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Rotterdam, der Mündungs hafen der Rheins An geschichtlichen Sehenswürdigkeiten ist Rotterdam ärmer als seine holländischen und belgischen Nachbarstädte, als Amsterdam, Antwerpen, Brüssel oder gar als Gent und Brügge. Trotzdem ist es als Stadt einer der geivaltigsten Eindrücke, die es iiberhaupt gibt. Diesen Eindruck verdankt es seinen einzig artigen Hafenanlagen und zivar gerade den modernsten unter ihnen. Rotterdam, das IMS Stadtrechte erhielt und sich im 16. Jahrhundert dem Ausstand der Niederlande gegen Spanien an- schloss, war bis ins 17. Jahrhundert hinein eine verhältnis- mätzig wenig bedeutende Stadt. So hat sich als einziges bedeu tendes Denkmal des Mittelalters nur die gotisrl)« Lorenzkircl-e, die sogenannltc „Grvotc Kcrk", erhalten, mit ihrem wuchtigen viereckigen Turinstumpf, das Wahrzeichen Rotterdams. Erst als im 17. Jahrhundert, zur Zeit, da das ganze übrige Europa und vor allem Deutschland sich Im Dreißigjährigen Krieg fast ver blutete, die Niederlande zu einem bis dahin beispiellosen Reich tum aufblühten, nahm auch Rotterdam einen gewaltigen Auf schwung. Damals entstand der dreieckige Stadtkern der eigent lichen Rotterdamer Altstadt, und zwar an den» nordwestlichen Ufer des Halbbogens, den die Neue Maas hier bildet, gegen über den Inseln Noordereiland und Feijenoord. Die Grundlinie des Dreiecks stellt die alte Uferstraße der „Boompjes" dar, in dessen nächster Nähe der alte Halfen lag, durch ein paar Kanäle und Gräben vom Fluß her in die Stadt eingeschmtten und »ntterclnander zu einem Netz verbunden. Diese Hafenanlage ivar so günstig, daß sie bis zum letzten Drittel des 19. Jahrhunderts dem Verkehr genügte. Dann aber kam die Entwicklung im Sturmschritt und riß in die Flußufcr, besonders in das linke, der Altstadt gegenüber gelegene, ein riesiges Hafenbecken nach dem anderen. Man begann mit dein Gelände der Insel Feijenoord und ging dann ständig flußab- wäüts, denn Meere zu. So besitzt Rotterdam nicht einen Hasen, sondern ein ganzes Gewirr von Häfen, zwischen denen oft nur schmale Landzungen stehen geblieben sind, für den Fremden ein sinnverwirrender Eindruck. Kaum war ein Hafenbecken fertig gestellt, so wurde es dem wachsenden Verkehr scl-on wieder zu eng, und die Zeit forderte gebieterisch ein neues, größeres. Platz, Platz lfür die Schisse aus aller Welt! das ivar seit Jahr zehnten und ist noch heute die Losung Rotterdams. Rücksicht konnte dabei nicht genommen werden. Sa lag zum Beispiel noch Ende des vorigen Jahrhunderts dem alten Rotterdam schräg gegenüber das Dors Katenbrecht, dessen Grund und Boden tm 13. und 13. Jahrhundert unter unsäglichen Mühen dckn Meere abgerungcn worden ivar. Da wurde 1906—1966 der Maashafen gebaut, der den größten Teil dieses kostbaren Bodens wieder sortfegte und 700 seiner.Häuser verschlang. Was aber ferner das Friedensbild des Rotterdamer Ha jens so einzigartig machte, das ist der Umstand, daß hier nicht ivie in anderen Häfen ein Schiff neben dem anderen a» lan gen Kaden liegt und seine Ladung an Land löscht, sondern das Umladen geschieht zum weitaus größten Teil wieder in Schiffe, vor allem in die großen Rheinkähne. Die gewaltige Bedeutung Rotterdams liegt sa in allererster Linie darin, daß es Mün dungshafen des Rheins ist und daß es das rheinisä)- westfälische Iiidustriegebiet als Hinterland hat. Nur der ge ringste Teil der hier durcl-gchcnden Güter wird aus dem Land wege von hier weiter oder hierher befördert, >fast alles kommt und geht auf dem Rhein oder auf den Kanälen. So ankern die großen Ueberseeschisfe nicht an Kais, sondern mitten im Hafen, an beiden Seiten von ihnen die Transportschiffe der Binnen gewässer. weil auf diese Weise das Löschen der Ladung säpiellcr geht. Aus diesem Grunde braucht Rotterdam eine im Verhält nis zu seinem Verkehr weit größere Wasserfläche als andere Häfen. Als Eintfuhrartikel stehen Patroleum und Erz aus Ame rika und Schweden obenan, als Ausfuhrartikel deutsche Kohle. Die Lebensader des Rheins l>at Rotterdam groß gemacht, sein eigenes Lebensgesetz zwingt es zur innigsten Verbindung mit dem Lande, aus dem der Rhein kommt. He*e!ngrfall«n Ein leidenschaftlicher Autogrammjäger sandte einst an Henrik Ibsen einen Brief folgenden Wortlauts: „Sehr geehrter Herr! Ich sammle die Autogramme nur ganz berühmter Männer. Da Sie ja zu diesen gehören und mir «In Autogramm von Ihnen noch fehlt, bitite Ich Sie. auf das beiliegende Blatt Ihren Namen zu schreiben. Anbei 20 Kronen. Für zivei Worte sind 20 Kronen, so hoffe ich, auch für Sie ein ganz anständiges Honorar!" Ibsen quittierte diese bodenlose Unverschämtheit, indem er das Blattt Papier mit zivei Worten zurücksandte. Diese lau teten: „Dankend eryolten!" Daß der Dichter die 20 Kronen für wohltätige Zwecke verwandt«, braucht wohl nicht besonders betont zu werden. Zweifelhafte Empfehlung „Diese Hutsorm kann ich nicht leiden", erklärt die Kun din, „man kann darunter gar nichts vom Gesicht sehen." „Aber, gnädige Frau", erwidert eifrig die Verkäuferin, ,Has kleidet doch am besten." «r kannte Bismarck, Roch und Virchow Erinnerungen -e« Reich»tag«ftenographen Vv. Fritz Vurnreister In Zehlendorf sprachen wir mit Dr. Fritz Burmeister, der als ehemaliger Stenograph im Reichstage wie im Herren- und Abgeordnetenl-aus Bismarck, Rudolf Vir chow und Robert Koch persönlich kennengelernt hat. Wenn sich Dr. Burmeister so mancher bedeutsamen Begeg nung aus dem vorigen Iahrhuirdert erinnert und dabei immer wieder auf die liebste von allen, auf das Erlebnis Bismarcks zu spreche» kommt, dann geschieht es mit jener Begeisterung, die ihn an einem Augusttage des Jahres 1892 erfüllte, als es hieß, der Kanzler sei mit seinem Salonwagen im Stettiner Bahnhof eingetrossen. „Sie hätten die Stridenten sehen müssen, wie sie hcransluteten und nicht aushörc» wollten, dem Fürsten zu huldigen. Unvergeßlich, wie er sich dann, ausnahmsweise in Zivil, mit folgenden Worten an uns wandte: ,Ihr wollt wohl, daß ich eine Rede halte? Ich habe schon so viel geredet, daß ich es gar nicht mehr verantworten kann . . Dabei spielte Bismarck auf mehrere Ansprachen an, die er, von Wien kom mend, wo sich sein Sohn verheiratete, in den Städten München, Augsburg, Jena und Stendal gehalten hatte." Aber dies ivar nur eine Episode. In der Erinnerung Bur meisters leben wesentlichere Begegnungen, die er seiner Tätig keit als Stenograph im Reichstage wie im Herren- und Ab geordnetenhause verdanken darf. „Was Bismarck in dem sehr gehaltvollen „Koch'-Film sagt, habe ich gleichsam noch im Ori ginal erlebt. Ans der Leinwand hält er eine Rede, die in dieser Weise zivar nicht unbedingt historisch, dennoch nicht falsch ist. Der Drehbuchautor hat lediglich, wohl aus dramaturgischen Notwendigkeiten, die Sätze verschiedener Bismarck-Reden zu einer einzigen zusammengezogen. Leicht war es nicht, dem Kanzler stenographisch zu folgen. Er sprach meist sehr leise, seine Stimme war dünn und nicht weittragend. Erschwerend kam für den Stenographen hinzu, daß der Fürst niemals im Tonfall einen Unterschiü» machte zwischen Wichtigem und Unwichtigem . . . Zeit zur Vorbereitung einer Rede fand er selten, aber wer das Thema beherrschte, meinte er einmal, der rede auf jeden Fall gut und eindrucksvoll. Un vergeßlich ist mir, wie er bei der Versicherung, unsere Be ziehungen zu Rußland seien durch das Erlebnis von 1866 in keiner Weise getrübt worden, seine Ausführungen plötzlich un terbrach. Er könne so lange nicht stehen, meinte Bismarck bei läufig, um dann sitzend — und nun erstmals vorlesend — in seinen Ausführungen sortzusahren. Diese Rede ivar offensicht lich an die Adresse des Zaren gerichtet und da wollte sich der Kanzler nicht aus die Eingebungen des Augenblicks verlassen... Ungemein interessant, aber sehr schwierig gestalteten sich für den Stenographen die Kolonialdebatlen, ivo es darauf ankam, die schwierigsten Namen der afrikanischen Westküste, einem bis dahin ganz ungeläusig, richtig zu Papier zu bringen. Damals lernte ich auch -en Dezernenten sür Südivestafrika, den Wirk ¬ lichen und Geheimen Legationsrat Göring, kennen, den Vater unseres Generalseldmarschalls. Er galt als einer der vor nehmsten Beamten des Auswärtigen Amtes . . ." Der alte Stenograph, den eine Fülle von Erinnerungen mit der Vergangenheit verbindet, ist heute vierundsiebzig Jahre alt. Als er sich kürzlich den „Koch"-Fiim ansah, sand er ge wissermaßen gute Bekannte aus der Leimvand. Ob es nun der Titelheld selbst war oder Rudolf Virchow, ob der Chirurg v. Bergmann oder der alte Kaiser — all diese Persönlichkeiten, die schauspielerische Kunst nun nachgebildct hatte, erlebte er noch im Original. „Dieser Abend im Kino ivar einer der inter essantesten meines Lebens. Als ich Iannings sah, war es, als sei Robert Koch auferstandcn. Neben der erstaunlichen Aehnlichkcit im Aeußercn traf er — was wohl ein Zuiall mar -- den Klang der Stimme ganz genau. Ich sah und hörte Robert Koch bei einem Vortrag über seine Asrikareisc. Sein Kampf galt damals der Ttctse-Flicge, diesem gefürchteten In sekt, das ganze Herden von Rindern vernichtete. Besser als Robert^Koch kannte ich dessen berühmten Kol legen Virchow, den Arzt und Wohltäter der Menschheit. Er sah in den letzten Jahren seines Lebens wohl jugendlicher aus, als ihn Werner Krauß dargestellt hat. Dr. Virchow, dem unter anderem die Planung großer Krankenhäuser, die Schul hygiene wie auch der Fortschritt der Kanalisation zu danken ist, war den Stenographen wegen seiner gleichmäßigen, dabei immer klaren Redeweise sehr willkommen. So sind seine Bücher — allen voran „Die Lehre von den krankhasten Geschwülsten" und „Die CeNularpathologic" — aus den Stenogrammen einiger Studenten entstanden. Virchow war ein sehr scharfer Kritiker, dabei aber nie überheblich. Er hatte immer etwas von Bonhomte an sich. Seine besondere Liebe galt den Tieren, wie er sich trotz seiner beruflichen Uebcrlastung — ex arbeitete von früh um sieben bis nachts um eins — nie nehmen ließ, seine Rosen beete in der Schellingstraße, wo er wohnte, sorglichst zu pflegen." Sehr lebendig und beschwingt werden diese schönen Er innerungen vorgetragen. Von einem Manne, der noch den Für sten Bismarck kannte, noch Robert Koch und Rudolf Virchow — ja Treitschke und Mommsen, diese überragenden Historiker, dürfte man mit Fug und Recht die Kennzeichen des Alters erwarten. Indessen — grauschwarzc Haare bedecken den meck lenburgischen Schädel lind eine glatte, sonnverbrannte Haut läßt das Gesicht um fast zwanzig Jahre jünger erscheinen, als es tatsächlich ist . . . Dr. Burmeister meidet auch heute, an seinem Lebensabend, die Arbeit nicht. Seine Erinnerungen werden bald im Druck erscheinen und dann lebendige Brücken schlagen in jene Zeit, da Robert Koch und Rudolf Virchow ihr großes Werk vollendeten, in jene Epoche, da der Fürst Bismarck unser Deutschland einte und ihm einen hervorragenden Platz in der Welt verschaffte. Kurt Künkler. „Lieber Auekuek, sag mir recht ..." Der F» ühliirgKvsgel im Brauchtum und Volksaberglauben Kein Vogel spielt im Volksaberglauben eine so große Rolle wie der Frühlingsvogel, der Kuckuck. Schon sein Name, der aus den Klang seines Rufes zurückgeht, ist von der Sage umrankt. Als Gott den einzelnen Vögeln ihren Namen gegeben hatte, ging der Kuckuck leer aus. Erbost sagte er da: „So will ich nun der Kuckuck sein Und ewig meinen Namen schrcin!" Sicher gaben das scheue Benehmen und die ausfallenden Lcbensgewohnhciten des Kuckucks Anlaß zu all den Anschau ungen, die über ihn iin Umlauf sind, besonders die Tatsache, daß er seine Eier in fremde Nester legt. Da er allgemein als der Wahrsagevogel gilt, hat er nach volkstümlicher Erklärung keine Zeit sür das Brutgeschäft, da ihn die Wahrsagerei ganz in Anspruch nimmt. Seine phrophctische Gabe, von der schon Hugo von Trimberg 1313s singt: „Swie lange aber wer sin srönden spil Daz wciz der gouch, c mir vur war Hat geputzet hundert jar!", bezieht sich auf das ganze Menschenleben; er weissagt noch Volksaberglaubcn Leben und Tod, Armut und Reichtum, Hoch zeit und Kindtaufe, Gesundheit und Krankheit, Ernte und Mißwachs und das Alter des Mensche». Daher auch der Aus druck: „Das weiß der Kuckuck!" Kinder singen mancherorts beim ersten Kuckucksruf: „Lieber Kuckuck, sag mir recht, Wieviel Jahr ich leben soll? Belüg mich nicht, betrüg mich nicht, Sonst bist du der rechte Kuckuck nicht!" Heiratslustigen Mädchen soll er wegen seiner mytholo gischen Beziehungen zur Freya, der Göttin der Ehe, die Zeit ankündigen, wann der Freier sich cinfindet: „Kuckuckshnecht, sag mir recht, wie lang ich leben soll, ohne Mann und ohne Kind ohne Kuckuckssingerring!" Hört der Kuckuck sofort wieder auf zu ruscn, dann kommt im gleichen Jahr noch der Frclc^ sonst erst nach so viel Jahren« wie er gerufen hat. Auch Goethe hat i» dem Gedichte „Frühlingsorakel" dem alten Volksglauben von der prophetischen Gabe des Kuckucks poetische» Ausdruck verliehen: „Du prophet'scher Vogel du, Blütensänger, o Coucou! Bitten eines jungen Paares In der schönsten Zeit des Jahres. Hör«, liebster Vogel du! Kann es hoffen, rus ihm zu Dein Coucou, dein Coucou!" Als Vorbote des nahenden Frühlings ist er in die Spruch weisheit des Bauern eingegangen. So wird als Frühlingszcichen angeführt: „Schreit der Kuckuck viel im März, so gibt cs einen guten Frühling, ruft er auf kahlen Bäumen, steht ein magere» Jahr und Mißernte bevor." Nur nach Johanni bedeuten Kuckucksrufe im Bauernglaubcn nichts Gute: „Rust nach Johanni der Kuckuck noch lang, Wird's dem Bauern »m seine Ernte bang." Der Glaube, daß er als Regcnkünder gilt, scheint ein altes Erbgut indogermanischer Völker zu sein. Der griechische Dichter Hesiod <8. Iahrh. v. Chr.) sagt von ihm in seinem Buche „Werke und Tage": „Wenn dieser Vogel zum ersten Male kuckückt, so regnet es drei Tage in einem fort." In Indien war er als weissagender Vogel dem Iudra heilig, dem Donner, und Gewittergott, dem Donar in der germanischen Götterlehre. Das mag die Rolle erklären, die er im deutschen Volksglauben als Regenvogel spielt. Die Ankunst des Frühlingsvogcls, die um den Tiburiius- tag am 14. April erfolgt, wurde in manchen Gegenden Deutsch» Hollänbifeh«» Bank«» nach dem Aanrpf Furchtbar treffen die deutschen «assen und selbst die stärksten BesestigungsiverKe halten nicht stand. — Unser Bild zetgt »inen zertrümmerten Bunde, an der Maas in Holland. sPK. Jabhauer, Scherl, M.) Sie halfen -a» Fort Eben Einael «robe«n Die Eroberer des Forts Eben Emael, eine Lustwassensturmabteilung, sind eben aus der Schlacht zurückgckehrt und freuen sich ihres Erfolge». sPK. Büttner, Presse-Hoffmann, M.f