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gilt bei den gemeinen Russen viel. Als Kaiser Peter l. eine Taxe von Av thl. jähr-? lich auf das Tragen der Bärte legte, zahlten viele lieber das Geld, .als baß sic den Barr abgeschnitten hätten. Kein Volk kann in Ansehung der Gabe, alles nachzu ahmen, nur den Russen verglichen werden Ein Gutsherr kann zu einem Kauer sagen: Du mußt Koch, Schlößer, Maurer, Musikus oder sonstwas werden; er wird antworten: davon verstehe ich nichts. Droht er ihm mit dem Stock, dann wird er crwiedern: wie Du befiehlst. Läßt er ihn prügeln, alsdann wird er seine Kraft anstrengen. Läßt er ihn noch einmal prügeln, so erhitzen diese Prügel seine Phantasie; er wird, was sein Herr nur immer aus ihm machen will. Rußland hat großen Reichthum an kostbarem Pelzwcrk. Vorzüglich sind Saffian, Juch ten und Chagrin. Der Russe isi auf die Arbeit weniger als auf Taback und Branntwein erpicht. Er feiert des Jahrs 104 Festtage, wobei ein Brannrwcin- ra> sch die würdigste Feier bei ihm ist. Selbst Frauen wird ein kleiner Rausch zu Gute gehalten. Der frohe Sinn des Russen äußert sich hauptsächlich durch Ge sang; jedes Gelaq wird dadurch belebt und erheitert. Die Frau wird sehr eilige« zogen gehalten; sic darf ohne den: Willen des Mannes sich keinem Fremden zeigen, und fühlt oft die Peitsche des Mannes, dieweil die Behauptung allgemein ist, daß nur durch dieses Mittel eine Frau gut werde und bleibe. Bei der Trauung vornehmer Leute bestehet folgender Gebrauch: Der Zug in die Kirche geschiehet zu Pferde, wobei die Braut mir einem großen Schleier ver hüllt ist. Nach der Trauung kniet die Braut vor dem Bräutigam nieder, und be rührt seinen Fuß mir ihrer Stirne, zum Zeichen des Gehorsams, den sie ihm leisten will; er aber bedeckt sie mit seinem Obcrkleid, um den Schutz anzudcuken, den er ihr gewährt. Nach der Einsegnung setzt der Priester dem Paare schöne Kränze auf; dann reicht er ihnen ein Glas mit rorhem Wein, woraus das Brautpaar dreimal trinket. Darauf wirft der Bräutigam das Glas nieder, und zertritt cs mir den Worten: mögen alle, die Feindschaft unter uns anspinnen wollen, so zertreten werden. Andere sind die Gebräuche der gemeinen Leute. Wenn die Braut des russischen Landmanne in die Kirche gehen soll, so widersetzt sie sich aus allen Kräften, bis sie endlich gezwungen wird, das Vaterhaus zu verlassen. Sie ist verschleiert, und schrcyt und weinet auf dem Weg zur Kirche. Bald daraufkommt dcrBräutigam mit seinen Freunden in die Kirche, und bringt einen Becher voll Wein mir. Wenn der Priester die Trauung verrichtet hat, so trinkt die Braut dem Bräutigam aus dem Becher zu; er crwicdert dies gegen sie und läßt den Becher fallen, welchen beide mit dem Fuß so schnell als möglich zu berühren suchen; der Aberglaube sagt: wer diesen Becher mir dem Fuß zuerst bedeckt, der scy in der Ehe der herrschende Theis. Aus der Kirche kehrt die Braut unvcrschleiert zurück, von müßigen Leuten oft ge neckt In der Brautkammer verbirgt der Bräutigam einige Geldstückchen in ei nem von seinen Stiefeln, und fordert, dem Rechte gemäß, die Braut auf, ihm