Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.06.1920
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1920-06-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19200611023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1920061102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1920061102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-06
- Tag 1920-06-11
-
Monat
1920-06
-
Jahr
1920
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
ISA) «Nif INS. hanft«) »«« F-l»«. >«r. .. Ad«nr ?chla»«t»r . D«b>«r r- . Llidmana I l. Rlkla« vo» Hn-o I Mi»»a<t«r. I Ietl«.«»« I .Ecklagtler M >. «ngst M >r. Dkkykr d. Radv>ko g«g«> lö. * Dl« H«lrol ! d Schiller- ltz n« lS2y 'ÄL »er. «ch. ; Jak« x>t» mlt „aer«- schloss), »ünlcvt, unter IchLslS- Nr. 267 Freitag, den H. Juni Verlag: Dr. Reinhold L Eo^ Leipzig tzauptschrtf Netter: Dr. Lverth, Leipzig 1920 Eine Regierungskrise in Oesterreich Dor dem Rücktritt Neuners Wie». 11. Saal. fDrahtberlcht.) Di« .Pol. Korr.' veröffeaMch! spät oachtS ein parlelamtticheS Kommunique, in dem et heiht: Di« Krlsit l» der Koalition ist durch die Vorgänge in der heutigen Sitzung der Ratloualoersammluug wesentlich verschärft worden. Eine christlich-soziale Gruppe der dentschcn Koalition ist gegen den Staatssekretär für HeereSwesea anfgetreten and hat die Forderung aus gestellt. daß die Vertrauensmänner der Soldaten zurückgezogen werden. Der christlich-soziale Parteiführer Knaschack hat nicht nur den Staattsekrelär für HeereSwefen gröblich beleidigt, sondern auch ganz osfen mit Sprengung der Koalition gedroht. Diese Drohung ist von alle» Seiten mit demonstrativem Beifall anfgeaommea worden. Angesichts dieses Umstandes haben Staats kanzler Dr. Renaer und die sozialdemokratischen Staatssekretäre und UnterfiaatSsekrekäre den Vorstand der sozialdemokratische, Abgeordneten um die Ermächtigung ersucht, za demissionieren. Der Vorstand Hal dieses Ersuchen znr Kenntnis genommen. Die Zusammenkunft in Spa überflüssig? Paris. IN. Zant. (Drohkbericht.) DaS .Journal -es DebalS' er klärt zu der Möglichkeit, die internationale Finanzkonferenz von Brüssel vor der Konferenz von Spa abzuhalten, di« Zusammenkunft von Die Frage des Tages Deutsche DolkSpartel und Koalition. — Annäherung zwischen .Vorwärts" und .Freihell'. — Vorschläge der .Germania '. Die Stellungnahme der Demokraten. Berlin, 11. 3uni. (Drahtberichk nt-serer Berliner Schriftleltung.) Es ist zn begrüßen, tatz sich endlich auch auf seilen der Rechten eine Wandlung in der starr ablehnenden Stellung nahme zu den sich neu entwickelnden Dingen bemerkbar macht und die Gemeinschaft derer, die sich praktisch auf den Bodrn der republikanischen Verfassung zu stellen gewillt find, wächst. Die Entwicklung muh ja. im «rohen gesehen, dazu führen, daß die demokratischen u. d republ.kanischrn Gedanken in immer stärkerem Maße bei allen Parteien zum Durchbruch gelangen und sich so allmählich «ine Annäherung der heute auSeinander- trelenden Volksschichten vorbereitet, von der wir leider durch den Aus. fall der letzten Wahlen sürS erste wieder entfernt worden sind. Die Zukunft des deutschen Volkes beruht nicht in einem der von den extremen Parteien erträumten Ideale, sondern in der sozialen und poli- tischen Versöhnung auf der mittleren Linie: der republikanischen Demo kratie. DaS ist die Staatsnokwendigkeit, von d«r in den Blättern der Rechten in diesen Tagen so gern in überheblichem Tone gesprochen wurde. Daß diese Erkenntnis nun auch den deutschen Volksparteilern zum Bewußtsein gekommen ist, die sich noch vor wenigen Tagen ganz anders als starke Zimmerleute des Wiederaufbaues gebärdeten, erscheint uns als das erst« und wichtigste Ereignis der politischen Entwicklung dieser Tage. Wir wissen wohl, daß die Herren der Deutschen Volksparlei, als sie sich im Siegesrausch der Wahlschlacht zur ersten Besprechung der Lage versammelten, plötzlich nüchtern und ernst geworden sind, und dah sich ihnen jetzt die Dinge anders darstellen, als sie erwartet haben. Sie tragen die Mitschuld an dem Mißtrauensvotum, das die durch ihre Agitation irregeleitete Bevölkerung der, nunmehr allerseits als allein möglich anerkannten, bisherigen Koalition erteilt hat! Die Deutsche Volksparkei läßt von den bereits mlkgekellken Richtlinien, die sie ihrerseits als Forderungen für ein Zusammengehen mit der bisherigen Koalition stellen will, einige ausführlicher und schärfer gefaßte in der Oeffenlllchkett verlauten, nämlich: Entpolitisierung des kohen Beamtentums und Verwallungswesens und den Ausbau des ReicySwirtschaflsraleS zu einer Kammer der Arbeit, wobei sie ge flissentlich betont, daß bei ihr durchaus kein« Neigung bestände, irgendeinen Posten in der neuen Regierung zu übernehmen. Ja. «S werden sogar für die von ihr geforderte Besetzung einiger Ministerien ihrerseits in unverbindlichen Besprechungen Namen genannt wie Brockdor ff-Rantzau, General Gröner und Cuno, der ja bereits einmal für das Finanzministerium ln Aussicht genommen und dessen Berufung an dem Widerstand der Sozialdemokratie gescheitert war, also Persönlichkeiten, die der Demokratischen Partei durchaus genehm sind, und sachliche Vorbedingungen, die längst zu ihren eigenen Forderungen gehören, wenn man sich auch darüber klar sein muß, daß die Befreiung des Beamtentums von der Parteipolitik vor ollem auch für die noch immer konservativ« Bureaukratie Preußens gilt. Wir glauben freilich, daß sich di« Deutsche Volksparlei noch gar nicht darüber klar 'tt, welche «Konzessionen die Zusammen arbeit mit der Sozialdemokratie an sie stellen würde. Die Demokraten wißen von ihrer gemeinsamen Regierung her ein Lied von diesen Schwierigkeiten zu singen. Sie drängen sich wirk- lich nicht zur Regierungsbank und sind gern bereit, durch praktische Mitarbeit und gegebenenfalls durch wohlwollend« Neu tralität jede Regierung zu unterstützen, mag sie von rechts oder links kommen, wenn sie nur den natlonalen und sozialen Not wendigkeiten der Stunde gerecht zu werden versteht. Aber wir sehen eine große Gefahr Heraufziehen: die Linie zwischen Bürgertum und Sozialdemokratie beginnt sich zu vertiefen. Begierig greift der .Vorwärts' die von der .Freiheit' gestern vorgeschiagrnen sogenannten UebergangSbedlngungen aus, um sie zu feinem Programm zu machen und den bürgerlichen Miltelparteien, falls sie sie aolehnen, die Verantwortung für daS Schellern elner LinkSkoall- tton zuzuschieben. Er sagt, für eine vernünftige, praktischen Zielen zu- strebende Opposition der beiden sozialistischen Parteien mit ihren 1S1 Abgeordneten sel eine ge- metnsame Grundlage z» finden, wobei er -t« Entwicklung Dinge sich solgenoermaßea denkt: Die Unabhängigen werden ihre Bedingungen stellen, und die sozialdemokratische Fraktion wird sie annehmenl Beide sozialistischen Parteien werden dann dies« Bedingungen als gemeinsames Programm den bürgerlichen Mlttelparleten unterbreiten. Lehnen diese ab, so wäre eS an ihnen, ein« Regierung ohne Sozialdemokraten zu bilden. Die neue Regierung wird dann auch wißen, daß die Stellung der sozialistischen Opposition zu ihr davon abhängen wird, wie weit sie sich dem Programm der Opposition annäherk oder von ihm entfernt. r, Pt« vegt eine Zuspitzung -er kritischen Moment« vor, die stch Spa könne überflüssig werden, wenn in Brüssel zwischen den Alliierten «in Einverständnis erzielt werden würde. Glolltti mit der Neubildung des italienischen Kabinetts betraut Berlin, 11. Juni. (Drahlberlcht.) Wie das .Bert. Tagebl.' aus eiiler Quelle, die stch bisher stets als zuverlässig erwiesen hat, erfährt, hat der König von Italien gestern das Rücklrittsgesuch des Kabinetts Nitti genehmigt und Giolittt mit der Neubildung des Kabinetts betraut. ES verlautet, daß Giolittt bereits über die Verkeilung der Ministerien im klaren sei und auch schon mit den betreffenden Kandidaten über die Uebernahme gesprochen habe, so daß die Krisis voraussichtlich schon am heutigen Tag« überwunden fein wird. Wie dem .Bert- Tagebl." ferner aus Rom gemeldet wird, nennt man als künftigen Minister des Aeuhern den Botschafter de Martino oder den früheren Abgeordneten Bertolini. Sollte Giolittis Versuch scheitern,.so dürfte der König vielleicht auf O r l a n d o zurückgreisen, der ein persönlicher Freund Lloyd Georges ist. Giolittt soll d.e Absicht haben, bald einen Antrag einzubringen, die für den Eintritt Italiens in den Krieg verantwortlichen Staatsmänner vor einen Staalsgerichtshof zu stellen. Tatsächlich wurde Salandra bereits in der gestrigen Kammer sitzung schwer insultiert. - ... rasch zu einer Gefahr auswachsen kann. Die Deutsch« Volks partei, deren politische Einstellung ncjch allzu sehr beherrscht wird von den Gefühlen, d< in dem alten Obrigkeitsstaat« wurzeln, muh jetzt angesichts der Notwendigkeiten der Stunde klar und deutlich ihre Stellungnahme zum republikanisch-demokratischen Ge danken aussprechen. Hierin liegt die Wurzel für die Bil dung einer neuen Koalition, und nicht In der Debatte über irgend welche wirtschaftlichen oder politischen Einzelfragen. Die Zeit drängt, denn heute wird stch der Vorhang heben. DaS große politische Kampfspiel beginnt. Der Reichspräsident dürfte noch unseren Informationen am heutigen Tage Hermann Müller mit der Kabinettsbildung beauftragen. Nach der Rechnung der . G e r mE a n ia ", die die Bayrische Volkspartel nach ihren letzten Äußerungen mit in die bisherig« Koalition ei/r- beziehen möchte, was wohl im Bereich der Möglichkeit liegt, wär- unter Umständen die Bildung der Regierung auf dieser asten Grr V- lag« möglich. -Aber die .Freiheit' verstärkt heute i.-r Liebesweroen für ein Zusammengehen der beiden sozialistischen Parteien. Di« .Germania' würde einen wesentlichen Fortschritt als vorliegend erachten, wenn stch wenigstens einige Parteien zur gemeinsamen Arbeit bereilfinden wollten, auch wenn ihre Zahl für eine Mehrheit nicht ausreichte. Denn dann wäre wenigstens eine Grundlage vorhanden, an die man andere Parteien anzugliedern versuchen könnte. Sie lieht kk der alten Koalition, verstärkt durch die Bayrische Dolkspartei, einen wenigstens fürs erste gangbaren Weg, der uns über die nächsten Monate bei gutem Willen auf feiten der beiden Parteien hinwegzuhelfen vermöchte, wobei sie voraus setzt. daß die Deutsch« Volksparlei, durch ihr Stimmen gewicht mit großer Verantwortung belastet, davon absieht, nach den bisherigen Rezepten der parlamentarischen Rechten rein parteipolitische Opposition zu treiben. Eine R«gierung der Mitte, die wen gstens mit einem großen Teil -er Rechten im Burgfried«n lebte, würde der radikalen Linken gegenüber eine ausreichend gesicherte Stellung zu behaupten in der Lage sein, und zugleich eine innere Annäherung der auf dem Boden der gegenwärtigen Staaksverhälknisse stehenden Par teien — und als solche scheint sich die Deutsch« Volksparlei entwickeln zu wollen — anbahnen können. Die Stellungnahme der Deutschdemokrakischen Partei dem gegenüber ist von der Lage klar vorgezeichnek. Sollte es der Mangcl an Verantwortlichkeiksgefüh! der durch die politische Stimmu'g vom 6. Juni getragenen Parteien der Rechten und äußersten Linken nötig machen, daß die bisherige Koalition die Regterungsgeschäfle wieder übernimmt, so würde das. schon rein äußerlich, nur dann möglich sein, wenn von rechts und links im Gegensatz zu bisher ruhige und sachliche Mitarbeit znaesagt wird. Rur in Verbindung mit den beiden anderen, offen zur Demokratie stch bekennenden Parteien, uud nur unter der Voraussetzung, daß die nicht vorbehaltlos zur Demokratie lich bekennenden Parteien aus ihrer Mitte die unbedingt nötige Unter stützung geben, ohne welche die geschwächte bisherige Koalition sich gar nicht zu halten vermag, ist die Teilnahme der deutschen Demokratie an der Regierungsbildung überhaupt denkbar. Müller soll mit den Unabhängigen verhandeln Berlin, 11. Juni. (Elg. Drahtbericht.) Der Reichs präsident hat den Reichskanzler Müller heut« vormittag beauf tragt, mit der Bildung eines neuen Kabinetts zu de- ginnen und zunächst mit den Unabhängigen zu verhandeln. Der Abgeordnete Scheidemann ist in Berlin eingetroffen. ' * Berlin, 11. Juni. <Drv Hk bericht unserer Berliner S ch r l ft!« i t u n g.) Die .Zentrums-Parlaments-Korrespondenz" sagt zur Regierungsbildung: Da nafs, der ganzen b'Lherigen Haltung der Un abhängigen deren Eintritt in eine Regierung als ausgeschlossen be- trachtet werden muh, dürft« -am t die 4lu-sgabe des Reichskanzlers Müller erledigt sein. Der Reichspräsident wird dann den Führer der Deutschen Volksparkei Stresemann ersuchen, eine neu« Regierung zu bilden. Str«semann dürfte, wenn die Sozüül-emokraten «inen Bei tritt zu einer Koalitvn einschließlich der Deutschen Volksparlei ab lehnen, die Bildung eiueS rein bürgerlichen Kabinetts ver suche. -Man neig« in parlamentarischen Kreisen zu der Annahme, daß beide D«rsrsche SkresemannS sche tern werden. Was dann zu geschehen haben werd«, darüber seien sich die makyebenden Kreise heute noch nicht völlig im klaren. ES bestehe Immerhin die Möglichkeit, di« bis herig« M«hrh«itSblldung, dke allerdings eine verhältnit- mäßig gering« sein würde, beizubehalten, vorausgesetzt, daß die Bayrische VolkSparle! stch an der Regierungsbildung beteiligen würde. Bersin, 11. Juni. sDrahtbericht.) In politischen Kreisen wird an- «Zenomwen, daß der ReickSvrästdent nach dem Scheitern des Müllertchen Versuches den Zenlrumsführer Trtmborn mit der Kabinettsbildung beauftragen wird. Rach der Schlacht Von Oberbürgermeister Dr. Külz, Zittau, Mitglied deS Reichstages. Die hinter uns liegende ReichstaAswahl stellt stch dar als der zweite Kampfakt zwischen den Vertretern des zusammen gebrochenen alten Systems und den Verfechtern elner neuen Staatsordnung. Der erste Kampfakt dieser Art war der Kapp- Putsch; er war rein gewaltsamer Natur und trug das Gepräge des alten Systems: mit mechanisch-militärischen Mitteln versuchten die Vertreter der Herrenkaste sich in den Besitz der politischen Macht zu sehen. Die jetzt mit der Aeichstagswahl eingeleitete Kampfhandlung vollzieht sich zwar nicht in den rohen und plum pen Formen des Kapp-Putsches, sondern innerhalb des ver fassungsmäßig gegebenen Rahmens, aber sie hat mit dem ersten Kamps das Gemeinsame, daß auch sie ausgeht von der gleichen Verkennung der psychologischen und realen Faktoren und Mög lichkeiten des politischen Lebens, und daß auch sie dadurch — weit entfernt davon, eine Gesundung unserer Verhältnisse herbei- zuführen — die Gefahr innerer Zersetzung akut werden läßt. Von den Möglichkeiten, zu einer Entspannung unserer inneren und äußeren Lage zu kommen, hak das deutsche Volk mit den Wahlen die besten und wirksamsten aus der Hand gegeben. Das schmerzvollste hierbei ist, daß die meisten von denen, die sich zum Träger dieser Katastrophenpolitik gemacht haben, in einer auch durch die Ereignisse der letzten Jahre nicht gemilderten politischen Unreife die schicksalsschwere Verantwortung ihres Handelns nicht erkennen. Ein großer Teil des deutschen Volkes macht stch immer noch nicht klar, daß der Faden des weltgeschichtlichen Geschehens nicht wieder dort angeknüpft werden k-nn, wo er im November 1918 oder im August 1914 abgerissen ist. In der an sich begreif lichen Sehnsucht, herauszukommen aus der Not und dem Elend, die uns als Erbteil des alten Systems überkommen sind, verlieren nur allzu viele jedes Augenmaß für die elementarsten Gebote. der Gegenwart. Wir müßen uns vollkommen darüber klar sein, daß unser ganzes Dasein sein Gepräge bekommt durch den verlorenen Krieg und den an seinem Ende stehenden völligen inneren und äußeren Zusammenbruch. Weder Krieg noch Revolution sind beendet. Wir stehen in beiden noch mitten drin. Der Krieg hat sein Ende noch nicht gefunden durch einen Frieden, das heiht durch einen Akt der Versöhnung, und die politische Revolution, die selbst noch nicht beendet ist, hak ihre naturnotwendige Ergänzung gefunden in der sozialen undwirtschafllichen Revolution die sich jetzt vor unseren Augen vollzieht. Aus dieser unerträglichen Lage heraus den Weg ins Freie zu bahnen, war das Ziel der Koalitionspolitik. Durch niemanden ist die Arbeit nach diesem Ziel mehr erschwert worden, als durch diejenigen, di« die Trümmerhaufen zurück gelassen haben, die es aufzuräumen galt. Diese innere Ablehnung der neuen Staatsordnung durch die Rechtsparteien hat in zwangs läufiger, volkspsychologischer Folge den Radikalismus der Linken genährt und gestärkt, und nun geht diese radikale Strömung aus den Wahlen in einer Stärke hervor, die es wahrscheinlich macht, daß die bisher von dem ehrlichen Willen und der uneigennützigen Arbeit der Koalitionsparteien getragenen neuen Staatsord nung nicht nur, wie schon bisher, von rechts, sondern nun auch von links eine starke Ablehnung mit dem Ziele ihrer Beseiti gung erfahren wird. Damit ist die revolutionäre Spannung im ' Innern von neuem bis zum Exploslonspunkte gesteigert. Die Abwanderung eines großen Teiles der nicht sozialdemokratischen ' Wähler aus der demokratischen Mitte nach rechts beraubt diesen Block der Mitte eines Teiles seiner Festigkeit, so -aß es zweifel haft ist, ob auch künftighin an ihm die Brandungen von rechts und von links zerschellen werden. Die Wetterzeichen deuten links sowohl als auch rechts auf nahende Sturmfluten; treffen sie hemmungslos aufeinander, so gibt es «in Unwetter, in dem das mühsam über Wasser gehaltene Staatsschiff untergeben uuistte. Die Tage der Regierungsbildung bereits werden den Kurs ahnen - laßen. Doppelt verhängnisvoll ist die gegenwärtige Entwicklung im Hinblick auf unsere außenpolitische Lage. Je mehr sich die Ver- hälkniße im Inneren Deutschlands konsolidiert hätten, um so eher wäre eine Entgiftung der verpesteten Atmosphäre eingetretcn, in der Deutschland zu ersticken droht. Untrügliche Anzeichen dafür liegen vor, daß sich unter den Völkern der Welt die Erkenntnis Lurchringt, daß es in ihrem eigensten Interesse notwendig ist, dem deutschen Volke den nötigen Ledensspielraum zu geben. Durch nichts kann ein Fortschreiten dieser Erkenntnis mehr gehemmt werden, als durch eine innerpolitische Lage Deutschlands, die berechtigte Befürchtungen entstehen läßt, daß das eigene innere staatliche Leben des deutschen Volkes die Bahn der Konsolidie rung verlaßen hat und neuen Erschütterungen ausgesetzt sein wird.* Niemals verlangte das Schicksal eines Volkes gebieterischer eine Stärkung der ausgleichenden und versöhnenden politischen Richtung, als jetzt für das deutsche Volk. Daß aber nur eine starke Demokratie der Mitte Trägerin eines solchen Ausgleiches sein kann, war selbst für Leute mit bescheidenem politischen Intellekt klar erkennbar. Wenn dies so vielfach verkannt mor den ist, so ist daS ein äußerst betrübender Beweis dafür, i aß auch heute noch ein erheblicher Teil des deutschen Volkes Lurch mehr oder weniger berechtigte stimmungsmästige Anwandlungen stch den Blick trüben läßt für die nächstliegenden realen Not wendigkeiten des politischen und des eigenen Interesses. Die Stellung der deutschen Demokratie ist durch den Aus gang der Wahlen zu schicksalsschwerer Verantwortung gesteigert worden. Sie wird ihre ganze Arbeit und Kraft dafür einsetzcn müßen, daß die explosiven Spannungen zwischen rechts und links nicht zu revolutionären Entladungen führen, und daß dc>- Gedanke immer breiteren Raum gewinnt: nur eine auf dem Boden, der neuen Staatsordnung stehende Demokratie der Mitte kann uns
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite