Volltext Seite (XML)
Abend-Ausgabe v«z«g,prel,: mvnatt. Al.1L-. Idrl. Av. AI.— ftr B»tz,l«r »»»all. M. » L0. M,ra»».A»t9«d« »ll«1» M. 7M »»„«Ich, 4tb«ut-A,t^d« »I«t» Di L— «,n»illch. virch »»l«k« »»<«»«»kl»« Fl»»t»» »» -«« ,*» »rächt ms»««Uch M. UÜ—, »1»N«0«tzrNch Al. ; t«rch »1, t»n»rh«i» V«,lIchl«,»«V«Ia»».4l,«äad« „xMch M. 7P0, U» M. »SV t«i«!chll»b'l» «»»»«). B^Ia»»«»<rI«>>», Mo»,«Ich M. 10.— »»» Dr»ch!»ch«».D»rt*> : Ai-r,«». V«l,»d« » Vs, Adi,»-»»»««», U> Pl- S»»k»»^A»1,L»« 40 Vs. Da« Letpzlarr D«-eoratt enthäU die MvMchen des Mrtt» «nd drl Poll-riimtr» der Etadt Lripä«, des AintSneriid S Leipzig und der «Udftschk, «taaismtntperte«, Lrrsdea sowie verschUoener audrrer «ehSrdea. 114. Jahrgang A«,«Igenprei,: «.r^d: «»t»«-»» »,»A»d«rd»» l» amtlich«» I«ll dl« Aonpar»lll«,«ll» V.Ua ».»»«». dl«t»« A»,«lg«> »t« Aonpar«lU«jtlt« A! 1.40, »— a»4»4^« «k. 1L0.»«lchd»,4a»i«I,.n mit Vla»oarlchill>»n >»> Pr«lf« «rdddd Viatz »»d v«t«»»»kichrllt »ya« D«rdlndllchli«lt. Beliaqrxpreli« Nr »I« ««lamtankla,. Mk. 1L- »«tt». ,«» l-llausl-g« Md 1>.— »rll» »ro Mil«. Vdg4»Il«a« V»sti«dtdr «ztr«. ,,«r»lpr«h- <t»lch>», Ar. 14 »l«L 14»!U. 14«»«. — P»fflch«ck>t-nl»7ri^. «chrlsll»li»»<, »nd S'.Ichlsl«»«!!,: 8. A.rla, vr. A«I»h,Id ch La. d4t„I» Nr. 4SS Areltag, de» 17. September 1V2V Der Kampf «m KSrnten*) Deutsche und iugostawifch« Kultur. — DaS Kärntner Deutschtum. (Von unserem Sonderberichterstatters Klagenfurt, 10. September. Die Jugoslawen stehen uns ganz ähnlich gegenüber wie die Polen. WaF find uns Serben, Kroaten und Slowenen? Wir werden wieder mit ihnen wirtschaftlich verkehren, sie brauchen uns, und auch wir können sie brauchen, aber wir haben sie weniger nötig als sie uns. Und was haben diese Völker der Weltkullur gegeben? Die katholischen Kroaten Haden Mar, vielfach unter italienischen Einflüssen, sich in -er Sphäre der westlichen Kultur bewegt, und dasselbe gilt von -en Slowenen. Doch beide haben vorwiegend genommen. Was sie für die westliche Kultur durch eigenen aktiven Anteil geleistet haben, ist sehr bescheiden. Der Serbe aber, von seiner orthodoxen and selbständig nationalen Kirche, die bem Westen niemals freundlich gesinnt war, beherrscht, ist -er europäischen Kultur abgeneigt, ia verabscheut sie, statt ein« Annäherung zu suchen. Das alles macht keine fotzen Hoffnungen aus kulturelle Bereicherung -er europäischen Rlenschyeit durch diese Völker. Sie sind kein einheitliches Volk und werden viel leicht nicht einmal lange einen einheitlichen Staat bilden. Die Kroaten haben mit den Serben nur die Sprache gemein, den Slo wenen aber fehlt selbst dieses Bindemittel. Es gibt keine einheit liche südslawische Kultur. So steht es um die Gegner des deutschen Volkes in Kärnten. Dagegen braucht man nun bloß ein. skizzenhaftes Mld des Kärntner Deutschtums zu halten, um zu wissen, auf welcher Seite, abgesehen von unseren nattonalen Sympathien, der unvergleichlich höhere Kulturwert liegt. Maßvolle Slowenen geben selber zu, daß sie den Deutschen ihre Kultur verdanken! So schrieb dieser Tage ein Laibacher sozialdemokratisches Blatt: «Durch die Ver drängung der deutschen "Sprache baden wir aus -en Schulen eine Weltsprache hinausgeworfen, weiche uns als einziges Band mit der Welt und der Weltkultur verknüpfte.' Mehr- können wir nicht verlangen. : Das Kärntner Deutschtum ist von einer besonderen Reinheit. Nicht im Sinne der Blutsprobe freilich. Aber wo gibt es oenn dergleichen? Auch im Osten -es Reiches war eine starke Slawisierung der einstigen Kolonisten eingetreten, and dennoch ist LaS deutsche Nationaibewußtsein gerade dort, an -en gefähr deten Grenzen, besonders lebhaft geblieben. Ebenso liegt es in Kärnten. Dort ist natürlich auch deutsches Blut in slawische Adern gekommen, und 'ble Wirkungen sind auf beiden Seiten nicht ungünstig gewesen. Die Gerechtigkeit zwingt, zu sagen, daß der slawische Einschlag den Deutschen in Kärnten gut bekommen ist, ebenso wie die slowenischen Kärntner durch die deutsche Bei mischung besondere Fähigkeiten entwickelt haben. Zn den 1100 Jahren, die jetzt die Deutschen im Lande sind, haben sich beide Bevölkerungsteile gut zusammengelebt. Me Deutschen haben ihre Sprache und Kultur ungetrübt erhalten, und die «slowenischen Deutschen' haben beides angenommen. Sie sind zweisprachig und dadurch den meisten Deutschen des Landes überlegen. Ein sprachigkeit ist in einem gemischtsprachigen Gebiet immer eine Schwäche, deren wir Deutschen uns auch in den Ostmarken schuldig gemacht haben, genau wie in Kärnten. Dem eigenen Volk ist viel mehr gedienh wenn man alle Mittel anwendet, um es zu befestigen und zu kräftigen. Dadurch, daß ein Deutscher Polnisch oder Slowenisch lernt, ist das Deutschtum noch nächt ge fährdet; das geschieht viel öfter dadurch, -atz er die fremde Sprache nicht beherrscht. Die Deutschen hätten mehr Vertrauen bei den nur polnisch oder slowenisch sprechenden Nachbarn er werben können, wenn sie sich mit ihnen in ihrer Sprache ver ständigen könnten. Auch sind ihnen viele Beamtenstellen ver lorengegangen, weil deren Inhaber notwendig beider Sprachen mächtig sein mutzten. Aebnlich steht eS mit den politisch wich tigen Pfarrstellen. Der Klerus ist in KSrnten überwiegend anti deutsch, zum TeU deshalb, weil nicht gen« Deutsche Priester werden wollten, and viele e- wegen ihrer Einsprachigkeit nicht konnten. Zeitweilig hatten öle Deutschen die verderbliche Losung ausgegeben: «Kein Deutscher darf Slawisch lernen.' In einem Lande, in dem ein Fßnftel -er Bevölkerung slawisch spricht! Die Folg« war, daß Priester aus anderen slawischen Gegenden ins Land kamen, die zugleich Deutsch konnten^ aber fanatische Slawen waren. Der jetzige Bischof von Klagenfurt, Dr. Hefter, ein Bayer von Geburt, zicht deutsche Priester heran und zwingt sie. Slawisch zu lernen. Darüber soll man fich nicht entrüsten, sondern soll es im Interesse deS Deutschtums begrüßen. Etwas gänzlich anderes alS die Einsprachigkeit ist die Retn - Helt -er deusschen Sprache, und darüber kann man sich in Kärnten freuen. Das Kärntner Deutsch ist freier von Fremd wörtern alt -aS reichSdeutfche oder das österreichische. Man achtet wohl mehr daraus, und die französischen Einflüsse, die in Deutschland zahlreiche Spuren Hinterlasten haben, find in Kärnten nie so stark gewesen; daS Italienische aber hat nicht entsprechend hereingewirkt. Nur daS Amtsdeutsch ist tn Kärnten ebenso sonderbar mit Fremdwörtern durchsetzt wie in Oesterreich überall. Auch sonst ist das ^Kärntner Deutsch natürlich im Klang und an deren Eigenheiten österreichisch. Der Dialekt bat starke Ver wandtschaft mit dem ktrolerifchen und dem steirischen. Dasselbe gilt von dem Kärntner Lied, der kulturellen Haupteigentümlichkest -et Landet. Et ähnelt mm TeU den tirolerischen un^ steirischen Schnadahüpfeln und Jodlern, steht aber künsüerisch besonders hoch und ist, wie man ruhig behaupten darf, eine nicht bloß deutsch«, sondern europäische Merkwürdig keit. Kärntner Lieder find durch Kofchatt Sammlungen bekannt geworden, aber man findet l« Lande selbst leicht, daß er manches versüßlicht hat. Sein Verdienst bleibt, daß er auf diese Schätze deS künstlerischen VolktgelsteS aufmerksam und fie allgemeiner be kannt gemocht hat. Jedem, der fich unter diesem Volke aufhält, mutz Präfidentenwechfel in Frankreich Ein Selbstmordversuch Deschanels Wahl -es neuen Präsidenten am Sonnabend. (Eigener Drahtbericht.) Paris» 17. September. Der .TemoS' »eldel, daß DeSchanel am 10. September versucht habe, sich das Leben zu uehmea. MorgeuS um S Uhr ging er in dem Park vou Rambouillet spaziere«. Am Kanal sah eia Angestellter des Schlöffet, der dort angelte. Der Präsident wechselte einige Worte mit ihm uad ging dann weiter. Kurz darauf trieb er mitten im Kanal. Er hat versucht, fich zu ertränken, ward« aber gerettet. Wenn man bisher fast mehr unter dem Eindruck stand, dah es sich bei der Krankheit des französischen Präsidenten um eine groß angelegte politische Intrige derer um Llemenceau ha-Leite, so scheint nunmehr doch kaum noch ein Zweifel an dem wirkuchen Vorhandensein einer Gemüts- oder geistigen Krankheit möglich. Vielleicht ist auch der geheimnisvolle Sturz aus dem Zug vor mehreren Monaten hiermit in Zusammenhang zu bringen. Interessante Angaben über die Krankheit des Präsidenten Deschanel macht Marcel Hutin im «Echo de Paris'. Er hatte Ende Juli eine Unterredung mit Deschanel, aus der' klar hervor ging, daß -zr Präsident physisch deprimiert unter einer Willens krise litte. Als er ihn fragte, ob er damit rechne, bis zum Zu sammentritt der Kammer wiederhergestellt zu sein, habe sich Deschanel darauf beschränkt, mit einer unbeschreiblichen Melan cholie die Arme zum Himmel zu heben and den Kopf zu schütteln. In den letzten Tagen habe man den Präsidenten dabei angetroffen, wie er — als ob eine geheimnisvolle Macht ihn triebe — um 6 Uhr morgens auf den großen im Park befindlichen Teich zuging. Mit größter Schonung sei der Präsident in seine Zimmer zurück gebracht worden. Im «Journal' wird mitgeteilt, daß Deschanel an Arterienver kalkung leide. Schon am Tage nach dem Eisenbahnunfall hätten, die Aerzte festgcstellt, daß bei dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft eine Besserung des Zustande- ausgeschlossen sei. Parts, 17. September. Der .Malta' erzählt heule von einem dritten geheimnisvollen Un fall, den Deschanel etwa einen Monat vor der verhängnisvollen Reise vom 22. Mai erlitten hat. Der Präsident begcch sich eines Morgens Im Automobil in den Wald von Saint Germain. Dort stieg er aas, um za Fuß spazieren zu gehen. Nach 1>L Stunden kam er zu seinem Auto zurück. Er war völlig durchnäßt und kam offenbar aus dem Wasser, erklärte aber, fich nicht daran erinnern zu können, was ihm Mgefioßen sei. Die gleiche Erklärung hat der Kranke nach dem Sturz aus dem LisenbahnFuge und nach dem Unfall im Kanal von Rambouillet abgegeben. " O Paris, 17. September. Präsident Deschanel hat heute seine Demission elngereicht. Der Rück tritt erfolgte auf Grund ärztliche«, Rates. AuS Genf meldet die «Frkf. Ztg.', Millerandist gestern früh nach Paris zurückgekehrt oub hat die Agence HaoaS ermächtigt, der Welt mit- zuteileu, daß der Präsident der Republik, Deschanel, aus Rückficht auf seine Gesundheit eutfchlosfen ist, sein Amt uiederzu- lege«. Paris. 17 Sept eucher. Wie Havas mittelst, ist Ministerpräsident Millerand gestern früh nach Paris zurückgekeyrt- Heute vormittag findet ein Ministerrat statt, in dessen Verlauf Millerand sein« Kollegen über die durch den Ge sundheitszustand des Präsidenten Deschanel geschaffen« Loge unterrichten wird. Am Nachmittag wird Millerand dl« Präsidenten des Senats und der Kammer empfangen, mit denen er sich über den Zusammentritt des Parlaments verständigen wird. Die Nationalversammlung wird dann am Sonnabend zur Wahl des neuen Präsidenten tu Versailles zusammeotreten. * (Eigener Drahtbericht) Paris, 17. September. lieber die Präsidentschaftskris« wstd gemeldet, Mill« rand habe neuerlich erklärt. Laß er auf keinen Fall gewählt zu werden wünsche. Auch de Eastelnau habe abgekehnt. Ionnart hol wahrscheinlich die meisten Aussichten, well er der Kandidat Millerands und Elcmen- ceaus sei. Es werden noch verschiedene andere genannt, darunter Bourgeois, Ribot,Foch,PamS, aber mit ihnen brauche nicht ernstlich gerechnet zu werden. Der .Matin' würde den ehemaligen Präsidenten Poincare vor« ziehen, das .Echo' den General de Eastelnau, aber innerhalb de§ konservativen Mehrheit besteht, wie der Lyoner «Novelliste" versichert, eine starke Neigung für die Wahl Millerands, während der TempS' Poincarä an die Spitze der Regierung berufen würbe. Poincarä würd« nach der gleichen Quelle Briand zum Minister LeS Aeußern ernennen. ES ist möglich, dah diese Kombination besteht. ES ist aber auch denkbar, daß sie zunächst nur bestimmt ist, eine andere Kam- bination vorzubereilen, di« -en Zweck Kälte, sowohl Poincarö wie Briand auszuschallen, um in Wirklichkeit im letzten Augenblick durch die Wahl von LeoBourgeois zum Präsidenten der Republik lediglich di« Fort dauer der Regierung Millerand ficherzusiellen. Genf und Wiedergutmachurrgsausschutz Eine »euer Vorschlag vou Delacroix. (Eigener Drahtbericht.) Brussel, 17. September. 3n einer Presse-Unterredung erklärte Ministerpräsident Dela croix: «Da die Konferenz von Genf eine gewisse Furcht ge zeitigt hat in bezug daraus, daß das Friedensabkommen nicht genau ausgeführt wird, habe ich Millerand eine neue Lösung vor geschlagen, mit der er sich einverstanden erklären könnte. Der Wiedergutmachungsausschuß wird heute mit den vorbereitenden Arbeiten, die ursprünglich in Genf statttinden sollten, beauftragt. Er wird zu diesem Zwecke Vertreter der deutschen Regierung einladen, nach Paris zu kommen. Auf diese Weise würde eine Zusammenkunft von Sachverständigen, die nicht bevollmächtigt zu sein brauchen, etwa am 5. Oktober er folgen. Später könnten dann die alliierten Bevollmächtigten zusammen mit den deutschen eine gemeinsame Sitzung abhalten, um die Frage -er Etaatenvergütung endgültig zu regeln. Explosion in der Morganbank in New Bork Ein verbrecherischer Anschlag. (Eigener Drahtbericht.) Rew V»rk, i? September. Gestern mittag ereignete sich in der Morgantxrnk bei der Börse «ine Exploskm, durch die das Bankgebäude schwer beschädigt wurde. Die Zaht der Toten wird ans 130, die der Verletzten auf 150 angenommen. Gerüchte besagen, daß zwei Männer in einem Auto bei der Morganbank vorbeistihren and ein« Bombe warfen. Aach wird als Ursache der Zusammenstoß eines Autos mit einem Kraftwagen, der mit Dynamit beladen war, angegeben. Der Schaden soll mehr als 2 Millionen Dollar betragen. Bei der Morgantxrnk war gerad« eine Geldzahlung ans Frankreich «ingetroffen, die zur Abgabe der französischen Anleihe diente. Die Polizei gibt zu, dah die Explosion auf einen verbrecherischen Anschlag znrückzuführen sei, der auf di« Räume des Bankhauses Morgan verübt wurde. Ein Waggon Dynamit war mit einer Zündung versehen worden, die, wie festgestelli werden konnte, einem Apotheker aus Nerv - Jersey gehörte, der seitdem verschwunden ist. Der Bürgermeister Heiland setzt« für die Ermittelung des Schuldigen eine Belohnung von 10 000 Dollars aus. Me Explosion war in ganz Manhattan zu hören. 3m ganzen Finanz distrikt sind alle Fensterscheiben z er schmettert. Die Trüm mer flogen nach allen Richtungen, besonders im Finanzdistrikt herrscht «ine allgemeine Panik. Zunächst hatten sich Gerüchte von einem bolsche wistischen Attentat verbreitet, nnd alle Bvreaus waren in wenigen Augenblicken verlassen. Leichen und furchtbar Verwundete liegen auf Len Straßen, verstümmelte Körper, Arme »ad Beine hängen an Len Fenstern, Ambulonzwagen eilen noch allen Richtungen, ungeheure Menschenmengen sammeln sich auf der Straße. Die Zogäge von Wallstreet wurden von Polizisten und Sol daten mit aofgepflanzlem Seitengewehr abgesperrt. Die Bureaus des Hauses Morgan find zum größten Teil zerstört. Ein Teil der Fassade des Pastantes wurde völlig fort gerissen. der Reichtum an Singstimmen auffallen, der in gleichem Maße beide Geschlechter auSzeichnet. Ob die bangesfreude mehr Ilrsack« oder Folge davon ist, dürfte schwer zu entscheiden sein, wahrscheinlich trifft beides zu. Jedenfalls wird überall gesungen, in allen Schichten, keineswegs bloß im sogenannten Volke, auch in den akademischen Kreisen und bei jeder Gelegenheit. Kommt man in eine Familie, so setzen sich bald einige ihrer Angehörigen zusammen und singen etwas vor, denn man empfindet den Gesang als natürlichen Teil der Geselligkeit und der Gastfreundschaft, die auf dies« Art nicht nur etwas Gemütliches und Herzliches, sondern auch einen geistigen Gehalt bekommt, der olle bloß leibliche Be wirtung wett unter fich läßt. Fast jede Familie hat ihr Quartett oder Quintett oder nimmt an einem teil. Und diese schwierigen moflkaltschen Formen, »amen, ich daS Quintett, find zu einer all gemeinen Meisterschaft entwickelt, die in Erstaunen setzt und be glückt. In Gesellschaft finden fich leicht vier »der fünf Männer and Fraaen zosammen, di« noch nie zusammen gesungen haben, und nach kurzer Verständigung beginnen fie, komplizierte Quin tette »orzukragen mit bewundernswerter Sicherheit. Dabei kennen viele Sänger, die fich auf der «Klampfen' mit natürlichem must- kaUschen Gefühl begleiten, nicht die Noten. Kurzum, man hat eS hier mit einem Gipfel der Volkskunst zu tun. Ein Volk, daS der gleichen hervorgebracht hat, braucht kune Frage nach seinem Kol- mrfiand zu scheuen. Die Kärntner fingen aber auch allgemeindeutsche Lieder. Auf «taem Dampfer fichr mU uuS eine Schulklasse, die* von der An ¬ wesenheit Reichsdeutscher nichts wußte, und es hatte etwas Be wegendes, wie die Kinder piöhlich einsetzten: «Stimmt an mit Hellem, hohem Klang, stimmt an das Lied der Lieder, des Vater landes Hochaesang' usw., womit ja Deutschland, nicht Kärnten gemeint ist; sie sangen auch ganz naiv die Strophe: «Der alten Barden Vaterland' usw., was Kärnten nie gewesen ist. Sie wißen aber, daß ihre Vorfahren einst, vor mehr als 1000 Jahren, auS Deutschland gekommen sind, and das Gefühl der Zusammen gehörigkeit mit dem reichsdeutschen Volk ist allgemein und lebhaft. Als wie bet der Einfahrt in das österreichisch verwaltete Abstim mungsgebiet von dem Grenzposten angehalten wurden, eröffnete man ibm, daß in dem Auto reichsdeutsche Journalisten säßen, —- «also »eine Ausländer', erwiderte der Mann und verzichtete auf Prüfung -er Püffe. Diese Anhänglichkeit an das gesamtdeutsche Volk ist gewiß nicht überall politisch, im Sinne eines Strebens nach dem Anschluß an das Reich; aber es ist leicht zu sehen, wlc eine Zrredenta nach dem Reiche drängen würde, wenn die Ab stimmungsgebiete von der staatlich«n Zusammengehörigkeit mit Oesterreich gelöst und unter jugoslawische Herrschaft gestellt würden. Der Kampf um das Volkstum erscheint dort unten als An gelegenheit deS HerzenS noch mehr als des Verstandes und Willens. Wenn man die noch erhaltenen und zum guten Teil noch getragenen Volkstrachten fleht und dle Lieder hört, wird auch dem Landfremden bewußt, daß jener Kampf dort vielleicht noch mehr als anderSwo GemütSsach« ist. L. L.