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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.06.1920
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1920-06-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19200617011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1920061701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1920061701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-06
- Tag 1920-06-17
-
Monat
1920-06
-
Jahr
1920
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Morgen - Ausgabe »»t o„,ri» «auch ia-j Ho»«8«dloch>, Sonntagsat«Ai»r,<nau4ä7.b«, »»»att.'iüi. 10.—, »i»rt»lI2hri,M.gö.—; lur ^tdh»l»k monotl.M.va.ü. Durch unser« o»t»4Ntg«azkillaI»n irrt Haos «rdrochl monoN.M.10.—, »tert«l ahrl. Ak 3Ü—: durch »I« Post loxrstald Bialschlon»« Drsamt-Aol-ad« rnrmatt. V. 7Lst, ,I.rt«Is«drlIch M.L2.20, Morg.i-Aolg-d« M.S—. -Ildond-Bul. gas« M.LLU, Soanlagl-Aosgad« M. 1.— monatlich (aosschlirhltch Poft- i«il«llg«dttzr).Aotland<»«rIond: monatl. M. M—».Drochsachrn-Porl», yt»1»io»«»«k»: M»r,<a-B»1qad« 30 Pt.. Bd«ad-Ao1gad« »0 Pt< Sonotagt-Aotgad« <0 Ps. Harrptschrtflletter: Dr. Erlcb Evetth, Leipzig. Rr. L7S HandeLs-ZeUung ^ttnisblatt des Rares und des pvUzetarntes der Stadt tetpzis 114. Jahrgang Anzeigenpreis: Ä?. 2.L >: Anzeigen oon S«di>rd«n Im amtlich«, Teil di, Aonpar«iU«z«ile Ai.LLr, o.,a«i».M.2.—: i»i«ia« Anz«tg«a at«A»npar«l «z«i»«M 1.4V. von aatmLrl« Mir. 1.20. Dolchafttoozolgon mi« Ploi,»»rlchr>si«n lm Pr«,'« erdthi. Platz and vai«n»orichrl>t »dn« Derdlntzllchtzeii. Beilagrnpr«»« sitr di« <S«lamtaoslag« »«4 Taos«n» Mir. 11.— n«ito, sSr Leiiaasiag« das Taolead Md 12.— »eil», sür Postaaslaa« Posigedtidr «ztra. -«r»ipr«ch.Anichlotz-?lr.14ll»r. >4»«» un» ttt>zr. — PostichechdonroiiS«. Schriftleilaag and »«IchSstsftelle: 2»l»a>nI4,asi« A«. S» Verlag: Dr. Reinhold L Co- Leipzig. Donnerstag, den 17. 3uni 1920 Dr. Mllyer-KWmeil Reichskanzler Ein Kabinett der Mitte Zentrum und Demokraten sollen di« Regierung bUden Berlin, 16. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Dr. Trim- bora Hal, wie wir kören, dem Reichspräsidenten Ebert den Rat erteilt, Kvn deutschen Geschc^slröger in Pari«, Dr. Mayer-Kaukdearen, mit der Reabildnag des Kabinetts zu beauftragen. Der Reichspräsident hat diesen Rat anoenommcn. Herr Dr. Mayer-Kansbeuren, der als Abg. der Bayrischen Volkspartei in den neuen Reichstag wiedergewählt ist, soll auf Grund eines Programms seine Mitarbeiter auSwählen. Wie wir zuverlässig hören, ist bereits ein« Liste von Männern, die zum Eintritt in ein solches Kabinett ausgesordert werden st-Lr», zuiammengestelit; daraus steht auch ein Kandidat der Deutschen BoibSpartei. Diese Liste hat natürlich nur aebea- sechlichen Werl, da erst auf Grund eines festen Programms deS neuen Mannes die geeigneten Mitarbeiter zum Eintritt in das Kabinett auf- gefordert werden können. Berlin, 16. Juni. (Drahtbericht unserer Berliner Schrislleit« ng.) Der Block der Mitte, den Herr Trimborn zuletzt angestrebt hatte, ist nicht gescheitert, sondern wird allerdings nur auS Zentrum und Demokraten bestehen, weil Dr. Heinze den ihm angeborenen Posten des Instizminisiers abgelehal hat. Immerhin dockte, wie wir hören, die Deutsche Dolkspartei dem Block der Milte ihre parlamentarische Unterstützung nicht entziehen, sowie sein Programm nicht ihren eigenen Grundsätzen zuwiderläust. Man Kana mit Sicherheit an nehmen, -ah Dr. Mayer der Reichskanzler des neuen Kabinetts sei« wild, und datz das Kabinett, neben Demokraten- und ZentrumSparlamen- tariern, aus politisch neutralen Fachmännern bestehen wird. * Berlin, IC Juni. (Drahtbericht unserer Berliner Schriftleltung.) Zwei Versionen liefen um die Mittagsstunde dvrch die Wandelgänge deS Reichstages und deS Abgeordnetenhauses, wo es immer Leute gibt, die angeblich alles wissen und über die Zu sammenhänge orientiert sind. AuS dem Optimismus der ZentcumSleute, welche verlauten lietzrn, datz Herr Trimborn in der NochmittagS- Frakttonssitzung des Zentrums, die um L Uhr beginnen sollte, bereits e'.n« fettige Ministerliste vorlegn wollte, schlossen die einen auf einen Block -er Milte — Zentrum, Demokraten und Deutsch« Volks. Partei — unter wohlwollender Neutralität der Sozialdemokraten, die anderen auf eine Wiederkehr der alten Koalition. Tat. sächlich haorn heute vormittag gar keine bindenden Verhand lungen stattgefunden, und nur die ein» Tatsache kann man fest stellen, datz der deutsche Geschäftsträger Dr. Mayer. Kaufbeuren, der detanntlich der Bayrischen Volkspartei angehört und sich lebhaft bemüht, die Bayrische Volkspartei immer mehr in den Vordergrund der politischen Bühne zu schieben, jetzt als der kommende Mann genannt wird. Vorläufig aber — und das erscheint onS als das Wichtigste — ist zu betonen, datz es sich noch gar nicht um Personen fragen handelt, unddatznochgar keineBasiSsürein Kabi nett vorhanden ist. Dr. Mayer nimmt de« Kanzlerposten an Berit», 16. Juni. (Drahtbericht »aserer Berliner Schriftleltung.) 11LV Uhr abends. Gemätz de» gestrige» Vor schlag» der Demokrat«», dl« Reglenmg nicht wieder im Kuhhandel der Parteien gewifsermatzen zwischen den Fraktion«, auSzuknobeln, hat sich heut« Trimdor » lm Einvernehmen mit seiner Fraktion dazu ent schlossen, de« Reichspräsidenten einen Kanzler »orzvschlage». Da Fehrenbach keine Neigung gehabt hat, den ihm a»getragenen Posten zu übernehmen, hat Trimborn Dr. Mayer- Kaufbeuren, den der zeitigen deutschen Geschäftsträger in Paris, vorgcschlagen, besten Einver- ständniS pch die Fraktion durch vorherig« Rücksprache gesichert hatte. Der Reichspräsident hat Uesem Vorschlag zugefiimmt und Herrn Dr. Mayer auch seinerseits telegraphisch gefragt» ob er bereit sei, das Amt zu übernehmen. Die Antwort Dr. MayerS traf in der 11. Abendstunde in Berti, ein, wie wir hären, in zu stimmen dem Si«««. Die offiziell« Ernennung MayerS zum deut schen Reichskanzler dürfte somit »och in dieser Nacht voüzoge» werden. Die Wahl Dr. MayerS hat versOedene Beweggründe gehabt. Ein mal auhenpolitisch: denn der Schwerpunkt der Aufgaben deS neuen Kabinetts wird in Spa liegen, und in dieser Hinsicht hat sich Dr. Mayer während seiner kurzen Pariser Tätigkeit ganz antzerordent- lich bewährt. Spa ist ja der eigentlich« Zweck d«S Kabinetts, and seine Lebensdauer dürste nach allem, was man sieht und hört, mir wenig über die Tage der Konferenz htnaaSgehen. Anderseits inaerpolitischr denn es war klar, datz man in der gegenwärtigen Atuaiion nur einen Süddeutschen ols Reichskanzler ernennen konnte, am besten einen Bayern, un- es kifft sich ganz ausgezeichnet, datz dieser zugleich ein Abgeordneter der Bayrischen Volkspartei ist un- somit seine Fraktion durch diesen ersten Vertrauensmann an das neue Kabinett g Kunden ist. Dr. Mayer dürste noch heute abend Paris ver lasse, habe» und im Lause deS morgigen TageS in Bersin eivtreffen. ist Reichskanzler Mayer — das ist vorläufig der erste Schritt zur Lösung -er überaus schwierigen Situation, die in ihrer kritischen Verworrenheit un- gefährlichen Unsicherheit im Volke noch gar nicht ge nügend verstanden wird. Natürlich ist die Krise mit der Ernennung -es Reichskanzlers noch nicht behoben. Im Gegenteil, Lie eigentliche- Schwierigkeiten fangen erst an. An sich ist die Basis auch bei Hinzntritt -er Deutschen Volkspattei schon recht schmal, un- es wir- schwer sein, die Sozialdemokraten un- -ie Deutschnatwnalen zu einer wohlwollenden oder zum mindesten zurückhaltenden Neutralität zu veranlassen. Ferner: wenn Zwei verschiedene Ziele Haden, aber eine Wegstrecke gemeinsam, so können sie leicht eine Zeitlang miteinander wandern. Menn zwei ober im Grunde dasselbe erreichen wollen, aber über die Wege, die zum Ziele führen, verschiedener Ansicht sind, so ist es schwer für sie, zusammen, zugehen. Dte Meinungen namenklich hinsichtlich -er für uns notwendigen Außenpolitik sind zwischen Demokraten und Deutscher Volkspartei ,cun-verschieden, und die Demokratische Partei, die sich in diesen Dingen >n Uebereinst mmung mit dem Zentrum befindet, ist nicht in der Lage, in diesem Punkte von ihrer Auffassung über das, waS zu geschehen hat, ab. zuweichen. Dr. Trimborn hat heate mit dem Frakttonsvorsitzenden der Deutschen Volkspartei Dr. Heinze eine unverbindlich« Besprechung gepslogen und ihm daSIustizministerium angedoten. Heinze hat ab - gelehnt, da das Angebot nur an ihn persönlich ergangen sei und d« Fraktion erst «inen offiziellen Antrag zum Eintritt ins Kabinett erhalten müßte. Die Deutsche Volkspartei steht übrigens auf dem Standpunkt«, daß ein« solche Aufforderung gar nicht nölig sei. Sie wolle gar keine Persönlichkeiten ins Kabinett delegieren, und eS käme ihr im Grund« mir auf das Programm des neuen Kabinetts an, von -em es ihre Zu stimmung oder Ablehnung der Regierung abhängig machen pürde. In sofern besteht llebereinskmmung zwischen Zentrum und Volkspartei, als die Deutsch« Volkspartei eventuell durch Fach Minister ihres Ver trauens im Kabinett verkelen sein wird. Dr. Trimborn bat auch mit -em Fraktionsvorsitzenden -er Demokaken, Senator Petersen, eine Besprechung gehabt, wobei er eine fast fertige Mini st erliste vorlegle. Petersen hat ihm erwidert, -aß für -ie Demokratische Partei allein -ie sachlichen Prog r a m m p un kt« -es neue« Kabinetts ausschlaggebend seien. Er hat des weiteren -ie Stellungnahme -er demokratischen Fraktion ausoinandergesetzk, über di« wir au anderer Stelle berichtet Haden. I» pÄltischen Kreksen hält man dafür, -atz die Sozialdemo kraten ebenfalls ähnlich wie di« Deutsche Volkspartei wohl «inen Fach mi nister ihres Vertrauens Im Kob nett belassen könnten. Es wäre dabei an -en bisherigen ReichSverkehrsmin.ster Bauer zu denken, -er ja zu -en Beamten gerechnet werden kann, di« nach dem Beschluß der sozialdemokratischen Frakton auf ihren Posten verharren sollen. Im übrigen wird Werk darauf gelegt, daß Dr. Mayer, der morgen wahrscheinlich an Stelle von Trimborn die Verhandlungen über nehmen wird, völlig freie HanL für die Bildung seines Kabinetts erhält und natürlich lm Sinn« der bisher von Trimborn geleisteten Vor arbeit weiter tätig sein dürfte. Heber die Stellung derBaye. rischen Volkspartei zum Zentrum wird gesagt, daß die Bayrische Volkspartei dem neuen Kabinett selbstverständlich nicht ablehnend gegen überstehe, daß aber von ihrem Ausgehen etwa lm Zentrum oder einem engen Anschluß an -ie alte Partei keine Rede sein könne. Das «ene sächsische Wahlgesetz Einteilung Sachsens in 10 Wahlkreise. H Dresden. 16. Juni. (Drahtbericht unserer Dresdner Schriftleltung.) Wie wir hören, wird die für Ende dieser Woche zu erwartende Regierungsvorlage über das neue sächsische Wa h l - geseh »in gegenüber der Wahl zum Reichstag wesentlich verändertes Verfahre» vorschlagen. Zunächst Ist »in« veränderte Ab grenzung -er Wahlkreis« vorgesehen, und zwar derart, datz Sachsen in 10 Wahlkreis« eingekeilt werden soll. Dies« E nkeilong wüv-e dem von -er ReichSregierung seinerzeit für die Wahlen zam Reichstag ausaearbeilelen Entwurf L entsprechen. Die neuen sächsischen Wahlkreis« sollen sich folgendermaßen zusammensetzen: Der 1. Wahl kreis umfaßt die KreiShauptmannichasten Bautzen mtt -en Städten Bautzen und Zittau; 2. Wahlkreis Stadt Dresden, L. Wahlkreis AmtShauptmannschafteu Pirna. Dippoldiswalde, Freiberg mit Stadt Arci-erg, DreSden-A., DreSden-N., 4. Wahlkreis AmlshauptMann schaften Großenhain, Meißen mit Stadt, Döbeln, Oschatz, 5. Wahlkreis: Stadt Leipzig, 6. Wahlkreis: AmtShauptmannschaskn Leipzig- Land, Grimma, Dorna und Rochlitz, 7. Wahlkreis: Stadt Chemnitz, AmtShauptmannschaflen Chemnitz und Flöha, 8. Wahlkreis Amtshaupt- monnschcrften Marienberg, Annobera, Schwarzenberg, g. Wahlkreis: Stadt Zwickau, AmtSbaupttnannschast Zwickau, Glaucha», Skollbera; 10. Wahlkreis: Stadt Plauen, Amtshauptmannschott Plauen, Auerbach, Oelsnlh. Die Zahl der Abgeordneten soll wie bisher SS be tragen, die aas Wahlkreis- und LandeSkisten gewählt werden. Dte Lrmtttelungder Mandate soll folgendermaßen geschehen: Die in den 10 Wahlkreisen insgesamt, »nd zwar auf di« Listen kämt- sicher Partien abgegebenen Stimmen werden zusammengezähtt und di« Endsumme durch 96 «teilt. Dann gelten zunächst als gewählt sovtel Kandidaten der einzelnen Parteien, wievielmal die betrefsend« Partei im Wahlkreise den Quotienten erfüllt hat. Di« übriableibenden Stimmen werden dann auf die Lan - e 4 iist « abgegeben. Die Ver teilung der Mandat« a»f Grund der für dt» LondeSUP» -»- sammenkommenden Stimmenzahlen geschieht dann, indem dte von sämt lichen Parteien auf die Landesliste abgegebene Gesamtsttmmenzahl geteilt wird durch dl« Zahl der bet den Wahlen im Wahlkreise nicht erledigten Mandate, d. y., wenn in den Wahlkreisen beispielsweise nur insgesamt 50 Abgeordnete gewählt worden sind, dann bleiben 46 nicht erledigte Mandate üdria un- dte Gesamtstimmenzahl der LandeSüst« wird durch dies« Zahl, also Lurch 46, geteilt- Die Vorbesprechung für Soa NrriS, 16. Juni. (Drahtbericht^) Die Kon fersen» tn Boutogne-sur-Mer zwischen Mlllerand und Lloyd Grorg« zur Vorbesprechung kür Spa wir- nächsten Montag de- ginnen und dis Dienstag mittag dauern. Der Finanzmtnistor FrangotS Mars al, Marschall Foch und General Weygaad werden daran ieilnehmen. tt * * Beesiau, 16. Iunk (Eigener Drahtbvrtchl) Wie -er «Oberschleflsche Wanderer' erfährt, ist die Note, welch« di« Polen an Millerand behufs Teilnahme an der Koi. serenzvon Spa ge richtet haben, noch nicht beantwortet. England und Italien verhalten sich ablehnend; Italien behauptet, -atz Polen in Spa alS Störenfried wirken »nd den Zweck der Konferenz vereiteln würde. Das endgültige Kabinett Giolitti N»m, 16. I»»t. (Agenzla Stefant.) Da« neu« Kabinett hat sich wie folgt gebildet: Giolitti, Ministerpräsideuk »»- Innere«; Sjorza, Auswärtige«; Rossi, Kolonien; Fern, Justiz; Tedesco» Fiaauze»; Meda. Schah; Bouoml, Krieg; Secchi» Matt»«; Troer, Unterricht; P«»»y, öffenilich« Arbeite»; Micheli, La»d- wirtschaft; Alessia, Industrie; Pa S c u ai i» o-V a s f a i», Post; Naiueri, befreite Gebiet«; Labrlyl», Arbeit. Dte Mtaißer habe» de« König -»» Ei- geleistet. Die Koalitionskrife in Oesterreich (Von unserem Wiener Mitarbeiter.) Die Koalitignskrlse ln Oesterreich bestand schon seit Wochen ini geheimen. Trotzdem überraschte der Ausbruch, und er ist — das Karin man wohl sagen — gegen den Willen der führenden Kreise in beiden Koalitionslagern gekommen. Wohl hatten sich in grundlegenden Fragen, so in der Frage der Vermögensabgabe, der Verfassungsfrage und endlich auch hinsichtlich der neuen Wehrmacht, ernste Meinungsverschiedenheiten zwischen den bei den KoaiitionSparteien, den Sozialdemokraten und den Christlich sozialen, eingestellt. Die legislatorische Behandlung namentlich der beiden ersten Fragen nahm daher einen überaus schleppenden Verlauf, und der jüngste Reichsarbeiterlag hatte bereits den sozialdemokratischen Mitgliedern der Regierung ein Ultimatum dahin gestellt, daß sie aus der Regierung auszutreten hätten, wenn die Vermögensabgabe nach den Mindestforderungen der Sozial- dcmokratisct-en Partei nicht vor den Sommerferien erledigt wäre. Aber es waren schon Kompromißverhandlungen eingeleitek, die einen ganz befriedigenden Verlauf nahmen, und man war eigent lich in allen wesentlichen Punkten bereits zu einer Einigung ge langt, als plötzlich über einer ganz anderen Frage das Unwetter losbrach. In erster Reihe muß man in dem Krisenausbruch eine Rück wirkung der deutschen Reichstagswahlen erblicken. Durch sie wurde eben die Stimmung in beiden Lagern, besonders aber bei der Sozialdemokratie, sehr gereizt. Der Anstoß der Krise ging von keiner der beiden Koalilionsparteien, sondern von den in Opposition befindlichen Großdeutschen aus. Der Staats sekretär für Heerwesen hatte jüngst einen Erlaß über dl» Bildung und die Aufgaben der Soldatenrate der neuen Wehrmacht her ausgegeben. Der Tiroler großdeutsche Abgeordnete Sepp Slraff- ner brachte nun in der Nationalversammlung diese Angelegenheit zu einer dringenden Anfrage an den Staalskanzler zur Sprache, indem er Len Erlaß des Staatssekretärs Deutsch als ungesetzlich bezeichnete, da nach dem klaren Wortlaut des Wehrgesehes dieser Erlaß nur von der Staaksregierung, d. h von der Gejsmlheit der Staatssekretäre herausgegeben werden durfte. Nachdem diese Angelegenheit einmal zur Sprache gebracht war, mußten nun auch die Lhristiichsozialen Farbe bekennen, und sie taten es, indem sie sich glatt auf den Standpunkt der Grotz- deutschen stellten. Noch ehe der Erlaß des Staatssekretärs Deutsch das Licht der Oeffenllichkeit erblickt hatte, hatte der chrlstlichsoziale Ilnterstaalssekrelär für Heerwesen Waiß mündlich un- schriftlich seinen Protest gegen den Erlaß eingelegt. Ader auch über diese Streitfrage war man innerhalb der Koalition eigentlich schon zu einem Kompromiß gekommen. Danach sollte die Verfügung des Staatssekretärs Deutsch aufrechlerhalken bleiben, aber die Wahlen zu den Soldatenräten vertagt werden. Es war nun ein kritisches Zusammenkrefsen, daß der Mann, der für die Christlichsozialen die KompromiHoerhandlungen geführt un- alle Fäden in Händen hatte, Professor Seipel, vor einigen Tagen durch einen Sturz von der Straßenbahn sich verletzt hatte und der Sitzung der Nationalversammlung nicht beiwohnen konnte. Von sozialdemokratischer Seile wurde die Stel lungnahme der Lhristiichsozialen als Illoyalität empfunden, und so kam es zu der provozierenden Aeußerung des Sozialisten Leuthner, daß die Lhristiichsozialen ja immer Gegner der Sol datenräte gewesen seien und nur unter den Drohungen der So zialdemokratie und unter dem Eindruck des Kapp-Pulsches, der sich gerade zur Zeit der Verhandlung über das Wehrgesetz er eignet hatte, zusammengeknickt seien und das Wehrgesetz mit den Soldatenräten geschluckt hätten. Sofort erklärte der Lhristltch- soziale Kurschak, unter dem stürmischen Beifall seiner Gesinnungs genossen und der Großdeutschen, in den dann auch die Sozial demokraten demonstrativ einstimmlen, datz, wenn diese Erklärung Leuthners der Standpunkt der Sozialdemokratischen Partei sai, die Koalition noch heute aufgehört habe zu bestehen. . Sofort nach der Erklärung Leuthners begaben sich di« chrifi- lichsozialen Parteiobmänner Vizekanzler Fink und Dr. Weiß kirchner zu -en Obmännern der Sozialdemokratischen Partei, Dr. Friedrich Adler und Dr. Otto Bauer, mit der Frage, ob sich die Sozialdemokratische Partei mit der Aeußerung Leuthners identifiziere. Die Antwort lautete, daß dies nicht der Fall sei, lind die Krise hätte noch in diesem Augenblick beigelegt werden können. Aber man wollte noch ein übriges tun, und aus Wunsch des Staatskanzlers Renner, Bauers, Skarets und der Gewerk schaftsführer sollte diese Erklärung des Parteivorstandes oon der Partei selbst bekräftigt werden. In die spät Abends etnberufen« Parlelsitzung platzten jedoch die Grazer Genossen htnein, di« über die Grazer Vorgänge aufs äußerste erregt waren, und di« Stimmung schlug plötzlich nm. Ls erfolgte der Beschluß, datz die sozialdemokratischen Vertreter aus der Regierung auszutreten hätten, worauf natürlich nichts weiter übrig blieb, als -ie Ge samtdemission des Kabinetts. So war also di« Koalitionskrise doch noch akut geworden. Wird die Koalition noch einmal geflickt werden, zum dritten Mak«? Ts wird diesmal nicht so leicht sein, weil die Sozial demokraten erklären, sie mühten jetzt aus der Forderung beharren datz der Erlab des Staatssekretärs Deutsch als gesetzmäßig aner kannt werde, während die Lhristlichsozialen erklären, daß er nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes gesetzwidrig sei. Daß die bei den bürgerlichen Parteien die Regierung übernehmen, erschein! ausgeschlossen. Ebenso daß die Sozialdemokraten allein die Re gierung übernehmen könnten. Wenn also kein Ausweg gesunde, wird, bleibt nichts anderes übrig, als eine Beamtenregierung au< Sekttonschefs zu ernennen, ein Auskunftsmittel, zu dem man ii der kaiserlichen Zell ja nicht selten gegriffen hat. Aber feltdc:.
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