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II. TEIL GEMISCHTE CHÖRE a) Moritz Hauptmann (1792—1868): Zigeunerlied, o P . 32, Nr. 2 Im Nebelgeriesel, im tiefen Schnee, im wilden Wald in der Winternacht, ich hörte der Wölfe Hungergeheul, ich hörte der Eulen Geschrei: Wille wau wau wau! Wille wo wo wo! Witte hu! Mein Mann, der scholi eine Waldlcatz am Zaun, war Anne, der Nachbarin, liebe Katz; da kamen des Nachts sieben Werwolf zu mir. waren sieben, sieben Weiber vom Dorf. Wille wau wau wau! Wille wo wo wo! Witte hu! Ich kannte sie all, ich kannte sie wohl, ’s war Anne mit Ursel und Käth, und Lies und Greth und Reupel und Bärbel. Sie heulten im Kreise mich an: Wille wau wau wau! Wille wo wo wo! Witte hu! Da nannt ich sie alle beim Namen laut: Was willst du, Anne? was willst du, Käth? Sie rüttelten sich und schüttelten sich und liefen und heulten davon: Wille wau wau wau! Wille wo wo wo! Witte hu! (Nach J. W. Goethe) b) Johannes Brahms (1833—1897) Aus den Liebesliedern, o P .52 (Begleitung: Joh. Herklotz, Werner Bohne) Am Gesteine rauscht die Flut heftig angetrieben. Wer da nicht zu seufzen weiß, lernt es unterm Lieben. Am Donaustrande, da steht ein Haus, da schaut ein rosiges Mädchen heraus. Das Mädchen, es ist wohl gut gehegt, zehn eiserne Riegel sind vor die Tür gelegt. Zehn eiserne Riegel, das ist ein Spaß, die spreng ich, als wären sie nur von Glas! Am Donaustrande, da steht ein Haus, da schaut ein rosiges Mädchen heraus. Wenn so lind dein Auge mir und so lieblich schauet, jede letzte Trübe flieht, welche mich umgrauet, dieser Liebe schöne Glut, laß sie nicht verstieben! Nimmer wird, wie ich, so treu, dich ein andrer lieben. Ein dunkler Schacht ist Liebe, ein gar zu gefährlicher Bronnen; da fiel ich hinein, ich Armer, kann weder hören noch gehn, nur denken an meine Wonnen, nur stöhnen in meinen Weh’n. Es bebet das Gesträuche, gestreift hat es im Fluge ein Vögelein. In seiner Art erbebet die Seele mir, erschüttert von Liebe, Lust und Leide, gedenkt sie dein. Schlosser, auf, und mache Schlösser ohne Zahl! denn die bösen Mäuler will ich schließen, schließen allzumal! 6. MANNERCHORE a) Hugo Kaun (geh. 1863): Vale, carissima, Op. 65, Nr. 4 Es war der Mönch Waltramus, dem seliges Leid geschah. Er läutet die Abendglocken — Vale, carissima! Es steht eine Burg am Berge, wo er die Traute sah, sein Herz klingt in die Glocken — Vale, carissima! Fern sollt ihm stehen Minne und stand ihm doch bo nah, es steht ein Kloster im Tale — Vale, carissima! (Karl Stieler) b) Volkmar Andreae (geh. 1879): Auf dem Canal grande, o P . 11 Auf dem Canal grande betten tief sich ein die Abendschatten, hundert dunkle Gondeln gleiten als ein flüsterndes Geheimnis. Aber zwischen zwei Palästen glüht herein die Abendsonne, flammend wirft sie einen grellen, breiten Streifen auf die Gondeln. In dem purpurroten Lichte laute Stimmen, hell Gelächter, überredende Gebärden und das frevle Spiel der Augen. La la la la la la la la! Eine kurze, kleine Strecke treibt das Leben leidenschaftlich, und erlischt im Schatten drüben als ein unverständlich Murmeln. (C. F. Meyer) c) Heinrich Platzbecker: Spatz und Spätzin, Op. 45 Auf dem Dache sitzt ein Spatz, und die Spätzin sitzt daneben, und er spricht zu seinem Schatz: „Küsse mich, mein holdes Leben! Bald nun wird der Kirschbaum blühn, Frühlingszeit ist so vergnüglich. Ach, wie lieb’ ich junges Grün und die Erbsen ganz vorzüglich.“ Spricht die Spätzin: „Teurer Mann, denken wir der neuen Pflichten, fangen wir schon heute an, uns ein Nestchen einzurichten!“ Spricht der Spatz: „Das Nesterbaun, Eierbrüten. Jungefüttern, und dem Mann den Kopf zu kraun, liegt den Weibern ob und Müttern.“ Spricht die Spätzin: „Du Barbar! Ich soll bei der Arbeit schwitzen, und du willst nur immerdar zwitschern und herumstibitzen?“ Spricht der Spatz: „Ich will dich hier mit zwei Worten kurz berichten. Für den Spatz ist das Plaisir, für die Spätzin sind die Pflichten.“ (Karl Mayer) 7. IT AL. VOLKSLIEDER F. BARITON (Begleitung: Werner Starke) a) Francesco Durante (1684—1755): Danza, fanciulla gentile Danza, danza, fanciulla gentile, al mio cantare. Giro, vola, leggera, sottile, vola al suono dell’onde del mare. Senti, senti dell’aura scherzosa un vago rumore, che con languido suon parla al core e che invita a danzar senza posa. Danza, danza, fanciulla gentile, al mio cantar. Tanze, tanze, liebliches Mädchen, zu meinem Gesang. Drehe dich, fliege, zierlich, flüchtig, fliege zum Rauschen der Wellen des Meeres. (Vene aus „Polydora” von Daumer)