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Amts- und Anzeigeblatt Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Jn- sertionspreis: die kleinsp. Zeile 10 Pf. für den GeM des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Amgekung. Abonnement viertelj. 1 M. 20 Pf. (incl. Jllustr. Unterhaltbl.) in der Expedition, bei unfern Bo ten, sowie bei allen ReichS- Postanstalten. 84. Verantwortlicher Redakteur: E. Hannebohn in Eibenstock. »s. Dienstag, den 19. Juli 18SL. Nach Anzeige des mit der Revision der Gemeindewaldungen beauftragten forstwirthschaftlichen Sachverständigen, hat derselbe in den Abteilungen 4 bis 6 des Burkhardtswalves bei Lauter, den Harzer Rüsselkäfer — kmsociW sierc-'inse — in größeren Mengen vorgefunden. Da sich annehmen läßt, daß dieser Käfer auch anderwärts im hiesigen Bezirke aufgetreten ist, so werden die Besitzer von Waldungen veranlaßt, unge säumt ihre Fichtenbestände sorgfältig durchzugehen, die von dem Käfer befallenen Fichten schleunigst zu entnehmen, zu schnitzen und die hierbei gewonnene Rnide samml der Brut zu verbrennen. Schwarzenberg, am 14. Juli 1892. MMgttche AMtWUptMlMUschast. Frhr. v. Wirsing. Kr. Hagesgeschichie. — Deutschland. Die großen Flotten übungen zwischen Wilhelmshaven und Cuxhaven in Anwesenheit des Kaisers werden neueren Be stimmungen zufolge bereits Mitte August noch vor der großen Berliner Herbstparade stattfinden. Sie werden sich auch auf die umfassenden Landungsversuche er strecken, die in noch größerem Maßstabe als vor zwei Jahren zur Ausführung gelangen sollen. — Eine Veröffentlichung der „Nordd. Allg. Ztg.", bezüglich der Cholera-Gefahr hat die Zuversicht gebracht, daß seitens der deutschen Behörden der sich stetig gegen Westen zu fortbewegenden Seuche die vollste Aufmerksamkeit zugcwendet wird. Sie bereitete auch darauf vor, daß im geeigneten Momente es nicht an Maßregeln zur Abwehr der Gefahr fehlen wird. Die .Nat.-Ztg." erfährt, daß der .Reichsanzeiger" in den nächsten Tagen eine deSfallsige Bekanntmachung enthalten wird. Allerdings wird gleichzeitig darauf Nachdruck gelegt werden, daß im Augenblicke nichts vorliegt, was etwa zu sofortigen Maßnahmen herauS- forderte. Noch ist die Cholera weit von unseren Grenzen, und es wird gehofft, daß sie dieselben nicht erreichen wird. — Ein furchtbares Unwetter, verbunden mit Gewittersturm, Hagelschlag und endlosen Blitz einschlägen, hat vor einigen Tagen die gesammte Rhöng egend, ja das gesammte Gebiet zwischen Fulda, Werra und Main in einer Weise heimgesucht, wie eS in diesem Jahrhundert noch nicht der Fall gewesen sein dürfte. So wird aus einer Anzahl von Ortschaften im Thal und Gebirge übereinstimmend berichtet. Am schlimmsten betroffen wurden die bayer ischen und hessischen Grenzbezirke, die Gegend bei Brückenau, Gersfeld, Elm, Josja, Gemünden, Bischofs heim rc. bi« tief in den Spessart hinein. Der mit dem Gewittersturm verbundene schwere und anhaltende Hagel zerschlug die in voller Pracht stehenden Felder so völlig, daß die Aussicht auf eine gute Ernte für die meisten Landwirthe der betroffenen Gegend völlig vernichtet ist. Der begleitende Gewittersturm brach die Obstbäume in Gärten und an Straßen mit furcht barer Gewalt, er zerknickte die dicksten Baumriesen in Park, Alleen und Wäldern wie Streichhölzer, so daß einzelne Striche wie umgemäht auSsehen, so ver heerend und zerstörend hat der orkanartige Gewitter sturm gewüthet. In vielen Ortschaften, Städten wie Dörfern deckte der Sturm die Häuser ab und fast keine Fensterscheibe ist ganz geblieben, mit solcher Wucht fausten die Hagelstücke hernieder. — Cleve, 14. Juli. Xantener Knaben mord. Der Wahrspruch der Geschworenen lautete auf Nichtschuldig. In Folge dessen wurde Buschhosf freigesprochen. Im weiteren Verlaufe des Prozesses schloß der erste Staatsanwalt Baumgard sein Plai- voyer mit den Worten: .ES ist gesagt worden, die Sache bleibe unaufgeklärt, weil e« sich um einen Juden handele. Nein, meine Herren Geschworenen, nicht weil eS sich um einen Juden handelt, ist die Sache unaufgeklärt, sondern weil die Sache unklar ist, deshalb hat man zu einem Juden gegriffen. Man behauptete: Es ist von einem Juden ein Ritualmord begangen worden. Dazu bedarf eS keiner weiteren Motive, e« bedarf blo« allgemeiner Verdächtigungen. Allein Sie, meine Herren Geschworenen, haben die Pflicht, Alle», wa« außerhalb diese« Saale« vorgeht, unbeachtet zu lassen, sondern lediglich auf Grund der Thatsachen, di» Sie selbst mit eigenen Augen gesehen und mit eigenen Ohren gehört haben, Ihr Urtheil abzugeben. Auf Grund der Beweisaufnahme kann ich nicht ander», al« au» Pflicht und Gewissen den Antrag auf Nichtschuldig zu stellen. Ich bitte Sie, meine Herren Geschworenen, sprechen Sie den Ange klagten frei!" — Breslau. In der Nacht vom Freitag zum Sonnabend ist der Orientzug zwischen den Sta tionen Löwen und Dambrau auf der Strecke Breslau- Oppeln von einem schweren Eisenbahnunfall be troffen worden. Die „Schles. Ztg." berichtet darüber unterm 16. d.: Als der Orientzug Nr. 5, der Bres lau fahrplanmäßig um 9 Uhr 53 Minuten Abends verläßt, gegen 1 l Uhr Nachts dicht hinter Löwen vie Neissebrücke passirte, entgleisten plötzlich, wahrscheinlich infolge eine« Radrcifenbruchs, beide Maschinen, gleich zeitig den Post- und Packwagen vom Zuge losreißend, und fuhren links neben dem Geleise auf den Bahn körper. Post- und Packwagen stürzten um und koller ten rechts den Damm herab. Die übrigen Personen wagen de« Schnell zuge« blieben unversehrt auf der Brücke stehen. Kaum nachdem dies erste Unglück ge schehen war, brauste der von Oppeln fällige Güterzug Nr. 2074 heran. Seine Maschine, deren Führer nicht mehr zu bremsen vermochte, fuhr auf die erste Schnellzugsmaschine, welche das Geleis vollständig versperrte, auf und entgleiste nebst acht Kohlenwagen. Von den Passagieren ist Niemand verletzt. Dagegen haben von dem ZugSpersonal beider Züge fünf Be amte zum Theil sehr schwere und drei derselben leichtere Verletzungen davongetragen. Die leicht Ver letzten sind mit den einrangirken Zügen weiter ge fahren, während die Schwerverwnndeten heute früh Aufnahme im Kloster der Barmberzigen Brüder zu Breslau fanden. — Aus Deutsch-Ostafrika kommt eine Hiobs post nach der andern. Die Zelewskische Expedition ist niedergemetzelt worden, die Expedition des Leut nants v. Bülow ist vernichtet; wir haben unsere Stellungen am Kilimandscharo aufgeben müssen. Jetzt erhält das .B. T." die Meldung von einem Aufstand in Uniamjembe. Araber, die aus Tabora an der Küste eingetroffen sind, bringen die Nachricht, daß die Eingeborenen in Uniamjembe sich empört haben und die kaiserliche Schutztruppe bedrohen. (Uniamjembe liegt südwestlich von der oft genannten Hauptstation Tabora.) — Wien. Ein Feind Bismarck'». Wie erinnerlich, hat der im zweiten Bezirke, Helenengasse Nr. 6, wohnhafte 4ljährige Schlosscrgehilfe Ferdinand Lorenz am 21. v. M., Vormittags, am Graben gegen die Equipage des Fürsten Bismarck, der gerade mit der Gräfin Hoyos zur Trauung seines Sohne« Her bert fuhr, ein Packet Schriftstücke geschleudert, worauf der Thäter arretirt und zur Beobachtung seine« Geistes zustände« an die psychiatrische Klinik de« HofratheS Meynert im allgemeinen Krankenhause zu Wien über antwortet wurde. Der interimistische Leiter der ver waisten Klinik, erster Assistent Or. Karl Mayer, sowie LandgerichtSarzt Docent Or. Johann Fritsch, der die psychiatrischen Vorlesungen auf der Klinik hält, haben nunmehr ihr Gutachten dahin abgegeben, daß Lorenz ein sehr intelligenter Arbeiter, im Zustande de» Ver folgungswahn» gehandelt habe, welche Psychose jeden falls mit der ihm angeblich widerfahrenen Unbill ab solut nicht« zu »hun habe. Lorenz «heile da» Schick sal so vieler .Erfinder", die sich zumeist ihnen nie mals passirte Widerwärtigkeiten einbilden. Lorenz wird demnächst nach Bayern — seine Zuständigkeits gemeinde ist Atzling in Bayern — an die dortige Irrenanstalt transportirt werden. — Frankreich. Der .Figaro" publizirt an der Spitze einen Artikel, welcher die Unklarheit der russisch-französischen Beziehungen beklagt. Er behauptet, die Frage einer Entrevue de« Zaren mit dem österreichischen Kaiser bilde den Gegenstand eines lebhaften Depeschenwechscls zwischen drei Höfen. Der Zar selbst sei ein Anhänger der russisch-franzö sischen Allianz; aber die Verfechter der wirthschafk- lichen Annäherung Rußlands an Deutschland ge wönnen täglich Terrain am russischen Hofe. Eine weitere Fortsetzung de« Coquettirens zwischen Ruß land und Frankreich sei unvorsichtig. Die französi schen Diplomaten sollten endlich einen formellen Ab schluß der Allianz herbeiführen. — Rußland. Zu dem Elend, das die letzte Hungersnoth in Rußland bereitet hat, gesellt sich seit einigen Wochen die Cholera, welche langsam aber unaufhaltsam von der Grenze Persiens her be reits bis tief in daS Innere des Reiches vorgcdrungen ist. Allem Anscheine nach wird diese furchtbare Seucve auch bald die Hungerdistrikte des europäischen Ruß land erreicht haben, wo sie unter der ohnehin in schlimmster Nothlage befindlichen, wenig widerstands fähigen Bevölkerung den besten Nährboden finden dürfte. Die Gefahr wird um so größer, als die dies jährige Ernte wiederum die ungünstigsten Aussichten bietet. Es sind schwere Schicksalsschläge, von denen da« Reich des Zaren betroffen wird. Das Unglück, von dem jetzt Rußland heimgesucht wird, ist inveß zum Theil eine Folge der trostlosen moskowitisch- asiatifchen Zustände, die dort herrschen. Schlechte Ernten lassen sich nicht abwendcn, aber der Hunger läßt sich stillen und verheerende Krankheiten lassen sich durch die Mittel der Erfahrung und die Kunst der Wissenschaft eindämmen. Die Cholera tauchte zuerst in Persien auf. Hätte man bei der ersten Kunde davon sofort energische Absperrungsmaßregeln an der dortigen Grenze ergriffen, so hätte man viel leicht die Weiterverbreitung der Seuche verhindern können. Statt dessen wurden nur unzulängliche Maß regeln ergriffen, und schnell griff daher die Krankheit nach Baku und Astrachan über, Städte, die in Folge ihre- unglaublichen Schmutzes sich ganz besonders als Brutstätten einer Pest eignen. Die Behörden standen rathlo« und kopflos da. Mehr als 40,000 Menschen flohen in'S Innere, und selbst die Acrzie ergriffen die Flucht, um sich zu retten. Von diesen Flüchtigen haben einige bereit« St. Petersburg erreicht. Die Lässigkeit der Behörden, welche die Hände hilflos in den Schooß sinken lassen, und der moskowitische Stumpfsinn der großen Massen, die zu jeder selbst ständigen Thätigkeit unfähig sind und vor jeden« persönlichen Opfer zurückschrecken, lassen eS begreiflich erscheinen, daß die Cholera in kurzer Zeit an vielen Orten Wurzel gefaßt hat. — Nach dem amtlichen Cholera-Bericht starben am l3. d. M. in Astrachan 264, in Ssaratow 2b, in Zarycin 46, in Ssamara 11, in Baku 57, im Dagestangebieke 2b und in Tiflis 3 Personen. Auch Moskau und Odessa sind bereit« von der Cholera ergriffen. — Ueber die schwedisch-norwegische Streit- frage hat sich König Oskar selbst vor einigen Tagen einem französischen Journalisten gegenüber, der in Christ iania eine Audienz bei ihm erbat, ausgesprochen: .Sie finden Norwegen schön, nicht wahr?" so sagte der Monarch, nachdem er den Franzosen freundlich begrüßt hatte, „eS ist in der That ein wunderbares Land, und die Norweger selbst sind so gerade, so ehrenhaft, so gut. Ich liebe Nor wegen sehr, trotz aller Verleumdungen, die einige BedauernSwerthe verbreitet haben . . . Man macht Mir grausame Vorhaltungen, und doch will Ich nur gerecht sein. Die Union der beiden Länder ist die Bedingung ihre« Wohlergehen«, ihre« Gedeihen» und de« Frieden«, der jetzt fast ein Jahrhundert an dauert. Im anderen Falle würde jede« der beiden