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»on Stein und Lehm gebauet, ist oben platt und dient nebst einem Gerüste, bas neben ihm in gleicher Höhe errichtet ist, zur Schlafstelle, wo Herr und Hrau, Knecht und Magd, nebst Kindern liegen. Betten sieht man höchst säten. Ein Heiligen bild darf in keinem Hause fehlen; sie beugen sich oft vor diesem mit den Worten: Herr, erbarme dich! Kleine Kinder werden in eine Mulde gelegt, darin festgcbun- Len und an vier Stricken frei aufgehängt, wo sie sich bei jeder Bewegung schaukeln. Außer den Menschen haben auch junge Schweine, Hühner und andere HauSlhiere ihren Aufenthalt mit in der Stube, welches freilich Gestank und Unreinheit ver ursacht. An Ungeziefer aller Art ist auch kein Mangel. Von Spielen lieben die Russen das Schachspiel und verschiedene Schaukeln. Das froheste von allen Fe sten ist das Osterfest. Da hören die langen Fasten auf, und jeder sucht sich, so gut er kann, zu entschädigen. Das Fest wird 8 Tage gefeiert, und nie sieht man mehr Taumelnde, aus Völlcrei auf die Straße hingefallene Männer und Weiber, als in dieser Zeit. Man beschenkt sich auch hier mit bunten Eyern. Die Anhäng lichkeit des Russen an die gewählten Heiligen geht so weit, daß er seinen Heiligen mit einem Tuche bedeckt, wenn er etwas Unanständiges begehen will. Wenn ein Bauer eine bessere Erndce hatte als ter andere, so wird dieß dem Hausheiligcn zu geschrieben; der minder gesegnete geht wohl zu dem Nachbar, welcher mehr bekam, und borgt ihm seinen Heiligen auf einige Zeit ab. Er bindet ihn an der, Pflug oder Wagen, womit er das Feld bearbeitet und hofft dadurch desto reichern Seeqen zu empfangen. Der gemeine Russe glaubt, die Seelen der Verstorbenen verweilen sechs Wochen lang da, wo der Kö per gelebt habe, darum betet und räuchert er, feiert auch Todtenfeste unter Heulen und Wehklagen. Daö Hemd des Glücklichen. Ein König lag gefährlich krank Und gab sich selbst verlohren, Ihm half kein Pulver und kein Trank Der trefflichsten Doctoren. Ihr großer Kriegsrach vor dem Bett War seinem Fieber ein Gespött. Die Opern wurden eingestellt, Es ruhten alle Geigen, Man sah des Hofes seine Welt Viel Schmerz mit Anstand zeigen, Und sie verschrieb sich, wie es hicß, Schon Trauerkleider aus Paris, Dem alten Hofnarr'« schien sogar Die Zunge weggeschnilten, Er, der sonst schwatzte, wie ein Staar, Trat, wenn die Aerzce stritten, In ihre Mitte wie ein Tr> pf, Und wiegle nur den Satyrkopf. Einst aber fiel der Stummheit Schloß Ihm plötzlich von dem Munde; „Ihr Großperücken, brach er los, Ihr taugt nur für Gesunde. Trotz Eurem Griechisch und Latein Stellt, wo er will, der Tod sich ein.