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„Also die Komtesse lehnt meinen Antrag ab?" rief Alex zitternd vor Erregung. „Ich kann Ihnen leider keinen anderen Bescheid geben." „DaS habe ich Ihnen zu danken, Herr Graf!" sagte der Baron, der seine Wuth kaum noch zu be- meistern wußte. „Ihre Frau Gemahlin ist mir von Herzen zugethan, Lydia hat mir durch nicht« ihre Ab neigung verrathen. Nur Sie wünschen diese Verbind ung nicht. Sie sind das Hinderniß, das zwischen mir und meinem Glücke steht!" „Ich gebe Ihnen zu bedenke», Herr Baron, daß ich der Wahrheit gemäß gesprochen habe," entgegnete der Graf, dessen Stirne sich in Falten zog. „Wollen Sie mir nicht glauben, so versuchen Sie selbst Ihr Heil!" Klewitz lachte höhnisch auf. „Ha, dafür wird man schon gesorgt haben, daß ich auch dort vergeblich bettele. Es ist ja so leicht, ein junges, harmloses Mädchen zu beeinflussen." „Nicht ganz so leicht, wie Sie, Herr Baron, cs sich vorstellen. Und nun lassen Sie uns diese unan genehme Szene beendigen, die ja doch zu keinem be friedigenden Resultate führen kann." „Nein, ich will mich nicht zurückweisen lassen!" rief Alex, mit dem Fuße stampfend. „Man hat mich in diesem Hause grenzenlos zum 'Narren gehabt, ich will mein Recht, oder — " „Herr Baron! Nur Ihre außergewöhnliche Ge- müthsverfassung kann eine Entschuldigung für Ihr Be tragen sein! Aber meine 'Nachsicht reicht trotzdem nicht aus. Ich muß Sie bitten, mich allein zu lassen!" „Oho, so weit sind wir noch nicht, Herr Graf! Sie selbst zwingen mich durch Ihre unausstehliche Hartnäckigkeit, einen Ton anzuschlagen, der nicht der des Salons sein mag. Also noch einmal: wollen Sie mir die Komtesse zur Gattin geben oder nicht?" „Nur dann, wenn meine Nichte, ohne durch irgend welche Einflüsse bestimmt worden zu sein, mir erklärt, daß sie Ihnen, Herr Baron, zugethan sei und nur in der Liebe zu Ihnen ihr Glück finden könne." „Ich habe also keinerlei Rücksicht mehr zu nehmen und sage Ihnen deshalb kurz und bündig, daß, wenn Komtesse Wenden meine Hand ausschlägt, ich der Staatsanwaltschaft Anzeige machen werde, daß Graf Thilo von Heinitz Mitschuldiger an einem vor Jahren verübten Morde ist." So groß die Selbstbeherrschung des Mannes war, der dem aufgeregten Ankläger gegenüber stand, dieser unvorbereitete Schlag traf zu hart. Der Graf zuckte zusammen und seine bebende Hand stützte sich fester auf die Stuhllehne. „Sie sind nicht bei Sinnen!" brachte er endlich mühsam hervor. „Keineswegs!" rief Klewitz triumphirend, „aber ich werde schweigen, sobald ich die Aussicht habe, mein Ziel zu erreichen. Es würde mir selbst wenig Ehre einbringen, wollte ich den Verwandten meiner Gattin anklagen. „Gehen Sie jetzt »och einmal zur Komtesse und sprechen Sie zu meinen Gunsten. Bringen Sie mir noch einmal abschlägige Antwort, so können Sie ver sichert sein, daß ich sofort dem Gericht eine Anzeige erstatte. Ich glaube, Ihr Name ist in letzter Zeit genug bekrittelt worden — durch diese Enthüllung dürfte Ihnen aber Name und Freiheit geraubt sein!" Der Graf stand gebrochen da. Der Baron hatte nur zu sehr recht. Würde cS ihm auch gelingen, sich von der Schuld eines solchen Verbrechens zu reinigen, ein Skandal blieb eS immerhin, und ein solcher mußte der Achtung vor der gräflichen Familie den letzten Stoß geben. Heinitz blickte in das harte Gesicht seines Gegners. Verbissener Grimm, widerliche Verschlagen heit blickten ihm daraus entgegen. Und dennoch be gab sich Thilo zu seiner Nichte, um sie noch einmal zu fragen, ob sie diesem Manne angehören könne. Alex blickte ihm tückisch nach. „Den aus dem Forsthause fürchtet er nicht," murmelte er, „aber vor mir soll er sich schon beugen! Liun ist die Sache wenigstens entschieden, er wird die Komtesse schon auf irgend eine Weise zu gewinnen suche». Eine halbe Million und dieses scheue Wild mein, dabei kann man sich schon glücklich schätzen!" Währenddeß war der Graf bei Lydia eingetreten, die am Fenster saß, eifrig mit einer Häkelarbeit be- ^nkelchen, da bist Du ja schon wieder, ist Klewitz weg? Aber was fehlt Dir? Mein Gott, Du siehst so angegriffen aus!?" Thilo warf sich aus das Sofa und preßte die Hände gegen die Stirn. „Laß, Kind, mir ist nicht ganz wohl, cS hat nichts weiter zu bedeuten. Ich möchte nur noch eine Frage an Dich richten." Die Komtesse wagte kaum zu athmen. Was würde sic zu hören bekommen! „Baron von Klewitz hat soeben bei mir um Deine Hand geworben, Lydia. Er wünscht, daß Du Dich sofort entscheidest. Ich möchte ihm also gleich Deine Antwort bringen." „Aber Onkelchen, ich sagte Dir doch schon, fühlst Du denn nicht —" „Ich muß eine bestimmte Antwort haben, Lydia. Willst Du die Hand dieses Mannes annehmen oder ausschlagen?" „Bedarf eS noch der Frage? Ich fühle nichts für diesen Baron, nicht einmal eine rechte Abneigung — er ist mir vollkommen gleichgültig, also kann ich ihm auch nicht anaehörcn." Heinitz athmete schwer. „Hast Du Dich auch gehörig geprüft, Kind?" „Onkel!" rief Lydia ängstlich, „Du verschweigst mir etwas. Du wünschst diese Heirath!" „Das nicht, aber ich bitte Dich, liebes Mädchen, mir zu sagen, ob Du Dich ferner weigern würdest, wenn Du durch diese Heirath mich aus schwerer Pein befreien könntest?" „Onkel!" rief sie erstaunt, um alsbald hinzuzusetzen: „Dann nehme ich mein Wort zurück. Du sollst nicht leiden, wo ich es verhüten kann, für Dich Onkel, bin ich zu jedem Opfer bereit! Aber sage mir, was ist cs, was Dich drückt. Eine Erpressung? Gieb ihm Geld, Du hast es ja, gieb ihm viel Geld —" „Großer Gott!" rief der Graf im Tone der Er schütterung ans, „ich habe kein Geld mehr, Lydia, ich stehe vor meinem Ruin!" „Onkel!" rief Lydia ganz erstaunt, „Du, wie ist das möglich! So nimm mein Geld, cs steht Dir zur Verfügung, ich brauche es nicht!" Heinitz hatte sich wieder erhoben. Die Bereit willigkeit seiner Nichte, die ihm ihr Alles opfern wollte, brachte ihn wieder zur Besinnung. „Der Himmel behüte mich vor weiterem Unrecht," sagte er. „Ich wollte nur die feste Gewißheit haben, wie es um Dein Herz bestellt ist. Wenn Du den Baron nicht liebst, so sollst Du auch ihn nicht hei- rathen." Ehe sie noch etwas erwidern konnte, hatte er das Zimmer verlassen. Eine große Ruhe war plötzlich über ihn gekommen, er wußte jetzt, was er diesem Elen den gegenüber zu thun hatte. „Meine Nichte bedauert, Ihren Wunsch nicht er füllen zu können, sie lehnt Ihren Antrag ab." „Wa—s?" fragte der Baron gedehnt, als habe er nicht recht gehört. „Sie glauben wohl, Herr Graf, cs bleibt bei der Drohung? Sie sollen mich kennen lernen!" Heinitz ließ den Baron gewähren. Ruhigen Auges stand er dem Wüthenden gegenüber. Lisch einmal wandte sich Klewitz dem Grafen zu, wußte er doch, daß die Rache ihn selbst nicht retten konnte. „Bedenken Sie es »och einmal," sagte er mit heiserer Stimme. „Sie sind entehrt, wenn ich Sie anzeige! Geben Sie mir Ihre Nichte, so werde ich über Ihre Vergangenheit zu schweigen wissen." „Beenden wir diese Unterredung, Baron, da Sie nicht zu dem von Ihnen gewünschten Ende führen wird. Thun Sie, was Sie vor Ihrem Gewissen nicht verantworten können." „Herr Graf!" schrie Alex wie unsinnig. „Ah, dieser „ehrenwerthe" Manu mahnt mich an mein Ge wissen!" Heinitz wurde bleich vor Zorn. Als er sich wandte, den Elenden zu züchtigen, hatte dieser schon das Zim mer verlassen. Er war zu seinem Pferde geeilt und raste in sausendem Galopp davon. „Es ist vollbracht!" stöhnte Thilo und warf sich, zu Tode erschöpft, in seinen Sessel. So saß er lauge, während seine unstätcn Blicke im Zimmer herumirrten. Dann erhob er sich lang sam und befahl dem eintretenden Diener, den Förster Bauer sofort aufs Schloß zu bitten. Schon nach einer Viertelstunde trat Bauer athem- los ein. „Ist etwas geschehen, gnädiger Herr?" „Ja, Ernst. Klewitz weiß um den Mord. Er droht mit einer Anzeige. 'Nun muß ich Deine beiden Gäste noch heute Abend sprechen, eS muß klar zwischen uns werden. Also eile und bringe Bescheid." Darauf begab sich der Graf zu seiner Gattin. „Lydia hat, wie ich vorauSgesehen, den Antrag des Barons abgelehnt, Eugenik. Und es ist gut so, denn dieser Mensch ist ein Elender." Die Gräfin zuckte die Achseln. „Mir kann es ja gleich sein," entgegnete sie, „ich bin ja seit letzter Zeit gewohnt, Enttäuschungen zu erfahren." „Und es steht Dir noch Schwereres bevor," sagte Thilo außergewöhnlich weich. „Ich habe heute eine sonderbare Bitte und Du würdest mir eine große Wohlthat erweisen, wenn Du sie, ohne nach Gründen zu fragen, erfülltest. Es soll Dir noch an diesem Abend Alles klar werden." „Mein Gott, was hast Du denn?" fragte sie, be stürzt über sein bleiches Aussehen und dieser seltsamen Einleitung. „Ich habe die beiden Herren Wilmar zum Abend eingeladen und bitte Dich, sie freundlich zu empfangen." „Du kennst diesen Wilmar von früher?" fragte sie rasch. „Ja, ich kenne ihn seit langem. Und ich habe eine große Schuld an ihm gut zu machen. Laß auch Gerhard und Sidonie zu uns bitten, ich möchte heute Abend Alle um mich versaminelt haben." „Ich werde Sorge tragen, daß Alles zu Deiner Zufriedenheit geschieht. Nun ruhe noch ein wenig, das wird Dir gut thun." Beide Gatten beherrschten sich mit aller ihnen zu Gebote stehenden Selbstüberwindung. Eugcnie war so grenzenlos niedergeschlagen, als habe sie bereits ein schwerer Schlag getroffen. Die Kruste ihres Herzens war nachgerade geschmolzen durch die Thränen, die sie um ihr unglückliches Kind heimlich vergoß. Sidouiens bleiches Gesicht und ihre grenzenlose Nieder geschlagenheit waren wohl geeignet, ein Mutterherz zu bedrücken. Mit banger Erwartung sah die Gräfin also diesem Abende entgegen, an dem sich die Wolken ihres Lebenshimmels zu einem schweren Gewitter über ihr zusammenballten. — (Schluß folgt.) Englische Dienstmädchen. Der „Sozial-Correspondenz" schreibt man: Wer in England einige Zeit ansässig gewesen und einen eigenen Hausstand gehabt hat, wird zugeben müssen, daß ein englisches Dienstmädchen — ein sogenanntes Hausmädchen für Alles — in jeder Beziehung als Muster gelten kann. Diese Mädchen sind geschickt, ar beitsam, gewissenhaft, grundehrlich, bescheiden und höchst sittenrein. Sie halten das ganze, von einer Familie bewohnte Halis, das gewöhnlich 6 bis 7 Zimmer, zwei Küchen — eine davon im Waschkeller — und große Kellerräumlichkeiten enthält, in musterhafter Ordnung — und zwar wird das von ihnen durch weise Einthcilung der Zeit erzielt. Jeden Tag reinigen sie gründlich — wie sie es nennen — ein oder zwei Zimmer, d. h. die über dasselbe gespannte Fußdecke wird sorgsam gebürstet, der Kamin und die Stahlge- räthschaften desselben spiegelblank gebohnt, die Fenster geputzt und die Mobilien mit Bohnwachs blank ge macht. Die übrigen Zimmer werden weniger ein gehend behandelt, es wird in denselben nur jedes Fäd chen oder Stückchen Papier von der Fußdecke aufge hoben, der Kamin übergebürstet, nachdem die Asche ent fernt worden. Montags wird jede Woche, jahraus jahrein, die Wäsche, sowohl Haus- wie Bettwäsche und Tischwäsche, gewaschen; dabei kocht das Mädchen das Mittagsmahl, das sie, sogar am Waschtage, selbst servirt. Die Wäsche, die gleich am selben Tag getrock net wird, wird gelegt und am nächsten Tage von der Besitzerin einer Wäschemangel abgeholt und wieder gemangelt gebracht. Am Dienstag Nachmittag plättet das Mädchen die Wäsche. Alle diese Arbeiten ver richtet das Hausmädchen ganz allein und lehnt jede Hilfeleistung entschieden ab. Wollte dort die Frau des Hauses stets überall nachsehen und dann auf Schritt und Tritt dem Mädchen nachgchen, dann müßte sie gewärtigen, daß das Mädchen den Dienst kündigt, ebenso, wenn die Herrschaft etwas verschließen wollte. Der Speisekeller enthält alle Vorräthe, aber niemals vergreift sich ein englisches Hausmädchen an denselben. Aber man muß ihnen auch freie Hand bei den Mahl zeiten lassen, ihnen nichts zutheilen wollen. Sie essen sich satt, nehmen aber sonst nichts für sich, denn sic haben keinen Schatz, und folglich keine Veranlass ung, sich an den Speisevorräthen ihrer Herrschaft zu vergreifen, wie das anderwärts der Fall zu sein pflegt. — Zu den täglichen Arbeiten dieser Hausmäd chen gehört auch das Waschen der 3 oder 4 vor der Hausthür befindlichen Treppenstufe», die jeden Tag gewaschen und gethont werden; auch die Messingklopfer und die Hausklingel werden jeden Tag blank geputzt, denn die feuchte Atmosphäre macht, daß diese Metall gegenstände aulaufen. Am Sonnabend wird das über die Hausflur gelegte Wachstuch mit Seife abgewaschen, die Decke auf der Treppe abgenommen und ausgc- klopft und die Messingstäbe, welche dieselbe befestigen, schön geputzt, sowie die breite Messingeinfassung des Wachstuches im Flur. Die Küche ist stets so sauber, wie ein Schmuckkästchen, denn ausgewaschen wird in einem neben derselben befindlichen Raume. Das Alles verrichtet ein einziges Hausmädchen und hält das Haus tadellos rein. Der Lohn, den ein solches erhält, beträgt 9 bis 12 Pfd. Sterl. (l Pfd. Sterl. — 20 Mark) jährlich; die Bezahlung erfolgt vierteljährlich. Weihnachtsgeschenke, wie hier, sind dort nicht gebräuch lich. Ich hatte in England einmal ein IvjährigeS Dienstmädchen, welches alle diese Arbeiten zur größten Zufriedenheit verrichtete. Ein englisches Dienstmäd chen geht nur Sonntags Abends in die Kirche und ein Mal im Monat besucht sie ihre Angehörigen, wo sie dann bis 9 Uhr Abends ausbleibt. Zu Tanzver gnügungen geht kein anständiges Mädchen. Unehe liche Kinder giebt es unter den dienenden Mädchen niemals. Die irländischen Dienstmädchen sind ebenso arbeitsam und sittenrein, allein lassen hinsichtlich der Reinlichkeit Manches zu wünschen übrig. Auch reißt ihr hitziges Temperament sie oft zu weniger respektvollem Betragen hin. Druck und Brrlag von L. Hannebohn in Eibenstock.