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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 29.09.1920
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1920-09-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19200929023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1920092902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1920092902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-09
- Tag 1920-09-29
-
Monat
1920-09
-
Jahr
1920
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Abend-Ausgabe «»»«ruch M. Ul.— Dnichsichin-Porl» Slx,«I»»»«ra Mor-ea. «—^de » IX» <d«—.»,«««». Al P«. « Vt- ve»»°»pr»is: BL»-» tLdll. fLr A»dol«r »,»««. «. LV0. «L»M «. 7L0 «»»tllch. 4ld«-»-»»1^rd« .I«I» »Xlllch. L»»ch »»<«« «»»»»rN,«, FU»«l,» t»! Ha»« —«ich «. »L—, »Ur1»U««tch «. »,«ch »,« L>»U V»»Uchl«i»»»D«lai»t.A»«aad« »»»»«Ich Äl.7^0. »I»N«I>6dr- <-«IchII«tzlI» D,ftd«fl«Ia«ba^). M. Ul.— i>rt Dnicks-ch«»-^»«». S>»l«l»»»«r»: Morgei». Rr, 458 »ar Lelpzlger »aoedlalr enihSlt di« amMche« ivekainttmachU'igeu »er «atr« und der PoltteiamieS der «r.idt Lktp.ig, de» AmiSgerichlS Lei»!«« und d«, LSchftkche» GtaatLmUliirerieu »r<4de» towt« v«lcht»c«r «derer Behörde». 114. Jahrgang Anrelgeirprei,: Al. r^; «»H»I-«» »»» Betztk»«« i» amtlich»» l»U «l» N,a,,k««r.j»u« M. rdo, ,.»»«». Al. 5.—I »I«In, A»j«i,»a dl« A»»par»lll»j»lt«M uecr »»» »»«»er« Mit. G,!chLfttail,«lg«n »tt D>a>»»richrlt««» t» Vr»tl« «edtdr. Vlatz ,»d vat«»»»richklst »da» Aikdlndllchkeit. B<ll,z,npr«Il« flir dl« «tlamtaaNa,« Alk. tL— «»«t», s«r r«lla»fla,« ML ».— »«ll» pr«Mill«, Pdpddilao« DdltgibOhr extra. >i«r»l»««ch-a»schl»b Ar-i«»«. 14»«. t4»!,4. — 1)»ftI»«<L»»»to7ri'-. Schrlftl.ttaaq ,»d V«Ich»sI<»«tI»: L«lp»i,, 2»ha»»l1,«fi« A«. S. -v.rla, vr. A«lnh,ld ch La» L'»I„l» 1920 Mittwoch, den LV. September Sie sWschen BeMte Die Neberschichtenfrage im sächsischen Bergbau Ablehnende Haltung der Betriebsräte. Zwickau, LS. September. Ja de» sächsischen Steinkohlenrevieren ist bekanntlich bis Mitte April d. 3. eine achbe Schichtstunde freiwillig eingelegt worden, um die Kohlenförderung zu steigern. Um, wie im Ruhrrevier und neuerdings auch ta Oberschlesien, diese Ueberschicht wieder einzuführen, war vom Retchsarbeitsministerium eine Konferenz der beteiligten Kreise ein berufen worden, di« Dienstag nachmittag in Zwickau tagte. Ministerial rat Dr. Bodenstein vom Reichsarbeitsministerium leitete die Ver handlungen, zu denen die Vertreter der Werke, des Bergbaulichen Ver eins, der Aroeiter- und Angestellten-OrganisationAi sowie die Betriebs rille des Zwickauer und Luga^-Oelsnitzer Neviers sowie des Plauenschen Grundes — im ganzen gegen 200 Personen — eingeladen waren. Von feiten der sächsischen Regierung waren erschienen Geh.-Rat Haack vo» Arbettsministerium und Regierungärat Krämer, oer Leiter des Landeskohlenamtes. Ferner wohnte den Verhandlungen bei Oberberg amtsrat Herold-Freiberg. Die dreistündigen Verhandlungen führten zu keinem positiven Ergebnis. Ministerialrat Dr. Bodenstein, der an den Verhandlungen in Spa teilgenommen hat, erörterte die schweren Ver pflichtungen, d(e das Spa-Abkommen uns auserlegt hat und ermahnte die sächsischen Bergleute, Dem Beispiel ihrer Kameraden im Ruhrgebiet zu folgen, um durch Einlegung ion Ileberschichten die drückenden Lasten des Wkommens zu lindern uitt» auch dem änlandbedarf an Kohle mehr ais bisher gerecht zu werden. Er wies darauf hin, daß bei Leistung von Leberstunden di« sächsischen Bergleute genau dieselben Vergünstigungen erhalten sollen wie die Ruhrbergleute, nämlich einen Lohnzuschlag von 100 Prozent für jede Ueberschicht, ein Pfund Fett ober Speck zum Preise von 7 -ü und zu 33>L Prozent auf Reichskostein verbilligte Textilwaren, Wäsche, Schuhe usw. Geh.-Rat Haack und Reg.-Ral Krämer unter stützten dringend diesen Appell. Letzterer betonte, -aß das, was der Entente infolge des Spa-Äokommens täglich zugeführt werden müsse (80 000 Domren), ungefähr ein Viertel besten ausmache, was die säch sischen Reviere monatlich fördern (300 000 Tonnen). Außerdem wiese« bttde^Redner auf den Bedarf der inländischen Industrie, die durch tt« Kohlennot hervorgvufene Arbeitslosigkeit und den Bedarf an Haus brand hin. Die meisten der zum Wort gelangten Betriebsräte lehnte» i^doch mit Rücksicht auf di« schlechten Gssundheiks- und Ernährungsver- hältniste sowie mangelhafte technische Einrichtungen das Wiedereln)egen von Ileberschichten rund heraus ad, einige wenigeff darunter ein An- vestelltenvertreter, verhielten sich nicht prinzipiell ablehnend, doch stellten sie gewisse Bedingungen, wie Reformen auf deck Gebiete des Knapp- schafiswesens, praktische Ausübung des Mitbestimmungsrechts, Preis abbau, namentlich Herabsetzung des Kartoffelpreises ufw. 2m übrigen wurden die Regierungsvcrtreter eingeladen, in Bevgardeiterversamm- longen selbst den Gedanken der Ueberschichtenförderung zu vertreten. So mußte denn die Versammlung ergebnislos abgebrochen wer den, doch ist. der Plan damit noch nicht fallengelasten worden. Be merkenswett ist, daß schon im Juni d. 3 eine von der sächsischen Re gierung zu dem gleichen Zweck einberufene Betriebsräteversammlung ergebnislos verlaufen ist. Drohender Konflikt zwischen Wilson «nd den demokrct?chen Parteien Loudon, 29. September. Aus Washington wird gemeldet: Die Weigerung des Präsidenten Wilson,.die Handelsverträge mit den ausländischen Staaten zu kündigen, droht di« drmokratischen Parteien zu spalten. Die Demokraten Haden ' sich in ihrer starken Mehrhell zugunsten des neuen Gesetzes über die HandelSschifsayrt ausgesprochen, deren Klauseln mit den verschiedensten Handelsverträgen im Gegensatz stehen. Das Gesetz wurde durch den Kongreß angenommen. EsistdaSersteMaltn der Geschichte d«r Vereinigten Staaten, daß der Präsident sein Detoeiuem von beiden Kammern angenommenen Ge- seheatgeae »stellt. Die republikanische Presse greift ihn deshalb kräftig an. Das Gesetz 3ohnes, das in dieser Meldung erwähnt wird, billigt den Waren, die unter amerikanischer Flagge fahren, besonders günstige Behandlung roD Mose Maßnahme ist zur Erstwlcklung »er amerikanischen Handelsmarine getroffen worden. England hat bereits früher schon gegen das Gesetz protestiert, aber ohne jede» Erfolg. Reise Bergmanns «ach Patts (Drahtbertsht nuferer Berliner Schrlftleitung.) B e r l l«, M September. Staatssekretär Bergma«, wird sich E»d« dieser Woche auf einige Lage »ach Parts begebe». Sei« Reis« trägt jedoch keineswegs poütllchen Charakter. Sie dient «rr der Erledigung einiger schweben der» Angelegenheiten, welche.«« Medergutmachmrg betreffe». Berg mann, der nächst« Wache zorückerwartet wird, wird inzwischen i» Brüstet dnrch de» Staatssekretär Schräder vertret«» werd«. H>le Sirmrr-lage Velglens rmd Japans . ststtgewer DrahtbertchL) Brüstet, 2L September. 3» der Kontrrenz hoben aester» der belgische Abgeordnete Lefre» r «- der japanisch« Bettreter die Auseinandersetzung fort gesetzt. Lefreur betonte, daß di« «günstigen Wechselkurse sehr schlimme Folgen für Belgien gehabt haben, weil daS Land vom Kriege bereits so mttgenomore« »ar. Zwar habe Belgien A»Snahmekredtte erhalten, dchh hätte» diese Kredit« nichts z» bedeuten l» Vergleich z» dem Be darf den Belgie» an Geld für den Wiederaufba» »nd für die Rah- nmgSmtttetversoranng sowie die Bezahlung der Rohmaterialien hab« Seit Kriegsende hat di« belgisch« Regierung nur einen einigen Kredit von der Bang», Ratioaale beantragt, und zwar für di« Rückzahlung der Marknoien. Davon ward« 300 Millionen aas inländischen An leche» an die Banqne Rationale mrückgezahkt. Am 16. September be- tNWtt» die sofort fälligen Verpflichtungen der Bank 7,1 Milliarden FraUbm^ Wlch^Mh dch Metaürejerv« Ä3 »»- di« fremde» lter M« WersWten Das Arbettstofenprodtem in Sachsen Ausführungen des ReichSarbeitSmimslerS k (Drahtbericht unserer Dresdner Schriftleikung.) Dresden, 29. September. Wie wir bereits meldeten, befindet sich heute Neichsarbeitsmtnifier Dr. Brauns in Dresden, um mit den hiesigen zuständigen Stellen wegen der drohenden Gefahr, die für Sachsen durch die Arbeitslosigkeit erwächst, Fühlung zu nehmen. Reichsarbeitsminister Dr. Brauns nahm Gelegenheit» vor Pressevertretern in großem Rahmen das Arbeitslosen problem za skizzieren. 3m Eingang seiner Ausführungen teilte er mit, daß die Reichsregierung durchaus anerkenne, daß das Arbeits losenproblem in Sachsen besonders schwierig s«t, da Sachsen fast ein« einzige Industriestadt zu nennen sei. Die in der Hauptsache Fertigsabrikate zu liefern hab«: Auch LuxuSwaren würden in großen Mengen hergestellt, doch reichten in der Luxuswarrnindustrie die Verlegenheiten bis in die Vorkriegszeit hin ein. Niemand, weder das Inland noch das Ausland, mache sich ein Bild von dem Umfange der Erwerbslosigkeit in Deutschland, und er kenne infolgedessen auch nicht die Gefahr, die darin liegt. ' Soweit sich ein Bild durch die Statistik gewinnen läßt, beträgt augen blicklich die Zahl der Vollerwerbslosen in Deutschland ungefähr 1 Million Menschen. Dazu kommen noch die Halb- und Dreiviertel-Lrwerbslosen (Kurzarbeiter), deren Zahl 1)4 bis 2mai so groß wie die dev Vollerwerbs losen ist. Wir haben also infolgedessen mit einer Gesamtzahl von Er werbslosen von 2>j bis 3 Mllionen zu rechnen, da die Zahl der Kurz arbeiter ungefähr 1-j bis 2 Millionen beträgt. Erschwerend kommt in Be tracht, daß die Dauer der Erwerbslosigkeit sehr lang ist. Allein in Berlin beziehen infolgedessen ungefähr 44 000 Kinder dte Unterstützung aus der Erwerbslosenftursorge. Das Schümme ist, daß bei uns nicht, wie bereits in anderen Staaten, von einem Abbau die Rede sein kann, fon- dekn im Gegenteil die Arbeitslosigkeit noch wächst. Die Gründe hierfür liegen zunächst in der allgemeinen Weltwirtschafts lage und dann aber ganz besonders in den wirtschaftlichen Konsequenzen des Versailler Vertrages, der uns die Lebensmöglichkellen und dem Handel, der Industrie usw. die Entwicklungsmöglichkeiten ge nommen hak und damit dte deutschen Finalen völlig zu ruiniere» droht. Dieses Lrwerbäiosenprodlem ist eine Frage der Wirtschaft nnd der Wirtschaftspolitik und kann infolgedessen auch nur hierdurch gelöst werden. Die Reichsregierung wird dem Reichstag nach seinem Zu sammentritt ein Programm, für die Wirtschaftspolitik vorlegen. Kurz führte der Minister noch aus, daß wir an einer Umstellung der Wirtschaft nicht vorbeikommen, wenn wir wieder gesunden wollen. Es handelt sich für uns zunächst darum, Nahrungsmittel und wirtschaftliche Rohstoffe zu erzeuge». Ob die Ferttafabrikation in absehbarer Zell wieder zu ihrer vollen Blüte kommen wird, ist sehr fraglich. Sodann sei eine Vereinfachung der Wirtschaft durchaus notwendig. Die Zwischen glieder zwischen Produzenten und 'Konsumenten müssen überwunden werden und damit auch die eintretenden Stockungen. Produzenten und Konsumenten müssen die Initiative ergreifen, um einen engen Zusammen schluß zu ermöglichen. Auf diese Weise nur können die Preise billiger werden, so daß wiederum die Gesamtheit kaufen, und damit die Produk tion wieder in Gang kommen kann. Diese Entwicklung soll durch die produktive Erwerbslosenfürsorge ge fördert werden, und zwar dadurch, daß Kredit nicht uur staatlichen, son dern auch privaten Institutionen, natürlich unter gewissen Bedingungen, zur Verfügung gestellt werden. Inzwischen soll die große Not durch soziale Fürsorge, gemildert werden. Der Ärbeitsminister Dr. Brauns erörterte dann kurz die Maß nahmen, dte die Reichsregierung bisher getroffen hat, und kam dann näher auf die sächsischen Verhältnisse zu sprechen. Das Reichsarbeils- mintsterium wird im Reich dahindringen, den Verhältnissen in Sachsen ganz besondere Fürsorge angedeihen zu lassen. Die Gesamtheit müsse, so führte«! auS, für Sa chsen einstehen, da dieses allein nicht alles leisten könne. Deswegen müsse eine verstärkte Zu teilung der Zuschüsse an Sachsen erfolgen. Sachsen müsse mehr erhalten als andere Länder. Außerdem werde die Reichs regierung fürNotstandSarDeltenerheblichatößereSum- me » zur Verfügung stellen als frühe«. So sind z. V. 18 Millionen Martz für di« Muldentalsperre zur Verfügung gestellt worden. Trotz der schwierigen Lage aab der Reichsardeitsminrster am Schluffe der Hoff nung Ausdruck, daß ^s möglich sein-wecde, ohne vergrößerte Schwierig tellen über die schwierigste Zeit, nämllch den Winter, hlnwegzukommea. Wechstt 88 Millionen Franken betrogen. Die Schlußfolgerung deS belgischen Berichtes ist. daß dl« dringendste Frage die Verbesserung und Stabilisierung der belgischen Banknoten im Auslandverkehr sein muß. Der finanzielle Vertreter Japans erklärte in seinem Bericht, daß Japan alles getan hab«, die laufenden Ausgaben auS den Einnahmen zu bezahlen und auch einen Teil der außerordentlichen Ausgaben aus dem Leberschuß der dauernden Vernahmen zu decken. Man hab« nur einen kleinen Betrag der Scheine aus gegeben, und zwar zu so günstigen Bedingungen, daß auch der kleine Bürger sparen und sein cheld in diesen Papieren anlegen kann. Alle Vorsorgen, welche Japan getroffen hak, indem eS den Diskont wieder erhöhte, haben aber dl« Leberspetzo- lation nicht verfündern können. Dadurch hoben sich wiederholt große Fallissements ereignet, und die Folgen dieser Katastrophen hat Lrpan uoch nicht völsta überwanden. Die betreffenden Maßnahmen für di« Einfuhr und Ausfuhr, besonders in Rohmaterial und PradukkionS- miltetn, müssen sofort annulliert werden. « Schtteßrmg des Spielktvbs irr Warnemünde (Drahtberlcht unserer Berliner Schrtftletkung) * . VerS»,.29. September. Die «ecklenburgffche Regierung hat zum 30. September die Schließung d«S Warnemüader Spielklubs verfügt, der bisher staatlich konzessioniert war, und dem SeniorenauSfchuß d«S Land tages eine entsprechende Mittttlnng zugehen lassen. Dem Freistaat Mecklenburg entgeht dadurch der öOproz. Anteil des Spielertrages. Rach den bisherigen Umsätzen bestand die Aussicht auf «inen Spiel- ertvao vost jährlich Mischen 10 und 18 Millionen Mark. Me Projekt« der Ausgestaltung Warnemündes im Stile der großen Kurplätze durch dte Kastnogesellschaft Pud aufgegeb«» worden. - Erfahrungen der italienischen Sozialisten in Sowjet-Rußland Bou unserem v. O.-Mltarbeiter. Rom, 28. September. Bon ganz besonderem Interesse für die Beurteilung her Zu stände in ÄußMsd sind die Erfahrungen, die, gleich den deutschen, die ltalienischesoziaUstische Kommission auf ihrer Reise durch daS bolschewistisch« Paradies gemacht hat, gab eS doch sicher auf der ganzen Welt niemand, der, solange Rußland von der Außenwelt hermetisch abgeschlossen war, die Verherrlichung deS dortigen Bolschewismus mit so^hem Feuereifer betrieb, als die italieni schen Sozialisten Um so ausfallender und bemerkenswerter ist der Umschwung, der jetzt in ihren Anschauungen eingefreteu ist. 3m MäH 1620 hatten die italienischen Sozialisten Bour bare i und Eabrini in Kopenhagen Unterredungen mit Lit winow, die sich um die Organisation deS Gefangenenaustausches und um die Herstellung wirtschaftlicher Beziehungen zwischen^ den italienischen und russischen Konsumgenossenschaften drehten. Italienische Sozialisten und Russen beschlossen, auf dein* erfolg reichen Verlauf, den diese Verhandlungen nahmen, weiterzu bauen und vorerst die nichtoffiziellen Beziehungen der beiden Länder möglichst lebhaft zu gestalten, in der Erwartung, daß die offiziellen sich dann daraus von selbst ergeben werden. Zu be sagtem Zwecke sollte sich, eine umfangreiche, auS den besten Kräf ten des italienischen Sozialismus zusammengesetzte Studienkom- misfion nach Rußland begeben, um die revolutionstechnisch« Frage, die politischen, sozialen und wirtsHaftllchen Zustände Ruß lands an Ort und Stelle zu prüfem Ende Mai setzte sich diese auS Vertretern her sozialistischen Partei, der Gewerkschaften, her Konsumgenossenschaften und auS einem Schwarm Sachverständiger bestehende Kommission über Berlin, Kopenhagen und Reval nach Rußland in Bewegung. Ein Teil der Kommission kehrte überraschenderweise Anfang Juli nach Italien zurück — eS fehlte nstht an Stimmen, dte von Mei nungsverschiedenheiten innerhalb der KommissioU munkelten — während Serratt, der Leiter des «Avanti", D'Aragona, Graziahei, Bombaeei und Vaeirea weiter in Autzlanh blieben, zum Teil um am Kongresse der dritten Internationale in Moskau keilzunehmen. Die Zurückgekehrten erklärten, Auftrag zu haben, sich jeder Aeußerung über die Verhältnisse in Rußland zu enthalten. Es sei beschlossen worden, daß dle offiziellen Gut achten der Studienkommission erst nach Rückkehr auch der letzten Mitglieder ausgearbeitet und erst nach Genehmigung in gemein samer Sitzung veröffentlicht werden sollten. Serrati soll den politischen Bericht, der Abgeordnete Giuseppe Bianchi den " über die wlrffchaftlichett und organisatorischen Verhältnisse und ' Pozzani jenen über die Handelsmöglichkeiten verfassen. Die Zurückgekehrten zeigten sich aber hinsichtlich -es Schweigeaebots nicht übertrieben gewissenhaft — einer begann schon in der Eisenbahn den Mitreisenden gegenüber zu erzählen —und so kam es» daß die bürgerlichen Zeitungen manches recht ungünstige ArteU veröffentlichen konnten, was sie mit um so größerem Eifer taten, als die ganze Reise der Kommission von ihr in banger Erwartung und mit Spannung verfolgt worden war. War doch von Anfang an in Italien bis weit nach rechts hinüber die Auffassung verbreitet gewesen, daß daS Ergebnis der Unter-? suchungen in Rußland den Ausschlag dafür geben werde, ob in Italien die Revolution gemacht werden soll oder nicht.. AuS den Erzählungen der Zurückgekehrten war zw erkennen, daß man sich aus russischer Seite bemüht hatte, durch großartige militärische Schauspiele, riesige Versammlungen und Umzüge auf die Kom mission Eindruck zu machen, und daß man das Darniederliegen der industriellen und der Verkehrsanlagen mehr in den Hintergrund zu schieben versucht hatte, während gerade dieses ^etzt von den Er zählern je nach Temperament mehr oder weniger ins Licht gerückt wurde. Diese Indiskretionen blieben nicht ohne Gegenwirkungen seitens der in Rußland Verbliebenen und so kam es, daß Ser rati und Va circa im «Avanti" in etwas gedämpften Aus führungen auch ihrerseits Bericht zu erstatten begannen. Die interessanten Berichte Serrakis, der eben jetzt tn Italien einge>- troffen ist» sind von'der vorher von ihm und vom «Avanti" syste matisch betriebenen Verherrlichung des Bolschewismus «ntsernt, sie vers chio eigen nicht die ungeheuer zerrüttete» Zustände Rußlands, wiederholen aber immer wieder die oft gehörte Ausrede, daß der arößte TeU der Schuld daran, daß nicht alles so ist wie es kein sollte, auf die Schwierigkeiten zurück- zuführen ist, die Rußland von außen gemacht werden. Im übrigen gibt Serrati unumwunden zu, daß das Sow- jetsystem weit entfernt ist von jedem demokra tischen »nd sozialistischen Prinzip »nd daß es Ml- mehr die Diktatur einer recht kleinen Minder heit darstellt, -le mit Waffengewalt aufrechkkrhalten wird. . Während dle bürgerliche Presse einerseits dte Enttäuschung der auS -em kommunistischen Paradies Wiedergekehrten fest stellen konnte, trafen anderseits auch die Berichte ihrer inzwischen ebenfalls nach Rußland vor«drungenen eigenen Korresponden ten ein. «Secolo" und «Messaggero" werden mit solchen Be richten durch Lu et an o Magrini betiesert, der im Mai und Iunt ein« Rundfahrt von Reval nach Petersburg, Moskau, Nischni-Nowgorod, Kasan, Samara, Sarafow und Tambow ge macht hat, und auch die deutsche Kolonie Marrstadt besuchte. Er beschreibt die Zustände auf allen Gebieten des Lebens, dte getadezu katastrophal sind, Industrie und Verkehr liegen völlig darnieder, die Korruption triumphiert, und dte Massen fristen unter unsäglichen Entbehrungen ihr elendes Dass!» In einem Punkte sind sich die Berichterstatter der Presse aller Bchattierungen einig, nämlich darin, daß das Sowjetsystem tn Rußland unerschütterlich feststeht und daß eS zu einem Macht faktor geworden ist, mit dem gerechnet werden muß. Die bürgerlich« Presse Italiens macht a» der Hand dieser Darstellungen dem italienischen Volke klar, was -er KommuniS-
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