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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.07.1920
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1920-07-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19200722027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1920072202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1920072202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-07
- Tag 1920-07-22
-
Monat
1920-07
-
Jahr
1920
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Sette L. Nr. LS7. Aberrd-Ausgabe und nirgendswo rächt sich die Verkennung der moralischen Seile des Problems bitterer als hier. Auf wirtschaftlichem Gebiete predigen uns «die Er fahrungen von Spa lauter und deutlicher als jemals zuvor die Not wendigkeit, auf Steigerung unserer Arbeitsleistungen bedacht zu sein. Die Bergarbeiter können die nationale Einheit Deutschlands retten. Aber natürlich darf das Mahnwort: Mehr arbeiten! sich nicht an die Kohlengräber allein richten. Die härteste Arbeit, die im Dienste der nationalen Volksgemeinschaft geleistet wird, ist immer noch erträglicher als Fronarbeit für fremde Eroberer. Letzten Endes wird es aber Aufgabe einer klugen Politik sein müssen, die in Spa errungene Gnadenfrist dazu auszunutzen, um den Boden für die nächsten Verhandlungen besser vorzu bereiten. Das gilt für die innere Politik wie für die äußere. So wie in früheren Zeiten, in denen die Negierung allein die Verant wortung trug, geht es im neuen Deutschland nicht mehr, diese Erkenntnis muh das deutsche Volk endlich auch von den politischen Parteien erwarten. Trübe Gegenwart und dunkle Zukunft lasten auf dem deutsä»en Volke. Es hat in feiner wechselvollen Geschichte schon vor ähnlich schweren Aufgaben gestanden und hat sie gelöst, und es wird auch jetzt nicht zugrunde gehen, wenn es sich nicht selbst aufgibt. Die Folgen der Katastrophe von 1918 sind nur zu über winden durch Arbeit und Entsagung und nicht durch eine Poli tik der Nom antik, die mit einem Schlage beseitigen will, was nur durch mühevolle Kleinarbeit allmählich abgclvst werden kann. Diese nüchterne Erkenntnis vermittelt uns aufs neue das Resultat der Konferenz von Spa. 2lber auch Schweres erträgt man, wenn es sich um ein großes Ziel handelt, und es gibt nichts Größeres als die Netttmg der nationalen und wirtschaftlichen Existenz eines Volkes. Lloyd George über die Lags in Europa Die türkische Frage — Lnteatehilfe für Polen bei weiterem Vormarsch der Bolschewisten — Ein« Spa - Konferenz im flohre 1914 hätte den Weltkrieg verhindert. London, 22. Juli. (Eigener Drahtbertcht.) Lloyd George hielt gestern nachmittag im englischen Unterhaus seine große Bede über die allgemeine . L a g e in Europa. Er begann mit der türkischen Frage, indem er di« Ansicht äußerte, daß die Türkei wohl bald den Friedensvertrag unterzeichnen werde, da eS für sie das einzige Mikkel sei, ihr Gebiet zu behalten. Die Entente habe die Griechen mit der Wiederherstellung der Ordnung in Kleinasien und Thrazien beauftragt, die anstatt der hierfür in Aussicht genommenen 15 Tage ihre Aufgabe bereits in 10 Tagen erledigt hätten. lieber Polen führte Lloyd Georg« aus, er habe bereits der Meinung Ausdruck gegeben, daß das jüngste Borgehen der polnischen Regierung ungeschickt und ein Wagestück sei. Er bade dagegen von Anfang an protestiert und auf die peinlichen Folgen hingewiesen. Die einzige Entschuldigung für die Polen liege darin, daß die Bolschewisten sich in die polnischen Angelegenheiten gemischt hätten. Wenn eS ein Fehler der Polen gewesen fei, daß sie versuchten, einen Pufferstaat gegen Cowjelrußland zu bilden, so wäre dies keinesfalls ein Fehler, der ein Todesurteil über den polnischen Staat verdiente. Aus zwei Gründen müßte man Polen, das unabhängig bleiben solle, unterstützen: 1. wegen der in Paris getroffenen Regelung und der Satzungen des Böikerbundes selbst, und 2. da, wenn die Bolschewisten Polen besiegten, Sowjctrußland sich leicht bis an die deutsche Grenze ausdehnen könne. Das würde neue, ungeahnte Schwierigkeiten mit sich bringen und daher seien die Alliierten sich auch einig, gemeinsam Schritte zu unter nehmen, um die Vernichtung Polens zu verhüteir, Die Antwort der Eowjetregierung, die er übrigens für unkorrekt halte, sei ein Dokument, das hauptsächlich für die öffentliche russische Meinung gedacht sei. Soweit er die letzte Note der Sowjetregierung verstehe, sei Moskau bereit, direkt mit Polen über einen Waffenstillstand zu unterhandeln. Aber zwischen den Zeilen könne man lesen, daß Moskau, wie bereits angedeutet, nur mit einer proletarischen pol nischen Regierungzu unterhandeln gedenke. .Wir haben,' fuhr der Premierminister fort, .eine Note nach Moskau geschickt, in der klar auseinandergesetzt wird, daß, wenn Polen um einen Waffenstill stand bittet und diese Bitte nicht erfüllt wird — falls also Rußland seinen Bormarsch forlseht, die Entente, soweit dies in ihrer Macht steht, Polen unterstützen wird. Polen verfügt über Menschenmaterial, yat aber Mangel an Ausrüstung und Organisation.' Schließlich be stätigte Lloyd George noch, daß mit Rücksicht auf die Doppelsinnigkeit der russischen Antwort ernste Nlaßnahmen getroffen worden seren. Den in Reval befindlichen Sowjetvertretern, die sich auf der Reis« nach England befinden, werde mitgeteilt werden, daß sie ihre Reise nach London unterlassen sollten, bis aus Moskau eine zufriedenstellende Antwort eingetrofsen sei. Dann sprach Lloyd George über die Konferenz in Spa. Er erläuterte, man hätte es den Deutschen ermöglicht, eine Begegnung mit den Alliierten in einer etwas ruhigeren Umgebung und Atmosphäre zu haben, wo beiderseits auch daS Temperament etwas kühler sein könnte und man hätte den Eindruck gewonnen, daß der deutsche Reichskanzler SMWM»WWMWWWWMSWWWWSVWWWWMWMWVWSWNS „Das Erwachen zur Politik" Von Robert LArk. .Zacobsohns .Schaubühne' weitet« sich zur .Welkbühne'. Julius B a b, einer ihrer Getreuen, schreitet parallel von der Aeskdettk zur Politik weiter und schreibt sein .Erwachen zur Politik' (Oester held u. Co» Berlin 1920). Umschaltungen dieser Art scheinen heut« un vermeidlich. Es geht eben kaum mehr an, abseits ein geistiges Feld friedlich zu bebauen, wenn ringsum auf den breiten Straßen massenhafte Bewegung, fiebernde Geschäftigkeit eingesetzt hat — das, was man mit vergrößerndem Schlagwort etwa di« Neagesloltuna her Welt nennt. Wo alles auf di« Tribüne drängt, wo die kochst« AuSüruckSform selbst, di« des Dichters, zum Manifest wenden möchte, da muß schließlich auch der Kritiker folgen, derjenige, dessen Amt eigentlich kühl avwägende Objektivität sein sollte. Nun, im Falle Bab darf man glücklicherweise die Bedenken unterdrücken. — Wenn die .sprachkünstlerische Erkennt nis', der Bab so wesentliche Aufschlüsse über die problematlschsten Dinge verdankt, von dem eigenen Bekenntnis nicht ausgesäxfttet wäre: er hätte sicherlich den unbedingt irreführenden Klang eines zu stark oer- brauchlen Wortes beargwöhnt und sein Buch zutreffender: .Das Er- rvachen aus der Politik' benannt. Bab, dem Politiker, mißglückt eS erfreulich, uns von seiner Sen- dui»g zu überzeugen: der Dichter, der Ethiker, der Mensch Bad behauptet unbestritten den Platz. Die Erhöhung der eigenen Persönlichkeit, ihrer Erfahrungen und Fähigkeiten durch wirkenden Millen, die Fruchtbar, machung des Eivzel-LrbenS und -Schaffens für di« friedliche, gewaltlose Gleichberechtigung aller, nicht etwa einer Klass«: dies ist sein Ziel. Der Sprachkünstler Bad wird zweifellos wissen, daß dies blutwenig-mit dem zu tun hat, was bisher Politik hieß und noch immer beißt. Biel eher als an den realen Politiker möchte ich an den philosophischen Diplomaten in Bab glauben, der hier vielleicht nur geschickt unter einer allgemein anerkannten Flagg« segelt. Ls ist kaum anzunekmen, daß er, der die ästhetisch« Bedeutung, den sinnbildlichen Wert so »leler gesellschaftlicher Einrichtungen — vom demokratischen Wahlakt bis zur .Metapher d«S Königtums' — durchschaut, s«in«m eigenen Ausflug iuS Politische ab solute Bedeutung, Wert an sich zubilligen sollte. Nein, diese Prc^asammlung äulius Bao« bat fast nichts vom Gar stigen d«S politischen Liedes. .Ihre üd«rpersönliche, beinahe Kultur, historische Bedeutung liegt tn der zwingenden Art, In welchcr hi«r daS deutsche Geistesleben — soweit «S überhaupt zur Erörterung gestellt werden kann — von d«r Zeit der unbewußten Borbereitung d«< Krieges bis zum Ausbruch der Revolution in einen Etnzelfall projiziert wird. Der deutsche Jude Bach enthüllt sich als -er neutral« Mensch: ber die berüchtigt«« brutalen Aeoßerimgen bet Msttorlstischeu Kastengeistes von Leipziger Tageblatt nab Dr. Stmou«zweteh«enwert»Leute seien, die ihr Bestes eisteten, um den Versailler FriedenSverttag zur Durchführung zu bringen. Sehr wichtige Entscheidungen feien tn Spa getroffen worden, owohl für jedes Land besonders, als auch für die Einheit der Alliierten. Äoyd George wies besonders auf den Schiffsraum hin, der den Alliierten bereits auSgeliefert wurde, ferner auf dl« Kohlenlieferungen. Er sagt«, Deutschland habe sich verpflichtet, monatlich 2 Millionen Tonnen Kohlen an dle Alliierten zu liefern, wovon 1)4 Millionen Tonnen nach Frankreich gehen sollten. Man habe jetzt di« Ueberzeu- gang, daß Deutschland sich ernstlich um di« Frage der Wiedergutmachung kümmer« und versuche, diese Frage zu lösen. Man krag« sich ernsthaft mit dem Plane, eine internationale Anleihe aufzunehmen, um Deutschland in die Lag« zu versehen, seinen Verpflichtungen auch wirklich nachkommen zu können. Di« Sachverständigen würden in den nächsten Wochen diese Frage näher beraten. Bezüglich der Prozesse gegen die KrlegSbek'chllldtL- 1 en sagt Lloyd George, daß in Spa eine Regelung getroffen worden sei, um diese Frage schnellstens endgültig zu erledigen. Me Frage der Entwaffnung wäre eines der schwierigsten Prolüem«. 3n der SchiffayrkSfrage könne man fast keine welkeren Fortschritte mehr erzielen: eS seien nur koch wenige Schiffe und wenig Ntaterial adzuliefern. Alle großen Kriegsschiffe, Unterseeboote und Torpedo jäger seien bereits adgeliefert. Ende September werde alles weitere Kriegsmaterial ausgeliefert fein. 25 000 schwere Geschütze seien be reits vpn Deutschland abgegeben worden. .Die Deutschen besitzen', fuhr der Premierminister fort, .nur noch 6000 Maschinengewehre, eine größere Anzahl Minenwerfer und IX- Millionen Kleinwaffen und MunMon, sowie eine Än^ahl Flugzeuge. Das oeutjcye Peer 'st beinahe auf 200000 Mann herabgesetzt worden. 3n Deutschland sind noch drei Millionen Gewehre, die zunächst auSgeliefcrk werden müssen. Dle Hälfte der bereits ausgelieferten Gewehre ist zer- stö.k worden. Bon den übrigen Gewehren werden wöci-eutlich etwa 1000 vernichtet. 'Es ist aber sonst noch sehr viel Kriegs material in Deutschland vorhanden, besonders Gewehre, die nicht auSgeliefert wurden, da die politischen Parteien in Deutschland sich gegenseitig mißtrauen. Die Alliierten haben die dlotwendigkeit be tont, eine Bekanntmachung herauszugeben, um eine Waffenabgabe dis zum September von Deutschland zu erzielen. Wenn die Konfe renz vo»Spaim3ahre 1S14aogehalteu worden wäre, hätten wir keinen Krieg gehabt.' Die Zoll- und Steuereinnahmen des Reiches Dieser Tage uxurden die Einnahmen des Reiches an Zöllen, Steuern und Gebühren für die ersten elf Monate des Rechnungsjahres 1919, das ist für die Monate April 1919 bis einschließlich Februar 1920, veröffent licht. Nach dem Aeichshaushaltplan für das Rechnungsjahr 1919 erwartete man aus den verschiedenen Einnahmequellen 13)4 Mil liarde Mark. Nach dem Ergebnis der ersten elf Monate wird sich hier ein großes Defizit ergeben. 3n diesem Zeitraum wur den nur 6,85 Milliarden Mark eingenommen, so daß man für das ganze Jahr mit knapp 7)4 Milliarden Mark rechnen kann. Das Rechnungsjahr 1919 wird also mit einem Defizit von fast 5)4 Milliarden Mark abfchließen. Man erhoffte aus den neuen Steuern 9)4 Milliarden Mark, aber hierin lag der große SchStzungsfehler des damaligen Relchsfinanzininisters. Me verschiedenen neuen Steuern kamen erst sehr allmählich ins Fließen und tun dies zum Teil heute noch nicht, wie z. B. das Neichsnotopfer. Beeinträchtigt wurden die Steuereinnahmen auch durch die schwierigen wirlschofl!icl>en Verhältnisse, besonders durch die vielen Streiks und Putschversuche, die beispielsweise auf die Umsatzsteuer und auf die Kohlensteuer stark einschränkend wirken mußten. Im einzelnen dürften die folgenden Angaben über eingegangene Steuern interessieren: ES brachten in'den ersten elf Monaten: die Zölle 851, die Tabaksteuer 19, die Ziga- rektensteuer 231 und der Kriegs aufschlag hierzu 385 Millionen Mark. Aus der Zuckerstcuer wurden 151, aus der Weinsteuer 357, aus -er Biersteuer 125, aus der Abgabe vom Personenver kehr 230 und der vom Güterverkehr 177 Millionen Mark ver einnahmt. Me Kohienstener brachte 1108, die außerordentliche Kriegsabgabe für 1918 1444 Millionen Mark, während die Kriegsabgabe für 1919 und das Reichsnotopfer erst mit 1 resp. 0,9 Millionen Mark gebucht werden. Die Umsatz steuer lieferte 702 Millionen Mark. Ferner kamen aus der Reichspost- und Telegraphenverwaltung 1560 M.uionen Mark auf. Der Stand der schwebenden Schuld am 31. Mai 1920 betrug zusam men 120,7 Milliarden Mark, darunter 101,5 Milliarden Mark diskontierte Schatzanrveifungen und Schatzrvechsel. Waffenfunde bei Hamburg Hamburg, 22. Zull. (Drahtbericht.) 3n ber Angelegenheit der Ham burger Roten Armee erläßt die Polizeibehörde eine Bekannt- mackung, wonach bie Untersuchung keine Sour eines Beweises für bie Richtigkeit der Sensationsmeldung erbracht hat. Dagegen wurde in der NÄx von Hamburg auf dem Gute Pargteheite ein Waffen lager entdeckt, wobei 600 Gewehre, 600 Stahlhelme und 20 Maschinen gewehre beschlagnahmt und nach Hamburg in Sicherheit gebracht wurden. jeher notwendig als Schmerz empfinden mußte; -er enüsehl die immer sichtbarer werdenden ^Spuren der Verwesung' bezeichnet (am Beispiel des sog. Elberfelder MordprvzesseS offenbart sich ihm prophetisch die anbrechende Entwertung olles Menschenleben!); dem, späterhin, die Frohn des Salutierens zur grauenvollen Pose deL Militiarismos erstarrt: und dessen Weisheit letzter Schluß in der Forderung gipfelt, der dumpfen Verwirrung, welch« sich der Gemüter in dec Zeit der Ilebertreibong und Ileberschätzung aller .Errungenschaften' bemächtigt hat, den klaren Ver stand. den ordnenden Willen entgeqenzuhaltcn. Das Zeitalter einer neuen q, ufklSrung soll anstelle derNomantik treten, die seit Napoleon- Sturz die (deutsche) Welt beherrschte. Wenn das, was Bab als .Politik' verkündet, die Wohlfahrt aller bezweckt; so ist darin schon dle Absage auch an den Radikalismus von links einbegriffen, der auf -aS Dogma vom Ktassenkampf gestützt, nur einen Brucht«it der Bevölkerung .erlösen', die Konsumenten durch dl« Produzenten vergewaltigen lassen möchte. Den sprechendsten Beweis für daS Widernatürlich« solchen Strebens findet Bab in ber ihm wohl vertrauten Domäne des Theaters, dessen SoziallsterungSdestcebungen ans Kosten -rs künstlerischen Gedeihens, wie sie hcnvr vielfach betrieben werdem er entschieden ablehnt. Auch von jener großen Menge politisierender Dichter, die das Wort ^Menschheit" gar zu ost im Munde führen, rückt Bab ausdrücklich ad. Bon Shaw hat er di« unpathetisch« Selbstverständlichketk gelernt, trotz .unabgeblcndeten Menschheitsblimes bei seinem Volke za sieben', .Ich bin', ruft er aus, in einem durchaus leidenschaftlich»!: Sinne Deutscher!' — Wir wissen cs bester: Bad ist dennoch vor allem Mensch. Wie sein .^ordnender Wille', sein« Vernunft den Mehr-alS-Politiker in ihm wider Willen offenbart«, so straft hier daS überströmende Gefühl die beabsichtiglo nationale Begrenzung Lügen. Zum zweiten Male, auf einem andern Weg« verwickelt sich Bad in den Widerspruch, d«r sein« Gesinnung so liebenswert, sein Buätso anziehend macht: er tritt dem ^unpolitischen Politiker' (Thomas Mann) und besten gefühlsmäßiger Bewertung der Kultur als überzeugter Anwalt d«r Ztvtltsation und des sie lenkenden Geistes entgegen — und kann es doch nicht ver. meiden, daß seine eigen« bewußte Logik immer wieder tn leidenschaft liches Empfinden uarschtägl. Das merkwürdig« Ergebnis dieser Be- ariffsverwlrrung ist die starke, aber mittelbare Wirkung des Buche-, kessen ergiebigst« Lehren man zwischen den Zeilen lesen mag. Di, umfassenden Betrachtungen d«S Bande« verengen sich zuletzt zur klaren parteipolitischen Stellungnahme: wenn Bab aber das Ziel d«S gesamten zivilisatorischen Handelns darin sieht, daß nicht mehr das llcbergcwichk der vyrherrschenden Kürperkräfi«, sondern die friedliche Mehrheit entscheiden möge, so hat auch diese Formel für ihn zu nächst sinnbildlichen Wert. S«Ine betont demokratisch« Einstellung ist mehr als politisches Bekenntnis.- er sieht in ihr geradezu di« Rettung vor der Gewalt; fia wirb ihm zwn Gleichnis für -t« -roße Algeareiu- Domrerstag, rr. MV Festnahme Bela Khuns in Swinemünde Der LronSportüampser «Li-boa', der gestern vormittag Stettin mit etwa 1000 AuStauschgesangenen an Bord zu einer Fahrt nach Rußland verlass«: hat, ist auf der Reede von Swinemünde von mehreren Torpedo booten angehallen worden. An Bord des Schifte- befanden sich auch Bela Khun, Levin-München und mehrere andere Kommunisten. Mef« wurden festgenommen, aus ein Torpedoboot gebracht und nasch Stettin transpor tiert. Auf der KommandosteUe -es Durchgangslagers In Swinemünde be- strettet man, daß es sich um eine Verhaftung handelt, man weiß aber nicht aus welchem Grunde das Schiff angohalten worden ist und weShaib Bela Khun nach Stettin zurückttansportiert worden ist. Auch ist dort nichts davon bekannt, daß die übrigen Passagiere der .Lisboa' in dem Durchgangslager interniert werden sollen. Von zuständiger Stelle wird zu den Vorgängen mitgeteilt: Die Sster- reichttzch« Regierung steht mit Sowjetrußland in Verhandlungen üb« den Austausch der delderseit gen Kriegsgefangenen. Sie hat daher vor kurzem die Reichsrcgierung ersucht, die noch in Oesterreich Inter nierten Kriegsgefangenen Rusten durch Deutschland nach Rußland mrück- befördern zu dürfen. Die deutsche Regierung hat ihre Zustimmung dazu erteilt. Nunmehr st ein Transport von 108 Männern and 8 Frauen über Bodenbach nach Stettin geführt worden. Dort machte der öster reichische Offizier, der den Transport führte, di« Mitteilung daß sich hochpolitische Persönlichkeiten bei dem Transport befSnden. Schon vor her war durch das österreichische Korrespondenzbureau verbreitet worden, daß Bela Khun mit mehreren Begleitern nach Deutschland abgeschohen worden sei. Da die deutsche Regierung auf eine gelegentliche Anfrage des österreichischen Gesandten in Berlin ausdrücklich erklärt hakte, daß ihre Zustimmung sich nur auf den Durchgangstransport von Kriegs gefangenen bezöae und sie cs grundsätzlich nicht gestatten könnte, baß andere Personen, insbesondere politisch Verfolgt« wie Beta Khun, dem Transport angelcklossen würden, musste -er Transport in Stettin an gehalten werden. Najch den Regeln des Völkerrechts war der unter österreichischer Leitung und Bewaffnung stehende Transport als exterri torial an,urschen. Eine Aussonderung der poetischen Persönlichkeiten von den Kriegsgefangenen stand deb-er der deutschen Behörde nicht zu, viel mehr mußte der ganze Transport, weil «r gegen di«? Vereinbarung zu- sammenaestellt war. nackOesterre'ch znrückgeletket werden. Die Rückführung des Transportes ist bereits im Gange. Dle deutsche Regierung bedauert, daß insvlqe des Vorgehens der österreichisch«» Re gierung die Heimkehr der russischen Krieasgefanenen verzögert wird: ste wird di« Heimkehr dieser Gefangenen mit größter Beschleunigung de- wirken, sobald die österreichische Negierung Ihr nachweist, baß der er neute Transport der Vereinbarung entspricht. Das .Neue Wiener Journal' berichtet aus Budapest: Heute hak sich der ungarische Geschäftsträger in Wien zum Staats sekretär für Aeußeres Dr. Renner begeben, nm ihm im Auftrage seiner Regierung mündlich folgende Mitteilung zu machen: Die ungarische Re gierung hat mit Entrüstung davon Kenntnis erlangt, daß Beka Kbnn auf Verlangen der russischen Sowjetregierung die Abr«ffe ermög licht wurde. Dr. Nenner wies in seiner Anttvork darauf hin. daß sich die österreichische Regierung in einer Zwangslage befand, und daß «S anders nicht gelungen wäre, die österreichischen Kriegsgefangenen aus der russischen Kr'egsgefangensschaft zu befreien. Abtretung deutscher Ortschaften der Ostmark trotz der Abstimmung? Marienwerder, 22. Juli. (Eigener Drahtbertcht.) Der von der interalliierten Kommission in Marienwerder an den Obersten Rat in Paris erstattete Bericht soll, nach polnischen Aussagen, den Vorschlag ent halten, der polnischen Staatshoheit mehrere Ortschaften sowie einen etwa 50 Meter breitenStreisen längs der Grenze der 40 Kilometer langen Stromstreck« der Weichsel zu unterstell«». Die Angliederung eines Gebietsstrcifens vom östlichen Weichselufer au Polen würde jedoch Ostpreußen den ihm vertraglich zugesicherten Zugang zur Weichsel abschneiden, und an die Stelle der Lage eines llferstaates würde die Abhängigkeit von der polnischen Regierung treten. Auch würde selbst ein so schmaler Afcrstreisen an verschiedenen Stellen auf den Weichseldamm übergreif«» und den einheitlich geregelten Hochwafserschuh aufs äußerste gefährden. Es scheint, als ob die Volks abstimmung in der Ostmark nur als eine Vergewaltigung diese« deutschen Landes angesehen werden muß, und es gibt kein« rechtliche oder vertragliche Grundlage für neue polnische Geb'stsfordernngen. Die Kund gebungen, dle heute in den bedrohten M-eichseld-rsern skattfinden, können leicht zu einer ernstlichen Erhebnng führen, wenn bas von den alliierten nnd assoziierten Mächten feierlich vrrkt-ndek-r Selbstbestimmungs recht trotz -er Volksabstimmung der polnischen Gewaltpolitik geopfert werden sollte. Fluanzmlnister Dr. Neinhold wird sich, wle wir hören, am näch sten Sonnabend nach Zittau begeben, um wegen -er Frage der Er schließung der Kohlenfelder und der Baobeschränkung für Zittau mit den städtischen Behörden Fühlung zu nehmen. Am Montag sollen Hirschfelde und OIb«rSdorf besichtigt werden. (Z lieber eine Unterredung mit dem ehemaligen deutschen Kron prinzen berichtet .Chicago Tribüne': Der Kronzinz ecklärke es für unter seiner Würde, zu fliehen. Er sei überzeugt, in einiger Zeit mit Za- siimmung der Entente die Freiheit wieder zu erringest. Er hab« niemals sein Ehrenwort gegeben, nicht zu fliehen. Er werde auch nicht überwacht; sondern stehe unter dem Schutz d«S Bürgermeister-. bewegung der neuen Aufklärung, welche di« vernünftige UederK-uwg völlig durch werbende Lieve ersehen möchte. Arthur Nlkisch tn England. Das Berliner PHNHarm o»ksch« Orchester ist von englischer Seite aufgefordert worden, mtt Arthur Niktsch ftn September oder Oktober, spätestens im nächsten Frühfahr. eine Reihe von Konzrrten in England zu veranstalten. Wie Äe Berliner Zeitungen melden, waren eS besonder- die großen Festkonzert« des Orchesters in Skandinavien im Frühjahr d. 3., die erneut dk Auf merksamkeit auf Arthur Nlkisch lenkten, der sich in London vor dem Kriege außerordentlicher Beliebheit erfreute. Das kostspielig« Unter nehmen soll von englischer Seite auch finanziell unterstützt werden. Chemnitzer Orgelkonzert. Der Organist an der Paull-Ktrche tu Chemnitz, Engen Richter, wird im Laufe von fünf Wochen — von End« August bis Anfang Oktober d. 3. — in 12 Konzert«« einen linder bl ick über die gesamte Entwickelung der i n - undousländischen Orgelmusik bieten und damit zugleich dle Entwickelung ihrer gebräuchlich«» Formen vorführen. DaS Unterneh men, daS im ganzen 60 Orgelwerke einschliehen wird, ist offenbar da erste der Art, wie es auch das erstemal sein dürfte, daß e« einem Nicht geistlichen in einer evangelischen Kirch« gestattet worden ist, zu den musi kalischen Vorführungen mündliche Erläuterungen zu bieten. Amtsentsetzung eine« .Heidelberger Prlvakdozeuten. Dem Privat dezenten der Ph'tosovhie an -er Universität Heidelberg Dr. Arnold Nuge ist durch das Badische «-Ministerium die Venm lexeocll entzogen worden. Dr. Rüge hatte bereits in den letzten 3ahr«« vor d«m Kriege durch schroffe Aeußerungvn seiner politischen und sozialpolitischen An schauungen mehrfach Anstoß gegeben. Er wandte sich mit Heftigkeit gegen die modern« Frauenl>eivegnnq, -ie er als .da- Werk einig« hysterischer 3üdinnen" bezeichnet haben soll. Selk der Beendigung dr« Krieges hak Rüge aus seinen schroffen nationalistischen und anti semitischen Ansichten niemals ein Hehl gemacht. Bei einer öffentUchea Versammlung von Bürgern umd Studenten, die am 22. November 1919 auf dem Ludiolgsplatz in Heidelberg statlsanb, fordert« er, wl« die .Voss. Ztg.' berichtet, die deutsch« Slu-enkrnschast in schärfsten AoSdrLcken z« theoretischen und praktischen Betätigung antik «wltlfchvr Gesin nungen auf waS damals auch in nichtliberalen Kreisen vielfach Anstoß erregte. Aus die Beschwerde der .Heidelberger Arbeitsgemeinschaft zur Mwehr des Antisemitismus und des israelMscyen Obern^nslswrmms n» Karlsruhe leitete das badische Ministerium gegen Nng« ein Disziplinar verfahren ein, las jetzt, wie es scheint unter Zustimmung d«S akademi schen Senates, zu seiner Entfernung vom Lehramt geführt hat; db« Au- nünbigung von Vorlesung«» für dos Wintersemester ist Dr. Ruge-M« der Univ«stM nicht mehr gestattet worbe».
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