Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.04.1918
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1918-04-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19180430019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1918043001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1918043001
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-04
- Tag 1918-04-30
-
Monat
1918-04
-
Jahr
1918
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Morgen-Ausgabe Veiug-Preis: L W' ,'.rL «Krill,Lhrttch M. »0»! ,tr Add»l«r «»««III» M. 1.7»; »«rch m^«r. „««»rtkrn 3UIal»» l,4 Has« ««drachl »o»»«Uch M. »krkt »ehrlich M.a.Ull: »orch dl« P»st lnn«rhald Deailchland« <v«,«mt-B««««h« »»»««llch M. vlerKÜSHrlich M. S7L; M»r««n-A»«^h« M. Uh»»d-A»«,«d« M. 0,»0, v»nnI««»-A,«,»4« M. lUii» »»»«Ilich t°°«ichll^itch V^d«,«I,.dI»r». Vaupljchrlftletter: Dr. Erich Everth, Leipzig Nr. 217 -luUsblatt des Rai« vnd des poUrelLrnLes -er Stadt tetpri- 112. Jahrgang ««^»geapreis: LLLL'L SW » Ä- VA S»1chds«M>i«t^» «U Pl-b».rlchri,«»» t» Vrrl,« «rhdht. W«M»,„ «. 7^- »«« LaoNn» ««Ilchl. D,ft,«»«he. «Mi»«»»«, ll PI. — «»,». «,» F«ftl«^ 1» P,. I«mG,,ch Lsch»» Rr. 1«««, >44« m» »4494. - P.ftlch«chh»«» «» SchriMiN»«, „4 »<,ch4st4»«4«: Z»b»»»lMI« «»«, Verlag: vr. Retichelö ch E», LeivUa. Dienstag, den 80. April 1S18 Heftige NOWe MW vom Kemel Mld. Berkin, 29. Aprll, abends. (AmMch.) Nördlich vom Kemmel haben fich heftige Nahtämpfe snt- uückelk. * avld. Berlin, 29. April. Rach Verlust der wichtigen Kemmelstellaag sacht die Entente die Aufmerksamkeit von ihrer schweren Niederlage in Flandern d<church abzolenken, dah sie in jedem ihrer Berichte betont, die Deutschen hätten in Richtung aas Amiens za keinen neuen Bodengewinn zu ver zeichnen. Gleichzeitig wird englischerseits die Wichtigkeit von Amieas gegenüber dem Keunnelmassiv hervorgehoben. Von welcher Bedeutung jedoch der Kemmelberg für die Engländer war, erhellt daraus, dah sie dea Generalissimus Fach nötigten, starke Kräfte nach Flandern za werfe». Die rücksichtslosen Mafienangriffe, die nach Einbuße der Kemmelstellong die Engländer und Franzosen zu ihrer Wicdereroberuag einsetzlea sowie die fortgesetzte Preisgabe des HpernbogenS sind ein weiterer Beweis für dea große» jüngsten deutsche« Sieg m Flandern. Dor Dperns Fall Genf, 2V. April. (Eigener Drahkberichl. «Echo de Paris" meldet von der Front: Westlich oon Dpern bereiten wir neue Stellungen vor. — Auch der «Temps* enthält An deutungen auf den Fall ZpernS, den er aber wegen seiner mora- tischen Wirkungen bedauern würde. Basel, 29. April. (E i g. Drahtbericht.) Der «Basier An zeiger" schreibt: Die Wiederaufnahme der großen Operationen der Deutschen, die erneut den englischen Flügel bedrohen, habe zur Folge, dah der Verkehr im Kanal zurzeit aus das überhaupt mögsiche Maxi mum gebracht werde. Man rechnet damit, sofern die englische Front im Pas de Calais ins Wanken komme und die Bedrohung des Kanals nnmitteldar würde, daß dann die gesamte englische Flotte in die Bresche geworfen würde, jedoch würde das kam» etwas anderes als die Auf opferung für die Sicherheit des Heeres bedeuten. Basel, 29. April. (Eig. Draht bericht.) Di« Londoner «Times" schreiben in ihr«, Wochenbetrachtunq: Mit dem Kampf um die flandrische Küste beginne die Entscheid»« gsschkacht um di« Herrschaft des Aermelkanals und seiner Häsen. Diese Schlacht könne den ganze» Sommer hindurch ««dauern. Es gäbe keine andere Mög lichkeit, sie zu beenden, als zu «aterllegen oder zu siegen. Der schwindende Ppernbogen Drahtbericht »nseres Kriegsberichterstatter«. Westliche Schlachtfroat, 28. April. Schoa gestern morgen vermehrten fich die Meldungen, daß die Engländer, gezwungen durch unsere inzwischen auch nördlich des K e m - melberges weiter ausgebauten Erfolge sowie durch unser Drängen nördlich des Kanals, weiter mit der Räumung des Dpera- bogens fortfahre«. Südwestlich von Laagemarck zieht sich der Feind bis Pilkem zurück und mußte uns den Sleenbach lasten. Fre ie a b e r g siegt hinter ans. Am den Dellevardeteich südwestlich Hooge sind wir am Hollebekesee angelangt and somit hier über unsere Stel ¬ lungen vom Herbst 1914 hinaus. Hinter uns siegt die blutgetränkle Dvppelhöhe 80, um deren Besitz die Engländer Divisionen geopfert Haden. Anserm Angriff erlag auch dos Dorf Boormezeel« gestern abend. Rach Abwehr stärkster feindsicher Gegenangriffe verbreiterten sich unsere Truppen aus eigenstem Entschluß westlich von Kemmel, indem sie Locre Wegnahmen und nun am Fuße de« Roten Berges stehe«. Gestern abend wurden keine weiteren feindlichen Gegenangriffe mehr gemeldet. Auf dem Turme der St. Daastkirche in Bethune, aus dem 16. Jahrhundert, wurde ein Bcobachtungsposten entdeckt. Unser dorthin gelenktes Feuer erzielte binnen kurzem sechs Volltreffer. Bei Givenchy wurden die Engländer abgewiesen. Desgleichen bei Hangard. Südlich Thiaucoart, wo wir neulich den Amerikanern die empfindliche Schlappe beibrachten, wiederholten wir dl« Vorstöße bis in die vierte Linie, denen der Feind jedoch auSwich. Alfred Richard Meyer. König Georgs Hilferuf an Indien Haag, 28. April. (Gig. Drahtbericht.) Ans London wird ge meldet: Der König hat dem Vizekönig von Indien anläßlich der KriegSkonferenz in Delhi folgendes Telegramm geschickt: «Wie groß IndionS Beitrag zu der gemeinschaftlichen Sache der Alliierten auch gewesen sein mag, fo steht er auf keinen Fall auf der vollen Höhe von Indiens Hilfsquellen und Hilfskräften. ES freut mich zu wißen, daß die Entwicklung seiner Hilfsquellen und die Verwendung seines MannfchafkSmaterialS die erste Sorge der bevorstehenden Kon ferenz bilden wird. Die Notlage des Reiches gibt Indien Gelegenheit, zu zeigen, wozu es imstande ist, nnd ich vertraue der indischen Bevöl kerung unter der festen Leitung des BizekönigS, daß sie alle Kraft auf wenden mid das Beste hergeben wird. Die jüngsten Ereignisse im Westen haben sich sehr kritisch gestaltet, zu gleicher Zeit, wo die Lage im Osten durch Ruhestörungen in Asien, die vom Feinde ge fördert wurden, bedroht ist. ES ist für uns von größter Wichtigkeit, daß die Kriegshandlungen unserer Heere in Aegypten, Palästina und Mesopotamien hauptsächlich von Indien aus unterstützt werden. Ich erwarte vertrauensvoll, daß die Beratungen der Konferenz im Geiste der Einheit, der Einigung, der Energie und -er Tatkraft geführt wer den mögen." 60 Kilometer vor Sewastopol Wien, 29. Aprll. (Eigener Drahkberichl.) Die «ReichSpost" meldet, deutsche Dortruppen ständen 69 Kilometer vorSewastopol. Haag, 29. April. (Eig. Drahkberichl.) Aus Petersburg t wird gemeldet: Das Vorrücken der Deal scheu in der Ukraine gegen Rostow am Don wird fortgesetzt. Ferner wird gemeldet, I daß Scharmützel bei Alexandrowsk im Gouvernement Iekaierl- noslaw stattfanden and daß diese Stadt geräumt wurde. OesterrefchZfch-unqarifcher Heeresbericht Wien, 29. April. Amtlich wird gemeldet: In den venezianischen Bergen stellenweise Artillerie- Kampf. Der Chef des Generalstabes. (W. T. B.) Gegenrevolution in Petersburg? Haag, 29. April. (Eig. Drahtbericht.) AuS London wird qemeldet: «Exporte" meldet auS Kopenhagen, dah während der letzten Tage keine Telegramme ans PcterSbarg eingekroffcn find. In Petersburg sollen Gerüchten zufolge die auS Finnland herein gekommen sind, ernste Unruhen ausgebroche« sein. Man spricht von einer Gegenrevolution. Die Transporte avS Rußland und Finnland habeu seit drei Tagen infolge der Zustände in Petersburg auf gehört. Diese Meldung wird mit den Gerüchten, durch die der Zarewitsch zum Regenten ausgerufen worb«, in Zusammen hang gebracht. Die «Times" erfahren aus Petersburg: In der Nähe von Terioki, einer Sommerfrische bei Petersburg, ist am 22. April eine Schlacht z wische» Roten und Weißen Garden geliefert worden. Ganze Züge mit verwundeten Roten Gardisten find in Petersburg an- qekvmmen. Wiborg soll nicht mehr in drahtloser Verbindung mit Petersburg stehen. Am 23. April ist es russische« Truppe« verboten worden, die finnische Grenze zu überschreiten. Es ist Befehl ge geben worden, gegen alle Trnvpen, die versuchen. sollten, die russische Grenze in feindlicher Absicht zu überschreiten, energisch« Maßnahmen za ergreifen. Der Wiener Bericht, der am 23. April 'm London eiu- qeirosfea ist, besagt auch, daß Dislostow besetzt ist. Diesem Bericht widerspricht allerdings eine offizielle Meldung vom 23. April. Friedensgefuch der Roten Garde in Finnland Kopenhagen, 29. April. (Drahtbericht.) «Bcrlinske Ttdende" meldet aus Stockholm, ans Wasa werde gedrahtet, daß die Fortschritte >>er bürgerlichen Truppen auf allen Fronten, besonders auf der Ostfront, mkaltcn, so dah die Rote Garde bald vollständig besiegt sein werde. Die Führer der Revolutionäre entsandten letzten Freitag eine Abordnung unter Führung des früheren Landkaqspräsidenken Manner, die um Einleitung von Friedensverhandlunzen ersuchte, was jedoch abgeschlagen wurde, da ihre unbedingte Unterwerfung gefordert wird. Geheimnisvolle DorgSnge in der italienischen Kammer Frankfurt a. M^ 29. April. (Eig. Drahtbericht.) Am Schloß der Tagung der italienischen Kammer kam es, so meldet man der «Frkf. Zig." aus Lugano, bei der Abstimmung über bi« Novelle zum Wahlgesetz zu einem Tumult, d«r eine Unterbrechung von einer leiden Stund« veranlahle und dessen Ursache verheimlicht wird. Symptomatisch ist es auch, dah der sozialistisch« Abgeordnete TreveS sich gegen Versuch« wandte, seiner Partei die Mitverantwortung für die Kricgspoliiik deshalb zozuschieben, weil sich einige ihrer Führer nach dem Zusammenbruch am Isonzo für den Widerstand gegen die seckdiiche Invasion erklärt hoben. Die wichtigste Vorlage, di« im übrigen erst in zwölfter Stunde zur Annahme gelangte, war eine Novelle z»m Wahlgesetz. Allen Kriegsteilnehmern, ohne Rücksicht auf das Aller, soll dos ak tiv« Wahlrecht verliehe» »»erd««. Dazu w»rd< eine Reih« von Zu sätze» beantragt Der früher« Ministerpräsident Sala«br« wollte das Mindestalter für das passive Wahlrecht von 3V auf 25 Jahre herab sehen, um dadurch die Kammer zu verjünge«. Ein Sozialist hat za dem gleiche« Zwecke verlangt, dah di« Abgeordneten nicht über 85 Jahre alt sein dürfen, wieder andere hallen Verhältniswahl und Listenwahl gefordert. Orlando erklärt«, die Regierung habe mit der Ver- leihong des Wahlrechtes an alle Kriegsteilnehmer nur eine vorläufige Maßregel lreffen wollen, könne aber an eine gründliche Wahlreform erst nach Friedensschluh gehen. Ferner bekannt« fich Orlando in be merkenswerter Weife als Anhänger des Frauenstimmrechtes. Er selbst habe zwar vor 38 Jahre« eine Schrift gegen das Frauen stimmrecht veröffentlicht, habe fich aber im Kriege zu anderer Anschan- ung bekehren müssen, nae^em di« Frau direkt und tätig am wirtschast- sicl^n Leben teilnehme und sich ihre überlieferte Stellung gänzlich ge ändert habe. Prinz Sixtus von Parma Don zuständiger Stelle in Wien erhalten wir folgendes Tele gramm: Wie«, Hofburg, 29. April, 3,30 Uhr nacbm. Die von Wien aus ver breitete, auch in Ihr geschätztes Blakt übergegangene Nachricht, dah sich Prinz SixtuS von Parma in Steiermark aufhalte, ent- spricht nicht den Tatsachen. Da kurz vorher gemeldet worden war, daß die Herzogin von Parma sich nach St. Jakob in Steiermark bc- aeben habe, ist der Zweck dieser falschen Nachricht recht durchsichtig. Die Herzogin von Parma hat sich in St. Jakob mit der Gräfin und dem Grafen Lucchesi Palli (Stieftochter und deren Gemahl), dann ihren Kindern, den Prinzen Felix und Renä, die öster reichisch-ungarische Offizier« sind, sowie den Prinzessinnen Maria Antonia und Henriette aufgehaltsn. Wir gaben die erwähnte Meldung, die der Wiener Bericht erstatter der «Münchener Neuesten Nachrichten" aus allerbester Quelle erfahren haben wollte, in unserer Morgenausgabe vom 2-l. April wieder. Die Schriftltg- des «L. T." Don den türkischen Fronten nett». Konstantinopel, 27. April. (Tagesbericht.) Palästina- fr o n t: An der Straße Ierafalem—Rablu« brachen unser« erkundenden Stoßtrupp«« tief in die feindlichen Stellungen ein. Ihr Stoß führte fie in den Ort Lhabu Felch. Gegen Abend nahmen wir unser« Truppen zurück. Der Feind erlitt schwere Verluste. Allein bei Abu Felch Neß er 50 Tot«. In der Gegend von Maau wurden ernente Angriffe der Rebellen abgewiesen. Kaukasusfront: In Kars erbeuteten wir außer den WO brauchbaren Geschützen viel Munition, Kriegsmaterial und andere Vorräte. Mesopotamien: In den letzten Tagen fühlten englische Kräfle gegen unsere Stellungen am Schatt el Adam und bei Djiolla vor. Sonst nichts Neues. Konstantinopel, 28. Aprll. Tagesbericht. Paläslinafront: Oefilich der Strohe Jerusalem—Radln« lag stärkeres feindliches Artil lerie- und Maschinengewehrs««! a,f unseren vorgeschobenen Stel lungen. Feindliche ErkundnngSabtellunqc» westlich der Straße and an der Iordanmündung wurden abgewiesen. Ans den übrigen Fronten ist di« Lasr unverändert. Sächsische Parlamentswoche Für ein Parlament bedeuten regelmäßig die letzten Wochen vor der Vertagung eine schwere Zeit. Denn in diesen Abschnitt der Tagung fallen naturgemäß die Verhandlungen zur Verab schiedung der Etatskapitel und Gesetzesvorlagen, die am schwierig sten sind und infolgedessen schon in den Deputationsverhandlungen am meisten Zeit und Arbeit in Anspruch nehmen, dabei auch um fangreiche schriftliche Berichte notwendig machen. Das sollte von der Negierung mehr berücksichtigt werden, als es geschieht, und sie veranlassen, ihren Widerstand gegen einen alljährlichen Zusammen tritt des Landtages aufzugeben. Man könnte dabei zunächst wenig stens bei zweijährigen Etakaufstellnngen bleiben. Denn darin ist der Negierung beizupflichten, daß eine alljährliche Neubearbeitung des Haushaltplanes neben manchen Vorteilen den einen großen Nachteil mit sich bringen würde, daß mit dem jetzigen Beamten stabe nicht auszukommen wäre. Man könnte aber, wie bereits vorgeschlagen worden ist, den im Jahre mit ungerader Jahreszahl zusammentretenden Landtag in der Hauptsache nur mit dem Etat beschäftigen, der im Jahre mit gerader Jahreszahl be ginnenden Tagung aber die eigentliche gesetzgeberische Tätigkeit zuweisen. Tatsächlich ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, seit dem Herbst 1907, wo der Landtag in sein neues Heim am Dresd ner Schloßplatz übersiedelte, das sächsische Parlament ohnehin fast regelmäßig alljährlich versammelt gewesen; es würde also nur eine rechtliche Anerkennung eines bestehenden Zustandes bedeuten, wenn man die Volksvertretung in jedem Jahre zur parlamentarischen Arbeit beriefe. Eine Verfassungsänderung ist dazu nicht erforder lich. Denn H 115 der Verfassungsurkunde jagt, daß der Landtag Längstens" alle zwei Jahre einzuberufen ist. Danach steht gesetzlich schon jetzt nichts im Wege, den Landtag jedes Jahr zu berufen. Würde die Negierung diesen Weg beschreiten, der von der Mehrheit des Landtags bereits als gangbar bezeichnet worden ist, so würde damit vermieden, daß die Bearbeitung schwieriger Etats kapitel zeitlich zufammenfiele mit der Behandlung verwickelter Gesetzvorlagen. Wie erschwerend diese wirkt, zeigt sich gerade jetzt: eS standen zu Beginn der abgelaufenen Woche vom Etat u. a. noch aus die Kapitel Ministerium des Innern, Steuern und Abgaben, Eisenbahnen; dazu von wichtigen Gesetzentwürfen noch die Vorlage über das staatliche Kohlenbergbaurecht und die über die Reform der Ersten Kammer und die neue Landtagsordnung. Der Entwurf über die Reform der Ersten Kammer darf wohl als abgetan betrachtet werden, denn er ist jetzt, nachdem er vom Oberhause erledigt worden ist, genau so wenig wert wie zu Anfang vorigen Jahres, als er von der Negierung vorgelegt wurde. Das ist in der Kritik der Presse wie in der Beratung der Zweiten Kammer gründlich und deutlich genug zum Ausdruck ge- kommen. Die Zweite Kammer fordert mit vollem Recht eine solche Gestaltung. deS Herrenhauses, wie sie der Heufigen Zu sammensetzung der Bevölkerung entspricht, und keinen adligen Klub, in dem die übrigen, nicht dem Adel angehörenden Mitglieder gewissermaßen nur geduldet sind. Damit aber find wieder die edlen und erlauchten Herren nicht einverstanden, und so werden die ganzen Reformbestrebungen auch diesmal verlorene Liebes mühe darstellen. Weit bedenklicher als das Scheitern dieses Reformgesetzes wäre das Nichtzustandekommen des Gesetzes über das staatliche Kohlenbergbaurecht, denn damit würde die Gefahr herauf beschworen, daß die Kohlenversorgung des Landes noch mehr als bisher Gegenstand einer schrankenlosen nnd gelegentlich auch ge- wissenlosen Spekulation würde. Leider ist diese Gefahr durch das Verhalten der Ersten Kammer nahegerückt. Denn was dieses Haus auS der Vorlage gemacht hat, das ist nicht ein Gesetz zum Schuhe der Allgemeinheit, sondern ein Gesetz zum Schutze der Kohlenagrarier, und es ist sehr bezeichnend, daß am 22. April in der Zweiten Kammer der der konservativen Fraktion an gehörende Berichterstatter an der gesetzgeberischen Tätigkeit des Oberhauses in diesem Fall eine sehr yerbe, aber durchaus berech tigte Kritik übte, die zum großen Teile allgemeine Zustimmung sand. ES ist sehr erfreulich, daß die Zweite Kammer hier schars und unzweideutig Stellung genommen und so dem Herrenhause gezeigt hat, daß seine Beschlüsse in dieser Angelegenheit auf die Zustimmung der Zweiten Kammer nicht zu rechnen haben. Die Differenzen betreffen, wie der Finanzminister zusammenfassend bemerkte, die Höhe und die BerechnungSweise der Förderabgabe, und weiter die Frage, ob und unter welchen Bedingungen in An rechnung auf die Forderabgade eine Vorentschädigung gezahlt werden soll. Herr von Seydewih äußerte am 22. April, er hoffe, cs werde gelingen, im Vereinigungsverfahren auf einer mittleren Linie zusammenzukommen. Es wäre sehr bedauerlich, wenn die Regierung sich mit einem solchen Ergebnis zufrieden geben würde, denn das hieße nur, die Allgemeinheit den Eigentümern des Kohlenonterirdischen ousliefern, und das wäre nicht viel besser, als wenn sie in die Hand der Großspekulation des Kohlenhandels fiele. Hier gibt es nur einen Weg: Die Erste Kammer muß den Beschlüssen der Zweiten Kammer beitreten. Tut sie das nicht, so wird das Gesetz scheitern. Die Schuld daran trifft dann ober einzig und allein die Erste Kammer, die damit gezeigt haben würde, daß es il>r am richtigen Empfinden für die Forderungen der Zeit gebricht. Mangel an Verständnis für die Forderungen der Zeit ist es auch, den man vielfach dem Ministerium des Innern zum Vorwurf macht. Das zeigte sich auch bei der Debatte über die Etatskapitel 42 nnd 43, Ministerium deS Innern und Kreis- und Amtshauptmannschasten, die am Donnerstag voriger Woche die Zweite Kammer beschäftigte. Manches muß ja in der jetzigen Kriegszeit in Kauf genommen werden und wird in Kauf genom men, was sonst zu Beschwerden Veranlassung gegeben hätte. Wenn aber gleichwohl eine neunstündige Debatte erforderlich ist, um dem Minister des Innern und seinen Rellortbeomten ihren Etat zu be willigen, so ist das ein Zeichen, daß mehr Ausstände zu machen sind, als man erwarten mußte. ES wäre ungerecht, wenn man dem Grasen Vitzthum, der jetzt an der Spitze deS Ministeriums -es Innern steht, das Zeugnis verweigern wollte, daß er ein äußerst
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite