosen. Sie blühten hier üppig, wenn sie erst einge- wachsen waren. Silvia saß jetzt wartend auf der Bank, die Friedrich ge schnitzt hatte, lehnte den Rücken, der müde von der Arbeit war, gegen die Hütte und wartete auf ihre beiden Männer. Sie mußten jeden Augenblick kommen. Vom Wald zogen ganze Rauchschwaden, vom Wind ge trieben, zu ihr herüber. Also hatten sic wieder gebrannt, die dunklen undurchdringlichen Wälder. Es war ein ge waltiger Anblick, wenn die Flammen drüben über den Bäumen lohten, den Himmel mit Glut untermalend, daß eö auösah, als schwämme er in Blut. Es war ihr am Anfang unheimlich gewesen, in der Nähe des brennenden Waldes zu Hausen. Aber bald hatte sie sich daran gewöhnt. Nur war es ihr leid um die herrlichen Alerzen, die sie in Wuchs und Nadclart so sehr an die Heimat erinnerten. Dort drüben traten eben Lingg und Hallstein auS dem Dickicht. „Wieder ein ordentliches Stück geschafft", begrüßte Fried rich seine junge Frau und reichte ihr beide Hände entgegen. Sie nahm sie in die ihren und strick liebkolend darüber hin. „Man sieht eü ihnen an", meinte sie lächelnd, „so rissig und zerschunden haben sie früher nicht auSgesehen." „Aber damals war ick weniger Herr wie heute, bade da» Guadcnbrot gegessen, wo ick hätte fordern dürfen. O Silvia, wie bin ick glücklich nut dir! Und meine Aufgabe hier, aus dem Nickis einen frucht baren Bdocn, ein blühendes Land zu schassen, erfüllt mich mit Genugtuung. Ick habe nickt geahnt, welch ein Gefühl eü ist, jungfräuliche Erde zu berühren. Wie wird das erst sein, wenn wir zum erstenmal säen, Sepp." „Und ernten, Friedrich. Aber setzt las; uuö essen. Ich habe einen Bärenhunger mitgebracbt." „Dann greife nur ordentlich zu, Vater, ich habe schon vor gesorgt, das; eü reicht." . „Was hast du denn beute Nachmittag gemacht?" „Zuerst habe ich ein wenig im Garte» gearbeitet, später Ha- Haus für unseren Einzug geschmückt. Der Nachbar, der unsrer Trauung in Valdivia beiwohnte, hat für heute Abend ctwas eftra Feines gestiftet: Wein!" „Wein!" lachte .Hallstein. „Nun, so laßt uns das Fest be gießen." Er korkte die Flasche auf und füllte die Gläser mit dent dunkelroten Saft. „Arif eine glückliche Zeit in unserer neuen Heimat." Hell klangen die Gläser zusammen. Ein wundersamer Sternenhimmel zog über ibnen auf. Lange saßen sie und blickten in die N'cki, und hackten habet an die Hekmat und an daö, was sich während ihrer Ab wesenheit ereignet hatte. Von Annerosenü Tod batten iie durch Frontal 'rkabren. Sofort hatte Lingg versucht, nun Amarvll in die Hände zu bekommen. Eine junge Frau, die ihrem Manne nachreiste, wollte sie mitnehmen. Aber eö gelang ihr nicht. > «Fortsetzung folgst Lragen hinter ber / Lord Byron prophezeit Englands Fall O. B. In D. — „Kennst Du das Gedicht von Lord Byron .Fluch der Minerva', In dein der große englische Romantiker das Ende der britischen Herrschaft voraussagt?" — Ich danke Dir sür die Uebcrmittlung der Uebersehung des Gedichtes, das mir bislang unbekannt war. Lor- Byron ft788 bis 1824) war ein erbitterter Feind der herrschenden Schichten Englands. Mehr als einmal hat er den Krämergeist und die schrankenlose Habsucht dieser Schichten angcklagt. Sein „Ton Juan" (1824) ist eine furchtbare Satire auf die englische Gesell schaft, eine poetische Anklage monumentalen Formats. — Tas Gedicht „Fluch der Minerva" ist 1808 in Athen entstanden, als der britische Gesandte In Konstantinopel, Lord Thomas Elgin, in barbarischer Weise Skulpturen und Statuen aus dem '^Par thenon in Athen herausbrcchen und nach England vcrsrachlen lieh. In dem Gedicht verkündet Athens Schutzgöttiu den bal digen Untergang Albions (wir zitieren nach der Ucbersetzung von E. Schrempf In dem Buch „Lord Byron stirbt für Grie chenland"): „Geht hilft gcnictzt die Stunden bis zur Nacht. Packt fest den Schatten eurer sllehuden Macht. Vertuschet Niederlagen und Bankrott, Daß Reichtum Traum war und die Stärke Spott. Das Gold ist weg, das einst der Erdkreis pries. Und Kaper fangen weg, ivas mau euch lieh. Die Mietlinge, gekauft In allen Landen, Verschmäh» den Dienst in euren Söldncrbanden . . . Noch einen Todeskampf besteht ihr, einen- Eh' England Ketten trägt, wird Frankreich weinen. Mit welchem Auge sehn vom Dünenstrand Die fitehnden Bürger ihrer Städte Brand? Die Jlammcnsäule, wenn sic kraus und wild lieber die Themse wirst ihr rotes Bild? Murr', Albion, nicht! denn jener Brand war Dein, Der sich vom Tajo wälzte bis zum Rhein. Wenn jetzt vor ihm Dein Reich zusammenbricht, Greif an Dein Herz — verdientest Du es nicht?" Blücher bei Ligny E. K. In G. — „Auf ihrem Vormarsch durch Belgien sind unsere Truppen auch über das Schlachtfeld von Ligny gekom men. War es nicht In dieser Schlacht, daß Feldmarfchall Blücher In schwere Lebensgefahr geriet?" — So ist cs. Die Schlacht bet Ligny wurde am 16. Juni 1818 durchgesochten. 180000 Franzosen standen den 80 000 Mann der Armee Blüchers gegenüber. Die Preußen behaupteten sich mit der größten Tapferkeit; erst am Abend räumten sie das Schlacht feld. Der Feind wagte nicht zu folgen. Dieser tapferen Haltung der Armee Blüchers mar wenige Tage später der Sieg bei Waterloo zu danke», denn ohne das Eintreffen der Preußen auf dem Echlachtselde wäre Wellington geschlagen worden. — Freundliche Antmorlen fttr humorige Leute lieber die schwere Gefahr, in die Blücher während der Schlacht geriet, berichtet Neidhardt von Gneiscuau: „An diesem Tage schwebte der Feldmarschall in großer Gefahr. Ein Kavallerie angriff, wo er sich selbst an der Spitze befand, war mißlungen. Als die feindliche Kavallerie schnell verfolgte, durchbobrte ein Schuß das Pferd des Feldmarschalls. Der Schuß hemmte jedoch nicht des Pferdes Lauf. Der Schmerz trieb es vielmehr immer heftiger zu konvulsivischen Sprüngen an. bis cs plötzlich in vollem Rennen tot zu Boden stürzte. Der Feldmarschall lag, vom geivallsamcn Sturze betäubt, unter dem toten Pferde. Die feindlichen Kürassiere jagten in der Bersolgung heran: unsere letzten Reiter waren sä^on beim Feldmarschall vorüber, nur ein Adjutant war bei ihm. Boni Pserd abgesprunaen, ltand er neben ihm, sein Schicksal zu teilen entscklosseu. Die Not war groß, doch der Himmel wachte über uns. Die Feinde jagten in wilder Eile vorüber, ohne den Feldmarschall zu bemerken, und ebenso jagten sie noch einmal bei ihm vorbei, als die Unsrigeu sie wieder zurückgeworlen hatten. Jetzt erü brachte man mit Mühe den Feldmarschall unter dem toten Pferde hervor." Frankreichs Ostgrenze F. ck S. — „Die französische Ostarenzc lag 'niber viel weiter westlich als heute. Wie ist es zu dem Borrückcn dieser Grenze nach Osten gekommen?" — 843, durch den Vertrag von Verdun, teilten die Söhne Ludwigs des Frommen das Reich Karls des Großen in drei Teile: Wcstsranken, Lotharingien und vstiranken. Durch die Verträge von Meerseu (870) und Ribemont (880) wurde das Reich Lothars geteilt; Burgund kam an Westfranken. Lotharin- gicn an Ostfranken. Auch nach dem Ende der mittelalterlichen Kaiscrhcrrlichkeit und dem Beginn der innerdeutschen Zersplit terung in kleine Tcrritorialstantcn blieb das so. Noch nm 1300 lies die Grenze des Reiches^m der Maas abwärts bis etwa Sedan, bog dann scharf nach Westen aus und umschloß die Grasscimsten Hcnncgau, Artois und Flandern. Arras, Cambrai und Lille gehörten damals noch zum Reiche. Dank der deut schen Uneinigkeit und der Entwickelung Frankreichs zum Ein heitsstaat begann im 16. Jahrhunderts das Barrücken der fran zösischen Ostgrcnze zum Nachteil des Reiches. 1582 besetzte Frankreich Metz, Toul und Verdun, drei zum Reiche gehörige Bis tümer. Der Westfälische Friede brockte 1648 als Erfolg der Politik Richelieu» das Artois mit Arras und das Oberelsaß au Frankreich. Ludwig XIV. erweiterte diese Erfolge in den Friedensschlüßen von Nymwegeu <1678) und Rnswyk <1697), die der Volksmund deshalb die Frieden von „Nimmweg" und „Neißweg" nannte. Das ganze Elsaß, Teile von Flandern und Hennegau mit Lille und Eambrai kamen an Frankreich. 1766 folgte Lothringen. Damit hatte Frankreich an seiner Ostgrenze etwa die hentige Ausdehnung erreicht; spätere Eroberungen — unter Napoleon 1. gehörte sogar Hamburg zu Frankreich! — sind wieder vcrlorengegangcn. — Auch gegenüber Italien hat Frankreich eine ähnliche Polistk der Ei-pans'on getrieben. So ist Korsika erst 1768, Savoyen und Nizza erst 1860 zu Fca ich gekommen. , P. A. in E. — „Ein Bekannter von mir nennt ein großes Sieb sür Gartenerde .Raithe'. Gleichzeitig lese ick das^Wocl .Naithe' im Sinne von Gemeindeversammlung. Kannst Du die die Doppelbeüeutung erklären?" — „Reite" oder „Ratte" — die Schreibart ist mundartlich verschieden —"hat noch viele andere Bedeutungen. Tie in der Rechtschreibung einander gleichenden Wörter liab.cn aber sehr verschiedene Wurzeln, die nicht mehr in allen Fällen völlig klar zulegen sind. Von althochdeutsch „ritcra" kommt „Reiter" oder „Reite" als Bezeichnung sür ein grobes Sieb. Uriprünglich bedeutet das Wort ein siebartiges Geflecht, durch das ausgedro schenes Getreide gereinigt wird. 'Mit dem Täiigkcitswort „reiten" zusammen hängt die Bedeutung von ..R ite" gleich: Schaukel, Wippe und gleich: freier Hosplatz. Mit die'cr letzteren Bedeutung könnte der von Dir angeführte Gebrauch im Sinne von „Gemeindeversammlung" Zusammenhängen Doch finde ick in den mir zu Gebote stehenden Ouellen kein Beispiel iiir eine solche Verwendung des Wortes. Wohl aber gibt cs ein Wort „Ratte" bzw. „Reit", das soviel bedeutet wie Rechnung. ..Nach- barreit" hat dann den Sinn „Gemeinderechnung". Damit sind die Siniwcdeutuiigeu von „Reite" nicht erschöpf: In der Cckwciz z. B. versteht man darunter einen lleberzug. in den man Bettfedern einschüttct, also das. was wir mit dem un schönen Fremdwort „Inlct" bezeichnen. Taus und A» W. A in P. — „Was bedeuten die beim K. viel üb lichen Ausdrücke für den höchsten Trumpf Daus' und .As ?" — „As" komntt aus dem Lateinischen. Es iü die ülleüe römische Münzeinheit. So kann „as" dann schlechtweg: „eins" bedeuten. „Daus" ist die Verdeutschung des lateinischen „dno bzw. des griechischen „dyas" (vgl. franzönsch „deux" und eng lisch „deuee"), bedeutet also: „zwei". Beim Würfelspiel und Kartenspiel bezeichnen „As" und „Daus" urivrünglich die be:den niedrigsten Würfe bzw. Zahlenkarten. Bei den gebräuchlichsten Kartenspielen aber gilt die niedrigste Zohlenkarte als höchster Trumpf. Das ist bei der französischen Karte, die alle Zahlen karten von 1 bis 10 aufweist, das As. Bei der deutschen Karte, die außer den Zahlenkartcn 7. 8. 9 und 10 nur die 2 — das Daus — behalten hat. während die 1 und die Zahlen 3 bis 6 wcggefallcn sind. Ist die 2 höchster Trumps. Das Nebeneinander der französischen und deutschen Karte hat nun dazu geführt, daß man fälschlicherweise bei der deutschen Karte das „Daus" als „As" bezeichnet. So werden heute die beiden Wör ter von sehr vielen Leuten wechselweise für die gleiche Sache, den höchsten Trumpf der deutschen Spielkarte, gebraucht. Dars geschieht aber im Widerspruch zum eigentlichen Wortsinn. Der höchste Trumps der deutschen Karte ist nicht das As, sonder» das Daus. Marabu. Haugllchriftleiter: Georg Winkel: Stellvertreter: Dr. Mcrliord Deseznk; Verlags- und Anzeigenlriter: Tdeodor Winkel, iämtlich Dresden. Druck und Verlag: Germania Buchdrucker«! u Verlag, Dresden, Polierslrab« 17. - Preisliste «r. 4 ist giilltg.