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Lokale and sächsische Nachrichten. — Eibenstock. Durch Verordnung des Kgl. Justizministeriums vom 1. Juli 1892 ist wegen Ein berufung des Hrn. Amtsrichter« Kautzsch zum Militär auf die Zeit vom 24. Juli bis 24. August Herr Hilfs richter Assessor Porzig zum Vorstande de« Kgl. Amts gerichte« Eibenstock bestellt worden. — Schönheide, 25. Juli. Zu einem Volks feste schönster Art gestaltete sich da« 50jährige Jubelfest de« hiesigen Männergesangverein«. ES verlief programmmäßig in folgender Weise: Am Sonnabend Abend fand Zapfenstreich verbunden mit imposantem Lampionzug statt. Viele Bewohner Schönheide« bekundeten hierbei ihre Theilnahme durch Illumination ihrer Häuser. Der Sonntagmorgen wurde durch Weckruf eingeleitet. Im Laufe de« Vor mittage« stellten sich die geladenen auswärtigen Ver eine ein. Von 2 Uhr Nachmittags an fand auf dem RathhauSplatze die Aufstellung zum Festzuge statt. Nach erfolgter Aufstellung sang der Jubelverein da« Lied: „Gott grüße dich", worauf der Vorsteher de« Vereins Herr Dörries eine Ansprache hielt, in wel cher er im Namen de« Vereins die Versammelten willkommen hieß und für die bereitwillige Theilnahme am Feste dankte. Herr Dörrie« führte in seiner An sprache weiter au«, daß er in der bewiesenen Theil nahme einen Beweis dafür erblicke, daß Liebe zu Lied und Gesang in aller Deutschen Brust wohne und daß die Bestrebungen der Gesangvereine sich der Sympathien weitester Kreise erfreuen. Er sprach die Bitte au«, da« vem Verein bewiesene Wohlwollen auch für die Zukunft zu bewahren und schloß mit der Hoffnung, daß Lied und Gesang bi« in die fernste Zukunft erklingen mögen, in guten Stunden dem Herzen zur Freude, in trüben Stunden zum Tröste. Nach einem hieraus gesungenen Liede hielt Herr Schul direktor Tittel die Festrede. Er sprach in nach Form und Inhalt gleich vollendeter Weise ungefähr Folgende«: „Freude hat mir Gott gegeben!" so ruft heute mit Stolz der hiesige Männergesangverein, der sich nach bOjähriger Thatigkeit au« einem kleinen Pflänz chen zu einem starken Baum entwickelt hat; so rufen die geehrten SangeSbrüder, die au« Nah und Fern herbeigeeilt sind, da« Jubelfest mitzufeiern; von dem gleichen Gefühle ist auch die Einwohnerschaft des hiesigen Ortes erfüllt, sie bekundet es durch die all gemeine persönliche Theilnahme am Feste und durch Schmuck ihrer Häuser. Und diese Freude ist eine vollauf berechtigte; sie ist begründet in dem Wesen des Gesanges, in der hohen Aufgabe des Männer- gesangvereineS: „Sie singen von Lenz und Liebe, von seiger, goldner Zeit, von Freiheit, Männerwürde, von Treu und Heiligkeit." Von der Zeit der Minnesänger an bis auf den heutigen Tag sind die Hauptaufgaben des GesangeS: Gottesdienst, Frauendienst, Herrendienst. „Dir, dir, Jehovah, will ich singen!" das muß der Wunsch eines jeden rechten Sängers sein; denn dem Herrn, der uns des Gesanges Gabe verliehen hat, gebührt zuerst Preis und Anbetung. Und so giebt es keinen sonntäglichen Gottesdienst ohne erhebenden Gemeindegesang. Aber ist e« nicht auch Gottesdienst, wenn im Walde da« Lied ertönt: „Wer hat dich, du schöner Wald, aufgebaut so hoch da droben?" wenn fröhlich versammelte Sänger anstimmen: „Brü der, reicht die Hand zum Bunde?" — Zu allen Zeiten besaß da« deutsche Volk den Ruhm, die Frauen hoch in Ehren zu halten, und noch heute singen deutsche Männer gern von der Tugend und Schönheit deutscher Frauen, „die uns zu edler That begeistern unser ganzes Leben lang". — Der rechte deutsche Sänger ehrt aber auch durch Wort und Lied seinen Landes herrn. Zahlreiche Lieder preisen Kaiser und Reich, König und Vaterland. Die Brust eine« jeden Deutschen schlägt höher, wenn „Die Wacht am Rhein" erbraust, wenn die Klänge „Deutschland, Deutschland über Alle«", „Den König segne Gott" ertönen. — Gottesdienst, Frauendienst, Herrendienst, diese hohen Aufgaben de« Gesanges hat der „Männer gesangverein" 50 Jahre lang verfolgt. Mit berech tigtem Stolze darf er heute sagen: Freude hat mir Gott gegeben! Und in solcher Freude tritt heute der Verein in die 2. Hälfte des Jahrhundert«. Weiß er doch, daß die Verfolgung der drei Ziele: Gottes dienst, Frauendienst, Herrendienst der rechte Weg ist, aus dem ein Verein von deutschen Sängern zu gehen hat. — An die Festrede schloß sich der Gesang de« Liede«: Du, Herr, der Alle« wohlgemacht, worauf Herr Ge meindevorstand Haupt im Namen de« Gemeinderaths dem Jubelvereine herzliche Glückwünsche darbrachte. Hieraus erfolgte die Beschenkung de« Verein«. Unter entsprechenden, theilweise sehr gewählten Ansprachen wurden dem Vereine 5 kunstvoll au«geführte, mit kostbaren Rahmen versehene Diplome, 10 Fahnen nägel, 2 prachtvolle gestickte Schleifen, verschiedene Notenwerke, ein gläserner Humpen, ein Biergla« u. V. m. überreicht. Eine« der gespendeten Diplome ist vom Obererzgebirgischen Gausängerbund gestiftet und wurde durch den GauverbandSdireklor Herrn Schul direktor Röder-Johanngeorgenstavt mit Worten der Anerkennung für stet« gezeigte« ideale« Streben über reicht. — Unter den Klängen mehrerer Musikchöre setzte sich nun der Festzug, an welchem gegen 30 Vereine und Korporationen theilnahmen, in Bewegung. Zahlreiche Fahnen, verschiedene vertretene Uniformen gaben dem selben ein interessantes, abwechselungsreiches Aursehen. Um 5 Uhr versammelten sich alle Festtheilnehmer zu einem Commers im GambrinuSsaale. Der überaus prachtvoll dekorirte Saal wurde bis aus den letzten Platz gefüllt. Der Dirigent des Jubelverein«, Herr Cantor Barth eröffnete den Commcr« mit einem auf Se. Majestät den König Albert, den Protektor aller Künste, also auch des Gesanges, ausgebrachten Hoch. Hierauf erfolgten Gesangsvorträge der hiesigen Gesangvereine, der Gesangvereine Liederkranz und Stimmgabel-Eibenstock, Liedertafel-CarlSfelv, Arion- Schönhcidcrhammer, welche sämmtlich vorzüglich auS- geführt und mit größtem Beifall ausgenommen worden sind. Von den zwischen den Gesängen ausgebrachten Reden ist als besonders zündend und begeisternd die de« Herrn Diaconus Schreiber zu erwähnen, die „da« deutsche Lied" verherrlichte. — Von den Grün dern de« Verein« ist nur noch ein einzige« Mitglied am Leben, Herr Kaufmann Albin Mahnung, der als gefeiertes Ehrenmitglied an dem Feste theinahm. — Leipzig, 22. Juli. Eine sehr zahlreiche öffent liche Versammlung fand am gestrigen Abende im hie sigen Concerthause „Battenberg" statt. Dieselbe war vom hiesigen deutsch-sozialen Reformverein einberufen und von gegen 2000 Personen besucht. In derselben referirte Or. Erwin Bauer über das Thema: „Unsere jüdischen Mitbürger". Redner widerlegte in dem sachlich gehaltenen und mit großem Beifall aufgenommenen Vortrage den Inhalt von drei kürzlich in einem Theile der hiesigen Lokalpresse von einer Anzahl Juden veröffentlichte», an die christ lichen Einwohner Leipzigs gerichteten Aufrufe, in denen den Agitationen der Antisemiten entgegengetreten wer den sollte. Redner schloß mit der Aufforderung, der in allen Lagen des Lebens, in der Politik, im Wirth- schaftSleben, in der Literatur, in der Presse, im sitt lichen und religiösen Leben auftretenden und sich immer weiter ausbreitenden organisirten Macht des Juden- thumS energisch entgegenzutreten und zu kämpfen, bis der letzte Jude aus dem deutschen Reiche verschwunden sei. — Plauen. Von der serbischen Regierung sind am 16. Mai folgende Verträge zwischen dem deutschen Reich und Serbien gekündigt worden: l. der Han delsvertrag vom 6. Jan. 1883, 2. der Konsularver trag vom gleichen Tage, 3. das Abkommen betr. den gegenseitigen Markenschutz vom 30. Januar 1886, 4. die Uebereinknnft betr. den gegenseitigen Schutz der gewerblichen Muster und Modelle vom 3. Juli 1886. Die Handels- und Gewerbekammer Plauen macht auf das Außerkrafttreten der beiden erstgenannten Verträge am 25. Juni 1893 und der beiden letztge nannten am 16. Mai 1893 mit dem Bemerken auf merksam, daß behufs Abschlusses neuer bezüglicher Verträge die beiderseitigen Regierungen in Verhand lungen getreten sind. — Grimma. Hier erschoß sich vorgestern auf dem Tempelberg der im vierten Jahre dienende Husar Gaebel vom dortigen Husaren-Regiment Nr. 19. Zwei zufällig vorübergehende Damen einer der dort gastirenden Wiener Concertgesellschaft hörten den Schuß und leisteten die erste Hülfe durch Umlegen nasser Taschentücher. Der Schwerverwundete wurde in's Lazareth geschafft, doch wird sein Aufkommen bezweifelt. — Grimma. Dem Selbstmordversuch eine« Husaren folgte gestern Nachmittag wenige Stunden später da« gleiche Beginnen eines Trompeters, der im Stadtwalde den mißglückten Versuch machte, sich zu erhängen. Der erste Selbstmordversuch geschah wegen zu erwartender Strafe für Schlafen auf Posten, der zweite erfolgte in der Betrunkenheit. — Schellenberg, 23. Juli. In der Nacht vom Donnerstag zum Freitag führte das 1. Bataillon deS in Chemnitz garnisonirenden Infanterieregiment- Nr. 105 „Prinz Friedrich August" eine Nachtfeld dienstübung in südöstlicher Richtung au-, und ge langte hierbei in der 4. Morgenstunde, kompagnieweise von verschiedenen Seiten kommend, auch nach Schellen berg, woselbst sich in der Hinterstadt und in der am Schloßberge gelegenen Waldung ein kurze« Ge fecht entwickelte. Nach Beendigung dieser Uebung marschirten die einzelnen Kompagnien, abermals von verschiedenen Richtungen anrückend, nach dem Jäger hof, wo auf einem Felde eine längere Rast gemacht wurde. Alsdann marschirte da« gesammte Bataillon durch ErdmannSdorf nach Chemnitz wieder zurück. Die Mannschaften trugen hierbei die neuen Blusen. Da« kriegerische Schauspiel kam den hiesigen Bewohnern gänzlich unerwartet, wurde aber freudigst begrüßt. — Schneeberg. Ein im hiesigen Kgl. Amts gericht Jnhaftirter, der schon mehrfach bestrafte Zim mermann Worm«, unternahm am Donnerstag gegen Abend von dem Saale au«, in welchem die Matratzen aufbewahrt werden, einen Fluchtversuch. Worm» hatte sich von einem Fenster au« an einem Tuche ein Stück Herabgelaffen und war dann auf da« Pflaster herabgesprungen, wodurch er augenblicklich seinen Tod sand. Der betreffende Saal liegt im zweiten Stockwerk de« Rathhause«, in welchem sich zugleich da« Kgl. Amtsgericht befindet. — Schneeberg, 23. Juli. Der gestrige Tag, al« der Tag Maria Magdalena«, ist seit lange» Jahren für die hiesigen Bergleute von hoher Wichtig keit; er ist für sie ein Feiertag, den sie sich mit dem Schwerte erslrikten haben und ter daher auch den Namen- Streit tag erhallen hat. An diesem Tage ruht die Tbätigkeit in allen hiesigen Schächten und überall trifft man Bergleute i» ihrer kleidsamen Uniform. Da« Hauptinteresse zieht aber die Berg parade auf sich; so auch gestern. Vormittag« 8 Uhr versammelten sich die Bergleute im Schießhau«, um von dort, nachdem eine Abteilung in Begleitung der Bergkapelle die Fahne vom Bergamt eingeholt hatte, im stattlichen Zuge und unter den Klängen de« alten Bergmarsches nach der Stadtkirche zu ziehen, wo Sup. Lic. theol. Noth den BerggotteSvienst abhielt. Nach Beendigung desselben ordnete sich die Schaar von Neuem zum Zuge, um die Fahne zum Bergamte zurllckzugelciten und sich daselbst aufzulösen. Die eigenartige Festlichkeit und die selten gesehene Parade tracht der Bergleute lockt jedcSmal viele Fremde her bei. ES läßt sich auch nicht leugnen, daß die Kleidung außerordentlich schmuck ist. Die grüne „Mütze", an der die grünweiße Rosette prangt, der schwarze „Kittel" mit den gelben Knopfreihen, durch den breiten Gürtel zusammengerafft, die weiße oder gelbe Kniehose, das schwarze Knieleder und die bi« zu den Knieen reichen den weißen Strümpfe geben zusammen ein hübsches Bild, das durch das blanke Grubenbeil, die „Barte", vervollständigt wird. Jever Zug, aus etwa 15—20 Mann bestehend, wird von einem Obersteiger, Steiger oder Ober-Gegenhäuer geführt. Die Steiger tragen am Kragen gelbe Lütze und in der Hand das Steiger- häckchen, während die Obersteiger statt des schwarzen Schulterkragens einen faltenreichen weißen und mit Goldrand gezierten Kragen führen. Wenn sonst die Schmiede durch ihr rußiges Aussehen imponiren, so glänzen sie zur Parade in vollem Weiß, zu dem das Schwarz des großen Schurzfelles, deS Sammtkragen« und der Mütze in grellen Gegensatz tritt. Die Parade selbst wurde von dem Betriebsdirektor Tröger kom- mandirt. Sie bestand aus den Bergschmieden, Zeug arbeitern (d. s. Maurer u. Zimmerlinge) und Häuern. — Ein am Freitag Vormittag auf Corfu abge fertigtes Telegramm lautet: Heute Morgen 9 Uhr sind die Turner aus Sachsen nach ruhiger See fahrt hier glücklich gelandet. Allgemein herrscht heiterste Stimmung, der Gesundheitszustand Aller läßt nichts zu wünschen übrig. — Bon den sächsischen Turnern ging den „ Dresdner Nachr." am Sonnabend aus Athen folgende Depesche zu: Heute Morgen 9 Uhr hier angekommen. Der Empfang auf dem Bahnhof seitens der hiesigen Turnerschaft und der deutschen Kolonie war großartig. Die Stimmung ist die prächtigste. — Zu den Obliegenheiten der Landbrief- triiger gehört bekanntlich auch die Annahme von Postsendungen auf ihren Bestellungsgängen. Dieselben haben zu diesem Zwecke ein Annahmebuch bei sich zu führen, welches zur Eintragung der von ihnen angenommenen Sendungen mit Werthangabe, Ein schreibsendungen, Postanweisungen, gewöhnlichen Pallete und Nachnahmesendungen dient und nach jedem Bestellgange von einem Beamten der Post anstalt durchgesehen wird. Die Auflieferer können derartige Sendungen entweder selbst in das Annahme buch eintragen, oder die Eintragung den Landbrief trägern überlassen. Geschieht das Letztere, so hat der Landbriefträger das Buch mit dem betreffenden Ein trag dem Auflieferer auf Verlangen vorzulegen- Auf diese Weise ist Jedermann in den Stand gesetzt, bei Auflieferung einer Sendung — abgesehen von ge wöhnlichen Briefen — durch Vermittelung deS Land- briefträgerS deren richtige und pünktliche Weiterbe förderung von vornherein sicher zu stellen. Post- anweisung«beträge nehmen die Landbriefträger übrigen« nur dann entgegen, wenn ihnen gleichzeitig da« ord nungsmäßig ausgefüllte Formular zur Postanweisung mit übergeben wird. Aus vergangener Zeit — für «ufere Zeit. 26. Juli. tNachdruck verboten) Zwei Jahre sind er her, daß die Nachricht von der Re volution in Argentinien in Europa eintraf. Am 26. Juli I8S6 hatten in Buenor-Ahres Straßenkämpfe, wobei man über 1000 Getödtete und Verwundete zählte, stattgefunden. Für europäischer Kapital war diese Katastrophe ein harter Schlag, ein viel schwererer aber noch für europäische, nicht zum wenigsten deutsche Industrie. Wie aber in Amerika alle« ,n beschleunigtem Tempo geht, so erholte sich auch Argentinien sehr rasch und heute sicht es für europäische» Kapital und europäische Industrie bei weitem besser schon, alr man vor zwei Jahren, al» die Aufregung groß war, hoffen und er warten durfte. 27. Juli. Die gewaltigste Flotte unter allen europäischen Staaten besaß im IS. Jahrhundert bekanntlich Spanien. Seine „Armada" galt al» unüberwindlich und war selbst den see tüchtigen Niederländern und Engländern überlegen. Der 27. Juli 1688 machte dieser Unüberwindlichkcit ein Ende. Als das Land der Ketzerei galt dem katholischen Spanien vor Allem England, namentlich nachdem die katholische Maria Stuart aus Elisabeths Beseht hingerichtet worden. Gegen England sollte also ein großer Schlag geführt werden und es