Volltext Seite (XML)
Nachdem noch der Vorsitzende Richter die Jury instruirl halte, zogen sich die Geschworenen in da» BerathungSzimmer zurück. E» waren nicht mehr al« zehn Minuten vergangen, al« die Jury in den Ge- richtSsaal zurückkehrte. »Bereiten Sie sich auf da« schlimmste vor," raunte Spaird seinem Klienten zu. Die Advokaten wissen, daß in solchen Füllen eine so kurze Berathung gleichbedeutend ist mit einem für den Angeklagten ungünstigen Urtheil. Und Spaird hatte sich nicht geirrt, denn der Spruch der Jury, von dem Obmann in lautem, feierlichen Ton verkün det, lautete: »Schuldig de« vorsätzlichen Morde«." .Richard!" rief Grace schmerzlich au«, al« sie in sein bleiches Antlitz blickte. »Muth, Grace!" flüsterte er ihr zu, »laß un« jetzt nicht die Fassung verlieren!" Spaird stellte nun den Antrag, daß die Verkünd ung de« Urtheil« aufgeschoben werde. Der Vorsitzende Richter aber erklärte, er sähe keinen Grund, diesem Anträge nachzugeben, denn der Fall liege vollständig klar. Der Richier verkündete da« Urtheil, daß Richard Vanmark „am Halse ausgihlkngt werken solle, bis er todt sei" und zwar am zweiten Montag nach Verkündig ung de« Urtheil». VI. Verurt heilt. Zwölf ehrenhafte Männer, eingeschworen, nach bestem Wissen und Gewissen da« Urtheil über den des Morve« an Stella Raimonde angeklagten Richard Vanmark zu sprechen, hatten den Angeklagten für schuldig befunden und der Vorsitzende Richter hatte, wie es das Gesetz vorschreibt, das Urtheil verkündet. Die Gerichtsverhandlung war damit zu Ende und die Gefängnißbeamten näherten sich dem Verurtheilten, ""4hq,nach den TombS zurückzusühren. »Richard! Richard!" rief Grace aus, während sich, ihr unbewußt, ihre Augen mit Thränen füllten. „Sei stark, mein Lieb!" ermunterte er sie mit klarer, fester Stimme. »Und jetzt laß uns von ein under scheiden. Die Beamten warten auf mich." Die Beamten legten ihre Hände auf seine Arme. Grace wankte, als ob sie zu Boden fallen würde. „Spaird, Spaird," rief Richard dem Advokaten zu. „Sehen Sie nach ihr!" Spaird eilte herzu und fing Grace in seinen Armen auf. Ihre Augen schlossen sich und die Be sinnung verließ sie. Der Verurtheilte warf noch einen langen Blick voll unendlicher Zärtlichkeit auf das liebliche, jetzt so bleiche Gesicht Graces und wendete sich dann zu den Gefängnißbeamten: »Lassen Sie uns schnell gehen, bevor sie wieder zu sich kommt!" Die Beamten führten ihn durch die gaffende Menge nach dem Wagen, der ihn herge bracht, und der ihn nun wieder in das Gefäugniß zurückführte. Als Richard Vanmark seine Zelle betreten hatte, stand er einen Augenblick still, dann sank er auf den Stuhl nieder, der an der Wand stand und vergrub sein Gesicht in die Hände. Einige Minuten verharrte er so wie geistesab wesend. * * * Man vergegenwärtige sich die ganze Entsetzlichkeit seiner Lage. Er, der vollkommen schuldlos, war zu einem schimpflichen Tode verurtheilt. ES ist wahr, er hatte von allem Anfang gesehen, wie starke und belastende Verdachtsgründe gegen ihn vorlagen, aber die Hoffnung ist so fest in des Menschen Herz ein- gcpflanzt, daß er niemals ernstlich den Gedanken, man könne ihn schuldig finden, in Erwägung gezogen hatte. Nun war er verurtheilt. Doch nur für einige Minuten ließ er sich von den Schrecknissen seiner Lage überwältigen. Dann ermannte er sich, er erhob sich als ein Mann, der fest entschlossen ist, was immer das Schicksal ihm auferlegen würde, mit männlicher Fassung zu ertragen. Richard Vanmark hatte, wie bereits erwähnt, keine Verwandte in Amerika; aber er hatte eine große An zahl von Freunden und Bekannten, theilS aus seinen geschäftlichen, theilS aus seinen gesellschaftlichen Be ziehungen. Kurz nach seiner Verhaftung waren drei oder vier seiner Freunde 'im Gefängniß erschienen, um ihn zu besuchen, er hatte aber dankend abgelehnt, sie in seiner Zelle zu empfangen. Seit jener Zeit hatte Niemand wieder versucht, ihn zu sprechen, ausgenommen sein Advokat und Grace Monteath. Grace erholte sich nur langsam von ihrem Ohn- machtSanfalle im Gerichtssaal. Als sie wieder zu sich gekommen war, blickte sie suchend um sich. »Richard?" sagte sie in fragendem Ton. »Er ist bereits fort," antwortete Spaird. »Kann ich zu ihm gehen?" fragte sie. »Heute nicht mehr," war des Advokaten Antwort. Er fürchtete, daß sie, wenn sie ihn in diesem Zustande sehen würde, nicht nur selbst zusammenbrechen wurde, sondern auch dem Gefangenen die ihm so nöthige Fassung rauben würde. „Wann kann ich ihn sprechen?" fragte sie weiter. »Ich werde morgen früh um zehn Uhr bei ihm sein," antwortete Spaird, »und es wird mich freuen. Sie dann dort zu treffen." „Ich werde da sein," antwortete sie. Dann nach einer Pause fügte sie hinzu: »Können Sie mich nach Hause bringen?" Ich fühle mich so schwach." Der Advokat sandte unverzüglich nach einem Wagen, half, al» dieser vor dem Gerichtsgebäude hielt, der Braut seine« Klienten einsteigen und nahm an ihrer Seite Platz. Zurückgelehnt in die Kissen der Kutsche saß sie da, dumpf vor sich hinbrütenv. Nur einmal öffnete sie den Mund zur Frage: »Giebt e« denn keine Hoffnung mehr für ihn?" »Darüber wollen wir morgen berathen," antwor tete Spaird. »Ich will noch heute Abend darüber nachdenken. Aber so lange er lebt, so lange wollen wir hoffen!" — Monteath war ein freundlicher, alter Mann, gut- müthig und weichen Herzen», der seine Tochter immer ihren eigenen Weg hatte verfolgen lassen. Al« er aber den AuSgang der Gerichtsverhandlung vernahm, da hielt er cS doch an der Zeit, ihr das Ungebühr liche ihres Benehmens borzuhalten. »Jetzt, da er schuldig befunden ist, Grace," sagte er, „solltest Du Dich wohl von ihm zurllckziehen." „Was! Ich soll Richard verlassen — jetzt!" rief sie aus. „Aber, ich dächte doch —" „Warum, Papa," unterbrach Grace ihren Vater, „warum sollte ich ihn jetzt im Stich lassen? Möch test Du, daß ich Dich in einer ähnlichen Lage ver lassen sollte, weil Dich, obgleich Du doch vollkommen schuldlos bist, ein paar Männer für schuldig erklärt haben?" „Ich hoffe, nie in eine solche schreckliche Geschichte verwickelt zu werten," sagte Monteath. „Dem Unglück ist Jeder ausgesetzt." „Und überdies bin ich Dein Vater." „Und er ist mein verlobter Bräutigam, den ich mehr liebe, als mein Leben," antwortete Grace. „O Papa," fuhr sie fort, „Du mußt nicht von mir ver langen, daß ich ihn verlasse. Ich kann, ich darf eS nicht." Monteath zuckte mit den Schultern und drang nicht weiter in seine Tochter. Früh am nächsten Morgen verließ sie in Begleitung einer Dienerin das HauS. WaS immer der Zweck ihres frühen Ausganges gewesen sein mochte, er war jedenfalls nach ihrem Wunsche erledigt, denn ihre Mienen verriethen Zu friedenheit, als sie nach ungefähr einer Stunde nach Hause zurückkehrte. Auf zehn Uhr hatte Spaird die Zusammenkunft in Richards Zelle festgesetzt. Grace trug Sorge, um halb zehn Uhr in den Tombs zu sein, sie wurde so gleich zu dem Gefangenen geführt. „Grace!" rief er aus, als sie bei ihm eintrat. Er war augenscheinlich freudig überrascht, denn er hatte sie kaum erwartet. Sie blickte forschend in sein Antlitz und bemerkte mit Schrecken die entsetz liche Veränderung, welche seit seiner Verurtheilung in seinem Aeußeren stattgefunden hatte. Der Schlag war für seine feine Natur zu stark gewesen. Tiefe Linien durchfurchten sein Gesicht. Sie legte ihre Arme um seinen Hals und küßte ihn wieder und wieder. (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — Hamburg. Daß Jemand zu seinem eigenen Leichenbegängniß kommt, ist ein Fall, wie er wohl nur in der Verwirrung der gegenwärtigen Kranken- hausverhältnisse Hamburgs vorkommen kann. Wird da vor einigen Tagen eine Familie benachrichtigt, daß ihr im Lazareth untergebrachter Neffe an der Cholera gestorben sei und gleichzeitig Ort und Zeit der Be erdigung der Leiche angegeben. Die Verwandten ver sammeln sich im Trauerhause, um nach dem Kirchhof hinauSzufahren, und sprechen noch über die guten Eigenschaften des Verstorbenen, als dieser plötzlich in ihrer Mitte erscheint. Man denke sich den Schreck, aber auch die Ueberraschung; der Kranke war soeben als geheilt aus dem Lazareth entlassen, während man dort einen Verstorbenen mit ihm verwechselt hatte. — Wien. Zwar sagt das Sprichwort, daß „Alles schon dagewesen ist," aber eine zwangsweise Versteigerung von drei gebrauchten Brief marken dürste noch nicht dagewesen sein! Die amt liche „Wiener Zeitung" machte jüngst bekannt, daß zur Vörnahme der Feilbietung der auf 66 fl. ö. W. geschätzten drei Briefmarken, und zwar einer Brief marke von Sachsen aus dem Jahre 1850, drei Pf., roth auf weißem Papier, und zweier Briefmarken von Oldenburg aus den Jahren 1851 und 1858, Sil- bergroschen, schwarz auf grün, der 14. September al» Termin bestimmt sei. Die Versteigerung fano denn auch statt; einige Postwerthzeichen-Händler und -Samm ler hatten sich eingefunden, welche sich vor Allem von der Echtheit der Versteigerungsodjekte überzeugten. Das Ergebniß der Versteigerung war ein sehr gün stiger. Die Drei-Pfennig-Marke von Sachsen aus dem Jahre 1850 wurde um eine Kleinigkeit über den Schätzungspreis von 36 fl. zngeschlagcn. Von den beiden Oldenburger Marken erzielte die eine grüne, auf 6 fl. geschätzte an« dem Jahre 1851 den Preis von 8 fl., während die andere, seltenere, auf 24 fl. geschätzte, aus dem Jahre 1858, einen Erlös von 35 fl. hrachte. ES wäre zu wünschen, daß alle Zwangs versteigerungen so günstig verliefen! Man sieht üb rigen», daß alte gebrauchte Briefmarken gar keine so werthlvsen Dinger sind, und daß so Mancher, der in seiner Lade alte Briefschaften unbeachtet liegen hat, gut thäte, dieselben wegen der daran haftenden Post werthzeichen aufmerksam zu besichtigen. Vielleicht findet er auf diese Weise ganz unverhofft ein kleine« Kapital, oder selbst ein größere«; denn seltene alte Briefmarken repräsentiren in der That bei dem heut igen Aufschwünge der „Philatelie" einen ganz respek tablen Werth. — Linoleum glänzend zu erhalten. Die Verbreitung der Linoleum-Teppiche und Läufer für Zimmer, Korridore, Treppenhäuser, Geschäftsräume rc. nimmt immer mehr zu, weil dieselben hinsichtlich der Haltbarkeit, Bequemlichkeit nnd Reinlichkeit große Vortheile bieten. Dabei sind die Unterhaltungs kosten geringfügig. Will man Linoleum glänzend erhalten, so bediene man sich nach der „Deutschen Bau gewerbe-Zeitung" folgender einfacher Mittel, welche Jedermann leicht anwenden kann. Eine Abwaschung mit gleichen Biengen Milch und Wasser sollte regel mäßig alle 2 bis 3 Wochen stattfinden; nach Ver lauf von 3 bis 4 Monaten, also jährlich etwa drei mal, hat ein Abreiben mit einer schwachen Lösung von Bienenwachs in Terpentinspiritus stattzufinden; bisweilen wird auch Leinöl hierzu verwendet. Die Teppiche und Läufer bleiben bei diesem Verfahren immer rein und glänzend, d. h. sie sehen stets sauber und wie neu aus. — Von der Mosel, 20. September. Jüngst kam ein Schuhmacher zur Stadt, um Leder ein zukaufen. Nach alter Gewohnheit trinkt er einen Schoppen, noch einen u. s. w. Spät Abends kommt er in unsagbar jämmerlichem Zustande nach seinem Dorfe. Die Folgen seiner Kneiperei lassen nicht lange auf sich warten. Voller Angst eilt seine Gattin zum Arzt in der Stadt. Dieser verspricht, möglichst rasch zu kommen und verordnet mittlerweile tüchtige Einreibung des Patienten. Nach Verlauf einer Stunde erscheint der Arzt, sieht sich den Kranken an, schüttelt bedenklich sein Haupt und erklärt unfern Schuster für höchst choleraverdächtig. Der Ortsvorsteher wird herbeigerufen, und die Jsolirung des Kranken be schlossen. Da im kritischen Moment erwacht Meister Knieriem aus seiner Erstarrung und sieht sich ver wundert die Gesellschaft an. Erstaunt hört nun der Erwachte, daß er sehr krank und als sicheres Zeichen seiner Erkrankung die bereits vollständig blau und schwarz unterlaufene Haut zu betrachten sei. Da tritt die weinende Gattin vor und sagt ganz treu herzig: Herr Doktor, die schwarze Hautfarbe ist aller Wahrscheinlichkeit nach nur äußerlich, ich habe Ihre Vorschrift, die Einreibung betreffend, gründlich be sorgt; leider hatte ich in der Eile nichts Bessere» zur Hand nnd nahm deshalb die — Wichsbürste. Doktor,. OrtSvorsteher, Schuster und Frau sollen sich unverbrüchliches Stillschweigen gelobt haben; dennoch ist die Geschichte von einem der Betheiligten ausgeplaudert und der „Kobl. Volkszeitung" mitge- theilt worden. — Besondere Kennzeichen. Seitens der Gendarmerie eines französischen Landstädtchens ist dieser Tage einem Bürger ein Paß mit folgendem Signalement ausgestellt worden: „Haare und Augen brauen: schwarz; Augen: braun; Stirn: gewöhnlich; Kinn: rund. Besondere Kennzeichen: sieht seinem Vater sehr ähnlich." Standesamtliche Nachrichten non Schönheide vom 18. bis mit 24. September 1882. Geboren I 252) Dem Weber Franz Robert Gerstenbergcr hier Nr. 347 I T. 253) Dem Schlosser Carl Alwin Paul hier Nr. 447 1 T. 254) Dem Biirstenfabrikarbeiter Carl Louis Gnüchtel hier Nr. 134 I T. Aufgeboten: 33) Der Bürftenpolirer Christian Friedrich Schädlich hier Nr. 2331! mit der Tambourircrin Auguste Fanny Stockburger hier Nr. 251. Eheschließungen: 36) Der Bürstenhändler Eduard Lenk hier mit der Bürsteneinzieherin Johanna Friederike Phillippine Bär hier. 37> Der Bürstenfabrikarbeiter Robert Baumann hier mit der Bürstenfabrikarbeiterin Auguste Emilie Möckel hier. Gestorben: 268) Des Bürstenfabrikarbeiters Friedrich Hermann Henneberger hier Nr. 142 Tochter, Alwine Elise, 6 M. 200) Des Maurers Friedrich Otto Lenk hier Nr. 88 Sohn, Victor William, 5 M. 210) Des Fabrikdrechslers Franz Ludwig Schädlich hier Nr. 108 Sohn, Friedrich Gustav, 1 M. 211) Des Handarbeiters Franz Carl Weiß hier Nr. 303O Tochter, Helene Martha, 1 M. 212) Des Bürstenfabrikarbeiters Friedrich Julius Ficket hier Nr. 432 Tochter, Marie Selma, 2 M. Chemnitzer Marktpreise vom 24. September 1892. neu Heu Stroh Kartoffeln Butter 7 « sächsischer, alt 7 7 Kocherbsen 10 Mahl-u. Futtererbsen 8 3 2 S 2 Weizen russ. Sorten 8 - sächs. gelb u.weiß 8 Weizen — Roggen, vreuß. 7 - russischer Braugerste Futtergerste Hafer, sächsi M. 75 Pf. bis 8M. 20 Pf. pr.SOKil « 40 » - 8 - 60 - - > « — » « — s . — A »AM . 90 - - 8 - 10 . - ' > - 50 » « 8 - 10 - - . » L M U « — A AM» , 60 - - 8 - 25 . . . , - 65 « « 7 . — AIAA . 75 - - 8 . — »AD» 7 . 25 - - . < » 50 » - II . — MAMA s 50 r » 8 - 75 . ... « 65 « » 4 , 45 - ... - 80 - » 3 - 30 ... . , — » - 3 - 20 - - - . « 30 » « 2 - 80 - - I .