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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 03.03.1921
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1921-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19210303015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1921030301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1921030301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-03
- Tag 1921-03-03
-
Monat
1921-03
-
Jahr
1921
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Und Amerika wird ihm das Geld nur geben, wenn Deutschland sich freiwillig mit den Alliierten vereinbart hat- Wenn dagegen insolZe gewaltsamer Mahnahmen )as deutsche Wirtschaftsleben gestört" würde und womöglich auch wlitische Unruhen in Deutschland entstünden, würde Amerika die iberall in der Welt sehr hoch eingeschätzte Arbeitskraft nicht als Garantie der Summe betrachten können, die es Frankreich etwa vorstrecken möchte. Außerdem hat Amerika auch Interesse an Deutschland als Absatzgebiet. Insofern sind also immer noch gewisse Hoffnungen auf Amerika zu sehen. Nur darf man das nicht mißverstehen, indem man auf ein edelmütiges Eingreifen der Union zu unseren Gunsten rechnet. Sondern Frankreich braucht amerikanisches Geld, und es braucht dazu dix deutsche Unterschrift. Amerika hat also wohl em Interesse daran, letzten Endes eine friedliche Politik uns gegenüber zu betreiben. Damit ist aber nicht gesagt, daß es zu diesem Zwecke nicht auch unfriedliche Mittel, Ge waltmaßnahmen anwenden wird. Gerade weil man auf der Gegenseite glaubt, daß Repressalien uns zur Einwilligung bringen könnten, ist die Wahrscheinlichkeit, daß man die Sanktionen an wendet, um so größer.' Wir müssen damit rechnen, aber wir müssen es auch darauf ankommen lassen. Daß die jetzige Regierung und die hinter ihr stehenden Par teien nachgeben könnten, erscheint ausgeschlossen. Wir sind eben seit Versailles und Spa erheblich weiter gekommen in der inneren Festigung Deutschlands. Wenn die Entente au Grund dieser unbestreitbaren Tatsache überspannte Hoffnungen auf unsere Leistungsfähigkeit setzt, so wird sie anderseits auch ein sehen müssen, daß dieselbe innere Festigung uns d ieKraft zur Unnachgiebigkeit verleiht. L. Briefe aus Tschechien Von Ehm Welk. Die Londoner Presse gegen die deutschen Vorschläge London, 2. März. Die gesamte Londoner Morgenpresse von der .Daily Mall' bis zu der .Daily News' lehnt die deutschen Gegen vorschläge ab, zum Teil in sehr scharfen Ausdrücken. Die .Morningpost' schreibt: Dr. Simons habe durch seine gestrige Rede den Alliierten ihre Aufgabe leicht gemacht und ihnen eine Ein - heit des Zweckesund des Zieles gegeben, wie sie sie seit dem November 1018 nicht mehr besessen hätten. Die Errichtung der wirt schaftlichen Schranke am Rhein und die Verlängerung dec Besctzungsdauer des linken Rheinufers könnten bald in Kraft gesetzt werden. Die anderen Sanktionen würden folgen, wenn die deutsche Regierung auf ihrer ablehnenden Haltung verharre. ..Daily Telegraph' führt aus, wenn man auch angenommen habe, daß die Mitteilung der deutschen Gegenvorschläge zu einer kritischen Lage führen würde, so hätte doch niemand eine so rasche, entscheidend« Entwicklung der Ding« vorausgesehen. Wenn die Der! ner Regierung bei ihrer Haltung verharre, so werde England den Deutschen keinen Zweifel darüber lassen. Laß es Frankreich unter allen Umständen unter- stützen muß, sei es durch eine Aktion zur See oder durch einen wirt schaftlichen Druck. ^)aily Chronicle' schreibt: Die Deutschen machten keinen Versuch, den Forderungen der Alliierten zu begegnen. Von einer Prüfung des deutschen Planes in seiner jetzigen Form ist keine Rede. Das unmittel bare Programm der Alliierten ist, zu erwägen, welches der beste und rascheste Weg ist, um die Deutschen zur Besinnung zu bringen. Unter den augenblicklichen Umständen kann darüber keine Meinungsverschiedenhel herrschen. Wir bedauern sehr die Aktion der Berliner Regierung. Die britische öffentliche Meinung ist bestrebt, Deutsch land iair pia> zu geben und würde jeden aufrichtigen, unter Berück sichtigung der Tatsachen voroereiteten Plan geprüft haben. In dem gestrigen Angebot käme kein Zug von Loyalität oder Aufrichtigkeit zum Vorschein. Es bezweckt nicht Erfüllung, sondern Umgehung des Friedensvertrags. 47,0 Prozent 3S,0 Prozent 4,0 Prozent 0,50 Prozent 0,25 Prozent Der Rest ging nach Pc' , Jugoslawien, Iiaueg, Holland. Deutsch land und Oesterreich waren die besten Abnehmer; aus diesen! Grunde schon mußte man sich wieder gut mit ihnen stellen, nach dem der Handebsminifier Hotewetz durch ferne Ausfuhrpolitik die Prag und die Eröffnung der Messe. Prag, 1. März. Völker-psychologisch ist das vielleicht nicht uninteressant: Als ich zum ersten Male nach Prag kam, 1911, hatte man mir viel von dem deutschen Prag erzählt. Unsere treuen Bundesgenossen, die Oesterreicher, rissen sich um uns. So sagte man. Die Tschechen, die hetzten zwar oft und blickten scheel, fühlten sich aber doch zufrieden und sicher in dem großen Staatenverbandc. Sv sagte man auch. Als ich dann an einem schönen Sonntag-Vor mittag über den Graben schlenderte, war da plötzlich ein Auflauf und ein großes Lärmen. Iunsie Leute holzten sich, Frauen schrien. Schließlich rissen einige der Kämpen aus. Andere stürzten hinter her. Wobei es dann passierte, daß ein Mensch mir etwas zurief, was ich nicht verstand; und Gesten machte, die ich verstand. Er wieder verstand inein verblüfftes Gesicht; denn er ließ mich stehen und jagte hinter einem bebänderten Jüngling her. Da begriff ich: Studentenvergnügen! (In den Zeitungen stand später: Studenten- Verfolgungcn!)- Einige Fensterscheiben verbogen sich. (In den Zeitungen stand später: Tschechische Herausforderung!, auch: Deutsche Unduldsamkeit! Ganz nach der Richtung.) Als ich zum zweiten Male nach Prag kam, 1916, war Krieg; Tschechen hatten schon aktiv und passiv Landesverrat verübt. In Erinnerung an den Sonntag vor fünf Jahren erwartete ich aller hand Anpöbeleien; denn ich trug Uniform. Kein Mensch tat mir was. Ich aber tat den armen tschechischen Soldaten was: sie witterten unter dem leinenen Balkan-Kleid einen höheren Offi zier und rissen sich schier die Arme aus beim Grüßen. Der Auf laus kam schließlich auch noch: Im Repräsentationshause, wo ich Kaffee trank, überreichte mir eine Dame ein Tablett mit schönen Delikateß-Schniltchcn; ein Herr brachte ein großes Giäs Wein. Das waren Tschechen, und das war im Repräsentationshause. Es galt allerdings nicht direkt mir, es galt eigentlich dem Admiral Scheer. Tags zuvor hatte der die Skagerrak-Schlacht geschlagen, was just deute die Blätter meldeten, — aber gerade deshalb war das Geschehnis so eigenartig, daß Tschechen-Deutsche Hinterher darüber verblüfft waren. Als ich das dritte Mal nach Prag kam, 1921, hatte die tschechoslowakische Republik den nachhaltigsten ihrer chauvi nistischen Stürme überwunden. An wirtschaftlichen Schwierig keiten, hervorgerusen durch den Krieg, verstärkt durch eine kurz sichtige, von nationalistischen Hetzereien beeinflußte Handels politik, zwangen die Negierung und die wirtschaftlichen Ver bände, der Erkenntnis sich zu nähern, daß die Wirtschaft, die weltwirtschaftlichen Beziehungen, nicht bei der Politik außer Acht gelassen werden können, ohne daß dadurch ernsthafter Schaden ver ursacht wird. Es wehte eine Verständigungsbrise, die oft einen etwas aufdringlichen Versöhnungscharakter annahm. Alle Be amten, die Geschäftsleute, die Behörden: sie witterten Käufer, oder wußten um umzuslimmende Zeitungsschreiber. Man fühlte die Absicht und man wurde verstimmt. Wurde es. so erfreulich an und für sich die tschechische Liebenswürdigkeit auch ist. Denn dieses ist das Prinzip der Prager Politik: gute Beziehungen zu den deutschen Nachbarn jenseits der Grenzen, Bedrückung und Verdrängung der Deutschen im Innern. Wie zielbewußt die tschechische Regierung in dieser Hinsicht vorgeht, das sieht jeder, der früher in Böhmen war, die wirtschaftlichen Verhältnisse einigermaßen kennt, und nun an Zeitungen und Erlassen, an Schul- und Wahlpolitik, an Volkszählungen und an dein Kamps gegen die deutsche Sprache den Erfolg der Tschechisierunq be obachtet. Fast jeder Prager, wie überhaupt fast jeder Tscheche, spricht Deutsch; jeder versiebt jedenfalls Deutsch; nur wenige ver stehen Englisch und Französisch, von den meisten Händlern und Käufern kauni einer. — Das hinderte die Behörden nicht, auf ihren Hexenweqweisern und Plänen folgende Reihenfolge zu wählen: tschechisch, slowakisch, französisch, englisch, polnisch, deutsch. Die Geschäfte zwischen den Leuten werden zumeist deutsch abgeschlossen werden müssen. Aeugstlich aber hat man auf der Messe selbst jede deutsche Bezeichnung vermieden. Ich sah nur zwei Ausnahmen. Daß auf den Prager Straßen auch nicht ein einziges deutsches Wort mehr zu entdecken ist, versteht sich am Rande. Es geht hier den Deutschen auch so. Jeder Gassen junge sagt dir, wo deine Straße ist. oder was Krälvoskä trida auf Deutsch heißt. Und Sonntag abend, als mein Wirt mir Prags neueste und größte Errungenschaft mit Erfolg gepriesen hatte, das Etablissement Lucerua, erlebte ich in dem 20 Meter unter der Erde liegenden gold- und marmorblinkenden Riesensaal einen mit stürmischem Beifall aufgenommenen Richard-Wagner- Ai end, den Nedbal auch wirklich vortrefflich dirigiert hatte. Das alte deutsche Theater wollen sie jedoch den Deutschen nicht wieder geben. Der Eindruck der ersten Sitzung Berlin, 2. März. (Drahtbericht unserer Berliner Schriftleitung.) Die politische Welt Berlins ist in der unbehaglichen Stimmung eines im wesentiichen leeren, um so mehr von Spannung erfüllten Wartetages. Denn vor Donnerstag kann man nicht wissen woran wir sind. Der Eindruck der heule morgen veröffentlichten Nachrichten ist überraschend gewesen, natürlich nach der negativen Seite. Das bezieht sich nicht auf die deutschen Gegenvorschläge, sondern auf die schroffen Aeußerungen von Lloyd George. Man ist sich zwar von vornherein klar ge wesen, daß ein gegnerisches Trommelfeuer zu erwarten sein würde, aber man hatte in der Hauptsache darauf gerechnet, daß dies von der feindlichen Presse besorgt werden würde. Daß da- . gegen gleich nach der ersten deutschen Verlautbarung und noch vor Kenntnisnahme des Textes der Gegenvorschläge ein so brüsker Stimmungsumschlag bei den Führern der Gegenseite ein treten würde, das empfindet man hier doch wie eine Zugent gleisung. Vorläufig ist zwar dabei noch kein Anglück geschehen. Der Anfall kann vielleicht behoben werden, aber man bat doch gleich eine Probe davon bekommen, wie hart unsere Nerven in den nächsten Tagen in Anspruch genommen werden dürften. Selbst verständlich besteht die Möglichkeit, daß an dem Auftreten von Lloyd George viel Geste, viel Taktik beteiligt gewesen ist. Aber sein Verhalten lediglich als Schachzug zu deuten, dürfte doch eine Illussion sein. Man glaubt in der Delegation und auch in Berliner, ihr nahestehenden Kreisen, daß die Alliierten gestern deü Inhalt der deutschen Vorschläge mißverständlich beurteilt haben. ' , Es ist. bedauerlich, daß die Rede des Ministers Simons noch nicht veröffentlicht ist. Wir möchten das als unbedingtes Er fordernis des Tages bezeichnen. Nach den bisherigen Meldungen könnte sonst in Teilen des deutschen Volkes das Gefühl entstehen, als sei am Ende der sonst so Gewandte gestern nicht auf feiner sonstigen Höhe gewesen. Ein solcher Eindruck hak bis jetzt gar nelne zureichende Grundlage. Aber er könnte in Gerüchtform sich verbreiten, und einer jeden Beeinträchtigung der festen Stimmung und vollkommenen Einigkeit muß von vornherein entgegengetreten werden, sonst könnte die Vorstellung ver wirrend wirken, daß durch deutsche Ungeschicklichkeiten, wie sie zu Anfang der Konferenz von Spa vorgekommen sind, irgend etwas veriäumt worden sei. Auch Dr. Simons selber hat ein Recht darauf, daß der Oeffentlichkeit seine Ansprache bis zum letzten Wort vorgelegt wird. Die deutschen Gegenvorschläge selbst erscheinen in vieler Hinsicht als ein diplomatisches Meisterstück, aber sie sind in der ersten Sitzung in London nicht verlesen worden, sondern Herr Simons t^lt sie umschrieben, und es ist klar, daß eine solche Am- schreibung hundertfach verschieden ausfallen kann. Welche ha! er gewählt? Das müssen wir ersahren. ' Allein selbst wenn Lloyd George auf Grund einer ungünstigen Darstellung des deutschen Angebotes gesprochen haben sollte, werden die Alliierten inzwischen doch wohl Zeit gesunden haben, die deutschen Texte genau zu prüfen. Zwar lassen sich in dem Toben der Ententepresse auch Stimmen vernehmen, die selbst eine solche Prüfung ablehnen wollen, aber wir möchten vorläufig an nehmen, daß die langen Beratungen der Alliierten, die während des Mittwochs stattgesunden haben, doch nicht nur derVor- bereitung eines etwaigen Altimatums oder den Sanktionen oder militärischen Unterhaltungen gedient haben. Was man mit den Sankttonen bezweckt, ist noch nicht völlig klar. Wahrscheinlich verspricht man sich davon, daß wir dann nach einiger Zeit die uns gestellten Pariser Zumutungen doch unter schreiben würden. Man wird sich darin freilich täuschen: Allein zunächst dürfte man aus der andern Seite die Anwen dung solcher Zwangsmaßnahmen als Mittel zur Verständigun betrachten, und zwar aus sehr realen Gründen. Frankreich brauch Deutsche Arbeiter an die EntentevSlker Der Allgemeine deutsche Gewerkschaftsbund richtet an die Regierungen und die Völker der EntenlelSnder eine D e n ki ch r i f t, in der er vom Standpunkt der deutschen Arbeiter schaft den Nachweis führt, daß die Leistungen, die die Pariser Beschlüsse verlangen, unmöglich zu erfüllen sind. Die ausführlich begründete Denkschrift weist darauf hin, daß die Pariser Beschlüsse von dec irrigen Voraussetzung ausgehen, das deutsche Wirtschaftsleben laufe bereits wieder in normalen Bahnen, und die deutsche Arbeiterschaft befind« sich wieder in Verhältnissen, die von denen vor dem Kriege sich nicht mehr wesentlich unterscheiden. Diese Annahme ist unzutref fend. Englisch« Fachgelehrte schützen die Einbuße, die die deutsche > Arbeiterschaft durch die Hungerblockade erlitten hat, auf dreißig Prozent. Daß in Deutschland die große Masse des Volkes unterernährt ist, leg' di« Denkschrift an der Hand einer Statistik dar, dl« das Ergebnis «i,er Im Deiember 1920 vom Gewerkschaftsbund unter mehr als zwei Millionen Arbeitern und Arbeiterinnen veranstalteten Enquete ist. Danach betrügt im Gesamtdurchschntlt die tat,Schliche Lohnsteigerung gegenüber dem Jahre 1914 das Achtfache, während die Kosten d«s not wendigen Lebensunterhalts seit 1914 auf das Fünszchnifache gestiegen sind. Dazu hat dir Arbeitslosigkeit in Deutschland einen Umfang erreicht, wie er nie zuvor daaewesen ist. Von den befragten 2K Millionen Arbeitern waren über Million ganz oher teilweise arbeitslos. Di« deutsche Arbe terschaft lehnt di« Pariser Vorschläge ab, nicht nur weil sie unerfüllbar sind, sondern, auch well sie ihrer festen Ueberzeugung nach gleichbedeutend sind mit der Einführung der Sklavenarbeit in Deutschland. Die Erfüllung der von der Kntenle erhobenen Forderungen müßte auch die Lageber Arbeiter In Böhmen sind 80 Prozent der Industrie der ehemaligen Donaumonarchie zu Hause. (Daß davon wieder das Haupt industriegobiet in den deutschen Gegenden liegt, ist den Tschechen nicht sehr angenehm.) Die Tschechoslowakei ist also gezwungen, Absatz im Auslande zu suchen. Das ist nicht leicht: benn die Her stellungskosten sind durch die verkehrte Landwirtschaftspolitik und durch die hohen Löhne inzwischen so gewachsen, daß eigentlich nur noch Länder mit glänzender Valuta als Absatzgebiete in Frag kommen. Die aber kaufen wenig in Tschechien, kauften bissig fast nichts. 1920 war die tschechische Ausfuhr so beschaffen: nach Deutschland nach Oesterreich nach Frankreich nach England nach Nordamerika in allen Ländern auf das schwerste gefährden und erschüttern. Die bisherigen sozialen Errungenschaften müßten fast restlos preisgegeben werden,' wenn es auch nur versucht werden sollte, die erhobenen Forderungen durchzuführen, und das müßte auf die Lage der Arbeiierschast in der ganzen Welt zurück- wirken, .Vie Forderungen zerschlagen aber auch alle psychologischen Voraus tetzungen gerechter Wieldergutmachung. Wenn man einem sianzen Volke dle Hoffnung nimmt, wieder hochzukommen, wenn es aus mehr denn ein Meneschenalter kaum mehr das zur Fristung des nackten Lebens Notwendige hak, dann muß jeder Trieb zur Erfüllung gerechter Leistungen ertötet werden. Die deutschen Arbeiter wisten. daß sie schwer und hart in den nächsten Jahrzehnten werden ar beiten müssen: aber sie wollen doch die Hoffnung haben, daß es ihren Kindern einst wieder besser gehe.' Die Denkschrift weist noch darauf hin, baß Deutschland durch den Krieg ein sehr armes Land geworden ist, daß es aber an einem lleberfluh hat: an Arbeits kräften. .Warum hat die Entente, warum hat vor allem die sran- zöstsche Regierung es bisher abgelehnt — trotz des wiederholten deut schen Angebots —, die Hunderttausende arbeitsfähiger Hände in Deutschland für b«n Wiederaufbau in Frankreich mobil zu machen? Die deutsche Arbeiterschaft will sich mit all ihrer Kraft am Wieder aufbau der Welt beteiligen — aber sie verlangt auch Luft und Licht zum Leben.' Bewaffueter englischer Hanbelsdampfer im Hamburger Hase». Im Hamburger Segelschisfkasen löscht der englische Handelsdampfer .Orange River' etzie Maisladung. Am Heck steht ein 10,5-Zentimeter- Geschütz, dessen Mündung auf die Stadt gerichtet ist. Dies ist der dritte Falt eines bewaffneten Handelsschiffes, wie solche auch aus anderen Häfen schon verschiedentlich gemeldet wurden.
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