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18SS wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Jn- sertionSpreis: die kleinsp. Zeile 10 Pf. Abonneme»t viertelt. 1 M. 20 Pf. (incl. Jllustr. Unterhaltbl.) in der Expedition, bei unfern Bo ten, sowie bei allen ReichS- Postanstalten. Verantwortlicher Redakteur: E. Hannebohn in Eibenstock. »». Donnerstag, den 28. Juli Amts- und Anzeigevlatt für den Leftrk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung. Kmnkcnkassciistatlltkn bctrcffcnd. Um eine Anleitung zur Aufstellung von Kassenstatuten nach dem Gesetze, über die Abänderung des Gesetze», die Krankenversicherung der Arbeiter betreffend, vom 15. Juni 1883, vom 10. April 1892 zu geben, werden demnächst Entwürfe von Statuten für eine Ortskrankenkasse und für eine Betriebs- (Fabrik»-) Krankenkasse im Centralblatt für das Deutsche Reich veröffentlicht. Die Entwürfe können an hiesiger Canzleistelle eingesehen werden. Schwarzenberg, am 2b. Juli 1892. Königliche Amtshauptmannschaft. Frhr. v. Wirstng. Wglr. GrundstückSVerfteigerung. Erbtheilungshalber soll das zum Nachlasse des SSvttUvI» AlüIIvi-, weiland Gutsbesitzers in Lberstützengrün gehörige Viertclgut Folium 11 des Grundbuchs für Oberstützengrün, umfassend die Flurstücke Nr. 22, 23, 24, 2b, 265, 268, 269, 276, 277 des Flurbuchs für Oberstützengrün, 1 Acker 272 iH R oder 1 Hektar b,s Ar, mit 28,«e Steuereinheiten belegt Dienstag, den 2. August 1892, Vormittags 11 Uhr im Rachlatzhause öffentlich versteigert werden. Die Bersteigerungenbedingungen können hier und aus dem im Böttcher'schen Gasthofe in Oberstützengrün befindlichen Anschläge ersehen werden. Nach der Versteigerung des Grundstückes sollen noch die zum Nachlasse gehörigen Möbel, Kleider, Ackergeräthe und dergl. versteigert werden. Eibenstock, am 21. Juli 1892. Königliches Amtsgericht. Kautzsch. W Nach dem Hoch auf die Fürstin ergriff Fürst Bismarck das Wort zu einer über 20 Minuten währenden Rede, in der er nach den „M. N. N." unter Anderem Folgendes sagte: „Zuvörderst sage ich Ihnen meinen herzlichsten Dank für Ihre Begrüßung, die in dieser Großartig keit, wie ich glaube, wohl niemals einem deutschen Minister neuerer Zeit in und außer Dienst zutheil geworren ist und, wie ich bescheiden hinzufüge, auch mir nicht, solange ich im Dienste war. Ich habe das Gefühl, daß ich diese Ihre Anerkennung nicht in vollem Umfange für mich in Anspruch nehmen kann, natürlich nicht für meine Person, sondern das Werk, an dem ich mitgeardeitet habe. Ich bin langlebiger gewesen und jünger zur Arbeit gekommen, als meine Mitarbeiter, von denen ich noch der Ueberlebende bin und denen ein wesentlicher Antheil an diesen Ehren gebührt. Von diesen Mitarbeitern, die ich mir in langen Jahren erworben, ist das Gelingen des Werkes mit abhängig gewesen. Hierauf gab Fürst Bismarck einen Rückblick auf die Vergangenheit, der Verhältnisse gedenkend, die bei Wiederausrichtung des Reiches mitgewirkt haben, und beleuchtete dann die Stellung Deutschlands dem Auslande gegenüber. Hinsichtlich der inneren Politik sei er der Ansicht, daß weder eine thcokratische noch eine extremlinke Regierung in Deutschland Boden finden werde. Er halte ein einiges Zusammengehen der regierungsfreundlichen Parteien für nothwcndig und bitte die anwesenden Parlamentarier, nach dieser Richtung hin zu wirken. Man möge entschuldigen, daß er einen politischen Vortrag halte; nachdem er aber 40 Jahre lang Politik getrieben habe, könne er sich jetzt so leicht nicht davon lossagen. „Man mag mir," so sprach der Fürst weiter, „den Mund ver bieten, wie man will, ichwerdeihnabernicht halten. Alle meine Gegner finden, ich würde mich in der Geschichte besser ausmachen und eine vor nehmere Erscheinung sein, wenn ich nur schwiege und kein Wort mehr spräche. Mein Widerstreben gegen diese Zumuthung veranlaßt meine Gegner, die härtesten Urtheile über meine Person und den Werth meines Charakters überhaupt zu fällen. Die Herren und namentlich die offiziösen Organe, welche dabei Mit wirken, machen sich nicht klar, daß, wenn sie mich für einen üblen Menschen erklären und mich damit ver dächtigen wollen, nachdem ich eben da» Amt verlassen habe, unvermeidlich davon etwa« auf das Amt, in welchem ich kurz vorher gearbeitet habe, zurückspritzt. Sie können mich in dieser Weise nicht herunterreißen, wie sie eS thun, ohne daß sie da» Gift, welche» sie gegen mich spritzen, hinüberspritzen auf da» Ergebniß der gemeinschaftlichen Arbeit und der ganzen natio nalen Herstellung von Kaiser und Reich, wenn sie den Mitarbeiter lind, ich darf wohl sagen, den lhätig- sten Mitarbeiter al- eine Art von Narren, der heute nicht mehr weiß, wa» er will, und al» einen ehr geizigen Menschen darstellen." Nachdem der Fürst seine Rede geendet begab sich derselbe mitten unter da« Publikum, da» ihn mit nicht endenwollendcn Ovationen begrüßte. Unter Musikklängen und stet» sich erneuernden Hochrufen zogen die Festgäste in die reichbeflaggte Stadt zurück, um zum größeren Theil noch mit den Extrazügen in Eine Massenkundgebung für den Fürsten Blsmarck. Bad Kissingen, 24. Juli. Ein in seiner Art bei uns in Deutschland wohl nicht dagewesenes Er- eigniß stellte die heutige Kundgebung der Badenser, Hessen, Thüringer, Pfälzer dar, die in sechs übervollen, dekorirten Extrazügen im Laufe des heutigen Vor mittag« hier ankamen. Es trafen in der Zeit von 9 bis halb 1 Uhr Vormittags folgende Extrazüge hier ein: Von Coburg 15 Wagen mit 625 Personen, von Darmstadt 19 Wagen mit 728 Personen, von Heidelberg 19 Wagen mit 720 Personen, von Mann heim 21 Wagen mit 800 Personen, von Pforzheim 16 Wagen mit 580 Personen, von Karlsruhe 21 Wagen mit 786 Personen, zusammen 111 Wagen mit 4239 Personen. Gestern bereit« waren Hunderte dem Hauptstrom, der alle Wirtschaften überfluthete, hierher vorausgceilt. Um halb 2 Uhr wurde in der Salinenstraße der Zug der fremden Gäste mit Hilfe der freiwilligen Feuerwehr geordnet. Die Musik des 9. Jnf-Reg. von Würzburg trat an die Spitze des gewaltigen Zuges, der eine Strecke von nahezu einem Kilometer bedeckte und dessen Vorbeimarsch bei der Oberen Saline, wo der Fürst grüßend ans Fenster trat, etwa 20 Minuten währte. Um das Gebäude herum wurden die Festgäste, mit denen sehr viele Damen gekommen waren — im Ganzen wohl 5000 Personen — in den Hofraum der oberen Saline geführt, in welchem ein nach allen Seiten durch Ketten abgeschlossenes erhöhtes BoSquet, mit einem auf ebensolche Weise gesicherten Zugang vom Hause aus geschaffen war. Dieses von einer Bank gekrönte Bosquet unter alten schattenspendenden Bäumen, im Hintergrund de« Hofe», diente dem Fürsten als Standplatz. In musterhafter Ordnung — die ganze Ovation war unter Leitung de» Stadtraths Hirschhorn au» Mannheim vorzüglich organisirt — nahm das Pu blikum die ihm zugewiesenen Plätze ein. Als die Kapelle „Deutschland, Deutschland über Alle«" spielte, erschien der Fürst mit seiner Familie am Fenster, von stürmischen Hoch« begrüßt, die sich noch steigerten, als der Altreichskanzler unmittelbar darauf, gefolgt von Graf Herbert und Professor Schweninger, in den Hof kam, nach allen Seiten freundlichst grüßend und sich verneigend. Zu Seiten des BoSquet» hatten die Chargirten der Karlsruher polytechnischen Verbindung „Teutonia" in vollem Wich« Ausstellung genommen. Von Frei burg, Heidelberg und Karlsruhe waren zahlreiche Burschenschaften im Zuge mitgekommen. Bon den Karlsruhern waren am BiSmarck-Denkmal, auf dem Weg zur Oberen Saline, zwei Kränze niedergelegt worden, hinter den Studenten stand eine große An zahl von Journalisten, von denen einer au« London hierher gekommen war. Al« erster Redner wendete sich Geheimrath Pro fessor 1>r. ErdmannSdörfer aus Heidelberg an den Fürsten. Alle Welt solle e» wissen, daß man in süd deutschen Landen gegen den Mittelbauer de» Reiche» nicht weniger dankerfüllt sei al» in anderen Gauen. Den Mann, der den Deutschen den ehedem verloren gegangenen Stolz wiedergegeben, begrüße er mit einem Hoch auf Kaiser und Reich, mit einem Hoch, in dem zugleich das Gelübde liegen solle, festzuhalten an dem Errungenen. Bankpräsident Eckhard aus Mannheim begrüßte den Fürsten Namens der Badenser, die aus dem Breisgau, dem Schwarzwald und vom Bodensee hier hergeeilt. Die Badenser wüßten es dem Altreichs kanzler besonders zu danken, was er Großes geschaffen. Sie erinnerten sich wohl noch der bangen Stunden vor dem großen Entscheidungskampfe. Was 1890 und Vieles, was später geschehen sei, sei dem süd deutschen Kopf und Herzen unverständlich gewesen und geblieben. (Lebhafte Zustimmung.) Ein alter Satz sage, der Norden habe den Kopf, der Süden das Herz. Diesen Satz erkenne er, Redner, in seiner Ganzheit nicht an, er müsse diese Main-Linie zurück weisen. Er sei höflich genug, den Norddeutschen auch Gemllth zuzuerkennen, und bedürfe es keines Beweises für ihn: Fürst Bismarck sei ein Mann, der Kops und Herz am rechten Fleck habe. (Lebhaftes Bravo.) Wir Süddeutsche wüßten Manches, was die Nord deutschen vielleicht nicht wissen. Wir wissen, daß eS in der Weltgeschichte nichts Selbstverständliches giebt, sondern daß hinter jeder großen Thal auch ein Thäter, ein großer Mann stehen muß. Solche Männer zu ehren ist Ehrenpflicht, und es ist eine Schande, große Männer der eigenen Nation zu verunglimpfen und zu schmähen. (Lebhafte Bravos.) Bismarck habe stets da« Beispiel größter Pflichttreue und heißester Vaterlandsliebe gegeben, der Dank für ihn liege in dem Gelöbniß, an dem geschaffenen Werke festzuhalten. Daran müßten auch die Frauen mithelfen. Er, Redner, traue den Frauen nicht so ganz. Er fürchte, daß außer dem kuror teutonicus, der die Feinde nach außen abwebre, der clamor tautonicus, die Zanksucht, die un« schon TacituS zur Freude der Römer vor gehalten, im Innern Unheil stiften könne. Hierin sollten wir in un« gehen und stet» des für da» große Einheitswerk vergossenen Blutes un« erinnern. Mit Segenswünschen für den Fürsten und einem brausend widerhallenden Hoch auf denselben schloß der oft von Beifall unterbrochene Redner. Die Damen überreichten nun in großer Zahl prächtige Blumenspenden. Rechtsanwalt Schmeel aus Darmstadt überbrachte hierauf die Grüße der anwesenden Hessen, Kommerzien- rath Knöckel au» Neustadt a. Haardt brachte Namen« der Pfälzer ein Hoch auf den Mann, der uns da stolze Wort gelehrt: „Wir Deutsche fürchten Gott und sonst nicht« in der Welt." Ferner sprach Oberst a. D. Ennecccru« für die Frankfurter und ein Coburger für die Thüringer. Rechtsanwalt Wörter au» Karlsruhe brachte der Fürstin ein Hoch, die am Fenster de« Saale» erschien, jubelnd von Allen begrüßt. Auch der Fürst winkte bei diesem Hoch der Gattin freundlich zu, die in Gesellschaft ihrer Schwiegertochter und deren heute hier angekommenen Eltern, de» gräf lich HoyoS'schen Ehepaare», am Fenster stand. Im Saale befanden sich außerdem der ehemalige deutsche Botschafter in Madrid, Frhr. v. Stumm, Frau v. Wallenberg au» Berlin und Graf u. Gräfin Henckel- DonnerSmarck.